Protokoll der Landratssitzung vom 19./26. März 2015
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2014-205 vom 12. Juni 2014 Motion von Lotti Stokar, Grüne Baselland: Quartierkindergärten, Tageskindergärten und Klassenbildung - Beschluss des Landrats vom 19. März 2015: < als Postulat überwiesen und abgeschrieben > > Begründung für den Antrag des Regierungsrats auf Überweisung als Postulat und Abschreibung vgl. Beilage 8. |
> Begründung für den Antrag des Regierungsrats auf Überweisung als Postulat und Abschreibung vgl. Beilage 8.
Lotti Stokar (Grüne) erklärt, sie habe die Motion aus persönlicher Erfahrung in der Gemeinde Oberwil eingereicht. Es ist schade, dass heute die FEB-Diskussion nicht geführt werde konnte, denn die Themen gehören zusammen. Es ist unbestritten, dass es mit FEB vorwärts gehen soll. Vom Kleinkind bis zum Ende der 9. Klasse soll die Kinderbetreuung gefördert werden.
Die Schwierigkeit besteht danach bei der bedarfsgerechten Umsetzung in den Gemeinden. Die Gemeinde Oberwil ist diesbezüglich relativ weit. Es gibt schon lange Tagesfamilien. Es gibt Mittagstische. Es gibt die Nachschulbetreuung. Die grosse Lücke, wie von den Eltern gemeldet wurde, besteht beim Kindergarten. Das ist logisch, weil die Umsetzung in einer grossen Gemeinde mit zehn Kindergartenstandorten schwierig ist. Wie soll eine gerechte und effiziente Lösung gefunden werden, wenn die Kinder nicht von jedem einzelnen Kindergarten an einen zentralen Mittagstisch gebracht werde sollen.
In der Gemeinde Oberwil wurde ein Konzept erarbeitet. Für Oberwil hat sich die Schaffung eines einzigen Tageskindergartens an einem zentralen Ort als beste Lösung herausgestellt. Dort sollen dann die Kinder in den Kindergarten gehen, welche diese Betreuung an allen Tagen der Woche benötigen. Selbstverständlich beteiligen sich die Eltern gemäss ihren Einkommensverhältnissen an den Kosten. Das Projekt wurde der Gemeindeversammlung vorgelegt. Diese hat einem Versuch über drei Jahre zugestimmt. Das Budget wurde für die drei Jahre gesprochen. Alles war aufgegleist. Dann wurde erkannt, dass es bei der Klassenbildung ein Problem gibt, weil es in der Gemeinde immer noch gleich viele Kindergartenkinder gab, jedoch neu ein Kindergarten mehr vorhanden war. Deshalb hätte ein Kindergarten geschlossen werden müssen. Einigen wird bekannt sein, dass die Schliessung von Kindergärten politisch relativ heikel ist. Wenn ein Kindergarten geschlossen werden muss, jedoch nicht klar ist, welcher es sein soll, weil in allen Kindergärten 20-21 Kinder sind und in jedem ca. zwei in den Tageskindergarten gehen, ist der Aufstand vorprogrammiert. Damit wäre der Tageskindergarten wieder gestorben. Deshalb wurde beim Kanton um eine Ausnahmebewilligung ersucht. Die Ausnahmebewilligung wurde zunächst abgelehnt, was erschreckend war. Es wurden weitere Diskussionen geführt, worauf die Bewilligung für drei Jahre durch den Regierungsrat erteilt wurde. Der Tageskindergarten ist nun in Betrieb. Es sind fast ausschliesslich Vollzahler, die das Angebot nutzen.
Nach eineinhalb Jahren zeigt sich, dass im Sommer einer der elf Kindergarten geschlossen werden kann, weil sich die Situation wieder verändert hat. Insofern könnte argumentiert werden, die Motion brauche es nicht mehr. Verschiedene Gespräche haben gezeigt, dass kein grosses Interesse besteht, das Gesetz anzupassen. Trotz allem findet es die Votantin schwierig, wenn die Klassenbildung in solchen Situationen als oberste Massgabe angeführt wird. Es kann durchaus sein, dass ein Tageskindergarten an einem zentralen Standort in einer Gemeinde die beste Lösung ist. Zudem bewilligen Gemeindeversammlungen nicht willkürlich Kredite, sondern es wird sehr genau hingeschaut.
Die Motionärin anerkennt, dass die Motion kaum Chancen haben wird. Es wird jedoch angeregt, dass die Überweisung als Postulat nicht mit der gleichzeitigen Abschreibung einhergehen soll. Die Begründung hat die Votantin enttäuscht. Denn es kann nicht irgendein Kindergarten in einen Tageskindergarten umfunktioniert werden. Es wird nach den Vorgaben der Pflegekinderverordnung sehr genau geschaut, wie viele Quadratmeter für den Freizeit- und Mittagstischbereich zur Verfügung stehen. In einem normalen Kindergarten ist der nötige Raum nicht vorhanden. Es muss eine spezielle Infrastruktur geschaffen werden.
Die Votantin macht beliebt, dass mit einer Überweisung als Postulat aufgezeigt wird, wie die Gemeinden bei der Umsetzung eines solchen Projekts unterstützt werden können. Die Motionärin wandelt die Motion in ein Postulat um.
Für das Protokoll:
Peter Zingg, Landeskanzlei
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Klaus Kirchmayr (Grüne) äussert sich nicht, weil ihm Kindergärten oder Quartierkindergärten speziell am Herzen lägen. Allerdings ärgert es ihn sehr, wenn der Kanton einer initiativen Gemeinde vorschreibt, sie dürfe eine zusätzliche Dienstleistung, für welche sie aufkommen will, nicht anbieten.
