Protokoll der Landratssitzung vom 4. September 2014
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2013-407 vom 19. November 2013 [1. Lesung] Vorlage: Befristung der Aushangdauer von Wahl- und Abstimmungsplakaten (Änderung des Raumplanungs- und Baugesetzes zur Umsetzung der Motion 2011-109 "Stopp der wilden Plakatflut im Baselbiet!") - Bericht der Justiz- und Sicherheitskommission vom 27. August 2014 - Beschluss des Landrats vom 4. September 2014: < 1. Lesung beendet (mit Änderung) > |
Alt Kommissionspräsident Werner Rufi (FDP) informiert, dass im Rahmen der Vernehmlassung kontroverse Haltungen sichtbar wurden, was einen gewissen Handlungsbedarf anzeigt. Es zeigte sich aber auch, dass die genaue Ausgestaltung ziemlich schwierig zu eruieren ist. Die Regierung unternahm in ihrem ausführlichen Bericht vom November 2013 eine Auslegeordnung. Wesentlich ist bei dieser Vorlage, dass man sich speziell auf die Bestimmung der Aushangdauer fixiert (§ 105 a). In der Kommission wurde auch über die zeitliche Komponente diskutiert. Die Regierung schlug 5 Wochen vor, in der Kommission wurden auch 6 Wochen diskutiert - was dann aber in beiden Lesungen mit knapper Mehrheit abgelehnt wurde.
Wichtig ist auch, dass im Titel klar definiert sein soll, dass es um die Aushangdauer geht. Was hier erfasst wird, bezieht sich auf kantonale sowie eidgenössische Wahlen und Abstimmungen (§ 1 und 2). Im Abs. 3 wurde festgehalten, dass die Gemeinden eigene Regeln über die Aushangdauer erlassen können. In diesem Fall ist eine Kompetenz der Gemeinden vorhanden. Wenn diese darauf verzichten, käme die kantonale Regelung zur Anwendung.
Man muss sich bewusst sein, dass das Geschäft insofern eine gewisse Dringlichkeit hat, da man wieder vor Wahlen steht und daher eine möglichst zügige Umsetzung angezeigt ist. Das Inkrafttreten wird von der Regierung bestimmt. Es wäre aber sinnvoll, würde man es auf den nächstmöglichen Zeitpunkt (November oder Dezember 2014, spätestens 1. Januar 2015) umsetzen. Weiter ist zu sagen, dass die Vorlage finanziell keine weiteren Belastungen auslöst. Wichtig auch, dass bei allfälligen Änderungen eine Vereinheitlichung in den kantonalen und eidgenössischen Abstimmungen besteht.
Als Ergebnis sollen klare Regeln aufgestellt werden, ohne die Gemeindeautonomie zu beschränken. Daher empfiehlt der Votant die Annahme der Vorlage mit der von der JSK leicht abgeänderten Version von § 105 a. Damit wäre auch die Motion abgeschrieben.
- Eintretensdebatte
Dominik Straumann (SVP) erinnert an die letzten Wahlen, als enorm viele Plakate im Baselbiet hingen. Dies wiederum löste Reaktionen in der Bevölkerung aber auch der Politik aus. Wenn die grösste Sorge es ist, den Plakatwald zu regeln, dann hat man «gute» Sorgen und Luxusprobleme. Trotzdem ist wichtig, dass man sich nicht einengen lässt, sondern genug Spielraum behält. Wo ist das liberale Gedankengut, wenn man solche Sachen regeln muss? Die SVP stellt den Antrag, dass man Plakate 6 Wochen vor und eine Woche nach Urnengang aufhängen darf. Dies sah ursprünglich auch die Regierungsvorlage vor. Die Gemeinden reduzierten dies in der Vernehmlassung auf 5.
Nüchtern betrachtet bräuchte es eigentlich gar nichts. Für eine direkte Demokratie braucht es nur die Möglichkeit zur Meinungsbildung. Dies wird geschätzt und soll gepflegt werden. Man erkennt aber auch einen gewissen Handlungsbedarf. Deshalb bittet der Votant, den Antrag der SVP zu unterstützen.
Siro Imber (FDP) verdeutlicht, dass Demokratie Öffentlichkeit braucht. Öffentlichkeit findet in öffentlichen Räumen statt. In der heutigen Zeit gibt es aber fast keine öffentlichen Räume mehr, kaum mehr Versammlungen und Vereine. Öffentliche Räume befinden sich heute fast ausschliesslich auf öffentlichem Grund. Mit dem Plakat wird die Möglichkeit geschaffen, ein politisches Thema aufzubringen, das diskutiert werden kann. Demokratie braucht Zeit für Meinungsbildung und Diskussion. Kommt hinzu, dass man in einer Zeit lebt, in der auch die Zeitungen so gut wie keine Relevanz mehr haben - denn die Diskussionen finden heute nicht mehr in den Zeitungen statt; dafür gibt es Ersatz-Netzwerke. Diese Entwicklung spitzt sich immer mehr zu.
