Protokoll der Landratssitzung vom 19./26. März 2015

Nr. 2727

Landratspräsidentin Myrta Stohler (SVP) gibt bekannt, dass der Regierungsrat die Motion ablehnt.


> Begründung des Regierungsrats vgl. Beilage 10.


Wie Motionär Patrick Schäfli (SVP) feststellt, wird im Landrat bereits seit einigen Jahren über Vorstösse rund um das Thema «Studiengebühren für ausländische Studierende» diskutiert. Bis jetzt ist praktisch nichts erreicht worden. Es lässt sich lediglich feststellen, dass immer mehr ausländische Studierende für das Studium oder für das Doktorat an der Universität Basel immatrikuliert sind. Der Anteil beträgt mittlerweile 23.6 % oder 3'000 Studierende. Es ist daran zu erinnern, dass im Jahr 2010 weniger als 20 % ausländische Studierende in Basel immatrikuliert waren. Bei den Doktorierenden beträgt der Anteil sogar 47%.


In den letzten Monaten hat die EU bekanntlich die Beteiligung der Schweiz an den Erasmus-Programmen und die Uni-Forschungsbeiträge im Rahmen von «Horizon 2020» eingestellt bzw. massiv reduziert. Für die Uni Basel


sind das beträchtliche Einnahmenausfälle. Mittlerweile ist für «Horizon 2020» der Bund teilweise in die Bresche gesprungen - wobei es wiederum die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sind, die dafür aufkommen.


Die Beiträge des Baselbiets - auch das ist kein Geheimnis - sind inzwischen auf 156 Mio. Fr. gestiegen. Die ausländischen Studierenden können an der Uni Basel für Fr. 800 pro Semester studieren; bei den Doktorierenden handelt es sich sogar nur um einen Beitrag von Fr. 350, der zu entrichten ist. Die genannten Semestergebühren zahlen selbstverständlich auch die schweizerischen Studierenden; ein Unterschied wird bekanntlich nicht gemacht. Damit zahlen auch die Baselbieter Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mit Millionenbeträgen an die nicht kostendeckenden Studien ausländischer Studierender, die zur Hauptsache aus dem EU-Raum kommen.


Der Finanzbedarf der Uni Basel steigt immer weiter; trotzdem sieht die Universitätsleitung keine Notwendigkeit, die Studiengebühren für ausländische Studierende entsprechend anzupassen, und macht beim Baselbiet eigentlich lieber die hohle Hand.


Für die SVP-Fraktion ist dies ein unhaltbarer Zustand. Die Baselbieter Regierung ist gefordert, sich im Universitätsrat und beim Kanton Basel-Stadt dafür einzusetzen, dass die Studiengebühren für ausländische Studierende spürbar erhöht werden. Die europäischen Universitäten verlangen im Schnitt ca. 10'000 Euro pro Jahr für ausländische Studierende. Auch die BAK Basel, die im Auftrag der Regierung des Kantons St. Gallen eine Studie erstellt hat, schlägt Studiengebühren von Fr. 15'000 pro Jahr für ausländische Studierende vor. Dieser Betrag ist für das Studium an einer qualitativ hochstehenden Universität wie der Uni Basel absolut zumutbar. Qualität darf auch etwas kosten. Die SVP-Fraktion ist deshalb der Meinung, dass dringender Handlungsbedarf besteht, und sie fordert die Baselbieter Regierung auf, sich in den Gremien der Universität Basel, namentlich im Universitätsrat, dafür einzusetzen, dass deutlich höhere Studiengebühren als bisher von ausländischen Studierenden verlangt werden.


Dies, so der Motionär abschliessend, sei zumutbar. Was im Ausland und an diversen schweizerischen Universitäten zumutbar sei, sollte für die Uni Basel erst recht zumutbar sein.


