Protokoll der Landratssitzung vom 5., 12. und 19. November 2015

Nr. 286

Der Regierungsrat nehme das Postulat entgegen, erklärt Landratspräsident Franz Meyer (CVP).


Markus Meier (SVP) sagt, dass die Reduktion von Parkplätzen bei Alterswohnungen auf den ersten Blick ein Anliegen ist, mit dem man sich befassen kann, haben doch vermutlich viele Bewohner von Alterswohnungen kein Auto mehr oder brauchen keines. Bei näherer Betrachtung ist es aber so, dass nicht die Autos der Bewohnerinnen und Bewohner massgeblich sind. Vielmehr besteht dort eine Struktur, in der vermehrt Kontakte mit Familie, mit den Nachkommen und Bekannten stattfinden. Es werden Dienstleistungen in Anspruch genommen, von Ärzten, Spitex und Taxis. Wenn wieder einmal das Gefühl besteht, es müsse etwas gegen Benzinschleudern unternommen werden, ist Folgendes zu sagen: Sollte in ein paar Jahren tatsächlich das Google-Auto ohne Pilot Realität werden, dann bräuchte auch dieses noch einen Platz zum Anhalten.


Die SVP hat den Eindruck, es brauche die Verkehrsfläche dieser Parkplätze auch bei Alterswohnungen, zumal die Entwicklung in der Automobiltechnik sehr rasch voranschreitet.


Es ist darauf hinzuweisen, dass auch das autoarme Wohnen angesprochen ist. Aber selbst dort braucht der Infrastrukturversorger, beispielsweise der Service-Monteur für die defekte Geschirrspülmaschine, einen Parkplatz; die Autos können nicht einfach auf der Strasse stehen gelassen werden.


Die SVP-Fraktion spricht sich deshalb dafür aus, dass an den Parkplatzpflichten, wie sie im Gesetz vorgesehen sind, festgehalten wird. Sie lehnt das Postulat ab.


Andreas Dürr (FDP) stellt fest, die Überschrift des Postulates sei verlockend und weise auf das Alterswohnen hin. Es ist nachvollziehbar, dass ältere Menschen weniger Auto fahren, vielleicht ist es auch besser, dass sie weniger fahren. Das Postulat geht aber weiter. Es geht um das Familienwohnen ohne Auto, um genossenschaftliches Wohnen ohne Auto. Das sind alles schöne Ideen, wie man auch aus Versuchen weiss, die es neuerdings gibt. Allerdings weiss man auch, dass sich die Lebensgewohnheiten auch von ideologisierten Jungfamilien ändern werden, spätestens dann, wenn sie auch zu «Mama-Taxis» werden. Dann wird das Auto eben beschafft und steht herum. Weil die Parkplätze fehlen, wird es auf die Allmend gestellt. Das führt dort zu einer Verdrängung, was die Gemeinden dann zu Interventionen zwingen wird. Es findet also eine reine Verlagerung auf die Allmend statt.


Die in Baselland bestehende Lösung, dass es pro 1.3 Wohnungen einen Parkplatz geben muss, ist gut. Das zeigt sich übrigens im Kanton Basel-Stadt, der eine solche Lösung nicht hatte - in der irrigen Meinung, die Leute umerziehen zu können, indem man ihnen keine Parkplätze zur Verfügung stellt. Das hat dazu geführt, dass es in Basel-Stadt überhaupt keine Parkplätze mehr gibt und ein extremer Suchverkehr besteht, weil auch in der Stadt Auto gefahren wird und die Leute ein Auto wollen. Natürlich gibt ideologische Anflüge, indem jemand sagt, er wolle autofrei wohnen. Im Kern verändern sich die Lebenssituationen und führen dazu, dass die Autos schliesslich herumstehen.


Es ist auch darauf hinzuweisen, dass im Rahmen von Quartierplanungen bereits heute die Möglichkeit besteht, in Einzelfällen Veränderungen zu treffen.


