Protokoll der Landratssitzung vom 22. September 2005
Protokoll der Landratssitzung vom 22. September 2005 |
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2005-246
vom 20. September 2005
Fragestunde:
Mündliche Anfragen für die Landratssitzung vom 22. September 2005
- Beschluss des Landrates < alle Fragen beantwortet >
Nr. 1368
1. Jürg Wiedemann : Steuermehreinnahmen infolge Erhöhung des Eigenmietwertes und Aufhebung des Mietkostenabzuges
Die Fragen werden von Regierungsrat Adrian Ballmer beantwortet. Sie treffen ihn nicht völlig unvorbereitet, da sie fast wortwörtlich bereits vom Mieterverband am 12. September 2005 gestellt worden sind.
Frage 1
Welche zusätzlichen Steuereinnahmen auf Kantonsebene fallen mit der Aufhebung des Mietkostenabzges und der Erhöhung des Eigenmietwertes auf 60% an, so wie dies das bundesgerichtliche Urteil vom 27. Mai 2005 verlangt?
Antwort
Die zusätzlichen Steuereinnahmen können noch nicht definitiv bestimmt werden. Die Steuerverwaltung ist daran, mit externer Hilfe eine Erhebung durchzuführen, damit der Eigenmietwert künftig präziser festgelegt werden kann. Erst nach Abschluss dieser Arbeit können weitere Berechnungen angestellt werden. Nach bisherigen Schätzungen würden bei der Staatssteuer ohne Kompensationsmassnahmen Mehreinnahmen von gut CHF 70 Mio. resultieren.
Frage 2
Falls die Steuerverwaltung die in Aussicht gestellten, aktuellen und genauen Berechnungen noch nicht abschliessen konnte:
a) Bis wann rechnet der Regierungsrat mit dem Vorliegen dieser Zahlen?
b) Wird der Regierungsrat diese Zahlen umgehend veröffentlichen?
Antwort
Die Steuerverwaltung prüft verschiedene Möglichkeiten, wie der Bundesgerichtsentscheid umgesetzt werden kann. Der Regierungsrat hat darüber noch nicht befunden, wird aber im Oktober einen Lösungsweg beschliessen. Am 21. Oktober 2005 wird die Regierung anlässlich einer Medienkonferenz informieren. Diese Orientierung umfasst auch die zeitliche Umsetzung und die Form des gewählten Ansatzes.
Frage 3
Wie viele steuerpflichtige Personen, mitsteuerpflichtige Ehegatten und Kinder, für welche ein Kinderabzug beansprucht werden kann, leben aktuell im Kanton?
Antwort
Im Steuerjahr 2003 waren rund 159'000 natürliche Personen im Kanton steuerpflichtig. Rund 34'300 Haushalten haben rund 161'000 Kinderabzüge geltend gemacht. Über die Anzahl der mitsteuerpflichtigen Ehegatten liegt keine separate Statistik vor. Eine entsprechende Auswertung müsste zuerst programmiert werden, was mit externen Kosten verbunden wäre. Diese sind nicht budgetiert.
Frage 4
Welches ist der durchschnittliche Steuersatz (exkl. Gemeindesteuer und Kirchensteuer) in unserem Kanton?
Antwort
Für das Steuerjahr 2002 - eine aktuellere Auswertung gibt es nicht - liegt der durchschnittliche Staatssteuersatz bei rund 8,4 %. Bei einer weitgehend gleichmässigen Verteilung auf Tarife A und B entspricht dies einem Grenzsteuersatz von rund 15,1 %. Der Grenzsteuersatz entspricht dem Betrag, der bei einem zusätzlichen Franken an steuerbarem Einkommen als zusätzliche Einkommenssteuer entrichtet werden muss - bei einem Franken also 15 Rappen, und dazu kommen noch die Gemeinde- und Bundessteuern.
Frage 5
Die zusätzlichen Steuermehreinnahmen auf Kantonsebene haben Auswirkungen auf die Gemeindesteuern.
a) Strebt der Regierungsrat im Zusammenhang mit der Erhöhung des Eigenmietwertes und der Aufhebung des Mietkostenabzuges eine Steuergesetzrevision an, welche auch für die Gemeinden kostenneutral ist?
b) Welche möglichen Auswirkungen kann die Steuergesetzrevision auf die Gemeinden haben?
