Protokoll der Landratssitzung vom 15. Februar 2007
Protokoll der Landratssitzung vom 15. Februar 2007 |
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2007-030
vom 1. Februar 2007
Bericht
des Büros des Landrats: Transparenz bei Abstimmungen im Landrat; Änderung der Geschäftsordnung des Landrats
- Beschluss des Landrats am 15. Februar 2007 < beschlossen > ||
Landratsbeschluss
(Dekretänderung)
Nr. 2265
Landratspräsidentin Elisabeth Schneider -Schneiter (CVP) verweist auf den schriftlich vorliegenden Änderungsvorschlag in der Geschäftsordnung des Landrates, dass Abstimmungsergebnisse dann in Form einer Namensliste ausgedruckt werden sollen, wenn
bei Eintretens-, Rückweisungs- und Schlussabstimmungen zu Vorlagen mindestens 12 Gegenstimmen abgegeben werden.
Das Büro beantragt dem Plenum, aus folgenden Gründen nicht auf diesen Vorschlag einzutreten:
Die heutige Regelung über die namentliche Abstimmung wurde geschaffen, um die Transparenz dort zu gewährleisten, wo eine besondere politische Brisanz auszumachen ist. Das aktuell geltende System der namentlichen Abstimmung bringt zum Ausdruck, dass ein Geschäft bestritten ist. Mit einem automatisierten System der namentlichen Abstimmung würden jene Geschäfte, die tatsächlich bestritten sind, nicht mehr im gleichen Ausmasse wahrgenommen. Man muss sich wirklich fragen, ob es sinnvoll ist, eine Namensliste aller Schlussabstimmungen mit mehr als 12 Gegenstimmen in Papierform dem Protokoll anzuhängen. Das Büro ist der Meinung, diese Namenslisten würden nicht wahrgenommen und empfiehlt dem Landrat deshalb, nicht auf die Vorlage einzutreten.
Die FDP-Fraktion stellt folgenden Antrag:
Abstimmungsergebnis und Abstimmungsverhalten werden in Form einer Namensliste öffentlich im Internet zugänglich gemacht.
Die FDP-Fraktion möchte also sämtliche Abstimmungen und Abstimmungsergebnisse öffentlich zugänglich machen. Dazu folgende Stellungnahme der Landratspräsidentin: Die Annahme dieses Antrages zöge einen unabsehbaren technischen Aufwand nach sich. Die Landeskanzlei vertritt die Auffassung, das installierte System sei zurzeit nicht in der Lage, diese Forderung zu erfüllen. Zu bedenken ist auch, dass eine Vielzahl von Entscheiden gar nicht durch Abstimmungen zustande kommen, vielmehr fragt die Landratspräsidentin, wenn immer möglich, ob jemand einen gegenteiligen Antrag stellen, ob sich jemand gegen stillschweigendes Abschreiben eines Vorstosses zu Wort melden oder jemand gegen eine Überweisung votieren möchte. Würde der Antrag angenommen, müssten also viel mehr Abstimmungen durchgeführt werden und sämtliche Namenslisten müssten dem Protokoll beigefügt werden.
Ruedi Brassel (SP) und seine Fraktion haben sich von Beginn an für die Installation einer elektronischen Abstimmungsanlage eingesetzt. Hauptargument für die Anlage war die Herstellung der Transparenz über alle Abstimmungen im Landrat. Insbesondere auch für die Auswertung der Fraktionsarbeit wäre ein Abstimmungsspiegel wichtig und interessant. Zudem erhält die Öffentlichkeit auf diesem Wege die Möglichkeit, die Arbeit des Parlamentes zu beurteilen.
Der nun vom Büro eingebrachte Vorschlag nennt ein Quorum von 12 Gegenstimmen und beschränkt die Namensliste auf Eintretens-, Rückweisungs- und Schlussabstimmungen; bei Detailabstimmungen müsste nach wie vor die namentliche Abstimmung beantragt werden.
