Protokoll der Landratssitzung vom 8. September 2011

Nr. 36

Landratspräsident Urs Hess (SVP) gibt das Vorgehen bekannt: Zuerst werden der Bericht der federführenden Justiz- und Sicherheitskommission und der Mitbericht der Finanzkommission erstattet; danach wird über die Kantonsverfassung beraten; dann wir getrennt über die beiden Gesetzesänderungen beraten.


JSK-Präsident Werner Rufi (FDP) erklärt, die Vorlage sei relativ komplex und umfangreich. In den den Kommissionsberichten beiliegenden Gesetzestexten haben die Änderungen beider Kommissionen Eingang gefunden.


In der JSK wurde das Geschäft an fünf Sitzungen behandelt. Es soll allfällige Gemeindefusionen erleichtern; insbesondere wurden formalrechtliche Lücken geschlossen. Geregelt wird unter anderem der Austritt fusionswilliger Gemeinden aus Zweckverbänden oder die Verhältnisse im Fall von fusionierten Einwohnergemeinden und von dazugehörenden, aber nicht fusionierten Bürgergemeinden. Es sind zudem parlamentarische Vorstösse sowie eine Empfehlung der Geschäftsprüfungskommission berücksichtigt worden.


Wichtig ist zu verstehen, dass die Vorlage zweigeteilt worden ist. Der zentrale Aspekt sind die Bestimmungen betreffend Fusion, und das andere Thema, der Steuerrabatt, stellt nun im LRB-Entwurf eine eigene Ziffer dar. So können die beiden Themen voneinander abgegrenzt werden.


Eintreten war in der JSK unbestritten. Die regierungsrätliche Gesetzesfassung wurde mehrheitlich übernommen. Eine Änderung betrifft § 67a: Neu soll ein Drittel der anwesenden Stimmberechtigten an einer Gemeindeversammlung beschliessen können, dass die Schlussabstimmung über eine Vorlage an der Urne stattfindet.


Bei der Beschwerderegelung wurde im Sinne einer einheitlichen Rechtsanwendung die Ausrichtung des Gesetzes über die politischen Rechte übernommen.


Die Finanzkommission hat sich vor allem zu finanzspezifischen Themen - darunter Steuerrabatt und Anpassungen an HRM2 - geäussert.


Zu reden gab die Unvereinbarkeit des Lehrberufs mit der Einsitznahme in den Gemeinderat: Eine Minderheit fürchtet Interessenkonflikte, was aber die Mehrheit nicht so sieht.


Nebst dem Gemeindegesetz ist auch die Kantonsverfassung zu ändern, und zwar in § 46 Absätze 1 und 1 bis . Diese Regelung besagt, dass für den Zusammenschluss oder die Aufteilung von Einwohnergemeinden die an der Urne ermittelte Zustimmung der betroffenen Gemeinden beziehungsweise der betroffenen Gemeindeteile sowie die Regelung durch das Gesetz erforderlich seien. Für Grenzänderungen sind die an der Urne ermittelte Zustimmung der betroffenen Gemeinden sowie die Genehmigung des Landrates erforderlich.


Auch das Verwaltungsverfahrensgesetz hat gewisse Anpassungen erfahren.


Der Regierungsrat beschliesst das Inkrafttreten der Änderungen. Die Umsetzung sollte möglichst bald erfolgen, damit die formalrechtlichen Lücken rasch geschlossen werden können.


Die in der Vorlage bearbeiteten drei Motionen und das eine Postulat sind abzuschreiben.


Die Fraktionssprecher sind gebeten, sich, nach der Erläuterung des Mitberichts durch Marc Joset, zur ganzen Vorlage zu äussern, auch wenn die Abstimmung über die einzelnen LRB-Ziffern dann getrennt erfolgt.


Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei


Der Präsident der Mitbericht erstattenden Finanzkommission Marc Joset (SP) erklärt, die Finanzkommission habe sich - in Ergänzung zur Justiz- und Sicherheitskommission - mit den beiden Themen «Steuerrabatt» und dem «Harmonisierten Rechnungsmodell 2» befasst. Auch die Finanzkommission sah den Steuerrabatt als eigentlichen Knackpunkt der Vorlage. Deshalb soll im Landrat separat entschieden werden, um die Teilrevision vom Gemeindegesetz nicht zu gefährden. Somit sollen dem Volk zwei einzelne Vorlagen vorgelegt werden.


