Protokoll der Landratssitzung vom 6. April 2017

Landratspräsident Philipp Schoch (Grüne) informiert, der Landrat habe an seiner letzten Sitzung die 1. Lesung ohne Änderungen abgeschlossen. Wünscht Kommissionspräsident Christoph Hänggi nochmals das Wort?

Kommissionspräsident Christoph Hänggi (SP) ruft noch einmal in Erinnerung, dass die Bildungs-, Kultur- und Sportkommission mit 12:1 Stimmen empfehle, auf eine komplette Streichung der Privatschulbeiträge zu verzichten und eine Härtefallklausel einzuführen. Der heute vorliegende Gesetzesvorschlag enthält diese Anliegen. Auf die heutige Sitzung wurde ein Antrag zum Landratsbeschluss angekündigt. Christoph Hänggi hätte es bevorzugt, diesen und allfällige weitere Anträge bereits in der Kommission diskutieren zu können. Damals lagen diese aber noch nicht vor.

Christoph Hänggi selbst spricht sich betreffend Härtefallklausel für eine Dekretslösung aus, welche im Landrat zu einem späteren Zeitpunkt erneut diskutiert werden könnte.

Caroline Mall (SVP) betont ebenfalls, dass der Kommissionsentscheid mit 12:1 Stimmen gefallen sei. Damit ist klar, dass eine Härtefallklausel – dies im Gegensatz zum Vorschlag des Regierungsrates – im Bildungsgesetz implementiert werden soll. Dadurch werden Familien und Kinder mit schwachen Einkommen geschützt und gestärkt. Es geht aber nicht darum, dass der Kanton und die Gemeinden Privatschulen indirekt subventionieren. Die auf heute angekündigten Anträge wird die SVP-Fraktion ablehnen und den hervorragenden Kommissionsantrag unterstützen. Damit soll die Regelung von Härtefällen in der Kompetenz der Regierung liegen. Eine Dekretslösung lehnt Caroline Mall ab. Grundsätzlich stellt sich die Frage nach dem Sinn von Kommissionsberatungen, wenn solche dann im Landrat jeweils erneut stattfinden. Sie bittet ihre Kolleginnen und Kollegen, dem eindeutigen Kommissionsbeschluss zu folgen.

Roman Brunner (SP) stellt ein gewisses Unbehagen gegenüber dem Kommissionsvorschlag in Bezug auf die Härtefälle fest. Insbesondere die Definition der Härtefälle soll nicht der Regierung überlassen werden. Er wird daher in der nachfolgenden Beratung beantragen, Härtefälle in einem landrätlichen Dekret zu regeln. Dieser Vorschlag bietet folgende Vorteile: Die Regierung respektive die Verwaltung kann trotzdem einen Vorschlag ausarbeiten, wie ein Härtefall definiert werden soll, jedoch wird dieser anschliessend in der Kommission und im Landrat beraten. So kann in aller Ruhe ein sinnvoller Entscheid gefällt werden. Als nicht zielführend erachtet es Roman Brunner, die Härtefälle ausschliesslich über Einkommensgrenzen zu definieren. Dies stünde auch im Widerspruch zum Gesetzestext. Er bittet darum, den Antrag für eine Dekretslösung zu unterstützen.

Marie-Theres Beeler (Grüne) stellt seitens der Fraktion der Grünen/EVP den Antrag, den Landratsbeschluss um eine Ziffer zu erweitern. Diese lautet wie folgt:

x. Der Regierungsrat arbeitet ein Reglement für die Härtefallregelung aus, die sich an folgenden Rahmenbedingungen orientiert:

Die Gewährung des Kantonsbeitrages von CHF 2500 beim Besuch einer Privatschule wird in folgenden Fällen gewährt:

– 1 Kind an Privatschule und ein steuerbares Einkommen der Eltern bis insgesamt CHF 100'000;

– 2 Kinder an Privatschule und ein steuerbares Einkommen der Eltern bis insgesamt CHF 120'000;

– 3 und mehr Kinder an Privatschule und ein steuerbares Einkommen der Eltern bis insgesamt CHF 140'000.

Die Formulierung «bis insgesamt» bedeutet, dass das steuerbare Einkommen bei getrennt besteuerten Eltern zusammengerechnet wird.

In der ersten Lesung sprach sich eine Minderheit gegen das neue Gesetz aus, wodurch eine Volksabstimmung notwendig würde. Könnte an der heutigen Sitzung eine konkrete Härtefallregelung beschlossen werden, würde die Fraktion der Grünen/EVP der Gesetzesrevision zustimmen. Marie-Theres Beeler bittet daher darum, dem Antrag auf eine zusätzliche Ziffer im Landratsbeschluss, welche die Härtefälle regelt, zuzustimmen. Erst nach der Abstimmung über ihren Antrag soll über die Änderung des Bildungsgesetzes abgestimmt werden.

