Protokoll der Landratssitzung vom 5. September 2013
|
13
2012-379 vom 11. Dezember 2012 [1. Lesung] Vorlage: Genehmigung des Beitritts zum Konkordat über private Sicherheitsdienstleistungen sowie Anpassung des Polizeigesetzes - Bericht der Justiz- und Sicherheitskommission vom 15. Mai 2013 - Beschluss des Landrats vom 5. September 2013: < abgelehnt > |
Kommissionspräsident Werner Rufi (FDP) erklärt, es gehe um den Beitritt zum Konkordat über private Sicherheitsdienstleistungen. Die Sache hat eine längere Vorgeschichte. Das Geschäft geht zurück auf einen Vorstoss der alt Landratskollegin Ursula Jäggi, SP, aus dem Jahr 2006, mit dem verlangt wurde, in dieser Sache gesetzliche Grundlagen zu schaffen. In einem ersten Bericht der Regierung wurde eine Abschreibung verlangt mit der Begründung, es bestehe im Moment kein unmittelbarer Gesetzgebungsbedarf und es sei überdies ein Konkordat in Bearbeitung. Die Westschweizer Kantone hatten bereits im Jahr 1996 ein Konkordat zu dieser Thematik erstellt.
Die Deutschschweizer Kantone haben dann am 12. November 2010 ein Konkordat beschlossen, das sehr detaillierte Regelungen für die Tätigkeit von Sicherheitsunternehmen enthält. Es geht um Zutrittskontrollen bei Veranstaltungen, Verkehrsregelung, Firmen- und Geländeüberwachung, Begleitung von gefährdeten Personen, Geldtransport, Häftlingstransport, Detektivarbeiten etc. Es geht nun darum, diese Regelungen schweizweit möglichst einheitlich zu gestalten.
Die Justiz- und Sicherheitskommission hat einen anderen Weg gewählt, als ihn die Regierung in ihrer Vorlage vorgeschlagen hatte. Die Regierung ist für Beitritt zum Konkordat und Anpassung einzelner Bestimmungen im Polizeigesetz. Das ist aus Sicht des Kommissionspräsidenten durchaus ein valabler Weg, der auch ein gutes Signal nach aussen gibt. Die Kommission hat allerdings festgestellt, dass die Entwicklung in einzelnen Punkten noch etwas unklar ist. Die JSK hat daher den Weg gewählt, die im Konkordat enthaltenen Bestimmungen ins Polizeigesetz hineinzunehmen, in die §§ 51a bis 51q. Man hat abgeklärt, ob das formell möglich ist, was von den zuständigen Personen in der Rechtssetzungsabteilung der SID bestätigt wurde. Das Eintreten war nicht bestritten. Inhaltlich kam die JSK zum Ergebnis, dass es wesentliche Vorteile hätte, die Regelungen im Gesetz zu verankern. In diesem Falle bleibt dem Kanton eine gewisse Flexibilität. Auch kann er auf neuere Entwicklungen reagieren. Und da inhaltlich das Konkordat 1:1 übernommen wird, setzt man doch ein klares Zeichen, dass man die von der KKJPD erarbeitete Regelung mitträgt.
Mit 9:4 Stimmen hat die Kommission am Ende den Beitritt zum Konkordat abgelehnt und beschlossen, dass stattdessen die entsprechenden Bestimmungen ins kantonale Polizeigesetz aufgenommen werden sollten.
Wichtig ist, dass das vorliegende Geschäft vorgängig zur Revision des Polizeigesetzes behandelt wird, die, soweit bekannt, in der nächsten Landratssitzung vom 19. September traktandiert sein wird. Wenn der Landrat heute den Grundsatzentscheid «Konkordat ja oder nein» fällt, dann weiss man, wie das Thema im Rahmen der Polizeigesetzrevision zu behandeln ist.
Diskutiert wurde in der Kommission auch der Einfluss, den das Freizügigkeitsabkommen mit der EU hat. Man muss darauf achten dass, gleich, welche Variante heute beschlossen wird, keine Umgehungsmöglichkeiten geschaffen werden. Der Nachbarkanton Basel-Stadt ist dem Konkordat beigetreten. Es gibt aber auch andere Kantone, die dem Konkordat kritisch gegenüberstehen, wie AG, OW, SZ und ZG. Diese sind nicht beigetreten. Der Kommissionspräsident ist der Meinung, der Kanton Basel-Landschaft könnte auch im Falle des Nichtbeitritts eine gute Zusammenarbeit mit den Nachbarkantonen haben, sei es mit SO und BS, die dabei sind, oder mit AG, der nicht beigetreten ist.