Zum Steuerrabatt: Man hat sich erst über der Begriff «Steuerrabatt» unterhalten. Streng genommen ist der sogenannte «Steuerrabatt» nichts anderes als eine Steuerfussreduktion. Der Begriff Rabatt hat aber einen psychologischen Aspekt und soll zum Ausdruck bringen - so argumentieren die Befürworter - dass die Gemeinden nach einem guten Rechnungsabschluss den SteuerzahlerInnen etwas «zurückgeben» können. Es soll nicht ein eigentlich weiterer Steuerfuss-Entscheid sein, wie er jeweils an der Budgetsitzung im Dezember debattiert und gefällt wird.


Genau dies befürchten aber die Steuerrabatt-Gegner: Es würden dann zweimal pro Jahr Steuerfuss-Diskussionen stattfinden. Der Gemeinderat könne nicht mehr langfristig und berechenbar planen, vor allem wenn mitten im Jahr aus der Gemeindeversammlung ein Antrag auf einen Steuerrabatt gestellt werden kann.


Die Finanzkommission beantragt mit 8:4 Stimmen, die von der Regierung vorgeschlagenen Änderungen im Gemeindegesetz betreffend Steuerrabatt in einer Extra Vorlage zu genehmigen, aber um einen zusätzlichen Absatz 4 in § 164a zu ergänzen, indem festgehalten wird, dass «Die voraussichtliche finanzielle Auswirkung der Steuerrabatte ist der vorliegenden Jahresrechnung als Rückstellung zu belasten ist und in der folgenden Jahresrechnung aufzulösen ist.» Damit würde die vorliegende Rechnung, die ein gutes Ergebnis ausweist, belastet.


Ferner spricht sich die Finanzkommission einstimmig dafür aus, die Motion 2009/006 von Petra Schmidt als erfüllt abzuschreiben.


Gesetzesänderungen aufgrund von HRM2: Das Harmonisierte Rechnungslegungsmodell (HRM2) ist im Kanton BL mit der Revision vom Finanzhaushaltsgesetz im Jahre 2009 umgesetzt worden. Für die Rechnungslegung in den Gemeinden steht die Umsetzung aber noch an. Der Regierungsrat schlägt vor, die entsprechenden Vorschriften auf Verordnungsebene zu erlassen. Die Finanzkommission möchte jedoch bereits im Gesetz auf das neue Rechnungsmodell Bezug nehmen und die Formulierung vom bisherigen Recht sinngemäss wieder aufnehmen.


Einstimmig beantragt die Kommission, den § 165 Absatz 2 wie folgt zu formulieren:


«Der Regierungsrat erlässt Vorschriften über eine harmonisierte und transparente Rechnungslegung der Gemeinden. Für die Einwohnergemeinden orientiert er sich dabei am Rechnungslegungsmodell der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren».


Die beiden Adjektive «harmonisiert» und «transparent» entsprechen dem Modell HRM2. HRM2 wird jedoch bewusst nicht genannt, es soll jeweils das aktuelle Modell gelten, ohne dass das Gesetz bei einer Änderung angepasst werden muss.


Mit der Einschränkung im zweiten Satz auf die Einwohnergemeinden ist sichergestellt, dass die Bürger- und Burgergemeinden zwar auch über ein transparentes Rechnungswesen verfügen müssen, aber nicht verpflichtet werden, HRM2 zu übernehmen.


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- Eintreten


Dominik Straumann (SVP) berichtet, die SVP-Fraktion befürworte diese Gesetzesrevision gemäss Kommissionsbericht.


Ruedi Brassel (SP) meint, die SP-Fraktion erachte die Ermöglichung von Gemeindefusionen als wichtigen Schritt. In die Vorlage sind aber viele sachfremde Elemente gerückt worden. Schon in der Vernehmlassung plädierte man dafür, das Thema Steuerrabatt von der Vorlage zu trennen. Es kann nicht sein, dass eine unbestrittene, sinnvolle Weiterentwicklung des Gemeinderechts mit umstrittenen Inhalten wie Steuerrabatt kombiniert wird. Die SP ist für die Gemeindefusionen, man befürwortet, das fehlende Referendum gegen Ablehnungsbeschlüsse von Gemeindeversammlungen durch die Möglichkeit von Schlussabstimmungen an der Urne, wie dies im Kanton Solothurn praktiziert wird, zu kompensieren. Man folgt den Kommissionsanträgen im Bereich der Unvereinbarkeitsregelung, sodass Lehrpersonen weiterhin Gemeinderäten angehören können, damit nicht Unvereinbarkeiten konstruiert werden, die weder historisch noch staatspolitisch sinnvoll sind.