Pascal Ryf (CVP) erklärt, die CVP/BDP-Fraktion stehe nach wie vor hinter der Härtefallklausel, wie sie anlässlich der ersten Lesung eingehend diskutiert und beschlossen wurde. Grossmehrheitlich werde seine Fraktion den Antrag der Grünen/EVP nicht unterstützen. Selbstverständlich stellen Privatschulen in der Bildungslandschaft ein wichtiges Element dar. Ein durchschnittlicher Baselbieter oder eine Baselbieterin verdient monatlich 5'000 Franken. Ein steuerbares Einkommen von 100'000 Franken, bis zu welchem gemäss Antrag Beiträge an die Eltern geleistet werden sollen, läge somit weit über dem kantonalen Einkommensdurchschnitt und eine derart breite Ausrichtung von Beiträgen werde man nicht unterstützen.

Erwärmen könnte sich seine Fraktion hingegen für Roman Brunners Antrag, die Härtefälle in einem Dekret zu regeln, welches vom Landrat und nicht vom Regierungsrat beschlossen wird.

Marianne Hollinger (FDP) spricht sich seitens FDP-Fraktion klar für eine Härtefallregelung aus, obwohl in unserem Kanton ausgezeichnete öffentliche Schulen bestehen, welche von jedem Kind unentgeltlich besucht werden können. Trotzdem kann die Streichung der pauschalen Beiträge zum Besuch von Privatschulen in Einzelfällen zu einer Härte führen, weshalb der Kommissionsvorschlag unterstützt wird.

Die Frage stellt sich nun, wer diese Härte regeln soll. In der Kommission wurde diese Frage ausführlich diskutiert und die Mitglieder wissen, dass in der ursprünglichen Regierungsvorlage eine entsprechende Definition vorlag. Es wurde eine zur heutigen Stipendienregelung analoge Handhabung vorgeschlagen. Es handelt sich dabei um eine in der Praxis erprobte Methodik. Die Kommission beschloss jedoch, die vorgeschlagene Regelung zu streichen und die Art und Weise der Unterstützung in einem Härtefall offen zu lassen.

Zur Diskussion steht eine Unterstützung von Familien mit knappem Budget in der Höhe von monatlich 200 Franken. In Einzelfällen ist ein derartiger Beitrag durchaus relevant, jedoch vertraut Marianne Hollinger darauf, dass Regierungsrätin Monica Gschwind und ihre Direktion eine gute Lösung vorschlagen werden, wie die monatlich 200 Franken je nach Härtefall sinnvoll abgestuft werden sollen. Die Einführung von komplizierten bürokratischen Regeln für die Ausrichtung von Unterstützungsbeiträgen würde nur dazu führen, dass das Geld für die Verwaltung und nicht für die Härtefälle verbraucht wird.

Das Parlament erhält von den Bürgerinnen und Bürgern den steten Auftrag, politische Lösungen zu finden, welche verhältnismässig sind und ein Ziel erfüllen, jedoch nicht die Bürokratie vergrössern. Im vorliegenden Fall ist es einfach und verhältnismässig, die Ausrichtung von Beiträgen in Härtefällen der Regierung zu überlassen. Da allgemein klar ist, dass die Regelung in Richtung der Stipendienregelung gehen wird, kauft niemand die Katze im Sack.

Marianne Hollinger bittet darum, an der in der ersten Lesung beschlossenen Regelung festzuhalten.

Oskar Kämpfer (SVP) nimmt zur Frage Stellung, ob der Antrag der Grünen/EVP auf eine neue Ziffer im Landratsbeschluss gutgeheissen werden soll. Die SVP-Fraktion wird diesen ablehnen. Im Kern geht es um die Frage, ob die Härtefallklausel von der Regierung ausgearbeitet werden soll und ob der Landrat der Regierung das entsprechende Vertrauen entgegenbringt. Mit dem Vorschlag der Grünen/EVP würde zudem plötzlich eine neue Armutsgrenze für unseren Kanton definiert.

Hanspeter Weibel (SVP) kann sich Oskar Kämpfer anschliessen. Auch hat er keine Bedenken bezüglich der Drohung, dass die Gesetzesänderung je nach Abstimmungsquorum dem Volk unterbreitet werden müsste, denn nur relativ wenige Kinder besuchen eine Privatschule und die meisten Eltern würden die Unterstützung des Privatschulbesuchs wohl eher nicht als vordringlich betrachten.