Klarer erscheint der SP der Vorschlag von Siro Imber, der fordert, dass die Abstimmungsergebnisse und das Abstimmungsverhalten grundsätzlich in Form einer Namensliste öffentlich im Internet zugänglich gemacht werden sollen. Diese Variante setzt offenbar die Lösung gewisser Softwareprobleme voraus, was aber mit der neuen Anlage zu bewerkstelligen sein sollte. Eine Mehrheit der SP-Fraktion wird dem Antrag von Siro Imber zustimmen. Sollte Siro Imbers Antrag unterliegen, wird die SP auf jeden Fall dem Antrag des Büros die Zustimmung erteilen.
Nachdem die Präsidentin den Sachverhalt bereits ausführlich dargelegt hat, verzichtet Helen Wegmüller (SVP) auf Wiederholungen und gibt bekannt, dass die SVP mit dem Büro der Meinung ist, der Istzustand sollte belassen werden und auf die Dekretsänderung sei nicht einzutreten.
Der Vorstoss wurde, so Christine Mangold (FDP) unter dem Motto eingereicht: Mehr Transparenz! Auch nach den eben erfolgten Wahlen sollte es dem Landrat ein Anliegen sein, gegenüber der Bevölkerung offen darzulegen, wie "ihre" gewählten Volksvertreter abstimmen. Während die SP von Beginn an für die Einführung einer elektronischen Abstimmungsanlage eintrat, war die FDP nicht zwingend dafür, ihr hätte der rote Zettel weiterhin genügt. Nun aber, da das neue System installiert ist, soll es in seinen Möglichkeiten auch wirklich ausgenützt werden. Ein Novum wird überdies nicht verlangt, im National- und Ständerat sind diese Mechanismen bereits eingeführt. Nachvollziehen kann allerdings die FDP, dass eine riesige Papierflut vermieden werden soll. Deshalb der technisch sicherlich machbare Antrag von Siro Imber, die Abstimmungsresultate ins Internet zu stellen, wo jedermann die Möglichkeit hat, die Abstimmungsresultate und Namenslisten dazu abzurufen. Die Holschuld liegt damit bei der interessierten Stimmbürgerin und dem interessierten Stimmbürger. Wenn eine namentliche Abstimmung verlangt wird, so soll, wie bisher, das Zwölferquorum erfüllt sein, und die Namensliste dieser Abstimmung wäre dann dem Protokoll anzufügen.
Die FDP ist für Eintreten und wird einen Abänderungsantrag zu § 85 Absatz 5 einbringen.
Ivo Corvini (CVP) ruft in Erinnerung, dass der Landrat am 2. November 2006 das Verfahrenspostulat "Für mehr Transparenz bei Abstimmungen im Landrat" überwiesen hat. Heute, gut drei Monate später, wird dieser Entscheid wieder in Frage gestellt. Dazu passt folgende Anekdote: Kurz vor den Wahlen fährt ein Politiker frühmorgens in einem überfüllten Tram. Als eine ältere Dame zusteigt, fragt der Politiker: Möchten Sie meinen Platz einnehmen? Darauf antwortet die Dame: Typisch Politiker, vor den Wahlen lassen sie einen sitzen, nach den Wahlen lassen sie einen hocken!
Übersetzt auf die aktuelle Situation bedeutet dies: Vor den Wahlen war man für Transparenz, nun aber wird sie wieder in Frage gestellt. Mit der neuen Abstimmungsanlage müsste die Herstellung der Transparenz doch möglich sein.
Die CVP/EVP-Fraktion ist für Eintreten auf die Vorlage, war sich aber nicht ganz einig, welche Version, ob jene Siro Imbers oder jene der Vorlage sie unterstützen sollte. Eine Papierflut sollte jedenfalls vermieden werden und die Abrufbarkeit im Internet gewährleistet sein.
Philipp Schoch (Grüne) spricht sich ebenfalls für Eintreten auf die Vorlage aus und unterstützt Siro Imbers Antrag.