Man muss ein politisches Signal in der Öffentlichkeit setzen, wo die Diskussion und die Meinungsbildung in den verschiedenen Köpfen und Gremien beginnt. In diesem Umfeld ist das Plakat das letzte Mittel aus der alten Zeit, womit noch Diskussionen angestossen werden. Der Votant erinnert an den letzten Wahlkampf. Hätten die Grünen vor 4 Jahren nicht ihre plakatreiche Regierungsrats-Kampagne gefahren, wären ganz andere Diskussionen zustande gekommen. Dies geschah vielleicht nicht zu jedermanns Freude. Aber öffentliche Diskussionen benötigen nun mal öffentlichen Raum.
Sofern die Medien, die noch existieren, diese Themen nicht aufgreifen, gibt es keine Chance, öffentliche Debatten anzustossen. Früher - mit einer grösseren Zeitungsvielfalt, mit starken Vereinen, grossen Parteien, Volksbewegungen - war die Ausgangslage eine ganz andere.
Um was geht es bei dieser Vorlage? Es geht darum, dass man sich nervt, wenn diese Plakate ein paar Wochen früher hängen. Dies kann der Votant verstehen. Es ist ihm aber eine Demokratie wichtiger, wo im öffentlichen Raum ein Meinungsbildungsprozess stattfinden kann. Zudem hält sich der Aushang (auch zeitlich) in Grenzen. Schon in der Vernehmlassungsvorlage hat die FDP die Vorlage kritisiert. Sie ist nach wie vor der Meinung, dass die Regulierung unnötig ist. Ein bisschen schade ist nur, dass die SVP in ihrer Haltung nicht konsequent ist. Die FDP ist auf jeden Fall für Nicht-Eintreten.
Andreas Bammatter (SP) begrüsst im Namen seiner Fraktion die kantonal und national geregelte Aushangdauer. Die aktuelle Diskussion hat mit Wildwuchs zu tun: Es ist nicht nur die Zeit, sondern auch die Menge sowie der Ort, an dem die Plakate aushängen. Kurz und heftig - das wäre ausreichend. Das Volk informiert sich während dieser Zeit. Zu empfehlen ist auch, dass sich die Gemeinden an die 5 Wochen halten, wenn die Vorlage überwiesen wird. Werner Rufi hat es bereits ausführlich betont: Wenn die Bestimmung nicht relativ bald in Kraft treten würde, wäre bei den kommenden Wahlen dieselbe Situation mit Tausenden von Plakaten wie vor 4 Jahren zu befürchten. Eine Regelung ist nötig.
Regina Werthmüller (Grüne) entschuldigt sich augenzwinkernd dafür, dass ihre Partei Auslöser für einen solchen Vorstoss ist. Es hat ihrer Partei viel Gutes gebracht. Trotzdem war das Thema auch bei den Grünen sehr umstritten. Eine knappe Mehrheit ist für Eintreten auf das Geschäft und auch für eine Regelung im Sinne der Kommission. Man ist auch dann einverstanden, wenn die Motion als erfüllt abgeschrieben wird.
Daniel Altermatt (glp) sagt, dass die glp/BDP-Fraktion ganz knapp für Eintreten auf die Vorlage ist. Unterstützt wird auch der Vorschlag der SVP für eine Erhöhung auf 6 Wochen. Es ist sonnenklar, dass es auf nächstes Jahr mit 6 Wochen Probleme geben wird, weil die Plakate dann in die Weihnachtszeit hineinhängen würden. Er appelliert deshalb an seine Kolleginnen und Kollegen Wahlkampfleiter, es nicht dazu kommen zu lassen.
Für einen Liberalen hört die Freiheit dort auf, wo die Freiheit eines anderen eingeschränkt wird. Mit der Plakatierungswut, die das Baselbiet teilweise ergreift, wird zum Teil regelrecht der Verkehr gefährdet. Insofern ist das Setzen klarer Regeln sinnvoll.
Brigitte Bos (CVP) sagt, dass die CVP/EVP-Fraktion die Vorlage unterstützt und für Eintreten ist. Es ist damit eine politische Aussage verbunden: Der Wildwuchs der Plakate soll geregelt werden, mit klaren Vorgaben und Richtlinien - zumindest was die Dauer des Plakataushangs betrifft. Die Fraktion ist für 5 Wochen. Es ist nämlich der Wunsch der Grossteil der Gemeinden, den Aushang um eine Woche zu verkürzen. Möchte man sie ernst nehmen, müsste man den aktuellen Vorschlag unterstützen.
Wichtig ist, dass es eine zügige Umsetzung gibt. Dafür wird eine 4/5-Mehrheit benötigt.