Die SP-Fraktion wird aber dem Steuerrabatt bzw. der Senkung des Steuerfusses unter dem Jahr nicht zustimmen. Eine solche Einführung ist absolut unnötig, weil man schon bis jetzt jedes Jahr die Möglichkeit hatte, den Steuerfuss an den Budget-Gemeindeversammlungen oder Einwohnerratsversammlungen zu senken. Die Aufrechterhaltung dieses jährlichen Rhythmus' stellt überhaupt kein Problem dar. Eine Steuerfussdebatte unter dem Jahr würde eine Verkomplizierung der Gemeindegeschäfte, der Finanzplanung und der Budgetierung darstellen und brächte eine Unstetigkeit in den Prozess. Es würde dazu führen, dass man sich in Gemeindeangelegenheiten noch mehr kurzfristig orientiert. Es ist sehr problematisch, wenn im Rahmen einer Gemeindeversammlung plötzlich eine Steuerfussreduktion beschlossen wird - so könnte langfristige sorgfältige Planungsarbeit mit einem Schnitt zerstört werden.


Marianne Hollinger (FDP) berichtet, die FDP-Fraktion werde der Teilrevision des Gemeindegesetzes und der Kantonsverfassung zustimmen, allerdings werde man einen Antrag zu § 67a stellen. Die neue Möglichkeit von Gemeindefusionen ist in der FDP-Fraktion unbestritten. Grundlagen, aber kein Zwang, zu schaffen, erachtet man als den richtigen Weg. Bei der möglichen Unvereinbarkeit des Lehrerberufs und dem Amt des Gemeinderats verzichtet man auf einen Antrag, hat bei den Diskussionen jedoch festgestellt, dass die Ausstandspflicht konsequenter angewendet werden sollte. Man bereitet auch einen Vorstoss über die Ausstandspflicht auf Gemeinde- und kantonaler Ebene vor.


Bezüglich § 67a bittet Marianne Hollinger im Hinblick auf die zweite Lesung um Bestätigung durch den Rechtsdienst des Regierungsrats, ob es so gemeint ist, dass die Gemeindeversammlung keine Schlussabstimmung vornimmt, sondern dass diese nur an der Urne stattfindet. Wer das so versteht, hat wohl noch nie an einer Gemeindeversammlung teilgenommen. Es sind nämlich praktisch alle Beschlüsse an einer Gemeindeversammlung Schlussabstimmungen. So stimmt man zum Beispiel mit Ja oder Nein darüber ab, ob man einen Kunstrasen zum Preis x möchte. Mit der neuen Regelung gemäss § 67a käme man an die Gemeindeversammlung, es gäbe eine Diskussion, dann würde beantragt, den Beschluss an die Urne zu vertagen, dem würde zugestimmt, die Gemeindeversammlung geschlossen und die Anwesenden wären vergebens zur Gemeindeversammlung gekommen. In der Frage, ob über den Beschluss einer Gemeindeversammlung ein Referendum ergriffen werden kann, gibt es einen Bundesgerichtsentscheid, der dies leider verneint. Die vorliegende Variante, dass eine Gemeindeversammlung nicht beschliesst, ist schlichtweg nicht möglich - das wäre eine Abschaffung der Gemeindeversammlung. Aus den genannten Gründen bittet Marianne Hollinger die Landratsmitglieder, über den Antrag der FDP, § 67a ersatzlos zu streichen, nachzudenken.