Das Parlament erbringt eine Dienstleistung zugunsten des Volkes, das ein Recht auf das sogenannte Öffentlichkeitsprinzip hat. Das Volk darf grundsätzlich wissen, wer was im Landrat sagt. Die allenfalls noch vorhandenen technischen Probleme sind heutzutage sicherlich lösbar, für die Umsetzung dürfen durchaus ein paar Franken aufgeworfen werden. Auf Papier sollen die Namenslisten nicht ausgedruckt werden. Wichtig ist, dass über das Internet Einsicht genommen werden kann.
Landratspräsidentin Elisabeth Schneider -Schneiter (CVP) ist die Bemerkung wichtig, dass es ihr nicht darum geht, Transparenz zu verhindern oder das Abstimmungsverhalten zu verschleiern, sondern um die Sicherstellung effizienter Abläufe des Ratsbetriebs.
Eintreten ist bestritten; die FDP-Fraktion hat eine namentliche Abstimmung verlangt.
(Heiterkeit)
://: Der Landrat tritt mit 65 gegen 12 Stimmen bei 3 Enthaltungen auf die Vorlage ein.
Dekret zum Gesetz über die Organisation und die Geschäftsführung des Landrats (Geschäftsordnung des Landrats)
- Detailberatung
Titel und Ingress
keine Wortmeldung
§ 85 Absatz 5 Abstimmungsregeln
Siro Imber
stellt folgenden Antrag:
5
Abstimmungsergebnis und Abstimmungsverhalten werden in Form einer Namensliste öffentlich im Internet zugänglich gemacht.
Absatz 5 soll in obiger Form geändert und § 86 in bisheriger Form belassen werden.
Eugen Tanner (CVP) weiss, dass er mit seinem Votum keine Mehrheit findet, gibt aber trotzdem zu bedenken, dass der Antrag Siro Imbers nicht zur Beschleunigung des Ratsbetriebs beitragen wird. Künftig wird über Sachverhalte abzustimmen sein, die bisher stillschweigend erledigt werden konnten.
Ruedi Brassel
(SP) räumt ein, dass eine Namensliste bei gewissen Abstimmungen nicht zwingend nötig ist. Wer bei einem persönlichen Vorstoss eine Namensliste publiziert haben möchte, kann dies verlangen. Der Grund, warum der Bürovorschlag auf Widerstand stiess, war die Forderung, dass 12 Gegenstimmen nötig sind, damit das Ergebnis registriert wird. Deshalb schlägt Ruedi Brassel folgenden Kompromiss zwischen der Lösung Imber und dem Büroantrag vor:
5
Abstimmungsergebnis und Abstimmungsverhalten werden in Form einer Namensliste ausgedruckt und öffentlich zugänglich gemacht ,wenn
b. es sich um Eintretens-, Rückweisungs- und Schlussabstimmungen handelt.
Damit ist sichergestellt, dass bei elementaren Abstimmungen eine Namensliste öffentlich gemacht wird.
Thomi Jourdan
(EVP) ist zwar kein Computercrack, geht aber davon aus, dass die Namen der Landrätinnen und Landräte in der elektronischen Abstimmungsanlage gespeichert sind.
Mit dem Vorschlag von Ruedi Brassel könnte Thomi Jourdan leben, allerdings dürfte damit zusätzlicher Arbeitsaufwand verbunden sein, weil die verschiedenen Abstimmungsergebnisse unterschiedlich behandelt werden müssten. Es gilt einen möglichst einfachen Weg zu beschreiten. Das betreffende log file müsste sich auf das Internet verlinken lassen. Würden alle Abstimmungsergebnisse ins Internet gestellt, wäre der Arbeitsablauf wohl einfacher. Die Frage sollte zur Beantwortung ans Büro zurückgegeben werden.
Auch Urs Hess (SVP), der sich als Vertreter des Büros zu Wort meldet, hat gegen Transparenz selbstverständlich nichts einzuwenden. Statt, wie bisher, stillschweigend auf ein Geschäft einzutreten, müsste gemäss Vorschlag jedes Mal eine Abstimmung durchgeführt werden, dies kann nicht im Sinne eines effizienten Ratsbetriebs sein. Hintergrund dieser Überlegung ist der Vorschlag des Büros, dass eine Namensliste nur dann ausgedruckt wird, wenn mindestens 12 Gegenstimmen abgegeben werden.