Antwort
Aufgrund des Bundesgerichtsurteils vom 27. Mai 2005 besteht Handlungsbedarf im Kanton Baselland. Mit kurzfristigen Massnahmen (Erhöhung des Eigenmietwerts und Abschaffung des Mietkostenabzugs) durch einen Regierungsratsbeschluss und mit der Kompensation in Form eines Steuerrabatts durch einen Landratsbeschluss könnte dieses Urteil zwar rasch umgesetzt werden; anschliessend wäre dann aber jedenfalls eine nachhaltige Umsetzung durch eine Steuergesetzrevision vorzunehmen. Nur so könnten sowohl die harmonisierungskonforme Besteuerung als auch die entsprechende Entlastung auf Gesetzesebene geregelt werden.
Bei einer Steuergesetzrevision wird sich eine allfällige Kompensation automatisch auch auf die Gemeindesteuern auswirken - letztere wird nämlich als Prozentsatz der ordentlichen Staatssteuer berechnet -, vorausgesehen, dass die Gemeinden ihren Steuerfuss nicht erhöhen, um die Kompensationswirkung zu neutralisieren. Die Festlegung des Gemeindesteuerfusses liegt der Kompetenz der Gemeindeversammlung.
Jürg Wiedemann dankt der Regierung für die Antworten.
2. Eugen Tanner : Bundesgerichtsentscheid in Sachen Eigenmietwertbesteuerung resp. Mietkostenabzug
Regierungsrat Adrian Ballmer übernimmt die Beantwortung der Fragen.
Fragen
1.
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Wie, wann, in welchen Schritten und per wann gedenkt der Regierungsrat den Bundesgerichtsentscheid umzusetzen (Fahrplan)?
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2.
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Sind Übergangslösungen geplant?
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Antwort
Der Bundesgerichtsentscheid kann auf verschiedene Arten umgesetzt werden: entweder mit Übergangsmassnahmen per 1. Januar 2006 oder mit einer Steuergesetzrevision, die beispielsweise am 1. Januar 2007 in Kraft treten könnte.
Sicher ist, dass das höchstrichterliche Urteil umgesetzt wird. Die Steuerverwaltung arbeitet intensiv an verschiedenen Lösungsansätzen, über welche die Regierung nach den Herbstferien befinden wird. An der geplanten Medienkonferenz vom 21. Oktober 2005 wird die Öffentlichkeit über den eingeschlagenen Lösungsweg orientiert werden. Parteien, Gemeinden und Interessenverbände werden direkt informiert werden.
Eugen Tanner bedankt sich für die regierungsrätlichen Antworten.
3. Annemarie Marbet : Mit der Vorlage 2005/204 «Rechtsgültigkeitsfeststellung der formulierten Gesetzesinitiative 'Für eine Abschaffung der Fachstelle für Gleichstellung von Mann und Frau'» wurde am 19. Juli 2005 eine Initiative für rechtsgültig erklärt, die gar noch nicht eingereicht wurde.
Die Fragen beantwortet Regierungsrat Adrian Ballmer .
Frage 1
Welche Strategie verfolgt der Regierungsrat, wenn er das Anliegen der Initiative bereits für rechtsgültig erklärt, bevor die Unterschriften eingereicht wurden?
Antwort
Es war schlicht ein Versehen, dass die Vorlage bereits vor Einreichung der Initiative ausgearbeitet worden ist. Dahinter verbergen sich schon allein deswegen keine strategischen Absichten, weil das Versehen keinem Regierungsmitglied aufgefallen ist.
Für die Behandlung von Initiativen gelten bekanntlich sehr sportliche Fristen. Deshalb hat die Verwaltung sich in diesem Fall sogar so beeilt, dass sie noch vor dem Start im Ziel angekommen ist. Über diese Situationskomik konnte der Finanzdirektor schmunzeln; allerdings ist sie ihm auch erst nach dem Beschluss der Regierung aufgefallen.
Frage 2
Weshalb wurde die Vorlage nicht sistiert und von der kantonalen Webseite genommen?