Christoph Hänggi (SP) kommt auf die angeführte Begründung Patrick Schäflis zu sprechen, warum die Motion überwiesen werden solle. Dieser sprach zum Beispiel von den Erasmus-Programmen und von «Horizon 2020». Tatsächlich hat die Schweizer Hochschulforschung Probleme. Bekannt ist aber auch, woher diese Probleme kommen - nämlich von der Abschottungshaltung. Für die SP-Fraktion ist es eine Frage der Haltung gegenüber ausländischen Studierenden und gegenüber der internationalen Forschungslandschaft, wie mit den Studiengebühren umgegangen wird. Es gibt selbstverständlich die Möglichkeit der Abschottung. Das würde höhere Studiengebühren für ausländische Studierende bedeuten, wie dies in der Motion gefordert wird. Das würde aber auch heissen, dass die Schweizer Universitäten noch mehr von der internationalen Forschungslandschaft abgetrennt würden und ihr Zugang zu den internationalen Forschungskooperationen teuer erkauft werden müsste.


Es gibt daneben den zweiten Weg - jenen einer offenen Haltung, indem die ausländischen Studierenden an der Uni Basel weiterhin zu den gleichen Bedingungen begrüsst werden wie die Schweizer Studierenden. Das ermöglicht es unter dem Titel «Fachkräftemangel» einerseits, dass die ausländischen Studierenden irgendwann einmal in der Schweiz Fuss fassen und bleiben wollen. Damit würde die Schweiz von dieser offenen Haltung auch profitieren. Andererseits wird damit der Universität die Möglichkeit eröffnet, bei Kooperationen mit anderen Universitäten offen empfangen zu werden. Gerade Ende letzter Woche wurde gezeigt, wie die Universitäten am Oberrhein zusammenarbeiten wollen.


All das gilt es ebenfalls zu berücksichtigen. Die SP-Fraktion lehnt daher die Motion ab. Ihre Haltung bliebe auch ablehnend, wenn diese in ein Postulat umgewandelt würde.


Michael Herrmann (FDP) bemerkt, das Thema sei nicht neu und im Landrat schon des Öfteren diskutiert worden. Gerade im letzten Jahr konnte doch immerhin ein kleiner Erfolg erzielt werden: Es gab zwei Vorstösse dazu. Der eine stammte von Paul Wenger, der forderte, dass für alle Studierenden eine leichte Erhöhung der Studiengebühren erfolgen solle, der andere vom Sprechenden selbst. Er tendiert eher zur Meinung, dass es legitim wäre, die Gebühren für ausländische Studierende zu erhöhen.


Er plädiert für eine moderate Erhöhung. Die vorliegende Motion verlangt Gebühren zwischen Fr. 8'000 und Fr. 15'000 - dies die von Patrick Schäfli zitierte Empfehlung der BAK -, Beträge also, die nicht unbedingt als moderat zu bezeichnen sind.


Im Grundsatz würde eine Erhöhung drinliegen, und es gibt viele Unis, die eine Abstufung haben. Das wäre absolut legitim. Allerdings darf die Universität St. Gallen nicht mit der Universität Basel verglichen werden, denn sie hat ein anderes Geschäftsfeld. Das ist ebenfalls zu berücksichtigen.


Zur Frage «Motion» oder «Postulat»: Die Regierung hat nicht die Kompetenz, die Studiengebühren zu erhöhen - diese liegt vielmehr beim Universitätsrat. Sie kann daher höchstens gebeten werden, sich für eine solche Erhöhung der Studiengebühren einzusetzen.


Aus der Sicht der FDP dürfen die Studiengebühren nicht prohibitiv sein, und zwar in dem Sinne, dass dann auf gute Leute aus dem Ausland verzichtet werden müsste. Es ist zu hoffen, dass diese auch nach Studienabschluss in der Schweiz bleiben und die getätigten Bildungsinvestitionen so auch der Schweiz zugute kommen. Konkret ist die FDP der Ansicht, dass Studiengebühren zwischen Fr. 8'000 und Fr. 15'000 zu hoch sind.


