Protokoll der Landratssitzung vom 6. September 2012

Landratspräsident Jürg Degen (SP) begrüsst alle Anwesenden zur Nachmittagssitzung.

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- FC Landrat


Der Landratspräsident gratuliert dem FC Landrat für sein gutes Abschneiden an der Schweizermeisterschaft im Parlamentarier-Fussball in Freiburg. Der FC Landrat hat sich dort, wie es in der Medienmitteilung heisst, «im nationalen Mittelfeld etabliert». Die Spiele waren auch für die Fans sehr spannend. Gleich im ersten Spiel gabs mit einem 1:1-Unentschieden gegen den letzt- und diesjährigen Turniersieger Tessin einen richtigen Paukenschlag. Im Lauf des Turniers hat der FC Landrat zwar etwas abgebaut, aber am Schluss erreichte er einen hervorragenden zwölften Schlussrang. Gemessen an den letzten Jahren mit einem 17. und einem 14. Platz ist das eine Steigerung, aufgrund derer man davon ausgehen kann, dass der FC Landrat das Turnier voraussichtlich im Jahr 2022 gewinnen wird. [Heiterkeit]


Viel Erfolg der Mannschaft auch in diesem Amtsjahr beim Training und den diversen Ernstkämpfen! Allen Turnierteilnehmern - Spieler(inne)n wie Fans - sei herzlich gedankt; sie wurden hervorragend betreut und konnten zwei gemütliche Tage miteinander verbringen. [Applaus]


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- Antrittsrede


Landratspräsident Jürg Degen (SP) wurde am Mittag verschiedentlich darauf angesprochen, dass er am Vormittag keine Antrittsrede gehalten hat. Er war am Morgen so nervös, dass er einfach nur schnellstmöglich die Traktandenliste in Angriff nehmen wollte. [Heiterkeit]


In Rücksprache mit dem Landschreiber hat er die Rede nun auf den Nachmittag verschoben und bittet um Verständnis für dieses etwas ungewöhnliche Vorgehen.


«Sehr geehrte Damen und Herren


Anscheinend ist es üblich und Tradition, dass der neue Landratspräsident, bevor er überhaupt richtig die erste Sitzung leiten kann, drei öffentliche Reden halten muss:
- eine erste Dankesrede kurz nach der Wahl hier im Saal;
- eine erste, etwas programmatischere Rede anlässlich des Fests an seinem Wohnort;
- und die sogenannte Antrittsrede zu Beginn der ersten Landratssitzung im September.


Als ich die Antrittsrede der neun Präsidentinnen und Präsidenten, die ich selber schon als Landrat erlebt hatte, durchgelesen hatte, kamen mir Zweifel, ob ich nach den beiden Reden, die ich bereits gehalten habe, nun noch etwas substantiell Neues würde sagen können. So habe ich mich entschlossen, aus den neun Reden je eine wichtige Passage herauszugreifen. Einige von Ihnen haben alle diese Reden schon einmal gehört, ich werde aber nicht nachfragen, wie viel Sie davon noch wissen. [Heiterkeit]


Alle diese Reden sind auf ihre Art bemerkenswert und haben es verdient, dass man ihnen auch ein zweites Mal zuhört - passend zum Thema 'Zuhören' in der heutigen Andacht in der Stadtkirche Liestal:


H a n s p e t e r R y s e r (2003)
'Es gibt Leute, die den Kanton gerne mit einem Unternehmen gleichsetzen würden. Man stelle sich aber, um mit einem Beispiel zu reden, vor, den Chefsessel eines Unternehmens inne zu haben, in dem sich die Hauptsorge darum dreht, wie am Ende des Jahres die Löhne bezahlt sowie die Amortisation und die Zinsen geleistet werden können. Bei einer solchen Ausgangslage würde wohl auch Ihnen die Lust auf Innovation verloren gehen. Schauen wir die heutigen Staatsfinanzen an, die ein Loch von 45 Millionen Franken aufweisen, dann stellen wir fest, dass wir uns zurzeit in dieser Lage befinden.'


D a n i e l a S c h n e e b e r g e r (2004)
'Wichtig scheint mir eine einfache und allgemein verständliche Sprache zu sein. Wir Politiker müssen verstanden werden. Dabei sind die Medien ein wichtiges Instrument. Für die Vermittlung von zum Teil sehr komplexen Geschäften spielen sie eine ganz wichtige Rolle. Für ihre objektive und sachlich richtige Berichterstattung danke ich ihnen schon heute ganz herzlich. Natürlich freuen wir uns persönlich auch über positive und nette Berichte.'


E r i c N u s s b a u m e r (2005)
'Gerade darum aber ist es wichtig, dass wir nicht nur auf jene hören, die uns wöchentlich mit Standpunkten, Positionspapieren und Lobbybriefen meist eindrucksvoll, vierfarbig und nachdrücklich ihre Interessen darlegen und im Zweifel auch Proteste und geschickte Kampagnen organisieren können, sondern dass wir bei unseren Entscheidungen vor allem auch an jene denken, die dies alles noch nicht oder nicht mehr können, nämlich an unsere Kinder und Jugendlichen, unsere Alten, kranke Menschen und Menschen mit einer Behinderung. Ich wünsche mir und uns als Politiker darum in dieser lauten und leider auch unbarmherzigen Welt die Sensibilität, die notwendig ist, um auch die ganz leisen Stimmen in unserem Kanton noch hören zu können.'