Antwort
Die Landratsvorlage ist zu früh gekommen, ist aber sachlich richtig. Ausserdem kann die Regierung keine einmal beschlossenen Vorlagen zurückziehen.
Die vorberatende Kommission wird sich wohl nicht so sehr beeilen, so dass in der Zwischenzeit die Unterschriften eingereicht worden sein dürfen.
Solange es nur um die Frage der Rechtsgültigkeit geht, stellt die verfrühte Vorlage kein Problem dar; anders wäre es allenfalls, wenn es um die Vorlage ginge, die sich inhaltlich mit den Forderungen einer Initiative auseinandersetzt.
Frage 3
Bei welchen Initiativen der letzten drei Jahre wurde die Landrats-Vorlage zur Rechtsgültigkeit bereits veröffentlicht bzw. nicht veröffentlicht, bevor die Unterschriften eingereicht waren?
Antwort
An einen solchen Umstand kann sich die Regierung nicht erinnern.
Frage 4
Welches Datum sieht der Regierungsrat für die Abstimmung vor?
Antwort
Initiativen müssen spätestens 18 Monate nach ihrem Zustandekommen dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden. Die Regierung hat die Absicht, diese Frist einzuhalten.
Annemarie Marbet dankt der Regierung für die Antworten.
4. Juliana Nufer : Letzte Etappe der Reorganisation Polizei, Hauptabteilung Sicherheit und Ordnung
Um diese letzte Etappe der Reorganisation umsetzten zu können, benötigt die Polizei zusätzliche Räumlichkeiten (BaZ-Artikel vom 22.02.05).
Das Zeughaus im Oristal scheint nun für dieses Vorhaben ideal zu sein. Die Räumlichkeiten müssen oder mussten für diesen Zweck angepasst werden.
Nach der Durchsicht des Jahres- und Regierungsprogramms und des Voranschlages (nur zusätzliche Fahrzeuge) sowie der Investitionsrechnung 2005 konnte ich keine Rückschlüsse zu diesem Vorhaben finden.
Regierungsrätin Sabine Pegoraro beantwortet die folgenden Fragen.
Frage 1
Welche Bereiche/Abteilungen der Polizei sind oder werden im 2005 und später im und um das Zeughaus angesiedelt?
Antwort
Im Zeughaus werden Teile der Hauptabteilung Kriminalitätsbekämpfung untergebracht. Dies ist nötig, damit die Liegenschaft an der Ergolzstrasse in Füllinsdorf frei wird für die vorgesehene Einsatzpolizei.
Frage 2
a) Wie teuer kommt diese Umsiedlung inkl. Umbauarbeiten zu stehen?
b) Gibt es eine Landratsvorlage? Wenn ja, wann?
Antwort
Der Kostenvoranschlag des Hochbauamts für die nötigen Umbauarbeiten im Zeughaus belaufen sich auf CHF 495'000. Dazu kommen Kosten für den Umzug und für Infrastrukturanpassungen in der Höhe von CHF 165'000.
Ob es eine Landratsvorlage braucht, wird die Regierung demnächst entscheiden. Gemäss den direktionsinternen Abklärungen ist dies allerdings nicht der Fall.
Die für die Reorganisation benötigten Mittel sind zum Teil bereits im Budget 2004 vom Landrat beschlossen worden, und der zweite Teil der Kosten ist im Budget 2006 enthalten. Er verteilt sich auf Konten der JPMD und der BUD.
Frage 3
Wenn der Kredit für die Sanierung resp. Umbau des Zeughauses nicht gutgeheissen wird, wäre die Reorganisation gefährdet?
Antwort
Ja. Um die Reorganisation durchführen zu können, ist zusätzlicher Raum nötig.
Frage 4
Ist die letzte Etappe des Projektes «Polizeireorganisation» mit der zentralen «schnellen Eingreiftruppe» im Bereich Sicherheit und Ordnung noch zeitgemäss? Es wird befürchtet, dass nachts rechtsfreie Räume in den Randgebieten entstehen werden.
