Protokoll der Landratssitzung vom 8. September 2011

Nr. 25

Agathe Schuler (CVP) ist von der Petitionskommission zur Berichterstatterin bestimmt worden zu diesem Geschäft, das noch in der alten Kommissionszusammensetzung beraten worden ist.


Sie erklärt, die Petitionskommission habe den regierungsrätlichen Antrag auf Nichterteilung des Kantonsbürgerrechts eingehend beraten. Die Kommission hat das Dossier nochmals geprüft und weitere Akten angefordert. Sie ist mit 4:2 Stimmen bei einer Enthaltung zum Schluss gekommen, die Voraussetzungen für eine Einbürgerung seien nicht gegeben. Die Voraussetzung des guten finanziellen Leumunds ist wegen massiver Verschuldung und zeitweiliger Sozialhilfeabhängigkeit nicht erfüllt.


Die Kommissionsminderheit dagegen hält fest, dass eine ganze Reihe von Empfehlungsbriefen an die Behörden geschrieben worden sei, dies von Lehrpersonen, Schulleitungen, vom Sozialdienst am Wohnort, die von der inzwischen guten Integration der Familie zeugen.


Die Kommission stellt fest, dass der Fall behördenseits sehr unbefriedigend verlaufen ist. Die Behörde hätte wegen der Aussichtslosigkeit des Gesuchs dieses dem Regierungsrat bereits viel früher vorlegen müssen. Aus Gründen der Billigkeit schlägt darum die Petitionskommission einstimmig vor, die Gebühren im Fall einer Nichteinbürgerung zu erlassen.


Somit beantragt die Kommission dem Landrat mit 4:2 Stimmen bei einer Enthaltung, dem Antrag des Regierungsrates zu folgen und das Einbürgerungsgesuch abzulehnen, und einstimmig, im Falle der Nichterteilung des Kantonsbürgerrechts auf die Erhebung einer Gebühr zu verzichten.


Rosmarie Brunner (SVP) gibt bekannt, dass die SVP-Fraktion einstimmig dem Antrag der Kommission folgen und das Gesuch ablehnen sowie auf die Erhebung einer Gebühr verzichten werde; denn das Gesuch ist seit 2002 gelaufen, und die Behörden hätten die Gesuchstellerin schon längst auf dessen Aussichtslosigkeit hinweisen sollen.


Hanni Huggel (SP) vertritt namens der SP-Fraktion den Grundsatz, dass, wenn eine Gemeinde einer Einbürgerung nach allen Abklärungen zustimmt, dies höher zu gewichten sei als wenn der Kanton Ungereimtheiten feststellt, die vor allem im Zusammenhang mit dem Ehemann stehen und mit der einbürgerungswilligen Frau eigentlich kaum zu tun haben. Sie ist mit ihren vier Kindern, von denen das älteste schon volljährig ist, am 27. April 2006 in Binningen eingebürgert worden. Danach fand der Kanton, weil der Mann verschuldet sei, in der Türkei einen Unfall gehabt habe und eine Haftstrafe habe absitzen müssen, müsse das Verfahren in die Länge gezogen werden.


Wegen der Landesabwesenheit ihres Mannes hat die Frau während kurzer Zeit Sozialhilfe bezogen. Von den Behörden immer wieder aufgefordert, sich von dieser Unterstützung zu befreien, kommt sie seit August 2009 ohne Sozialhilfe aus.


Sippenhaft ist nicht akzeptabel. Wenn die Bürgergemeinde Binningen Ja sagt zur Einbürgerung dieser Frau, sollte sie mit ihren Kindern auch von Kanton eingebürgert werden. Deshalb lehnt die SP-Fraktion den Nichteinbürgerungsantrag der Petitionskommission grossmehrheitlich ab.


Balz Stückelberger (FDP) meint, es handle sich bestimmt um einen speziellen Fall. Es ist nicht im Interesse der FDP-Fraktion, dass man nur wegen einer kleinen Verschuldung oder eines finanziellen Engpasses das Bürgerrecht nicht erwerben kann. Aber in diesem Fall geht es um eine sehr grobe Verschuldung; an der Situation hat sich mehrere Jahre lang nichts gebessert, obwohl mit dieser Familie intensive Gespräche geführt wurden.


Deshalb ist die FDP-Fraktion nach intensiver Prüfung dieses Gesuchs zur Auffassung gelangt, dass ein krasser Fall vorliege und dass die Einbürgerungsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Das Verfahren ist nicht zuletzt deshalb so lange gegangen, weil der Gesuchstellerin immer wieder Chancen gegeben und weil mit der Familie immer wieder Gespräche geführt worden sind. Das kostet letztlich. Die FDP-Fraktion schliesst sich den Anträgen der Kommission an.


://: Mit 49:21 Stimmen bei neun Enthaltungen beschliesst der Landrat wie folgt:


1. Das Einbürgerungsgesuch wird abgelehnt.


2. Auf die Erhebung einer Gebühr wird verzichtet. [ Namenliste ]


Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei



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