Protokoll der Landratssitzung vom 8. September 2011

Nr. 34

Landratspräsident Urs Hess (SVP) erklärt, Landrat Werner Rufi trete bei diesem Geschäft in den Ausstand als Präsident der Justiz- und Sicherheitskommission.


Kommissionsvizepräsident Dominik Straumann (SVP) berichtet, die Teilrevision des Anwaltsgesetzes sei in der Kommission kaum bestritten gewesen. Dennoch gab es gewisse Diskussionen.


Der Hauptpunkt dieser Teilrevision ist die Schliessung einer Gesetzeslücke zum Schutz der Allgemeinheit vor sogenannten «schwarzen Schafen» unter den Anwälten. Das Anwaltspatent soll aberkannt werden können, sofern die erforderlichen Anforderungen nicht erfüllt waren bei der Ausstellung oder falls die Voraussetzungen weggefallen sind.


Weiter wurde geändert, dass «Anwalt» bzw. «Anwältin» künftig eine geschützte Berufsbezeichnung sein soll; das wurde 2005 bei der Revision des EG StGB versäumt. Als gleichwertige Bezeichnungen sollen «Advokat/in» bzw. «Rechtsanwalt/-anwältin» gelten.


Zuletzt wurde auch die Regelung über die Anwaltsaufsichtskommission den Änderungen der letzten Jahre angepasst.


Für Diskussionen sorgte die Frage, wie oft die Anwaltsprüfung wiederholt werden können solle. Dieser Punkt war gar nicht Teil der Vorlage. Die Kommissionsmehrheit wollte von der ein- zur zweimaligen Wiederholungsmöglichkeit wechseln.


Die JSK beantragt dem Landrat mit 12:0 Stimmen bei einer Enthaltung - der als Anwalt selbst betroffene Kommissionspräsident hat sich enthalten -, der Änderung des Gesetzes zuzustimmen.


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- Eintretensdebatte


Hanspeter Wullschleger (SVP) erklärt, die SVP-Fraktion stehe der Teilrevision des Anwaltsgesetzes positiv gegenüber.


Der Entzug des Anwaltspatents ist ein schwerer Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit, aber auch in die persönliche Freiheit einer Person. Deshalb macht es Sinn, dies gesetzlich zu regeln. Die Regelung wird übrigens auch vom Anwaltsverband begrüsst. Einer Strafbestimmung für das unbefugte Führen der Berufsbezeichnung «Anwalt/Anwältin» pflichtet die SVP-Fraktion ebenfalls bei. Das hat vor allem präventive Wirkung.


Eine Qualitätsverschlechterung stellt allerdings die Änderung dar, wonach die Anwaltsprüfung künftig zweimal wiederholt werden darf. Dies, obschon die Anwaltsaufsichtskommission für die bisherige Lösung plädiert, also für eine einmalige Prüfungswiederholung. Übrigens müssen schon heute nur noch die ungenügenden Fächer wiederholt werden. Deshalb wird die SVP beantragen, auf die bisherige Lösung zurückzukommen.


Regula Meschberger (SP) betont, der Hauptpunkt der Revision bestehe darin, eine bestehende Rechtsunsicherheit aufzuheben. Jahrelang ging man davon aus, dass das Berufsausübungsverbot im Bundes-Anwaltsgesetz gesetzliche Grundlage genug sei auch für einen Patent-Entzug. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben aber gezeigt, dass dem nicht so ist. Deshalb unterstützt die SP-Fraktion die Gesetzesrevision. Es ist jedenfalls richtig, eine Rechtsunsicherheit - auch wenn es diesbezüglich widersprüchliche Gutachten gibt - zu beseitigen.


Den Antrag der SVP, wieder nur eine einmalige Prüfungswiederholung zuzulassen, lehnt die SP-Fraktion ab. Damit würde eine Ungleichbehandlung der Anwälte geschaffen: In 18 Schweizer Kantonen ist eine zweimalige Wiederholung der Prüfung möglich. Wer im Kanton Zürich nach zwei Prüfungswiederholungen das Patent erlangt hat, wird im Baselbiet als Anwalt anerkannt; er hat mithin eine andere Voraussetzung als jemand, der im Baselbiet selbst zur Prüfung antritt. Für EU-Anwälte, die im Kanton zugelassen werden, gelten nochmals ganz andere Voraussetzungen: Sie können ihre Prüfungen sogar noch öfter wiederholen. Solche Ungleichbehandlungen sind zu beseitigen, und deshalb sollte die zweimalige Prüfungswiederholung - die schon früher galt - wieder ins Gesetz aufgenommen werden.


Thomas Schulte (FDP) unterstützt namens der FDP-Fraktion im Grundsatz den Vorschlag der Justiz- und Sicherheitskommission im Sinne des vorliegenden Berichts. Die Anpassungen im Bereich des Patententzugs, der Berufsbezeichnung sowie der Zuständigkeiten des Ausschusses der Anwaltsaufsichtskommission sind notwendig.