Per Dezember 2012 gab es im Kanton Baselland 110 Sicherheitsunternehmungen mit einer Bewilligung, und jährlich werden 8 bis 15 Bewilligungsgesuche behandelt. Diese Bewilligungen sind bisher unbefristet ausgestellt. Neu werden sie auf eine Gültigkeitsdauer von drei Jahren ausgestellt.
Die Regelung der Materie im Polizeigesetz würde es erlauben, die Entwicklung zu beobachten und schneller eine Anpassung vorzunehmen. Sollte man hingegen merken, dass das Konkordat wirklich das höchste aller Gefühle ist, könnte man auch später noch beitreten.
Der Präsident hat jedoch mitbekommen, dass über die Sommerferienzeit gewisse Fraktionen ihre Meinung geändert haben, so dass das Stimmenverhältnis von 9:4 derzeit nur noch Makulatur ist. In der anschliessenden Beratung wird man hören, wer welchen Gesinnungswandel vorgenommen hat.
Für das Protokoll:
Jörg Bertsch, Landeskanzlei
* * * * *
Fortsetzung
- Eintretensdebatte
Rosmarie Brunner (SVP) sagt, dass das Geschäft kein einfaches Dossier sei. Die SVP unterstützt grundsätzlich die Revision und vorallem auch das Konkordat - auch wenn die Partei in der Kommission nicht dieser Meinung war. Im Nachhinein ist man grossmehrheitlich etwas gescheiter geworden und die Fraktion plädiert namentlich auch für Eintreten. Warum? Wenn das Konkordat nicht kommt, wird es für den Kanton einen Riesenaufwand geben. Die vielen Sicherheitsdienstleister im Kanton, die eine grosse Zahl von Arbeitsplätzen anbieten, müssen für ihre Tätigkeit in den Konkordatskantonen die dort vorgeschriebenen Auflagen erfüllen. Das betrifft nicht nur Basel-Stadt, sondern auch Solothurn. Unsere eigenen Firmen werden mehr Probleme haben, künftig noch Aufträge erhalten. Die Betriebsbewilligungen werden nur durch die Konkordatskantone erteilt, in denen der Wohn- oder der Firmensitz der gesuchstellenden Person liegt. Tätigkeiten ohne entsprechende Bewilligungen werden sanktioniert. Benachteiligt sind die Firmen aus den Kantonen, die dem Konkordat nicht angehören, und aus dem Ausland. Gemäss Binnenmarktsgesetz können sie ihre Tätigkeit nur noch in den Nicht-Konkordats-Kantonen ausüben - ausser sie verlegen ihr Geschäftsdomizil in einen Konkordatskanton. Wenn Baselland dem Konkordat nicht beitritt, würde dies das Aus für viele hiesige Sicherheitsfirmen bedeuten. Mit 26 verschiedenen Polizeigesetzen ist eine Regulierung der Sicherheitsfirmen nicht machbar. Die SVP-Fraktion plädiert aus diesen Gründen dafür, nicht dem Kommissionsantrag zuzustimmen, sondern das Konkordat anzunehmen.
Regula Meschberger (SP) erklärt , dass sie ihre Meinung nicht geändert habe. Sie gehört zur Kommissionsminderheit, die von Anfang an für einen Beitritt zum Konkordat war. Im Namen der SP-Fraktion beantragt sie, auf das Geschäft einzutreten und dem Konkordat beizutreten. Inhaltlich sind die Meinungsunterschiede nicht sehr gross, allen ist klar, dass das Thema der privaten Sicherheitsdienstleister geregelt werden muss; ein wesentlicher Punkt ist die Ausbildung des Personals. Der Präsident der JSK hat gesagt, dass die Aufnahme der Konkordatsbestimmungen ins Polizeigesetz Abänderungen einfacher möglich mache und mehr Flexibilität erlaube. Das stimmt - aber genau das ist der Grund, warum die SP für das Konkordat ist: Es geht darum, dass man in der Schweiz gemeinsame, und eben nicht kantonale Lösungen findet. Darum soll es jetzt ein Deutschschweizer Konkordat geben. Im Grunde aber wäre es toll, wenn man das Ganze im Bundesrecht regeln könnte. Das ist aber nicht möglich, weil es sich um eine Kantonsaufgabe handelt; darum bleibt auch nur das Konkordat als Lösung möglich. Natürlich sind im Moment einige Innerschweizer Kantone nicht mit von der Partie; es gibt zudem Diskussionen in Zürich und Bern. Wenn der Landrat jetzt aber Nein sagt, gibt er das Signal ab, dass das Geschäft nicht sehr wichtig ist und von jedem Kanton einzeln geregelt werden kann. Genau das kann nicht das Ziel sein. Es braucht klare Regelungen, die in allen Kantonen gelten, und ein klares Signal nach aussen, dass auch die heute noch abseits stehenden Kantone dem Konkordat beitreten. Es braucht eine klare Bewilligungspraxis - und gibt es nur, wenn Baselland dem Konkordat beitritt . Bei privaten Sicherheitsdienstleistern kann man sich keine unterschiedlichen Regelungen leisten.