Dem Steuerrabatt stimmt die FDP-Fraktion zu. Eigentlich brauchen die Gemeinden aber keine zusätzlichen Ideen, wie sie ihre Finanzhaushalte in Ordnung halten sollen, da sie durchaus exzellente Rechnungen vorzuweisen haben. Trotzdem werden den Gemeinden und den Stimmbürgern Möglichkeiten gegeben, einen Überschuss sofort in Form einer Rückvergütung zu bewilligen. Dies sollte so beschlossen werden, allerdings nur mit dem durch die Finanzkommission angeregten Abs. 4 des Paragraphen 164a, dass der Steuerrabatt als Abschlussbuchung auf die Rechnung, die man beschliesst, gebucht wird. Damit wird die Finanzplanung der Gemeinde nicht über den Haufen geworfen. Die de facto zweifache Diskussion über den Steuerfuss würde eine grosse Herausforderung für die Gemeinderäte, eine grosse Verantwortung für die Parteien und ein grosses Vertrauen in den mündigen Stimmbürger darstellen.


Mit der Abschreibung der Vorstösse 2007/313 , 2009/006 , 2009/188 und 2007/158 erklärt man sich einverstanden.


Klaus Kirchmayr (Grüne) berichtet, die grüne Fraktion begrüsse im Grundsatz die vorgeschlagene Teilrevision des Gemeindegesetzes. Den Aspekten wie Gemeindefusionen, Möglichkeit von Sanktionen in Form von gemeinnütziger Arbeit usw. wird man unbestritten zustimmen.


Den Steuerrabatt hält man für eine unnütze und gefährliche Kompetenz, die man den Gemeinden einräumen würde. So denkt man, dass es eine verstetigte Finanzplanung nicht erträgt, halbjährlich eine Steuerfussdebatte durchzuführen. Dass der Steuerfuss einmal jährlich zur Debatte gestellt wird, funktioniert sehr gut, wie das gute Finanzmanagement der meisten Gemeinden zeigt. Es wäre falsch, ein so gut funktionierendes System zu gefährden. Deshalb wird man den Steuerrabatt einstimmig ablehnen.


Christine Gorrengourt (CVP) erklärt, die CVP/EVP-Fraktion begrüsse Gemeindefusionen. Mit der Organisation wie im Kommissionsbericht dargelegt, ist man einverstanden. Bei der Diskussion zu § 67a könnte man meinen, der Kanton Baselland sei der einzige auf der ganzen Welt, der dies so handhaben würde. Aber genau dies wird im Kanton Solothurn praktiziert und dort finden noch immer Gemeindeversammlungen statt.


Beim Steuerrabatt wäre man allerdings wirklich der einzige Kanton, der dies so handhaben würde. Man hat sich nach dem Nutzen und dem Aufwand gefragt, dabei steht für die Gemeinden der kleine Nutzen in keinem Verhältnis zu dem riesigen Aufwand. Deshalb wird die CVP/EVP-Fraktion gegen den Steuerrabatt stimmen.


Hans-Jürgen Ringgenberg (SVP) meint, der SVP-Fraktion liege etwas daran, dass den Gemeinden ermöglicht wird, bei guten Abschlüssen - und zwar insbesondere bei wider Erwarten guten Abschlüssen - die Steuerpflichtigen direkt davon profitieren zu lassen in Form eines Steuerrabatts. Die Überschüsse sollen den Steuerpflichtigen zugute kommen und nicht angehäuft werden. In der Praxis beginnt man sich sonst nämlich Gedanken zu machen, wofür das Geld verwendet werden kann. Damit werden Begehrlichkeiten geweckt. Mit der vorgeschlagenen Formulierung wird sichergestellt, dass Steuerrabatte nur bei positiven Rechnungsabschlüssen möglich sind und die finanziellen Auswirkungen den Ertragsüberschuss nicht übersteigen dürfen. Auch hat man der Gesetzesformulierung zugestimmt, dass die finanziellen Auswirkungen eines Steuerrabatts in der vorliegenden Jahresrechnung als Rückstellung belastet werden soll und in der folgenden Jahresrechnung aufgelöst werden muss. Man sieht überhaupt keine Problematik, wenn man dem Steuerpflichtigen wieder etwas zurück gibt. Mit diesem Gedanken sind offensichtlich nicht alle so vertraut. Der kleine Nutzen ist immer sehr relativ. Die SVP findet, es lohnt sich immer, etwas zurückzugeben. Es soll nicht Aufgabe der Gemeinen sein, Gelder a priori zurückzuhalten.


Dem Rechnungslegungsmodell HRM2 für Gemeinden stimmt man selbstverständlich zu. Man hat sich in der Kommissionsberatung dafür eingesetzt, dass die Bürgergemeinden nicht explizit dieser Rechnungslegung unterworfen werden.