Antwort
Diese Befürchtung ist unbegründet. Die Schaffung einer Einsatzpolizei entspricht einem offenkundigen Bedürfnis der Bevölkerung. Wie die letzte Bevölkerungsumfrage deutlich gezeigt hat, erwarten die BürgerInnen von der Polizei, dass sie im Ereignisfall sehr rasch vor Ort ist.
Damit diesen Erwartungen entsprochen werden kann, braucht es eine schnelle und professionelle Notfallintervention durch die künftige Einsatzpolizei. Die Reorganisation bringt flexiblere Arbeitszeiten für die Polizeimitarbeitenden, wodurch auch die Patrouillentätigkeit und die Präsenz zu allen Uhrzeiten erhöht werden kann.
5. Martin Rüegg : Vertretung der Lehrpersonen im Schulrat
Die Vertretung der Lehrpersonen im Schulrat ist im Bildungsgesetz (§ 81) und in der entsprechenden Verordnung (§ 40) geregelt. Es gibt Schulräte, die die Vertretung der Lehrpersonen für einzelne Traktanden (insbesondere «Personelles«) ausschliessen mit der Begründung, die Privatsphäre von zur Sprache kommenden Kolleginnen und Kollegen schützen zu müssen. Andere Schulräte hingegen begrüssen die Vertretung der Lehrpersonen bei allen Traktanden. Gesetzliche Grundlagen gibt es keine, dass der Lehrervertretung zu einem Traktandum das Anhörungs- und Mitspracherecht verweigert wird (selbstverständlich unter Wahrung der Ausstandspflicht für direkt Betroffene).
Die Fragen werden von Regierungsrat Urs Wüthrich beantwortet. Er erklärt vorgängig, die Lehrervertretung werde in der Praxis unterschiedlich gehandhabt: Gewisse Schulräte schliessen diese Vertretung für gewisse Traktanden aus, bei anderen Schulräten reden die Lehrervertreter bei allen Traktanden mit, und es gibt eine dritte Variante, nämlich Lehrervertretungen, die ausdrücklich wünschen, gerade beim Thema «Personelles» nicht dabei zu sein, weil sie keinem Druck ausgesetzt sein möchten.
Es gibt allerdings keine gesetzliche Grundlage für einen Ausstand, es sei denn im Falle einer direkten persönlichen Betroffenheit.
Frage 1
Ist der Regierung der beschriebenen Sachverhalt bekannt?
Antwort
Ja. Die Rechte der Lehrervertretung umfassen mehr als ein reines Anhörungsrecht. Sie kann mitberaten und Anträge stellen, aber nicht abstimmen. Natürlich gibt es unterschiede in der Diskussionskultur zwischen den einzelnen Schulräten, aber eine Rechtsgrundlage für den Ausschluss der Lehrervertretung gibt es nicht.
Es gibt auch keine sachlichen Grundlagen für die Annahme, die Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit von Lehrpersonen sei schlechter als diejenige anderer Schulratsmitglieder.
Fragen 2 und 3
Falls ja: Ist die Regierung nicht auch der Meinung, dass diesbezüglich eine für alle Schulräte (und Lehrervertretungen) einheitliche Handhabung angezeigt ist?
In welchem Sinne soll dies zukünftig geschehen (Ausschluss, Zulassung)?
Antwort
Dieser Meinung ist die Regierung. Denn für alle Schulräte gilt das gleiche Bildungsgesetz. Es ist allerdings vertretbar, eine davon abweichende Praxis zu verfolgen, sofern diese sich im gegenseitigen Einvernehmen entwickelt hat und gelebt wird. In einem solchen Fall besteht kein Handlungsbedarf.
Frage 4
Falls der Regierungsrat die Meinung vertreten sollte, die Angelegenheit sei weiterhin Sache jeder einzelnen Schule: Welche Instanz entscheidet bei Meinungsverschiedenheiten?
Antwort
Bis jetzt sind keine Meinungsverschiedenheiten bis in die Regierung gedrungen. Aber im Falle eines Konfliktes müsste der ordentliche Beschwerdeweg beschritten werden.
Martin Rüegg dankt dem Regierungsrat für die Beantwortung seiner Fragen.
://: Damit ist die Fragestunde beendet.
Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
Fortsetzung