Als Grundauftrag liegt der vorliegenden Gesetzesänderung ein Sparauftrag zugrunde, welchem sich die Kommission in der vorgeschlagenen Form zu Recht widersetzte und einen vernünftigen Vorschlag mit einer Härtefallklausel ausarbeitete. Hanspeter Weibel sieht nun keinen Grund, weshalb nicht die Regierung, wie in vielen anderen Fällen auch, diese Härtefälle definieren soll. Unser Kanton braucht keine neuen Armutsgrenzen, ausserdem macht ein Beitrag von 2'500 Franken bei einem Einkommen um 100'000 Franken keinen Sinn. Da es sich beim Antrag der Grünen/EVP um einen materiell unsinnigen Vorschlag handle, sollte der Kommissionsvorschlag unterstützt werden. Es braucht auf jeden Fall eine Härtefallklausel, deren Ausarbeitung jedoch kann der Regierung überlassen werden.

Paul Wenger (SVP) bezeichnet es als relativ einmaliges Ereignis, dass die Bildungskommission einen derart klaren Beschluss gefasst habe. Diesem Beschluss ging ein langes Ringen voraus und man ging davon aus, dass allfällige Änderungswünsche in die Kommission hineingetragen worden wären. An den von linker Seite eingebrachten, absurden Grenzen betreffend Härtefälle stört sich Paul Wenger ungemein. Die meisten Schweizer Bürgerinnen und Bürger würden zwischen 60'000 und 90'000 Franken versteuern, nur wenige Prozent mehr als 100'000 Franken. Er bittet den Landrat darum, dem Kommissionsantrag zu folgen und der Regierung das notwendige Vertrauen entgegen zu bringen. Er zeigt sich überzeugt, dass die Regierung ein vernünftiges und realistisches Modell ausarbeiten werde.

Für Jürg Wiedemann (Grüne-Unabhängige) ist klar, dass Privatschulen in unserem Kanton wichtig sind und zur Bildungsvielfalt beitragen. Die Position der glp/G-U hat sich gegenüber der ersten Lesung nicht geändert. Nach wie vor sei man der Meinung, dass es die aktuelle Vorlage als Ganzes nicht brauche. Nun stellt sich jedoch die Frage nach einer Härtefallregelung, also nach einem kleineren oder grösseren Übel. Dass heute nicht klar ist, wie eine Härtefallklausel aussehen wird, wird von der glp/G-U-Fraktion kritisiert, ebenso die Tatsache, dass eine derartige Klausel ohne Gutheissung durch den Landrat immer wieder geändert werden könnte. Einer derartigen Vorlage werden seine Fraktionsmitglieder nicht zustimmen. Auch würde man ein allfälliges Referendum der Privatschulen unterstützen.

Für die glp/G-U stellt sich heute die Frage, in welchen Punkten sie allenfalls zu Kompromissen bereit wäre. Den Antrag der Grünen/EVP würde seine Fraktion unterstützen, denn trotz grossem Vertrauen in Monica Gschwind habe die Politik immer so funktioniert, dass man einer Vorlage nur dann zustimmen möchte, wenn sie möglichst klar ist. Er wäre daher froh darum, wenn Monica Gschwind genau formulieren könnte, wie die künftige Härtefallregelung aussehen wird. Aufgrund des Kommissionsberichts ist die Ausgestaltung der Härtefallklausel nicht klar und Jürg Wiedemann könnte der Vorlage daher nicht zustimmen.

Mit dem Antrag der Grünen/EVP läge eine klare Regelung vor und Jürg Wiedemann macht daher beliebt, diesem zuzustimmen. Würde der Antrag verworfen, wird seine Fraktion die Vorlage ablehnen.

Mirjam Würth (SP) möchte sich an dieser Stelle nur zum Thema Härtefallklausel äussern. Entweder wird diese über die Regierung mittels Verordnung oder über das Parlament definiert. Auch beim Parlament bestehen wiederum zwei Optionen: Entweder wird eine entsprechende Regelung im Gesetz oder im Dekret festgeschrieben. Eine Regelung im Dekret hätte den Vorteil, in Ruhe einen seriösen Vorschlag ausarbeiten und dem Parlament unterbreiten zu können. Eine Festschreibung von Einkommensgrenzen für eine Unterstützung im Gesetz erachtet Mirjam Würth als nicht sinnvoll. Weshalb die entsprechenden Anträge nicht schon in der Kommission eingebracht wurden, weiss sie nicht und kritisiert dies auch. Trotzdem empfände sie eine Dekretsregelung als zielführend.

Marie-Theres Beeler (Grüne) äussert sich zum Thema Armutsgrenze. Ihre Fraktion sei durchaus nicht der Meinung, ein steuerbares Einkommen von 100'000 Franken bedeute, dass jemand arm sei. Wer bei einem derartigen Einkommen jedoch sein Kind an eine Privatschule schicke und dafür beispielsweise 24'000 Franken bezahle, müsse auf andere Dinge wie Ferien, etc. verzichten. Daher seien Beiträge an Familien, welche weniger als 100'000 Franken verdienen, durchaus sinnvoll und vertretbar. Somit wird es weiterhin möglich sein, Familien aus dem Mittelstand zu unterstützen, ohne dass sehr reiche Familien in Genuss von Privatschulbeiträgen kommen. Wenn auch weniger reiche Familien ihre Kinder an Privatschulen schicken können, trägt dies zu einer vielfältigen Schullandschaft bei. Allenfalls lasse sich darüber diskutieren, ob der Ausdruck «Härtefall» bei mittelständischen Familien sinnvoll gewählt sei.