Siro Imber (FDP) sagt an die SVP gewandt, dass deren Ausführungen nicht stimmen würden. Die Regierungsvorlage hält fest:
Heute kann jeder Kanton die Bewilligungspflicht und die Bewilligungsvoraussetzungen für Sicherheitsunternehmen und deren Angestellte regeln. Das Eidgenössische Binnenmarktgesetz sieht vor, dass jede Person das Recht hat, Waren, Dienstleistungen und Arbeitsleistungen auf dem gesamten Gebiet der Schweiz anzubieten, soweit die Ausübung der betreffenden Erwerbstätigkeit im Kanton oder der Gemeinde ihrer Niederlassung oder ihres Sitzes zulässig ist.
Bei einem Konkordat geht es normalerweise um eine gemeinsame Aufgabenerfüllung; hier aber handelt es um eine Rechtsvereinheitlichung. Ein Konkordat zur Vereinheitlichung aber widerspricht den Prinzipien unserer Verfassung und unseres Staatswesens. Volk und Landrat sollen ohne Not Kompetenz, Einfluss und Aufsichtsmöglichkeiten aus der Hand geben. Paragraf 2 der Kantonsverfassung besagt dazu:
Die Staatsgewalt beruht auf der Gesamtheit des Volkes. Sie wird durch die Stimmberechtigten und durch die Behörden ausgeübt.
Weiter heisst es in Paragraf 61, Absatz 2:
Der Landrat ist die gesetzgebende Behörde des Kantons. Er übt die Oberaufsicht über alle Behörden und Organe aus, die kantonale Aufgaben wahrnehmen.
Das heisst, das Volk übt die Staatsgewalt über den Kanton aus, soweit der Bund diesen für zuständig erklärt. Gemäss Kantonsverfassung wählt das Volk den Landrat, der die Aufgabe hat, Recht in unserem Kanton zu erlassen. Wieso diese Ausführungen? Weil das Konkordat im Widerspruch zu unserer Verfassung steht. Wir werden in unserer Rechtssetzungskompetenz entmachtet. Wenn Konkordate leichtfertig benutzt werden, um das Recht zu vereinheitlichen, untergraben sie die demokratische Struktur der Kantone. Wir reden hier nicht von einem Notstand - es geht um Sicherheitsunternehmen, die für die meisten unter uns nicht als Problem in Erscheinung getreten sind. Weiter ist aus dem Standardwerk von Häfelin/Haller zum Schweizerisches Bundesstaatsrecht zu zitieren:
Derartige interkantonale Regelungen zur gesamtschweizerischen Rechtsvereinheitlichungen stellen zum Teil etwa schwerfällige Instrumente dar, was sich vorallem auch bei allfälligen Revisionen zeigt. Dem Gewinn für das föderalistische Prinzip stehen allerdings Einschränkungen des demokratischen Prinzips gegenüber. Die kantonalen Volksvertretungen haben nur einen beschränkten Einfluss auf die Ausgestaltung der von Regierungsvertretern ausgehandelten Vereinbarung. Wie bei Staatsverträgen mit dem Ausland ist im Genehmigungsverfahren nur noch eine Zustimmung oder Ablehnung möglich. Zudem ist die parlamentarische Kontrolle nur beschränkt realisierbar. Diese Bedenken gelten noch verstärkt bezüglich die im neuen Artikel 48, Absatz 4, geschaffene Möglichkeit, interkantonale Organe zum Erlass interkantonaler Rechtssetzung zu ermächtigen .