Zu guter Letzt glaubt sich Andreas Dürr zu erinnern, dass der Landrat sich bereits mit einem ähnlichen Vorstoss von Lotti Stokar befasst und diesen überwiesen hat. Das geschah noch unter den alten Mehrheitsverhältnissen, und es ist zu hoffen, dass der heute zur Diskussion stehende Vorstoss abgelehnt wird.


Felix Keller (CVP) teilt mit, dass die CVP/BDP-Fraktion das Postulat unterstütze. Persönlich ist er der Meinung, dass die Verordnung gar nicht mehr zeitgemäss ist, bestehen doch im Unter- und im Oberbaselbiet ganz unterschiedliche Parkplatzbedürfnisse. Insofern ist es speziell, den ganzen Kanton über einen Leisten schlagen zu wollen. Die Fraktion ist der Meinung, dass die Gemeinden selber entscheiden sollten, wie viele Parkplätze pro Wohnungseinheit zur Verfügung gestellt werden sollen.


Daher hat die Fraktion Sympathien für den Vorstoss. Es soll geprüft werden, ob die Verordnung noch zeitgemäss ist. Müssen wirklich für Alterswohnungen, Pflegewohnungen, Einfamilienhäuser und Familienwohnungen die gleiche Anzahl Pflichtplätze zur Verfügung gestellt werden? Im Rahmen des Vorstosses von Lotti Stokar hat eine Vernehmlassung stattgefunden; auf deren Ergebnisse darf man gespannt sein. Der Vorstoss von Bianca Maag kann im gleichen Zug abgehandelt werden.


Bianca Maag-Streit (SP) dankt Felix Keller für sein Votum; er hat zum Ausdruck gebracht, was sie auch gerne gesagt hätte.


Es geht ihr nicht darum, alle Parkplätze abzuschaffen. Vielmehr soll geprüft werden, ob es im ganzen Kanton die genau gleiche Regelung brauche. Daher bittet sie, das Postulat - es geht nur um Prüfen und Berichten - zu überweisen.


Lotti Stokar (Grüne) bestätigt, dass der Landrat am 28. Februar 2013 die Motion 2012/244 überwiesen hat, nach einer heftigen Debatte, wie sie sich erinnert. Die Vernehmlassung hat im letzten Sommer stattgefunden. Von der zuständigen Regierungsrätin würde sie gerne erfahren, was der gegenwärtige Stand des Geschäftes ist und wann die vorberatende Kommission den Vorschlag wird diskutieren können.


Aus ihrer Sicht ist es nicht so, dass es in Basel-Stadt, in der Agglomeration oder dort, wo es Alterswohnungen hat, gleich viele Parkplätze braucht wie anderswo. Als Gemeindepräsidentin erlebt sie bei ihren Besuchen von Jubilarinnen und Jubilaren immer wieder, dass diese in eine zentrumsnahe Wohnung mit entsprechender Infrastruktur ziehen, weil sie nicht mehr auf das Auto angewiesen sein wollen. Deshalb werden sie auch keine Lust haben, für Parkplätze zu zahlen. Die Spitex kommt jeweils zu mehreren Personen gleichzeitig; hier reicht ein Parkplatz. Die Besucherparkplätze sind von dieser Regelung nicht unbedingt betroffen.


Es geht jetzt vor allem darum, das Postulat zu überweisen, welches auch gleich in die laufenden Abklärungen einbezogen werden kann. Bestimmt wird in der Kommission noch eine lange Debatte bevorstehen.


Regierungsrätin Sabine Pegoraro (FDP) informiert, dass die Motion Stokar in der Schlussbearbeitung sei. Es wird zu einer Anpassung des Bau- und Planungsgesetzes kommen. Im Rahmen dieser Gesetzesänderung kann dann geprüft werden, welche Vorstösse abgeschrieben werden sollen.


://: Das Postulat 2015/016 wird mit 35:34 Stimmen überwiesen. [ Namenliste ]


Für das Protokoll:
Barbara Imwinkelried, Landeskanzlei


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