Mit der Grenze für Beiträge bis 100'000 Franken orientieren sich die Grünen/EVP an einem Reglement der Gemeinde Arlesheim, welches den Privatschulbesuch von Kindern aus Familien bis zu einem Einkommen in der genannten Höhe finanziell unterstützt, da das Schulbudget der Gemeinde entsprechend entlastet wird.

Um unschöne Schwelleneffekte zu verhindern, wird vorgeschlagen, nicht nur nach Einkommen, sondern auch nach der Anzahl Kinder einer Familie an einer Privatschule zu differenzieren.

Paul R. Hofer (FDP) betont, die Kommission habe die Härtefallproblematik in epischer Länge diskutiert und habe dem Landrat eine vernünftige Lösung unterbreitet. Den Antrag der Grünen/EVP hingegen bezeichnet er als eine Zwängerei, welche schliesslich sogar zu Mehrkosten führen könnte.

Marc Schinzel (FDP) spricht sich für eine klare und einheitliche Regelung für den Kanton aus, daher sollte sich eine Härtefallregelung am Stipendienrecht orientieren. Es mache keinen Sinn, immer wieder neue Regelungen und Definitionen einzuführen. Zu den Einkommenszahlen im Antrag der Grünen/EVP betont er zudem, dass es sich dabei um das steuerbare Einkommen handle. Als Faustregel gilt, dass das Bruttoeinkommen rund 40 % über dem steuerbaren Einkommen liege, die Einkommenszahlen im Antrag würden also 140'000 Franken bei einem Kind, 170'000 Franken bei zwei Kindern und 200'000 Franken bei drei Kindern betragen. Angesichts dieser Zahlen könne man wohl kaum mehr von einem Härtefall sprechen.

Grundsätzlich muss sich das Parlament bewusst sein, mit welchen Begriffen im Gesetz es operiert. Würden die genannten Einkommen als Härtefälle eingestuft, gäbe die Gesetzgebung die Realität nicht wieder. Im Grunde genommen geht es beim Antrag nicht um die Härtefälle, sondern um indirekte Subventionen an Privatschulen. Wer solche Subventionen unterstützen will, sollte dies transparent machen und mit den entsprechenden Begriffen operieren. Würde der Landrat dem Antrag der Grünen/EVP zustimmen, würden nur vereinzelte Beiträge wegfallen und der Spareffekt wäre gleich null. 

Sara Fritz (EVP) fasst die vorangehenden Voten wie folgt zusammen: Die Mitglieder des Landrates anerkennen die Wichtigkeit von Privatschulen, jedoch... Es folgen dann die unterschiedlichsten «aber»:

Generell geht die Argumentation in die Richtung, dass Privatschulen gut sind, so lange sie uns nichts kosten. Würden die Beiträge ganz gestrichen, könnten nur noch reiche Familien ihre Kinder an Privatschulen schicken. Zudem würden nur diejenigen Schulen überleben, welche hohe Beiträge verlangen. Dies kann nicht der Sinn der aktuellen Vorlage sein und es würde auch dem Anliegen der Bildungs-, Kultur-, und Sportkommission wiedersprechen. Es soll auf jeden Fall verhindert werden, dass nur noch reiche Leute ihre Kinder an Privatschulen schicken können.

Die Beiträge an den Privatschulbesuch werden vom Volk durchaus gouttiert. Die damaligen Beiträge von 2'000 Franken wurden im Jahr 1999 eingeführt, weil der Steuerabzug für den Privatschulbesuch abgeschafft worden war. Im Jahr 2008 wurde dieser Beitrag als Alternative zur freien Schulwahl auf 2'500 Franken erhöht. In einer erneuten Volksabstimmung im Jahr 2012 wurden die gleichen Beiträge wiederum gutgeheissen. Trotzdem ist nun die Regierung der Ansicht, die Beiträge seien nicht mehr notwendig. Genau dieser Regierung will es nun aber die Kommission überlassen, eine Härtefallklausel auszuarbeiten.

Um zu garantieren, dass in Härtefällen weiterhin sinnvolle Beiträge geleistet werden können, bittet Sara Fritz ihre Kolleginnen und Kollegen darum, einem der hier diskutierten Anträge zuzustimmen und damit der Regierung eine gewisse Richtung mitzugeben, wie die Härtefallklausel ausgestaltet werden soll. 