Sie bittet, dass der Vorstoss in ein Postulat umgewandelt wird, auch wenn sie weiss, dass die Wirkung sowohl bei einer Motion wie auch bei einem Postulat auf die Regierung beschränkt bleibt. Einer Überweisung als Postulat könnte die Fraktion zustimmen.


Oskar Kämpfer (SVP) stellt fest, auch zu später Stunde könnten populistische Aussagen wie jene Christoph Hänggis nicht unwidersprochen im Raum stehen gelassen werden.


Es geht selbstverständlich nicht um Abschottung, wenn von betriebswirtschaftlichen Zahlen ausgegangen wird. Es gibt immerhin einige Universitäten wie INSEAD, Oxford oder Cambridge, die wesentlich höhere Gebühren haben, was die Leute aber nicht davon abhält, dort zu studieren - dies als Hinweis an Michael Herrmann. Es handelt sich um gute Universitäten, und die Studierenden sind bereit, die geforderten Preise zu zahlen. Das Ganze ist also sehr relativ.


Wenn die Universität gut werden will, dann wäre es vielleicht an der Zeit, über den vom Sprechenden eingereichten Vorstoss zu diskutieren, der einen Austritt des Kantons Baselland aus der Trägerschaft der Universität Basel verlangt. Dann könnte die Universität Basel ganz alleine entscheiden, in welche Richtung es gehen solle.


Jetzt aber ist der Kanton Baselland noch Träger der Uni Basel und zahlt die rund 160 Mio. Fr. pro Jahr. Es ist klar, dass der Kanton noch mitreden will. Die Anzahl der Studierenden kann kein Qualitätsmerkmal für eine Universität sein; diese darf sich nicht daran messen. Eine solche Betrachtungsweise ist gefährlich und schwierig - gerade in einem Land wie der Schweiz, das ein duales Bildungssystem hat und das will, dass auch der zweite Bildungsweg über die Berufslehre qualitativ gute Leute hat. Die Universität darf also hohe Ansprüche stellen, und es kann nicht sein, dass eine hohe Zahl Studierender mit hoher Qualität gleichgesetzt wird. Die Universitäten werden ja immer in einem Leistungsvergleich weltweit gemessen. Die Universität Basel gehört noch nicht zu den besten, insofern ist eine Erhöhung der Studiengebühr ein Anreiz, besser zu werden.


Marc Bürgi (BDP) bemerkt, sachliche Kritik an einem populistischen Vorstoss sei nicht automatisch auch populistisch. Letztes Jahr haben sowohl die BDP als auch die FDP Vorstösse eingereicht, die eine moderate Erhöhung der Studiengebühren für ausländische Studierende zum Thema hatten. Der Grund dafür ist, dass Bildung nicht gratis ist - gute Bildung darf etwas kosten.


Hinter dem heute zur Diskussion stehenden Vorstoss steckt allerdings eine Ideologie, indem auf die EU geschossen wird und gleichzeitig alle anderen ausländischen Studierenden auch noch mitbestraft werden. So funktioniert faire Politik nicht!


Warum «Ideologie»? «Horizon 2020» war die Reaktion auf die Masseneinwanderungsinitiative, und nun - im Sinne einer Retourkutsche - soll die EU bestraft werden, indem eine eminente Erhöhung der Studiengebühren gefordert wird, mit der auch alle anderen Studierenden, beispielsweise aus den USA, bestraft würden.


Die BDP/glp-Fraktion lehnt den Vorstoss grossmehrheitlich ab.


Christine Gorrengourt (CVP) erinnert daran, dass Christian Steiner bereits vor einiger Zeit darum gebeten habe, die Gebühr für die ausländischen Studierenden zu erhöhen. Er war auch Mitglied der CVP/EVP-Fraktion.