Das heisst: Interkantonale Organe können in unserem Kanton Recht erlassen - und nicht mehr wir. Genau das ist in diesem Konkordat vorgesehen. Gemäss Artikel 17 wird eine Konkordatskommission eingesetzt, die zum Erlass rechtssetzender Bestimmungen ermächtigt wird. Nicht mehr der vom Volk gewählte Landrat oder der Regierungsrat setzt in unserem Kanton Recht, sondern eine interkantonale Organisation, auf welche das Baselbieter Volk keinen Einfluss und Kontrollmöglichkeit hat. Gemäss Artikel 16 hat der Kanton Basel-Landschaft kein Einsitzrecht in diese Kommission, die in unserem Kanton Recht setzen soll. Und zur SVP: Das ist noch schlimmer als fremde Richter; wir haben dann fremde Rechtssetzer in unserem eigenen Kanton. Diese Problematik sieht auch das Standardwerk von Rhinow/Schefer zum schweizerischen Verfassungsrecht:
Auch wenn der Abschluss interkantonaler Verträge ein probates Mittel zur gemeinsamen Bewältigung von Staatsaufgaben darstellt, sind die Nachteile und Risiken nicht zu verkennen. Im Vordergrund steht dabei die bereits mehrfach erwähnte Demokratieproblematik, bringen doch Staatsverträge zwangsläufig eine Machtverschiebung vom Parlament zu Regierung und Verwaltung mit sich. Parlamente und Volk werden letztlich zu Genehmigungsinstanzen degradiert (...). Aber auch das Volksinitiativrecht büsst an Gewicht ein, weil es - wenn überhaupt - in Bezug auf Vertragsänderungen höchstens die Regierung «in Marsch setzen» oder auf eine Kündigung ausgerichtet sein kann. Bedenken gegenüber interkantonalen Verträgen erwachsen auch durch ihre gegenüber Gesetzen erschwerte Abänderbarkeit, die konsensabhänig ist und oft viel Zeit in Anspruch nimmt, sowie durch die eingeschränkte Kontrolle interkantonaler Organe durch kantonale Parlamente.
Neben den staatspolitischen Bedenken - auch das ist an die SVP gerichtet - gilt es das Binnenmarktgesetz zu berücksichtigen: Jedes Unternehmen kann in einem andern Kanton seine Tätigkeit ausüben, wenn es im Kanton seiner Niederlassung zugelassen ist. Es ist ein unumstössliches Faktum, dass einige Innerschweizer Kantone und auch der Aargau dem Konkordat nicht beigetreten sind; auch die Westschweiz hat sich gegen den Beitritt entschlossen respektive ein eigenes Konkordat gegründet. Wegen dem Freizügigkeitsabkommen mit der EU dürfen ausländische Firmen ohne Auflagen in unserem Kanton tätig sein - wir aber wollen unseren eigenen Firmen Auflagen aufbürden. Baselbieter Behörden diskriminieren Baselbieter Unternehmen! Und geben ausländischen und ausserkantonalen Behörden mehr Marktzugang als den eigenen Unternehmen. Kommt dazu: Die Regelungen des Konkordats zielen auf die unseriösen Unternehmen. Die zumeist seriösen Unternehmen aber, die wir im Baselbiet haben, werden mit zusätzlichen Auflagen belastet - die unseriösen aber können sich problemlos ins Ausland oder in einen andern Kanton aufmachen und ihre Dienstleistungen von dort aus im Kanton Baselland anbieten.
Zurück zum Grundsätzlichen: Das Konkordat kann seinen Zweck nicht erfüllen. Zuviele Kantone und das Ausland sehen andere Regelungen vor. Die Prinzipien der Verfassung und das Recht des Volks dürfen nicht beschnitten werden, um ein Zeichen zu setzen. Mit dem Beitritt zum ohnehin nutzlosen Konkordat werden Volk und Landrat ohne Not entmachtet. Dem können wir nicht zustimmen. Übrigens kam der Beitritt des Kantons Basel-Stadt nur ganz knapp zustande; es wurde dort vorallem von SP und Grünen bekämpft, die es als die Grundrechte verletzend ansahen. Wieso dies bei uns nicht gelten soll, ist nicht ganz verständlich. Es gibt aber einen intelligenten Vorschlag: Die Bestimmungen des Konkordats werden im kantonalen Gesetz übernommen. Es gibt auch die Möglichkeit von Gegenrechtsvereinbarungen.