Hans-Jürgen Ringgenberg (SVP) erinnert daran, dass es sich bei der aktuellen Vorlage um eine Sparvorlage handle. Den meisten Ratsmitgliedern sei wohl auch nicht bewusst, dass nur zwei Kantone Beiträge an den Besuch von Privatschulen sprechen: der reiche Kanton Zug und der arme Kanton Basel-Landschaft. Basel-Landschaft könnte sich die genannten Beiträge im Grunde genommen gar nicht leisten. Diese Meinung äussert Hans-Jürgen Ringgenberg, obwohl seine eigenen Kinder eine Privatschule besuchten. Er betont auch, dass der Entscheid, ein Kind an eine Privatschule zu schicken und damit Schulgebühren von jährlich rund 22'000 Franken in Kauf zu nehmen, nicht davon beeinflusst wurde, ob der Kanton den Privatschulbesuch im Umfang von 2'500 Franken unterstützt.

Eine Limite von 100'000 Franken, wie sie vorgeschlagen wird, erachtet Hans-Jürgen Ringgenberg auf jeden Fall als zu hoch und er fragt sich, ob sich so überhaupt noch ein Spareffekt ergäbe.

Hans-Jürgen Ringgenberg ist der Meinung, die Kommission habe gute Arbeit geleistet und mit der Einführung einer Härtefallklausel versucht, einen sinnvollen Kompromiss zu finden. Der Kommissionsantrag wurde immerhin mit 12:1 Stimmen verabschiedet und Hans-Jürgen Ringgenberg bittet seine Kolleginnen und Kollegen, diesem zuzustimmen und der Regierung entsprechend das Vertrauen auszusprechen. 

Gemäss Christine Gorrengourt (CVP) geht es in der heutigen Diskussion, wie zuvor bereits von Mirjam Würth (SP) ausgeführt, um die Frage, ob im Gesetz eine Härtefallklausel festgeschrieben werden soll. Über diese Frage scheint sich der Landrat ziemlich einig zu sein. Die weitere Frage, ob der Regierungsrat oder das Parlament die Härtefälle definieren soll, wurde bereits im Rahmen der Beratungen zum Energiegesetz gestellt. Damals sprach sich das Parlament klar dagegen aus, die Katze im Sack zu kaufen. Man wollte genau wissen, wie genau eine entsprechende Verordnung oder ein Dekret aussehen würde. An diesem Punkt sei man auch in der heutigen Diskussion wieder angekommen. Einige Ratsmitglieder möchten genau wissen, wie eine Härtefallregelung aussehen wird, während andere eine Definition im Gesetz verlangen und dritte ein Dekret bevorzugen. Angesichts dieser Problematik erachtet Christine Gorrengourt das Abstimmungsprozedere als sehr wichtig. Ihrer Meinung noch sollte zuerst darüber abgestimmt werden, ob eine Härtefallklausel eingeführt werden soll, danach müsste man festlegen, ob eine solche Klausel vom Regierungsrat beschlossen oder im Dekret festgeschrieben werden soll und schliesslich, wie die Härtefallklausel konkret aussehen soll.

Es wäre wichtig, eine breit akzeptierte Lösung zu verabschieden und so eine teure Volksabstimmung zu vermeiden, denn diese Gelder könnten sinnvoller eingesetzt werden. 

Matthias Häuptli (glp) erachtet es als sinnlos, eine Härtefallklausel einzuführen, welche sich an einer Armutsgrenze orientiert. So würden schliesslich gar keine Beiträge mehr geleistet. Es gehe im aktuellen Fall um eine Entlastung von Mittelstandsfamilien, welche ihre Kinder an Privatschulen schicken und den Staat in Bezug auf die Schulkosten entsprechend entlasten. Wichtig wäre es daher, den so genannten Mittelstand zu definieren. Frühere Aussagen, praktisch niemand versteuere ein Einkommen von 100'000 Franken, haben bei Matthias Häuptli zu Erstaunen geführt. Er erklärt, das Medianeinkommen einer Familie mit zwei Kindern in der Schweiz betrage 140'000 Franken. Statistisch zähle man mit einem Nettoeinkommen von 200'000 Franken noch knapp zum Mittelstand. Die Zahlen, wie sie im Antrag Beeler genannt werden, sind somit nicht aus der Luft gegriffen und Matthias Häuptli macht beliebt, diesem zuzustimmen. 

Rolf Richterich (FDP) ist überzeugt, dass eine derartige Regelung vom Kantonsgericht als Politfolklore des Landrates abgetan und somit als ungültig erachtet würde. Dem Antrag fehle eine gesetzliche Grundlage. Eine derartige Regelung könnte nur mittels Dekret umgesetzt werden. 