Landratspräsident Urs Hess (SVP) unterbricht an dieser Stelle die Eintretensdebatte.


Für das Protokoll:
Miriam Schaub, Landeskanzlei


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- Fortsetzung Eintretensdebatte Teilrevision der Kantonsverfassung


Für Oskar Kämpfer (SVP) ist heute morgen klar geworden, dass eines der zentralen Themen dieser Vorlage § 164a, Steuerrabatt, werden werde. Dieser Titel lässt «fundamentalpolitische Positionen» zum Vorschein kommen: Den einen fällt bei diesem Wort «der Laden runter», die anderen halten das für einen Vorteil. Aber wieso wurde überhaupt an die Anpassung der Steuern auf Gemeindeebene gedacht?


Grundlage dafür war die «sehr grosse» Bandbreite der Resultate auf Gemeindeebene, d.h. die Abweichungen zum Budget. Aber wieso gibt es diese Abweichungen?


Der eine Teil des Gemeindebudgets wird sorgfältig geplant, der andere Teil ist vorgegeben durch den Kanton. Die grössten Abweichungen der Rechnung vom Budget finden sich in letzterem Teil. Darum besteht eine grosse Unsicherheit im Budget nicht wegen einer unsteten oder gefährlichen Entwicklung, sondern wegen unvorhersehbaren Ereignissen, was Auswirkungen in die positive oder die negative Richtung haben kann. Und darum ist es richtig, die Entwicklung der Geschäfte festzustellen und einen Teil der geplanten Einnahmen allenfalls auch zurückzugeben.


§ 164a ist gerechtfertigt und ein Vorteil für die Gemeinden: Wenn Überschüsse erzielt werden, kann das Budget bzw. dessen Unsicherheit entsprechend angepasst werden.


Martin Rüegg (SP) ist der Ansicht, die aktuelle Finanzkrise sei auch wegen immer komplexerer Finanzinstrumente entstanden. Das vorgeschlagene, neue Instrument ist nicht komplex, macht das ganze aber auch nicht einfacher.


Für ihn ist das Instrument Ausdruck einer «klassischen Überregulierung»: Es ist nicht sinnvoll, die Möglichkeit zu schaffen, ca. alle 6 Monate über die Höhe des Steuerfusses verhandeln zu können. Der durch die neue Regelung entstehende administrative Aufwand frisst zudem den scheinbaren Vorteil sogleich wieder weg. Und weiter gilt es zu bedenken, dass z.B. Gelterkinden nur wenige Versammlungen pro Jahr hat. Und wenn es dann noch weniger Versammlungen gibt, wird nur noch über dieses dominierende Thema diskutiert, was nicht sinnvoll ist und nichts bringt.


Regierungsrat Adrian Ballmer (FDP) dankt für die gute Aufnahme der Teilrevision des Gemeindegesetzes. Damit sollen u.a. Gemeindefusionen erleichtert werden.


Er wird in den Medien zuweilen gescholten, er sei nicht «Fusions-Turbo». Immerhin ist er aber offenbar ein «Ermöglicher» von Gemeindefusionen. Es sollen vorausschauend Regeln geschaffen werden. Der Kanton will «nicht schneller marschieren, als die Musik spielt». Aber die Musik soll auch nicht gebremst werden.


Für den Steuerrabatt vergiesst der Regierungsrat kein Herzblut, denn er handelte im Auftrag des Landrats. Der Auftrag wurde konsensual mit Gemeindevertretern erfüllt. In der Vorlage heisst es, die Gemeinden können einen Steuerrabatt einführen - sie müssen nicht. Der Regierungsrat hat Vertrauen in die StimmbürgerInnen, denn diese können auch mittel- und längerfristig denken - sonst dürfte man sie nicht abstimmen lassen. Und diese tragen auch das Unternehmerrisiko des Kantons.


Der Votant hat in den Kommissionsberatungen gespürt: Es gibt einen Unterschied zwischen der Optik eines Gemeinderats und jener eines normalen Stimmbürgers. Daneben gibt es dann natürlich noch die parteipolitische Brille, die möglichst viele Steuereinnahmen erzielen will, um damit gutes zu tun.