Die FDP unterstützt aus den genannten Gründen die Kommissionsbeschlüsse.
Sara Fritz (EVP) verspricht, sich kürzer zu halten als der Vorredner. Sie hat ihre Meinung in den Ferien in Armenien und Georgien nicht geändert. Die Fraktion ist weiterhin mehrheitlich für Eintreten und wird die Kommissionsmehrheit unterstützen; die Bestimmungen sollen ins Polizeigesetz aufgenommen werden. Die Argumente hat der Kommissionspräsident erläutert. Erstaunt hat das Votum der SVP-Vorrednerin. Es sind doch einige weitreichende Auswirkungen genannt worden, von denen in der Kommission nie die Rede war. Dass sie erst jetzt im Parlament genannt werden, ist erstaunlich.
Regina Werthmüller (Grüne) war in den Bergen in den Ferien, wie sie sagt. Die Grünen haben ihre Meinung wie die SVP geändert und stehen dem Konkordat positiv gegenüber. Die Flexibilität und der Einfluss sind grösser für das Parlament, wenn die Konkordatbestimmungen im Polizeigesetz verankert werden; das stimmt. Es ist aber wichtig, dass die Aus- und Weiterbildung in den Sicherheitsfirmen einheitlich gewährleistet ist. Es handelt sich um eine hochsensible Tätigkeit im öffentlichen und halböffentlichen Bereich. Die Angestellten der Sicherheitsfirmen sind teils auch bewaffnet oder mit Hunden unterwegs. Die Vorstellung, dass die eigenen Kinder in der Disco von schlecht beleumundeten Bodyguards gemassregelt werden, ist unerträglich. Über das Staatspolitische hinaus ist der Beitritt zum Konkordat ein wirtschaftsfreundlicher Schritt - es findet so kein Wettbewerb unter den Kantonen statt. Wenn man die Konkordatsregelungen sowieso im Polizeigesetz übernehmen will, kann man auch dem Konkordat gut zustimmen. Der grösste Nutzen liegt in der Vereinheitlichung. Ausserdem hat Regierungsrat Isaac Reber gesagt, dass nur ein Beitritt des Baselbiets helfen kann, die noch nicht beigetretenen Kanton zu überzeugen.
Felix Weber (BDP) sagt, die BDP-glp-Fraktion unterstützt einstimmig den Antrag der Justiz- und Sicherheitskommission gegen den Konkordatsbeitritt beziehungsweise für die Übernahme der Bestimmungen ins Polizeigesetz. Innerhalb des Konkordats kann das Parlament keinerlei Änderungen mehr vornehmen; man kann nur noch Ja oder Nein sagen. Zu nachträglichen Veränderungen kann man nichts mehr sagen, weil dann alle Kantone wieder zustimmen müssen - das ist langwierig und schwerfällig. Handlungsbedarf ist gegeben, das wissen alle. Der Kommissionsvorschlag ist sehr gut und hat das gleiche Ziele wie das Konkordat. So haben wir alles in der Hand und können jederzeit die Bestimmungen jederzeit ändern. Das schafft Flexibilität.
Oskar Kämpfer (SVP) gehört zur Minderheit in der SVP, welche in den Ferien nicht die Meinung wechseln musste. Fremde Richter sind klar abzulehnen. Man muss die Verantwortung selber wahrnehmen, wie das Siro Imber sehr gut ausgeführt hat. Die Variante Polizeigesetz bringt keinen wesentlichen Standortnachteil für unsere Sicherheitsfirmen, wenn man die Regulierungsdichte und die Kontrollen nicht noch weiter erhöht. Die bisherigen Gesetze konnten der Thematik durchaus gerecht werden. Man soll der Kommission folgen.