Die Gemeinde soll selber darüber entscheiden können - das entspricht auch dem Geiste der Charta von Muttenz. Deshalb begreift der Sprechende weder die Antwort der Regierung noch das fehlende Musikgehör für dieses Vorhaben.
Er findet die Haltung der Regierung falsch und ruft dazu auf, den Vorstoss als Motion zu überweisen.
Christine Gorrengourt (CVP) weist auf einen Aspekt hin, der in der schriftlichen Begründung des Regierungsrates genannt ist: Das Angebot in den Primarschulen soll ungefähr gleich sein. Deshalb möchte die CVP/EVP-Fraktion nicht, dass an den Klassengrössen gerüttelt wird.
Die Fraktion ist für Überweisen und Abschreiben. Dies aber nicht, weil ihr die Antwort so gut gefällt, sondern weil das Ganze eigentlich kein Problem darstellen sollte. Es handelt sich hier um ein Übergangsproblem einiger grösserer Gemeinden, die mehrere Kindergärten haben und die nun mit einer Tagesschule starten möchten. Normalerweise löst sich das Problem von selber, sobald das Ganze angelaufen ist. Der Ansatz muss deshalb so aussehen, dass dafür nicht ein Gesetz geändert wird, sondern dass Ausnahmen gewährt werden.
Wie Landrätin Gorrengourt aus ihrer eigenen Gemeinde weiss, hatte auch diese spezielle Situationen, aber es erwuchsen daraus nie Probleme. Die Gemeinde lieferte gute Begründungen, worauf ihr diese Ausnahmen jeweils gewährt wurden. Im darauffolgenden Jahr lief dann wieder alles normal. - Das dürfte sich auch in anderen Gemeinden so verhalten, weshalb es nicht begreiflich ist, dass sich daraus ein Problem ergibt.
Die Verwaltung ist gebeten, sich grosszügig zu zeigen und Ausnahmesituationen zu berücksichtigen, damit deswegen keine Gesetze oder Verordnungen geändert werden müssen.
Die Fraktion ist für Überweisen und gleichzeitiges Abschreiben des Vorstosses. Sie hofft, dass das Ganze in Zukunft besser gehandhabt wird.
Miriam Locher (SP) schickt voraus, ihre Fraktion schliesse sich der CVP/EVP-Fraktion an. Die Fraktion hat Verständnis für den Vorstoss Lotti Stokars, aber einerseits bringt die Forderung dieser Motion ganz klar neue Schwierigkeiten mit sich - die ohnehin bereits schwierige Klassenbildung wird für die Schulleitung noch zusätzlich erschwert, und das Problem des Verschiebens und des Umteilens wird lediglich verlagert. Andererseits erlauben es das Bildungsgesetz und die Ausführungsgesetzgebung grundsätzlich bereits jetzt, dass die Gemeinden eine oder mehrere Kindergartenklassen als Tageskindergarten führen können (zum Beispiel in Arlesheim), solange die Gemeinden die Kosten tragen. Die Gemeinden können entsprechende Anträge stellen, welche in aller Regel bewilligt werden.
Die Fraktion hat sich intern über solche Anträge unterhalten - einige Mitglieder sind in der Bildung tätig. Es herrschte die Meinung vor, dass die Bewilligung solcher Anträge bislang kein Problem gewesen waren.
Die SP ist daher für die Überweisung des Vorstosses als Postulat und für dessen Abschreibung.
Caroline Mall (SVP) schliesst sich namens ihrer Fraktion den beiden Vorrednerinnen an.
Zu Klaus Kirchmayr bemerkt sie, er habe sich vorhin widersprochen. Es kann nicht sein, dass eine entsprechende Regelung im Bildungsgesetz aufgenommen wird, das Ganze aber Sache der Gemeinde sein soll.
Was den Antrag betrifft: Es geht definitiv nicht, dass ein Tageskindergarten von der Klassenbildung ausgenommen wird. Es handelt sich um zwei verschiedene Schienen, eine staatliche und eine private. Nicht möglich ist es, das eine zu wollen und das andere auch noch zu bekommen.
Verständnis zeigt Landrätin Mall allerdings für die Argumentation Lotti Stokars. Wenn die Gemeinden einen Tageskindergarten anbieten wollen, soll das ihnen erlaubt sein. Ebenso sollten die Gemeinden mit ihren Anfragen nicht auf eine Betonmauer stossen. Wenn der Kanton sich grosszügig zeigen würde und nicht extra ein Gesetz geändert werden müsste, wäre das von Vorteil.
Marianne Hollinger (FDP) schliesst sich weitgehend den Vorrednerinnen an. Es geht um einen Gemeindeentscheid, der getroffen wird. Die Gemeinde organisiert und zahlt; am Schluss müsste es deshalb auch die Gemeinde sein, die entscheiden kann.
Auf der einen Seite gibt es das Bildungsgesetz mit Vorschriften; auf der anderen Seite wird ersichtlich, dass über das Ganze nachgedacht werden sollte. Es ist einiges im Umbruch; die Gemeinden sind auf dem Weg in Richtung Tagesschulen und -kindergärten. Es gilt seitens des Kantons, den Gemeinden diesen Weg zu ebnen und ihnen keine Steine in den Weg zu legen.
Daher braucht es im Moment grosszügige Lösungen, und es gilt, sich zu überlegen, welche Anpassungen nötig sind, damit die Autonomie der Gemeinden in dieser Angelegenheit gewahrt bleibt.
://: Der Vorstoss 2014/205 wird mit 48:16 Stimmen als Postulat überwiesen. [ Namenliste ]
://: Das Postulat 2014/205 wird mit 51:15 Stimmen abgeschrieben. [ Namenliste ]
Für das Protokoll:
Barbara Imwinkelried, Landeskanzlei
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