Peter Riebli (SVP) betont, das Medianeinkommen habe nichts mit dem steuerbaren Einkommen zu tun. Er zitiert zudem aus dem Tagesanzeiger, welcher festhielt, zum Mittelstand zähle man in der Schweiz mit einem steuerbaren Einkommen zwischen 31'113 und 83'394 Franken. Betreffend Härtefallklausel, welche allgemein als berechtigt betrachtet werde, erklärt er, es gebe zwei Arten von Härtefällen: Härtefälle finanzieller Art oder Indikationen, welche nahelegen, dass ein Kind an einer Privatschule besser aufgehoben wäre. Gemäss Verfassungsauftrag muss die Gemeinschaft öffentliche Schulen zur Verfügung stellen, welche allen Kindern gerecht werden. Heute steht ein System mit Stützunterricht, Sozialarbeitern, zusätzlichen Betreuungspersonen, etc. zur Verfügung, mit welchem man sämtlichen Kindern gerecht werden sollte. Als Härtefall kann gemäss Peter Riebli daher nur eine Indikation bezeichnet werden, welche den zwingenden Privatschulbesuch für ein Kind nahelegt, weil seinen speziellen Bedürfnissen in der staatlichen Schule nicht gerecht werden könnte. Bei finanziellen Härtefällen stellt ein Beitrag von 2'500 Franken nicht einmal einen kleinen Tropfen auf einen heissen Stein dar.

Härtefälle dürfen nicht vom Einkommen abhängig definiert werden, den somit würden Beiträge im Giesskannenprinzip ausgerichtet. Peter Riebli ruft dazu auf, Vertrauen in die Regierung zu zeigen. Die Kommission hat sehr gute Arbeit geleistet, daher sollte der Landrat den Kommissionsanträgen folgen. 

Florence Brenzikofer (Grüne) äussert sich als einzelne Kommissionsstimme und Fraktionsvertreterin. Anlässlich der letzten Landratssitzung habe man seitens ihrer Fraktion klar dargelegt, weshalb eine Streichung der pauschalen Beiträge an den Privatschulbesuch abgelehnt werde. Trotzdem sei man auf die Vorlage eingetreten. Es ist nun aber das gute Recht ihrer Fraktion, Verbesserungsvorschläge einzubringen und somit womöglich eine Volksabstimmung zu verhindern.

Eine so genannte Härtefallklausel wird gemäss Kommissionsantrag nicht im Gesetz festgeschrieben, sie wurde an der Landratssitzung nur mündlich eingebracht. Eine derartige Klausel soll nun von der Regierung festgelegt werden, welche im Grunde aber am liebsten die gesamten Beiträge streichen möchte. In diesem Punkt fehlt ihr das Vertrauen und die Grünen/EVP möchten die Definition der Härtefallklausel nicht der Regierung überlassen. Sie haben daher einen entsprechenden Antrag eingebracht in der Überzeugung, so eine Volksabstimmung verhindern zu können.

Florence Brenzikofer bittet ihre Kolleginnen und Kollegen, dem Antrag der Grünen/EVP zuzustimmen oder zumindest eine Dekretslösung festzuschreiben. 

Caroline Mall (SVP) möchte die Vorlage wenn immer möglich an der heutigen Landratssitzung verabschieden können und sie beantragt daher seitens der SVP-Fraktion, eine weitere Ziffer des Landratsbeschlusses einzufügen, welche sich an der Stipendienregelung orientiert. Sie möchte daher, dass bis zu einem steuerbaren Einkommen von 70'000 Franken (und nicht wie vorgeschlagen 100'000 Franken) Beiträge an den Privatschulbesuch ausgerichtet werden. Im Übrigen sehe § 100 des Bildungsgesetzes eine Härtefallregelung vor, die Regierung könne sich also nicht einfach über das Anliegen des Parlaments hinweg setzen. Caroline Mall wird ihren Antrag schriftlich nachreichen. 

Regierungsrätin Monica Gschwind (FDP) ruft die Aufgaben des Kantons bezüglich des Schulwesens in Erinnerung: Der Kanton muss als Kernaufgabe eine öffentliche Schule betreiben, deren Besuch unentgeltlich ist und die einen qualitativ guten Unterricht bietet. Auf diese Aufgabe verwendet Monica Gschwind ihre gesamte Energie.