Eine Mehrheit der FDP-Fraktion ist für die Beibehaltung einer nur einmaligen Wiederholung der Anwaltsprüfung, wie sie im geltenden Gesetz steht. Die FDP-Fraktion schliesst sich somit mehrheitlich der Argumentation des Basellandschaftlichen Anwaltsverbands sowie der zuständigen kantonalen Anwaltsaufsichtskommission an. Es geht um die Qualitätssicherung, und deshalb schliesst die FDP sich dem SVP-Antrag an.


Rahel Bänziger (Grüne) gibt bekannt, dass die grüne Fraktion im Grundsatz die Teilrevision des Anwaltsgesetzes befürworte.


Mit der zweimaligen Wiederholung der Anwaltsprüfung bekundet aber eine Mehrheit der Fraktion Mühe. Wie gehört, lehnt der Berufsverband diese Änderung ab, und zwar aus Gründen der Qualitätssicherung. Andere wichtige Prüfungen, z.B. Doktorprüfungen usw., können auch nur einmal wiederholt werden. Der Intelligenzquotient und die Nerven von Anwälten dürften vergleichbar sein mit jenen anderer Hochschulabgänger. Deshalb sollten sie gleich behandelt werden. Und darum beantragen die Grünen, auf die Änderung von § 7 Absatz 3 zu verzichten, so dass der heutige Status quo beibehalten wird.


Christine Gorrengourt (CVP) erklärt, die CVP/EVP-Fraktion stimme den von der Kommission vorgeschlagenen Gesetzesänderungen grundsätzlich zu.


Betreffend Prüfungswiederholungen gemäss § 7 Absatz 3 ist die Fraktion der Ansicht, es müsse die gleiche Regelung wie in den Nachbarkantonen Basel-Stadt und Solothurn - einmalige Wiederholung - gelten. Der Basellandschaftliche Anwaltsverband befürwortet ebenfalls die heute geltende Regelung. Und die Anwaltsaufsichtskommission spricht sich mit dem Argument der Qualitätssicherung ebenfalls für die einmalige Wiederholung aus. Den entsprechenden Antrag wird die CVP/EVP-Fraktion unterstützen.


Hans Furer (glp) betont, in der Frage der Prüfungswiederholung gebe es in der BDP/glp-Fraktion keine einheitliche Haltung. Er findet jedoch die Argumente von Regula Meschberger absolut überzeugend. Wenn 18 Kantone eine zweimalige Prüfung kennen, ist es sinnvoll, wenn dies auch im Kanton Basel-Landschaft so geregelt wird.


Als praktizierender Anwalt hat Hans Furer auch mit EU-Anwälten zu tun; es kann gelegentlich sehr schwierig werden, weil sie, zum Billigtarif tätig, längst nicht alle auf dem gleichen Niveau sind. Wieso soll Baselland die Hürde noch höher setzen als andere? Es ist letztlich an der Anwaltsprüfungskommission zu entscheiden, wen sie zulässt und wie sie die Praxis der zweimaligen Prüfungswiederholung handhaben möchte.


Karl Willimann (SVP) unterstützt die Argumentation von Rahel Bänziger mit Nachdruck. Bei den meisten akademischen Studien gibt es eine Prüfungswiederholung. Das ist auch für Juristen nicht anders. Es ist nicht einzusehen, weshalb dann bei der letzten Prüfung eine zweimalige Wiederholung stattfinden solle, sintemal ja nur jenes Fach wiederholt werden muss, das nicht bestanden wurde. Ein Stück weit hat das mit Qualitätssicherung zu tun.


Die Argumente der psychischen Belastung kann man nicht gelten lassen; denn eine Prüfung ist keine Wohlfühlaktion, sondern ein kombinierter Test sowohl des Wissen als auch der psychischen Belastbarkeit.


Regula Meschberger (SP) reagiert, die Anwaltsprüfung sei kein Universitätsabschluss. Vergleicht man mit den Medizinern, ist dort das Staatsexamen der Universitätsabschluss, und anschliessend kommt die FMH-Prüfung; das steht etwa auf der gleichen Ebene wie die Anwaltsprüfung. Es ist also nicht zulässig zu behaupten, man schaffe hier eine Ausnahme bei einem Universitätsabschluss.


Das Argument der Qualitätssicherung ist nachvollziehbar. Aber wieso werden dann andere Anwälte im Kanton Baselland zugelassen, die zwei- oder dreimal zur Prüfungswiederholung antreten konnten? Das geht nicht auf, und es ist auch scheinheilig. Wieso sollten Baselbieter Anwältinnen und Anwälte anders behandelt werden als solche aus anderen Kantonen?


Urs-Peter Moos (SVP) meint, nur weil in anderen Kantonen eine schlechte Lösung bestehe - und das ist die zweimalige Prüfungswiederholung -, müsse man sie nicht übernehmen. Deshalb ist der Landrat gut beraten, es bei einer einmaligen Prüfungswiederholung zu belassen.