Regula Meschberger (SP) will einige Aussagen von Siro Imber kommentieren. Die Westschweizer Kantone sind dem Konkordat nicht etwa nicht beigetreten - sie haben seit über 15 Jahren ein eigenes Konkordat. Das ist eine andere Ausgangslage. Dass es gute und schlechte Firmen gibt in diesem Metier, hat seine Gültigkeit unabhängig von der Frage, ob man auf das Konkordat oder die Polizeigesetzlösung setzt; das Binnenmarktgesetz geht nunmal vor - und das hat Folgen für uns. Das kann man nicht gegen das Konkordat ins Feld führen . Das Argument, dass das Konkordat Grundrechte verletzt, ist nicht stichhaltig. Ein Konkordat wird gemacht, wenn man der Meinung ist, es braucht eine gesamtschweizerische Regelung für Bereiche, in denen die Kantone und nicht der Bund zuständig sind. Die Kantone sind über die Konferenzen der Kantonsregierungen in die Ausarbeitung eingebunden, es gibt Vernehmlassungen, in die wir alle involviert sind, wenn man seine diesbezüglichen Pflichten und Rechte wahrnimmt. Irgendwann steht dann der Text da, zu dem man dann in der Tat nur noch Ja oder Nein sagen kann. Die Behauptung, die Ebene der Konkordate sei undemokratisch, ist bloss populistisch. Auch der Landrat hat schon vielen Konkordaten zugestimmt. Jetzt Grundrechtsargumente gegen dieses eine Konkordat ins Feld zu führen, ist nicht nachvollziehbar.
Die SP beantragt, auf den Antrag der Regierungsvorlage abzustellen und im Beschluss zum Landratsbeschluss über den Antrag 1 abzustimmen und damit das Konkordat vom 12. November 2010 über private Sicherheitdienstleistungen zu genehmigen.
Dominik Straumann (SVP) fragt Isaac Reber nach den Konsequenzen, wenn man auf das Polizeigesetz abstellt und selber Prüfungen abnehmen und Ausweise für die eigenen KMU ausstellen sowie die Administration wahrnehmen muss. Das - so die Vermutung- ist ein kleiner Kuchen, aber ein grosser Aufwand. Über das Konkordat werden die Kosten günstiger. Die Variante Polizeigesetz ist somit KMU-feindlicher. Fraglich ist etwa der Personalaufwand, der mit einer eigenen Lösung auf den Kanton zukommt - und jene Leute umtreiben wird, die heute gegen das Konkordat und morgen gegen neue Stellen sind. In der Kommission wurden diese Fragen nicht aufgeworfen und darum auch nicht beantwortet.
Siro Imber (FDP) erachtet die Argumentation, dass alles günstiger wird, wenn man die Institutionen zusammenlegt, als gefährlich. Was letztlich günstiger ist, ist eine sehr hypothetische Frage. Die Frage der Grundrechtsverletzungen - dies an die Adresse von Regula Meschberger - hat übrgens die SP in Basel aufgebracht. Um Einschränkungen der Grundrechte geht es damit auf alle Fälle. Die Sache ist heikel, weshalb es besser ist, sie selber zu diskutieren anstatt sie an eine Regierungskonferenz zu delegieren.
Rosmarie Brunner (SVP) spricht an Siro Imber gewandt von einer Milchbüchleinrechnung: Wenn der Staat zusätzliche Stellen bewilligen muss, etwa bei der Polizei, kommt es sicher teuerer - dies zu Ungunsten des Steuerzahlers.
Regierungsrat Isaac Reber (Grüne) betont, dass das Geschäft eine ernsthafte und sachliche Behandlung verdient. Es geht nur um die formelle Frage, auf welchem Weg man das Ziel erreichen will. Inhaltlich sind sich Kommission und Regierung aber einig. Die inhaltliche Debatte greift insofern zu kurz, weil sie für beide Varianten Gültigkeit hat. So will ja die Kommission, dass die inhaltlichen Positionen 1:1 ins Polizeigesetz übernommen werden. Die Frage heute lautet also: Was ist der richtige Weg? Welches Zeichen setzen wir? Der Vollständigkeit halber die Bemerkung, dass Ferien erst im Herbst auf Sardinien anstehen [Gelächter] . Eine weitere Bemerkung zum Eintreten: Die Demokratie wird nicht untergraben mit der Frage, ob man jetzt das Konkordat oder das Polizeigesetz wählt. Man übernimmt das Recht des Konkordats aus freiem Willen und Überzeugung. Auch fremde Richter sind keine auszumachen. Es soll schliesslich gemäss Kommission das Konkordatsrecht ins kantonale Recht überführt werden. Wir bestimmen, welchen Weg wir wählen. Und: Man kann das Konkordat kündigen; man muss also nie Recht übernehmen, dass man nicht will.