Die aktuelle Vorlage steht im Rahmen der kantonalen Finanzstrategie. Unser Staatshaushalt hat sich entwickelt und die Situation ist heute nicht mehr mit derjenigen von 1999, 2008 oder 2012 vergleichbar. Heute gehen sämtliche Anstrengungen dahin, den Staatshaushalt ins Lot zu bringen und unserer Jugend eine gute Ausgangslage zu bieten, also möglichst wenig Schulden anzuhäufen. Mit dem Vorschlag, die pauschalen Beiträge zum Besuch von Privatschulen zu streichen, sollen 3,7 Mio. Franken eingespart werden. Trotzdem soll in unserem Kanton eine Bildungsvielfalt bestehen bleiben, wie es in den übrigen Kantonen der Schweiz ebenfalls der Fall ist. Nur die Kantone Basel-Landschaft und Zug richten heute Beiträge an den Privatschulbesuch aus. Gemäss Kommissionsantrag soll eine Härtefallregelung eingeführt werden. Die CVP fordert in einem Postulat, gleiche Grundlagen für ähnliche Fälle zu verwenden. Hinter diese Forderung stellt sich Monica Gschwind voll und ganz und möchte daher die Beiträge für Härtefälle analog zum Stipendienwesen regeln.

Mit der Stipendienregelung kauft das Parlament keine Katze im Sack, denn es besteht ein Gesetz über die Ausbildungsbeiträge, welche diese Frage regelt. In die Berechnungen werden Einkommen und Vermögen einbezogen. Bezüglich Regelung in einem Dekret erklärt die Bildungsdirektorin, dem Dekret komme eine ähnliche Aufgabe zu wie einer Verordnung, allerdings werde diese vom Landrat beschlossen und unterliege nicht dem Referendum. Normalerweise agiert der Landrat als Gesetzgeber und der Regierungsrat ist für die Reglemente sowie für das Ausarbeiten von Verordnungen zuständig. Bei einem Dekret handelt es sich um ein schwerfälliges und unübliches Instrument, gemäss Monica Gschwind ist es für die Beurteilung von Einzelfällen nicht geeignet. Das Stipendienwesen war früher in einem Dekret geregelt, 1995 jedoch wurde dieses aufgehoben, weil es sich als zu schwerfällig und für die tägliche Arbeit als untauglich erwies.

Im Bereich der BKSD besteht beispielsweise ein Dekret über die Schulkreise, und dafür sei ein Dekret auch geeignet. Von der Schulkreiseinteilung ist ein grosser Teil der Bevölkerung betroffen, es handelt sich nicht um Einzelfallbeurteilungen. Eine Regelung der Härtefallbeiträge mittels Dekret würde zudem im vorliegenden Fall zu Verzögerungen der Umsetzung führen und der Spareffekt für das Schuljahr 2017/18 ginge so verloren. Aus den genannten Gründen bittet Monica Gschwind die Landrätinnen und Landräte, den Antrag, die Härtefallklausel in einem Dekret zu regeln, abzulehnen. 

 

Für das Protokoll:
Andrea Maurer, Landeskanzlei

Regierungsrätin Monica Gschwind (FDP) äussert sich weiter zum Antrag der grünen Fraktion, der sich an der Regelung von Arlesheim anlehne. Die Gemeinde Arlesheim ist eine reiche Gemeinde, der Kanton ist aber nicht reich. Daher ist es nicht opportun, wenn sich der Kanton an diese Regelung anlehnt.

Zum von Matthias Häupli erwähnten Medianeinkommen: Gemäss den ihr vorliegenden Kennzahlen der direkten Bundessteuer von 2012 lag das steuerbare Medianeinkommen bei CHF 51'700. Es soll aber ausdrücklich nicht mit Zahlen jongliert werden. Es geht hier um das Prinzip: Was ist Kernauftrag des Kantons? Soll es eine Härtefallregelung geben? Der Landrat wird gebeten, die Anträge abzulehnen und dem Antrag der Kommission zu folgen. Die Direktion wird sich an die Stipendienregelung, wie sie im Gesetz über die Ausbildungsbeiträge festgelegt ist, halten.

://: Der Landrat zieht den Antrag der SVP für eine neue Ziffer 2 des Landratsbeschlusses mit 51:28 Stimmen bei 6 Enthaltungen dem Antrag der Grünen vor.

[Namenliste

Rolf Richterich (FDP) macht beliebt, zuerst über den Gesetzesantrag und anschliessend über den LRB zu beschliessen. Wenn das Dekret durchkommt, ist der Antrag obsolet.

Landratspräsident Philipp Schoch (Grüne) informiert, zunächst die zweite Lesung durchzuführen und vor der Schlussabstimmung des Gesetzes über eine Aufnahme des SVP-Antrags in den Landratsbeschluss zu befinden.

- 2. Lesung Bildungsgesetz

Titel und Ingress keine Wortbegehren

I.