Christine Mangold (FDP) realisiert, dass auch ein scheinbar leichtes Geschäft stark kompliziert werden kann. Die FDP hält an ihren Antrag fest, zu einer Papierflut darf der Entscheid nicht führen, wesentlich ist die Platzierung im Internet. Klar ist auch, dass dann, wenn stillschweigend Eintreten beschlossen wird, keine Abstimmung durchgeführt wird.
Ruedi Brassel
(SP) hat genau dieses Argument von Christine Mangold ebenfalls beitragen wollen. Nicht stichhaltig ist der Einwand von Urs Hess, denn eine Registrierung wird nur dann vorgenommen, wenn abgestimmt wird.
Noch unklar ist, ob die Namensliste ausgedruckt werden soll oder nicht. Siro Imbers Vorschlag ist gegen das Ausdrucken. Die zweite Differenz besteht darin, ob ein Quorum festgelegt oder jede Abstimmung publiziert werden soll. Ruedi Brassel bittet in der Abstimmung zu unterscheiden, ob eine Namensliste ausgedruckt werden oder die zweite Regelung den Zuschlag erhalten soll.
Helen Wegmüller (SVP) bittet den Rat, das Geschäft zur Abklärung der offenbar schwer wiegenden technischen Probleme an das Büro zurückzuweisen.
Alle Ausnahmen, die der Rat einzubauen versucht, werden die Arbeit erschweren, entgegnet Siro Imber (FDP). Zudem würde sich die Einführung eines Quorums vor allem für die kleinen Fraktionen wie den Grünen als nachteilig erweisen.
Patrick Schäfli (FDP) findet, es mache absolut keinen Sinn, das Geschäft an das Büro zurückzugeben. Die Meinungen sind gemacht. Das Auftischen von technischen Gegenargumenten gründet wohl in der Mühe gewisser Landratsmitglieder mit der Transparenz. Man gebe sich nun einen Ruck zur Herstellung der gewünschten Transparenz, am besten bei allen Abstimmungen - nicht ausgedruckt zwar auf Papier, sondern elektronisch im Internet, womit dann auch noch ökologisch ein Beitrag geleistet wäre.
Landratspräsidentin Elisabeth Schneider -Schneiter (CVP) stellt die beiden folgenden Anträge einander gegenüber:
Antrag Siro Imber, FDP:
5
Abstimmungsergebnis und Abstimmungsverhalten werden in Form einer Namensliste öffentlich im Internet zugänglich gemacht.
Antrag Ruedi Brassel, SP:
5
Abstimmungsergebnis und Abstimmungsverhalten werden in Form einer Namensliste ausgedruckt und öffentlich zugänglich gemacht ,wenn
b. es sich um Eintretens-, Rückweisungs- und Schlussabstimmungen handelt.
://: Der Landrat entscheidet sich mit 59 Stimmen für den Antrag der FDP. Der Antrag der SP erhält 19 Stimmen. 2 Landratsmitglieder enthalten sich der Stimme.
In der zweiten Abstimmung stellt die Landratspräsidentin den obsiegenden FDP-Antrag dem Büroantrag gegenüber.
://: Der Landrat spricht sich mit 60 Stimmen für den FDP-Antrag aus. Auf den Büroantrag entfallen 17 Stimmen, 4 Landratsmitglieder enthalten sich der Stimme.
§ 86 Abstimmung mit Namensliste
Änderung obsolet
Schlussabstimmung
://: Der Landrat stimmt dem in § 85 Absatz 5 abgeänderten Dekret (Geschäftsordnung des Landrates) mit 61 zu 17 Stimmen bei 4 Enthaltungen zu.
://: Damit ist auch das modifizierte Verfahrenspostulat 2006/119 von Patrick Schäfli als erfüllt abgeschrieben.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Fortsetzung