Es geht um Bodyguards, Detektive, Geldtransporte und Patrouillendienste. Das sind heikle Aufgaben. Im Notfall müssen die Angestellten der Sicherheitsfirmen eingreifen und etwa einen Dieb anhalten oder sie werden in ein Gerangel verwickelt. Das Gewaltmonopol liegt beim Staat - gerade deshalb ist es wichtig, dass alles in geordneten Bahnen verläuft und Mitarbeiter der Sicherheitsfirmen mit einem guten Leumund ihre Aufgaben wahrnehmen. Wir haben bereits im heutigen Polizeigesetz vier Bestimmungen zu den Sicherheitsdienstleistern; entsprechend verlangt unser Antrag deren Aufhebung und den Beitritt zum Konkordat. Der Blick auf das Polizeigesetz zeigt, dass schon bisher klar war, dass Regelungen nötig sind. Jetzt ist es den Justiz- und Polizeidirektoren nach jahrelangen Verhandlungen gelungen, schweizweit einheitliche Regelungen auszuarbeiten. Die Notwendigkeit dazu beruht auf der angesprochenen Freizügigkeit, die auch unter den Kantonen gilt. Wer gewisse Mindeststandards sicherstellen will, muss ein Interesse an einheitlichen Regelungen haben. Das war auch die Haltung in der Kommission, welche die Konkordatsinhalte übernehmen will. Gegenüber dem Stand bei Publikation ist heute zu sagen, dass Uri und Tessin dem Konkordat beigetreten sind.
Die Regierung ist nach wie vor der Ansicht, dass die Regelungen im Konkordat festgehalten werden sollten. Baselland sollte beitreten. Es gibt keinen Grund, einen andern Weg zu gehen. Konkordate dienen, das ist tatsächlich so, der Rechtsvereinheitlichung. Da ist es nur logisch, dass die Regelungen in einem Konkordat und nicht in 26 Polizeigesetzen festgehalten werden.
Ein Wort an Dominik Straumann: Seine Fragen sind nicht zu beantworten, solange nicht klar ist, welchen Weg wir gehen. Wir können also noch keine Vereinbarungen treffen. Klar ist aber: Wenn man eine gemeinsame Lösung hat, kann man die Zusammenarbeit suchen und gewisse Dinge gemeinsam bewirtschaften. Wenn wir eine eigene Regelung wählen, werden wir den Weg ziemlich sicher alleine gehen.
Die Kommission will mit ihrem Vorschlag die Handlungsfreiheit bewahren. Das gilt aber auch für das Konkordat, dass ja materiell unbestritten ist. Wenn wir später mit einer Änderung des Konkordats nicht einverstanden sind, haben wir jederzeit die Freiheit, auszutreten. Artikel 12 garantiert dies. Eine gewisse Konkordatsmüdigkeit ist verständlich, geht es doch um die Abtretung von Kompetenzen. Aber wir können diese zurückholen. Wenn es uns aber nicht gelingt, in solch wichtigen Fragen einheitliche Lösungen zu finden, wird es am Schluss zu einer Bundesaufgabe. Und für «saubere» Firmen können wir nur garantieren, wenn wir einheitliche Regelungen haben. Wenn wir nicht beitreten, setzen wir für die Kantone, die aussen vor sind, ein ganz schlechtes Zeichen. Es wäre gut, wenn nicht der Kanton Baselland zum schwarzen Schaf in dieser Frage würde. Natürlich, das ist nicht zu verschweigen, gibt es Kantone, die nicht beigetreten sind, der Aargau und einige Innerschweizer Kantone. Wenn wir ein weiteres Negativzeichen setzen, ist davon auszugehen, dass das Konkordat nicht zustande kommt oder nicht greifen wird. Wir haben überwiegend gute Unternehmen in diesem Bereich - mit dem Beitritt setzen wir ein Zeichen, dass wir keine schwarzen Schafe dulden.
://: Eintreten ist unbestritten.
Landratspräsidentin Marianne Hollinger (FDP) erklärt, dass die Detailberatung am Nachmittag stattfinden soll. Dort wird auch der SP-Antrag zur Abstimmung kommen. Zum Stichwort «erste Lesung»: Wenn der Kommissionsantrag durchkommt, gibt es keine zweite Lesung, weil die Änderungen des Polizeigesetzes nicht formuliert sind. Sie werden separat im Rahmen des Kommissionsberichts zur Vorlage 2012/227 beantragt. Wenn aber der Regierungsantrag durchkommt, sind die gesetzlichen Veränderungen bereits im Antrag drin und dann würde die erste Lesung durchgeführt.