§ 100 Absatz 2

Roman Brunner (SP) meint, ganz richtig habe Bildungsdirektorin Monica Gschwind gesagt, dass der Unterschied zwischen Verordnung und Dekret darin liege, dass die VO von der Regierung ausgestaltet werden kann und beim Dekret der Landrat das letzte Wort hat. Zwar wird die Verwaltung mit der Ausgestaltung betraut, aber das Dekret muss eine Extraschlaufe über Kommission und Landrat nehmen. Jürg Wiedemann sagt zwar, man wisse nicht, wie es heraus kommt, der Landrat hat es aber in der Hand, was im Dekret fest geschrieben wird. Florence Brenzikofer entgegnet er, dass man mit dem Dekret eben gerade bezwecke, die Ausgestaltung nicht der Regierung zu überlassen. Er bittet um Unterstützung des folgenden Antrags:

§100 Absatz 2

Streichung des letzten Satzes («Der Regierungsrat kann die Beiträge bis höchstens zum Ausgleich der aufgelaufenen Teuerung anpassen.»)

§100 Absatz 4

Statt «Das Nähere regelt die Verordnung.» neu «Das Nähere regelt der Landrat in einem Dekret.»

Jürg Wiedemann (Grüne-Unabhängige) sagt, die glp/GU-Fraktion unterstütze diesen Antrag. Die Privatschulen haben insbesondere in der Öffentlichkeit einen hohen Stellenwert. Wenn die Bestimmung im Dekret geregelt wird, müssen immer politische Debatten über Veränderungen geführt werden. Eine Verordnung kann der Regierungsrat schlank, schnell und ohne Kommunikation in der Öffentlichkeit verändern. Die Privatschulen haben es verdient, dass allfällige Veränderungen des Beitrags politisch diskutiert werden. Daher ist es opportun und richtig, dass der Landrat dafür verantwortlich ist. Auch er bittet um Zustimmung zum Antrag.

Marianne Hollinger (FDP) informiert, Jürg Wiedemann sage es richtig, dass wichtig sei, den Härtefall im Gesetz zu regeln. Ausführungsbestimmungen werden üblicherweise auf Verordnungsstufe festgelegt. Der Landrat weiss sogar, wie die Verordnung ausgestaltet wird. Sie wird sich an der Stipendienvereinbarung ausrichten. Die Zusatzschlaufe über das Dekret ist unnötig. Der Antrag der Grünen wurde abgelehnt. Nun muss überlegt werden, ob es eine Härtefallregelung geben soll, oder eine indirekte Subvention an die Schulen mit einem höheren Limit, in der Meinung, dass die Eltern das Geld wieder via Spenden der Schule zukommen lassen. Dies wurde den Parlamentariern von Seiten der Grünen so gesagt. Es soll wirklich eine Härtefallregel geben, dies wird über die Verordnung gemäss Stipendienvereinbarung gewährleistet.

Landratspräsident Philipp Schoch (Grüne) lässt aufgrund der inneren Abhängigkeit der beiden Bestimmungen über die beiden Anträge zu § 100 Absatz 2 und § 100 Absatz 4 gleichzeitig abstimmen:

– Antrag § 100 Absatz 2: Streichung letzter Satz

– Antrag § 100 Absatz 4: «Das Nähere regelt die Verordnung» wird gestrichen und ersetzt durch: «Das Nähere regelt der Landrat in einem Dekret

://: Der Landrat lehnt die beiden Anträge mit 39:45 Stimmen ohne Enthaltung ab.

[Namenliste]

§ 112r

II – IV keine Wortbegehren

Landratsbeschluss

Caroline Mall (SVP) zieht ihren Antrag auf Aufnahme einer neuen Ziffer 2 im LRB zurück. [Unruhe im Saal]

Landratspräsident Philipp Schoch (Grüne) informiert, dass der Rückzug zu diesem Zeitpunkt nicht zulässig sei, und lässt über den Antrag, der zuvor in der Eventualabstimmung obsiegt hat, abstimmen:

Die Gewährung des jährlichen Kantonsbeitrages von CHF 2'500 beim Besuch einer Privatschule im Kanton Basel-Land wird den Erziehungsberechtigten gewährt, sofern ihr steuerbares Einkommen CHF 70'000 nicht übersteigt.

://: Der Antrag auf eine neue Ziffer 2 des LRB wird mit 67:11 Stimmen bei sechs Enthaltungen abgelehnt.

[Namenliste]

Schlussabstimmung Bildungsgesetz

://: Der Landrat stimmt der Gesetzesänderung mit 65:17 Stimmen bei zwei Enthaltungen zu. Damit wurde das 4/5-Mehr (68 Stimmen) verpasst; es kommt zu einer Volksabstimmung.

[Namenliste]

://: Der Landrat nimmt mit 79:0 Stimmen bei zwei Enthaltungen Kenntnis von der Petition «Lasst uns unsere Schule.

[Namenliste]

Landratsbeschluss

betreffend Streichung der pauschalen Beiträge zum Besuch von Privatschulen (WOM-13); Änderung des Bildungsgesetzes

vom 6. April 2017

Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:

1. der Änderung des Bildungsgesetzes wird zugestimmt.

2. Die Petition «Lasst uns unsere Schule» wird zur Kenntnis genommen.

> Gesetzestext

 

Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei