Protokoll der Landratssitzung vom 6. April 2017
Nr. 1384 |
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2017-014 vom 12. Januar 2017
Motion von Jürg Wiedemann, Grüne-Unabhängige: Vertrauen in die Baselbieter KESB stärken - Der Regierungsrat beantragt: Entgegennahme als Postulat (siehe Beilage) - Beschluss des Landrates vom 6. April 2017: < abgelehnt > |
Motion von Jürg Wiedemann vom 12. Januar 2017: Vertrauen in die Baselbieter KESB stärken
Landratspräsident Philipp Schoch (Grüne) verkündet, dass der Regierungsrat diese Motion als Postulat entgegennimmt.
> Begründung des Regierungsrats
Linard Candreia (SP) erwähnt, dass die KESB seit dem 1. Januar 2013 existiere. Die Medien berichten, dass der Bund einen Bericht publiziert hat, dazu ein Zitat: «Im Bericht heisst es, dass die Kantone seit der Einführung der neuen Regeln viel getan hätten, um Unzulänglichkeiten zu beseitigen und Abläufe zu optimieren. Dieser Prozess sei noch im Gang.»
Landrat Wiedemann möchte ein ständiges Aufsichtsorgan installieren, was grosse Kosten zur Folge hat. Die Aufsicht ist aber bereits geregelt, wie Regierungsrat Isaac Reber schriftlich antwortete: «Die Abgrenzung zwischen der Aufsicht im Zusammenhang mit der Rechtsanwendung im Einzelfall [Kantonsgericht] und der administrativen Aufsicht der Sicherheitsdirektion ist gut und abgrenzbar und praktikabel.» Regierungsrat Isaac Reber antwortet aber auch, dass Verbesserungen und Optimierungen herbeigeführt werden sollen. Das Ganze ist also ein Prozess. Die SP lehnt Motion wie auch Postulat ab.
Peter Riebli (SVP) erklärt, die SVP-Fraktion stimme mit der Diagnose, dass die KESB ein Imageproblem hat, überein. Es ist verwunderlich, dass dies einige in Frage stellen. Es ist nicht überraschend, dass es in einer Behörde, die dezentral und vermeintlich professionell aufgestellt wurde, zu Fehlentscheiden kommt, wenn Orts- und Menschenkenntnis essenziell für gute Entscheide sind. Die Diagnose des Motionärs hat die Unterstützung der SVP-Fraktion. Die vorgeschlagene Therapie jedoch ist nicht im Sinne der Partei, die andere mögliche Ansätze vorzieht.
Der Regierungsrat betont in seiner Antwort, dass die SID nur für administrative Belange zuständig sei. Was Rechtsfälle, die in Medien die höchsten Wellen schlagen, anbelangt, ist das Kantonsgericht zuständig.
Die Möglichkeit, mittels einer GPK vertieft in das Innenleben einer KESB zu schauen, ist eine weitere Möglichkeit einer Funktionskontrolle, die in Zukunft verstärkt genutzt werden müsste.
Mittelfristig ist zu diskutieren, ob man den Gemeinden, die betroffen sind und in den meisten Fällen die Kosten übernehmen müssen, nicht mindestens das Einsichtrecht gewähren möchte. Auch dies könnte zu verbesserten Urteilen führen.
Insofern sieht die SVP-Fraktion Handlungsbedarf im Bereich KESB, ohne jedoch die externe Aufsicht als einzige, geschweige denn beste Lösung anzuerkennen. Der Regierungsrat solle prüfen und berichten, was für Verbesserungsmöglichkeiten bestehen. Die SVP-Fraktion unterstützt eine Überweisung als Postulat einstimmig, eine Motion hingegen lehnt sie ab.
Béatrix von Sury d'Aspremont (CVP) verweist auf das gute Zeugnis, das der Bundesrat der KESB ausgestellt hat. Die KESB hat seit ihrer Einführung in einigen Regionen die Fälle nicht zur Zufriedenheit aller erledigt. Schlagzeilen in den Medien entfachen Empörung. Doch ist es der KESB aufgrund des Amtsgeheimnisses nicht gestattet, sich öffentlich zu rechtfertigen.
Die SID inspiziert periodisch die KESB-Regionen, und es sind Folge- und Kontrollvisitationen geplant, wo es notwendig ist. Das beweist, dass die SID ihre Aufsichtsfunktion wahrnimmt und ausübt.
Aus diesem Grund unterstützt die CVP/BDP-Fraktion diese Motion nicht. Die darin vorgeschlagenen Massnahmen können allerdings geprüft werden. Darüber hinaus sollen die Empfehlungen des Bundesrats ebenfalls umgesetzt und weiter verfolgt werden. Es wäre interessant zu wissen, wie viele Beschwerden oder Verfügungen vom Kantonsgericht kassiert werden. Ein weiteres System, ohne weitere Prüfung, einzufügen ist unprofessionell. Abschliessend die Bemerkung, dass es seit 2017 die KESCHA (Anlaufstelle Kindes- und Erwachsenenschutz) gibt.
Jürg Wiedemann (Grüne-Unabhängige) betont die negative Berichterstattung über mehrere KESB während der letzten zwei Jahre. Dies lässt darauf schliessen, dass einiges nicht so läuft, wie es sollte. Ein Hauptproblem ist, dass viele Entscheide der KESB bei den Betroffenen nicht ankommen oder verstanden werden. Aktuell bleibt diesen Betroffenen nur der Gang vor Gericht, was extrem aufwendig und teuer ist.
Ein Ziel dieses Vorstosses ist, dass eine einfache Beschwerdemöglichkeit geschaffen wird. Nichtsdestotrotz sind die Einwände der Fraktionen nachvollziehbar und bin kann die Motion in ein Postulat umgewandelt werden.
Andreas Dürr (FDP) erkennt im Vorstoss eine Mogelpackung. Die Überschrift hat mit dem Inhalt wenig zu tun. Anstatt um das Image der KESB geht es schlussendlich um ein neues Aufsichtsverfahren. Dies führt zu einem Grundsatzproblem. Die materiellen Entscheide der KESB sind klare, zivilrechtliche Entscheide, die auf dem zivilrechtlichen Weg über das Gericht überprüft werden müssen. Die Organisation der KESB und deren Arbeitsabläufe gehören zum öffentlichen Recht, weswegen die SID für die Aufsicht über den administrativen Prozess, zurecht, hat.
Wenden sich Menschen an eine neue Aufsichtsbehörde, wenden sie sich bestenfalls an die falsche Stelle und verpassen schlimmstenfalls zivilrechtliche Fristen. Inhaltlich kann diese Aufsichtsbehörde keinerlei Einfluss nehmen und für den administrativen Betrieb ist sie nicht zuständig. Rein aus juristischer Sicht ist es notwendig, auf eine Scheinaufsichtsbehörde dieser Art zu verzichten, da diese die Bevölkerung lediglich verwirrt. Die FPD-Fraktion lehnt den Vorstoss als Motion und als Postulat ab.
Sara Fritz (EVP) sagt, dass dieser Vorstoss die Grüne/EVP-Fraktion nicht überzeuge und deswegen als Motion keine Unterstützung erhalte. Mit einem Postulat könnte sie leben.
://: Das Postulat 2017/014 wird mit 28:46 Stimmen und einer Enthaltung abgelehnt.
Für das Protokoll:
Benedikt Wirthlin, Landeskanzlei