Die Fraktion befürwortet noch immer höhere Studiengebühren für ausländische Studierende. Die Fraktion bekundet aber aus folgenden Gründen Mühe mit der Motion:


Es handelt sich gar nicht um eine Motion, sondern nur um ein Postulat. Der Regierungsrat kann lediglich gebeten werden, auf eine Erhöhung der Studiengebühren hinzuwirken. Er hat gar keinen direkten Einfluss. Darum stimmt ein Teil der Fraktion einem Postulat zu. Ferner wäre die Fraktion froh, wenn im Vorstoss nicht eine absolute Zahl stünde, sondern einfach von einer Erhöhung die Rede wäre.


Zum Stichwort «Ideologie»: Die Fraktion hält sich an den Wortlaut des Vorstosses. Demnach wird der Regierungsrat beauftragt, sich dafür einzusetzen, dass alle ausländischen Studierenden - und nicht nur Studierende aus bestimmten Ländern - im Prinzip eine höhere Studiengebühr zahlen sollten. Unter diesen Vorzeichen wären die meisten Mitglieder der CVP/EVP-Fraktion damit einverstanden, den Vorstoss als Postulat zu überweisen. Dabei möge der absolute Betrag gestrichen werden, damit noch ein Spielraum erhalten bleibt.


Michael Vollgraff (Grüne) weist darauf hin, dass sich der Landrat vor ziemlich genau fünf Monaten mit Vorstössen befasste, die eine Erhöhung der Studierengebühren zum Inhalt hatten.


Die Meinung der Fraktion der Grünen hat sich zwischenzeitlich nicht geändert. Sie lehnt das Ansinnen weiterhin ab, sowohl als Motion als auch als Postulat.


Markus Meier (SVP) hat gemeint, Motionär Patrick Schäfli habe sich in dessen Vorstoss bezüglich der Preise verschrieben.


Er weist darauf hin, dass es im Rahmen der dualen Berufsbildung für Fr. 800 einen überbetrieblichen Wochenkurs gebe, für den am Schluss der Lehrbetrieb aufkommt. - Hier gibt es für diesen Preis ein Semester Universität. Ohne ins Jammern verfallen zu wollen, möchte er dies einfach einmal feststellen - dies angesichts der Tatsache, dass gemäss Verfassung die berufliche und die universitäre Bildung gleichgestellt sind.


Patrick Schäfli (SVP) hält ergänzend zu seinen vorherigen Ausführungen fest:


Den Vorwurf, es handle sich um einen ideologisch motivierten Vorstoss, weist er zurück. Auf diesem Niveau braucht nicht diskutiert zu werden. Es ist daran zu erinnern, dass an der Universität Basel keineswegs nur ausländische Studierende in Studienrichtungen zu finden sind, wo ein Mangel an Absolventen vorherrscht. Die grosse Mehrheit wählt Studienrichtungen wie Jurisprudenz, Betriebs- und Volkswirtschaft, Informatik etc.


Qualität darf, wie erwähnt, etwas kosten. Die Universität Basel hat einen sehr guten Ruf, aber es kann sicher nicht sein, dass sie eine möglichst hohe Studierendenzahl hat. Die Uni Basel ist eine offene Universität, aber die ausländischen Studierenden möchten ihren Beitrag bitte leisten. Das ist das Mindeste, das erwartet werden darf, denn die Steuerzahlenden zahlen für die Studierenden.


Zu den Zahlen: Im Vorstoss war die Zahl von Fr. 8'000 als Beispiel angeführt. Es ist nicht die Meinung, die Beiträge sofort auf Fr. 8'000 zu erhöhen. Die SVP würde aber eine massvolle Erhöhung erwarten und ist bereit, die Motion in ein Postulat umzuwandeln.


://: Der Vorstoss 2014/223 wird mit 36:34 Stimmen bei 1 Enthaltung als Postulat überwiesen. [ Namenliste ]


Für das Protokoll:
Barbara Imwinkelried, Landeskanzlei


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