Regierungsrat Isaac Reber (Grüne) dankt für die gute Aufnahme der Vorlage. Sinn und Notwendigkeit der Vorlage scheinen nicht umstritten zu sein.


In der Justiz- und Sicherheitskommission wurde einzig die Frage, wie oft die Anwaltsprüfung wiederholt werden können solle, diskutiert. Die Kommission hat sich knapp für eine zweimalige Wiederholung entschieden. Die regierungsrätliche Vorlage hat keine Änderung des geltenden § 7 Absatz 3, wonach die Prüfung einmal wiederholt werden kann, vorgesehen.


In Bezug auf den Wechsel zu einer zweimaligen Wiederholung sind sich heute die zuständigen Instanzen nicht einig: Das Kantonsgericht und die Anwaltsprüfungskommission plädieren für eine zweimalige Wiederholung, die Anwaltsaufsichtskommission und der Basellandschaftliche Anwaltsverband finden, dass sich die heutige Regelung bewährt habe, und wollen an einer einmaligen Wiederholung festhalten. Das geltende Recht geht auf einen klaren Entscheid des Landrates von 2001 zurück. Bei der Schaffung des Anwaltsgesetzes wollte man aus Gründen der Qualitätssicherung, dass die Anwaltsprüfung wie andere wesentliche Fachprüfungen nur einmal wiederholt werden kann. Auch in den Nachbarkantonen Basel-Stadt und Solothurn sowie auch in Bern ist nur eine einmalige Prüfungswiederholung möglich.


Der angeführte Vergleich mit den EU-Anwältinnen und -Anwälten ist nicht stichhaltig. Ihre Eignungsprüfung ist nicht mit einer umfassenden Anwaltsprüfung zu vergleichen. Aus diesen Gründen beantragt der Regierungsrat, an der ursprünglichen Regelung festzuhalten und somit § 7 Absatz 3 nicht zu ändern. Die Anwaltsprüfung soll wie bisher nur einmal wiederholt werden können - einmal ist genug. Ansonsten schliesst sich der Regierungsrat der Kommissionsfassung an.


://: Eintreten ist unbestritten.


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- Erste Lesung


Titel und Ingress keine Wortbegehren

I
§ 5 Titel keine Wortbegehren
§ 5a Entzug des Antwaltspatents keine Wortbegehren
§ 7 Absatz 3


Landratspräsident Urs Hess (SVP) informiert, dass zu dieser Bestimmung zwei Anträge vorliegen:


- SVP-Fraktion: «Zweimal» durch «einmal» ersetzen;


- Grüne Fraktion: Die Änderung von § 7 Absatz 3 streichen.


Inhaltlich bezwecken die Anträge das gleiche. Deshalb geht der Landratspräsident davon aus, dass der SVP-Antrag zugunsten des grünen Antrags zurückgezogen werde - oder umgekehrt.


Rahel Bänziger (Grüne) erklärt, wenn § 7 Absatz 3 aus der Änderungsvorlage gestrichen werde, gelte weiterhin der Status quo, also die einmalige Prüfungswiederholung.


Regierungsrat Isaac Reber (Grüne) bestätigt dies: Wird dem grünen Antrag zugestimmt, entfällt die Änderung von § 7 Absatz 3, und es bleibt beim heutigen Gesetzeswortlaut, wonach die Prüfung nur einmal wiederholt werden kann.


Auch Kommissionsvizepräsident Dominik Straumann (SVP) ist dieser Ansicht. Da § 7 Absatz 3 nicht Gegenstand der regierungsrätlichen Vorlage war, bliebe, falls die von der Kommission beantragte Änderung gestrichen würde, die heutige Gesetzesbestimmung unverändert.


Rolf Richterich (FDP) rät für die Zukunft, Kommissionsberichten eine angepasste Synopse beizufügen, wenn die Kommission selber Änderungen vornimmt, die der Regierungsrat nicht vorgesehen hat.


Thomas de Courten (SVP) zieht den Antrag der SVP-Fraktion zugunsten des Antrags der grünen Fraktion zurück.


://: Dem Antrag der Grünen, die von der Kommission beantragte Änderung von § 7 Absatz 3 zu streichen, wird mit 53:23 Stimmen bei einer Enthaltung zugestimmt. [ Namenliste ]


§ 10 Berufsbezeichnung keine Wortbegehren
§ 10a Unbefugtes Führen der Berufsbezeichnung Anwältin oder Anwalt keine Wortbegehren
§ 14 Absatz 1 keine Wortbegehren
§ 20 Absätze 1 und 1 bis keine Wortbegehren
§ 24 Zuständigkeit des Ausschusses der Anwaltsaufsichtskommission keine Wortbegehren
§ 25 Buchstaben g und h keine Wortbegehren
§ 27 Absatz 2 bis keine Wortbegehren
§ 28 Beschwerde keine Wortbegehren
§ 30 Absatz 1 keine Wortbegehren
II. keine Wortbegehren


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- Rückkommen


Es wird kein Rückkommen verlangt.


://: Damit ist die erste Lesung abgeschlossen.


Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei



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