Immerhin: Wegleitend für den Regierungsrat und eigentlich auch für den Landrat ist § 45 Abs. 2 KV:


«Alle kantonalen Organe achten und schützen die Selbständigkeit der Gemeinden. Der Gesetzgeber gewährt ihnen möglichst grosse Handlungsfreiheit.»


://: Eintreten auf die Teilrevision der Kantonsverfassung ist unbestritten.


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- Detailberatung


- Erste Lesung


Titel und Ingress, I.
Keine Wortbegehren.


§ 46 Abs. 1 und 1 bis , II. und III.
Keine Wortbegehren.


://: Damit ist die erste Lesung der Teilrevision der Kantonsverfassung abgeschlossen.


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- Eintreten Teilrevision des Gemeindegesetzes, 1. Teil


://: Eintreten auf die Teilrevision des Gemeindegesetzes, 1. Teil, ist unbestritten.


- Detailberatung


- Erste Lesung


Da nur zwei Anträge vorliegen, schlägt Landratspräsident Urs Hess (SVP) vor, direkt auf die entsprechenden Paragrafen einzutreten und die übrigen Bestimmungen in globo als gelesen zu bezeichnen.


Titel und Ingress, I.
Keine Wortbegehren.


§ 67a
Landratspräsident Urs Hess (SVP) ruft in Erinnerung, dass die FDP gemäss Antrag diesen Paragrafen ersatzlos streichen wolle.


Regula Meschberger (SP) findet es mit Bezug auf das entsprechende Votum am Morgen von Christine Gorrengourt seltsam, dass so etwas in Baselland nicht solle funktionieren können, obwohl es in anderen Kantonen funktioniert. Marianne Hollinger hat im Zusammenhang mit ihrem Antrag ein «sehr verzerrtes» Bild gezeichnet, weil die Votantin nicht davon ausgeht, dass letztere eine Gemeindeversammlung mit nur einem Traktandum einberuft.


An einer Gemeindeversammlung sollen Diskussionen entstehen. Aber wenn jemand zu einer bestimmten Frage eine Volksabstimmung wünscht, weil gegen einen ablehnenden Entscheid kein Referendum möglich ist, ist dies ein sinnvoller Kompromiss, weil gemäss Bundesgericht gegen einen negativen Beschluss keine andere Einsprachemöglichkeit besteht. Allerdings muss ein Drittel der anwesenden Stimmberechtigten einen solchen Antrag unterstützen, so dass eine allfällige Abstimmung nicht ganz einfach zu erreichen ist. Beispiele aus dem Kanton Solothurn zeigen, dass nicht bei jeder Gemeindeversammlung gleich auch Beschlüsse über Urnenabstimmung fallen müssen.


Im Weiteren mag dieses Instrument die Gemeindeversammlung beleben und ist es auch erstaunlich zu hören, das ganze sei dann nicht mehr interessant. Denn schliesslich ist davon auszugehen, dass die Leute dann auch an die Urne gehen. Deshalb soll § 67a belassen werden.


Rolf Richterich (FDP) vermerkt, dass das Referendum das Mittel gegen einen positiven Beschluss einer Behörde ist. Demgegenüber bestehen bei einem negativen Beschluss zu einem Thema die nötigen Instrumente schon, indem man z.B. einen neuen Anlauf zur entsprechenden Frage starten kann. Man muss also keine neuen Instrumente erfinden. Insgesamt hält er deshalb § 67a für eine Abwertung der Gemeindeversammlung.


Urs-Peter Moos (SVP) spricht sich für diese geplante Erweiterung der Möglichkeiten bei Gemeinden ohne Einwohnerrat aus. Mit einem Drittel der anwesenden Stimmberechtigten kann ein Behördenreferendum ergriffen werden, welches ein «sehr sinnvolles Instrument» ist, das «in der Regel sehr verantwortungsbewusst» eingesetzt wird. Da der vorgeschlagene § 67a eine Anpassung an die Gemeindeversammlungen ist, unterstützt er die Änderung.


Nach Agathe Schuler (CVP) ist ein Behördenreferendum nur möglich, wenn einer bestimmten Vorlage zugestimmt worden sei. Wenn ein Geschäft abgelehnt worden ist, ist ein solches Referendum - «Irrtum vorbehalten» - nicht möglich.