Für das Protokoll:
Georg Schmidt, Landeskanzlei
* * * * *
Nr. 1393
Kommissionspräsident Werner Rufi (FDP) führt zur Präzisierung des Inhalts verschiedener Anträge aus, dass bei Unterstützung der Kommissionsvariante gemäss 2.3.f) des Kommissionsberichts die Bestimmungen des Konkordats als §§ 51a bis 51q ins Polizeigesetz übernommen würden und bei Unterstützung der Variante des Regierungsrats die §§ 48 bis 51 aufgehoben würden. Je nach Inkrafttreten des Konkordats - vor oder nach der Revision des Polizeigesetzes - käme die jeweilige Variante gemäss Vorlage 2012/379, Beilage 1, Seite 2, zum Zug. Diese Frage ist in der 1. Lesung zu Geschäft 2012/227 zu behandeln.
Im Übrigen entspricht der Antrag von Regula Meschberger jenem des Regierungsrats, wie er in Beilage 3 der Vorlage angeführt ist, wobei bei letzterem noch der Vorbehalt zu einer allfälligen Volksabstimmung erwähnt ist.
Detailberatung
Klaus Kirchmayr (Grüne) möchte wie Dominik Straumann wissen, ob es für den Kanton, z.B. dank geringerem administrativem Aufwand, kostenmässig günstiger sei, dem Konkordat anzugehören anstatt die Frage via Polizeigesetz zu lösen, oder nicht.
Laut Regierungsrat Isaac Reber (Grüne) ist heute keine präzise Aussage über die Kostenfolgen der Varianten möglich. Festgestellt werden kann aber, dass bei gemeinsamen Grundlagen verschiedener Kantone gewisse Dinge gemeinsam genutzt und betrieben werden können. Wenn der Kanton eigene Grundlagen hat, ist er bei einer gewünschten Nutzung der Datenbank des Konkordats auf dessen Goodwill angewiesen. Diese Frage muss noch verhandelt werden. Der Aufwand ist bei beiden Varianten etwa gleich gross, aber Synergien ergeben sich nur bei Projekten mit mehreren Beteiligten.
Beschlussfassung
- Ziffer 1 gemäss Kommissionsbericht
Marianne Hollinger (FDP) weist noch einmal auf den Antrag der SP hin, welcher den Antrag des Regierungsrats unterstützen und mit welchem dem Konkordat beigetreten werden soll.
://: Der Landrat lehnt mit 35:31 Stimmen den Antrag der SP und damit den Beitritt zum Konkordat ab. [ Namenliste ]
Urs-Peter Moos (Freie Wähler) beantragt die Wiederholung der Abstimmung, da nach seinem Empfinden und jenem seiner Nachbarn zu wenig Zeit für die Stimmabgabe zur Verfügung stand.
Marianne Hollinger (FDP) stellt keinen Widerstand gegen diesen Antrag fest und lässt die vorangegangene Abstimmung wiederholen.
://: Der Landrat lehnt mit 40:36 Stimmen den Antrag der SP und damit den Beitritt zum Konkordat ab. [ Namenliste ]
- Schlussabstimmung
://: Der Landrat stimmt dem Antrag der JSK gemäss S. 3 des Kommissionsberichts mit 67:2 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Das Postulat 2006/009 ist damit ebenfalls abgeschrieben. [ Namenliste ]
Anträge an den Landrat
Die Justiz- und Sicherheitskommission beantragt dem Landrat mit 9:4 Stimmen,
1. den Beitritt zum Konkordat vom 12. November 2010 über private Sicherheitsdienstleistungen abzulehnen und
2. die massgebenden Konkordatsbestimmungen im kantonalen Polizeigesetz aufzunehmen.
Die Justiz- und Sicherheitskommission beantragt dem Landrat einstimmig, das Postulat 2006/009 abzuschreiben.
Landratspräsidentin Marianne Hollinger (FDP) weist darauf hin, dass die weiteren Diskussionen über die Aufnahme der Bestimmungen ins Polizeigesetz zu gegebener Zeit geführt werden, voraussichtlich am 19. September 2013.
Für das Protokoll:
Michael Engesser, Landeskanzlei
Back to Top