Marie-Therese Müller (BDP) verweist auf eine Petition der BDP zum gleichen Thema. Die Leute regen sich nämlich tatsächlich über die langfristige Plakatierung auf, und auch über das hartnäckige Bestehen der Plakate nach der Wahl. Die Fraktion kann mit 6 Wochen leben. Es wurde hier auch schon über ein «Gentlemen's Agreement» gesprochen - es zeigt sich aber, dass auch das nichts nützt. Deshalb würde es begrüsst, wenn ein solches Gesetz steht, in der Hoffnung, dass es noch vor den nächsten Wahlen in Kraft tritt.
Wenn es um das Werbemittel des kleinen Mannes resp. der kleinen Frau geht, meldet sich tief im Inneren Regierungspräsident Isaac Rebers (Grüne) liberale Ader. Diese Stimme muss er nun aber unterdrücken...
Einerseits bedankt er sich für die wohlwollende Aufnahme dieser Gesetzesvorlage in der Justiz- und Sicherheitskommission (und auch jetzt im Landratsplenum). In den Kommissionsberatungen wurde engagiert und konstruktiv darüber debattiert. Es ist somit eine gute Grundlage gelegt worden, um über dieses Thema zu entscheiden. Es gibt einen weitgehenden Konsens, dass eine Regelung sinnvoll und erwünscht ist. Bei der Frage bezüglich der Aushangdauer stehen 5 oder 6 Wochen im Raum.
Die Regierung hat zur Kenntnis genommen, dass sich die Gemeinden grossmehrheitlich für eine Dauer von 5 Wochen aussprechen. Weil die Gemeinden auch für das Reklamewesen zuständig sind, wurden die fünf Wochen entsprechend in die Vorlage übernommen, was auch in der Kommission eine Mehrheit fand.
Der Regierungsrat vertritt die Auffassung, dass die vorliegende Lösung einen ausgewogenen Mittelweg darstellt, der beide Interessenlagen abdeckt. Einerseits geht es um die Information der Stimmberechtigten im Interesse einer möglichst grossen Beteiligung an den Urnengängen, andererseits soll aber die Dauer der Plakatierung nicht beliebig lang sein. Die Erfahrung zeigt, dass mehr als 2/3 der Stimmberechtigten, die sich am Urnengang beteiligen, ihre Stimme erst in den letzten beiden Wochen abgeben, über die Hälfte sogar erst in der allerletzten Woche. Daraus lässt sich schliessen, dass fünf Wochen als Zeitfenster zur Meinungsbildung ausreichend sind.
Wichtig festzuhalten ist, dass die kommunalen Wahlen davon nicht tangiert sind. Dies bleibt weiterhin in der Gemeindehoheit. Man darf aber aufgrund der Rückmeldung in der Vernehmlassung davon ausgehen, dass sie sich der kantonalen Lösung anschliessen werden.
Der Regierungsrat bedankt sich für die konstruktive Beratung in Kommission und Parlament. Die Regierung hält den Kommissionsvorschlag (5 Wochen) für sachgerecht.
Dominik Straumann (SVP) fände ein Nicht-Eintreten eher unglücklich. Er bittet die FDP, diesen Schritt nochmals zu überdenken. Ansonsten bleibt der Wildwuchs mit kommunal ganz unterschiedlichen Regelungen bestehen.
Weiter muss er dem Regierungspräsidenten insofern widersprechen, als dass es nicht lediglich um einen Hinweis auf bevorstehende Abstimmungen geht, es geht vielmehr um einen Aufruf, sich thematisch mit dem Abstimmungsinhalt auseinanderzusetzen. Und der Zeitpunkt des Beginns dieser Auseinandersetzung sollte nach hinten versetzt werden. Dieser Effekt erfolgt, wie Siro Imber richtig erkannt hat, nicht nur über andere Medien. Plakate tragen einen grossen Anteil daran.
Landratspräsidentin Daniela Gaugler (SVP) sagt, dass das Eintreten bestritten ist. Es kommt zur Abstimmung.
://: Der Landrat tritt mit 59:13 Stimmen bei 1 Enthaltung auf die Vorlage ein. [ Namenliste ]
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- 1. Lesung Raumplanungs- und Baugesetz
Titel und Ingress keine Wortbegehren
I. keine Wortbegehren
§ 105 a Abs. 1
Landratspräsidentin Daniela Gaugler (SVP) lässt über den Antrag der SVP abstimmen:
1
Wahl- und Abstimmungsplakate für kantonale sowie eidgenössische Wahlen und Abstimmungen dürfen frühestens
fünf
sechs
Wochen vor dem Urnengang aufgestellt werden und müssen spätestens eine Woche nach dem Urnengang vollständig entfernt sein.
://: Der Landrat stimmt mit 36:35 Stimmen dem Antrag der SVP zu. [ Namenliste ]
§ 105 a Abs. 2-4 keine Wortbegehren
II. keine Wortbegehren
://: Damit ist die erste Lesung abgeschlossen.
Für das Protokoll:
Markus Kocher, Landeskanzlei
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