://: Der Landrat spricht sich mit 61:16 Stimmen bei 3 Enthaltungen für das Belassen des vorgeschlagenen § 67a aus. [ Namenliste ]


§ 81 Abs. 3 bis


Urs-Peter Moos (SVP) weist darauf hin, dass die Motion von Klaus Kirchmayr als Grundlage für diese Änderung diene: Gemeinnützige Arbeit solle als Sanktionsmöglichkeit eingeführt werden. Diese Idee wird von der SVP sehr begrüsst. Die Umsetzung ist aber mit maximal 50 Stunden bei einer gemäss § 46a Gemeindegesetz maximalen Busse von CHF 5000 fragwürdig, denn CHF 100 pro Stunde sind zu hoch. Deshalb beantragt seine Fraktion, die maximale Anzahl Stunden auf 200 zu erhöhen, was dann einem Stundenlohn von CHF 25 entspricht.


://: Der Landrat stimmt mit 42:22 Stimmen bei 4 Enthaltungen dem Antrag der SVP zu, in § 81 Abs. 3 bis die maximale Anzahl Stunden für gemeinnützige Arbeit auf 200 zu erhöhen. [ Namenliste ]


Regula Meschberger (SP) hatte sich bereits vor der Abstimmung zu Wort melden wollen. In der JSK ist die Frage, ob dies rechtlich überhaupt zulässig ist, diskutiert worden, wobei der Votantin die Hintergründe zu dieser Frage nicht mehr vollständig bekannt sind. Sie bittet Regierungsrat Isaac Reber, auf die 2. Lesung hin die Frage nochmals zu klären, um dann nochmals abstimmen zu können.


Werner Rufi (FDP) meint, die Erhöhung der Stundenzahl sei rechtlich möglich. Eine andere Frage ist, wie die jeweiligen Bussenbeträge in Arbeitsstunden umzurechnen sind. Hierfür gilt es, die durch das StGB gesetzten Rahmenbedingungen zu beachten. Insofern ist es sinnvoll abzuklären, ob die nötige Kongruenz zwischen den beiden Gesetzen erreicht wird.


://: Damit ist die erste Lesung der Teilrevision des Gemeindegesetzes, 1. Teil, abgeschlossen.


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- Eintreten Teilrevision des Gemeindegesetzes, 2. Teil


Urs Hess (SVP) stellt fest, dass das Eintreten auf die Teilrevision des Gemeindegesetzes bestritten ist.


Werner Rufi (FDP) hält zuhanden des Plenums fest, dass nun über die letzte Beilage des Kommissionsberichts von Seiten der FiK abgestimmt werde, welche die §§ 47, 49, 158 und 164a behandle. Diese Paragrafen werden teilweise schon vom ersten Teil der Teilrevision tangiert, und zu diesen folgen nun gewisse Ergänzungen. Damit soll mit Blick auf die 2. Lesung klargemacht werden, über was verhandelt wird.


://: Der Landrat lehnt mit 42:36 Stimmen Eintreten auf den 2. Teil der Teilrevision des Gemeindegesetzes ab. [ Namenliste ]


://: Damit ist die erste Lesung der Teilrevision des Gemeindegesetzes, 2. Teil, abgeschlossen.


Rolf Richterich (FDP) ist der Meinung, dass normalerweise Eintreten auf ein Geschäft beschlossen werde. Auch hier handelt es sich mit der Vorlage 2011/047 um ein Geschäft. Darum ist es nun «äusserst komisch und fragwürdig, um nicht zu sagen unmöglich», dass nun auf ein Geschäft zweimal eingetreten wird. Es wird eingetreten auf die Beratung eines Geschäfts, im Rahmen derselben dann die unterschiedlichen Fassungen von zwei Kommissionen zu beraten sind. Die Möglichkeit eines zweiten Eintretensbeschlusses gibt es nicht, und wenn doch, so muss man ihm die entsprechende Regelung im Landratsgesetz zeigen.


Landratspräsident Urs Hess (SVP) möchte Rolf Richterich darauf aufmerksam machen, dass nun Eintreten auf den ersten Teil der Vorlage und Nicht-Eintreten auf den zweiten Teil der Vorlage beschlossen worden sei. Das kann so durchgeführt werden.


Für das Protokoll:
Michael Engesser, Landeskanzlei



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