E l i s a b e t h S c h n e i d e r (2006)
'Zur Freiheit kommt uns Baselbietern wohl schnell einmal die Kantonstrennung im Jahr 1833 in den Sinn. Die Trennung, welche es der damaligen Bevölkerung möglich gemacht hat, ihre Vorstellungen und Ziele ganz frei und unabhängig zu leben. Die Trennung, welche heute eine Chance ist, die Aufgaben unbelastet und gleichberechtigt wahrzunehmen. Ich wünsche mir, dass jeder Landrat und jede Landrätin von der gleichen Freiheit Gebrauch macht, sich frei fühlt und auch einmal Courage hat, über Parteigrenzen hinweg und ohne Blick auf die Medienbank zu politisieren oder zu entscheiden.'


E s t h e r M a a g (2007)
'Lebendig wird eine Debatte auch durch mehr spontane Rede und Gegenrede. Schreiben Sie nicht alles auf! Sie wissen doch, wovon Sie sprechen wollen. Hören Sie Ihren Vorrednern zu und nehmen Sie Bezug! Das erhöht nicht nur die eigene Aufmerksamkeit, sondern auch jene Ihrer Zuhörerinnen und Zuhörer - und auch jene der Journalisten. Das braucht zwar etwas Mut und auch Training, doch fürchten Sie sich nicht vor Versprechern, solche werden Ihnen erstaunlicherweise immer verziehen - erst recht, wenn man sich dafür charmant entschuldigt. Nicht geschliffene Perfektion macht Sie sympathisch, sondern das lebendige Engagement.'


P e t e r H o l i n g e r (2008)
'Ich hoffe, dass der Kanton weiterhin gute Schulen hat. Bildung ist - neben Salz, Stein und Kies - unser einziger Rohstoff! In diesem Zusammenhang ist mir wichtig, dass eine gleichwertige Finanzierung der akademischen und der beruflichen Aus- und Weiterbildung angestrebt wird. Ich hoffe auch, dass die Gesundheitsversorgung, die Spitäler, die Verwaltung, der ÖV und der IV à jour sind und dass unser Kanton landschaftlich schön bleibt.'


H a n s p e t e r F r e y (2009)
'Schliesslich habe ich noch einen Wunsch zum Ratsbetrieb: Ich meine, wir sollten uns selbst die Leitplanken setzen in Bezug auf die Anwesenheit im Saal, einander zuhören und uns mit klaren, kurzen Voten äussern. Der Ratsbetrieb kann damit gestrafft werden und das Ziel, die anstehenden Geschäfte sowie die Traktandenliste abzuarbeiten, erreicht werden. Denken Sie daran: Wir stehen alle im Schaufenster. Damit möchte ich einen Brückenschlag zum Anfang meiner Rede vornehmen: Die Gemeinsamkeiten, das Gleiche und nicht das Trennende ist zu betonen.'


B e a F u c h s (2010)
'Ich habe mir vorgenommen, als Landratspräsidentin das Parlament gut zu führen, sowohl administrativ als auch im Bezug auf die Stimmung und das Klima im Landratssaal. Damit dies möglich wird, tun wir gut daran, unsere eigene Wahrnehmung und diejenige der Bevölkerung miteinander zu kombinieren. Wir sollten den Blick auf das Wesentliche wenden. Nicht jede Idee muss sofort in einem Vorstoss oder Votum enden. Die hohen Erwartungen an uns alle sollen uns dazu auffordern, ihnen gerecht zu werden. Das Vertrauen in die Politikerinnen und Politiker ist eine wesentliche Grundlage unserer Demokratie. Mit unserem Engagement im Landrat können wir zu einem guten Vertrauen in die Politik beitragen und somit dem immer wieder heraufbeschworene Bild einer Classe politique etwas entgegenstellen.'


U r s H e s s (2011)
'Euch, liebe Landrätinnen und Landräte, unterstelle ich, dass Ihr alle das Beste für das Baselbiet und unsere Bevölkerung anstreben wollt. Jedes Mitglied bringt durch seine persönliche Geschichte - dadurch, wie es aufgewachsen ist, in welchem Umfeld es sich bewegt und mit was für Menschen es zusammenlebt - eine andere Vorstellung von diesem 'Besten' mit. Das gilt es miteinander fair auszutarieren. Unsere Demokratie ist vergleichbar mit einem Getriebe: Viele Zahnrädchen müssen aufeinander abgestimmt sein, sonst klemmt's. Jeder soll sein Zahnrädchen einbringen können. Ich erwarte aber, dass alle bereit sind, an ihrem Rädchen zu feilen und zu schleifen, bis das Getriebe funktioniert.'


Dem allem habe ich selber nichts mehr beizufügen. Aber ich, dem die Sprache sehr wichtig ist, werde als Neuerung in diesem Jahr jede Sitzung mit einem Gedanken in Baselbieter Mundart von einem Schriftsteller oder einer Schriftstellerin eröffnen. Ich beginne heute mit Helene Bossert aus meinem Heimatort Sissach:


Gygampfe...
Äinisch obe, äinisch unde,
äinisch ghätschlet, einisch gschunde,
das im Grosse wie im Chlyne.
Äinisch lache, äinisch gryne.
So isch s Läbe - uufe, abe...» [Applaus]


Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei



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