Protokoll der Landratssitzung vom 31. März 2011
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2010-231 vom 10. Juni 2010 Motion von Hanspeter Weibel, SVP-Fraktion: Anpassung des Sozialhilfegesetzes (SHG) - Beschluss des Landrats vom 31. März 2011: < abgelehnt > |
Landratspräsidentin Beatrice Fuchs (SP) berichtet, die Regierung sei bereit, die Motion als Postulat entgegenzunehmen und beantrage gleichzeitig dessen Abschreibung.
> Begründung des Regierungsrats
Hanspeter Weibel (SVP) meint, dass Sozialhilfe missbraucht werde, sei relativ unbestritten, die Frage stelle sich einzig nach der Häufigkeit. Hintergrund der Motion bilden die Sozialhilfemissbräuche im Kanton Zürich vor etwa zwei Jahren. Der Zürcher Kantonsrat hat in der Folge entsprechende gesetzliche Bestimmungen erlassen. Der Motionstext entspricht dem Beschluss des Zürcher Kantonsrats, der vor einem Jahr gefasst wurde. Darin geht es einerseits um eine detailliere Mitwirkungspflicht jener, die Sozialhilfe beziehen. Andererseits soll der Datenschutz in diesem Bereich nicht zu einem Täterschutz werden. Die Behörden sollen in solchen Fällen aktiv einbezogen werden können. Der Zugang zu Sozialhilfegeldern darf nicht erleichtert werden. Die Leute sollen nicht in Versuchung geführt werden, indem Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Betrug vereinfachen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es den nächsten grossen Sozialhilfemissbrauchsfall im Kanton Basel-Landschaft geben wird. Deshalb muss sich der Landrat fragen, ob er sich dann mitverantwortlich fühlen möchte und Vorschub leistet, indem mögliche gesetzliche Rahmenbedingungen nicht geschaffen werden. In diesem Sinne bittet der Motionär um Unterstützung seines Vorstosses.
Josua Studer (SD) berichtet, er sei in der Sozialhilfebehörde Allschwil tätig. Man steht oftmals an, wenn man Informationen erhalten will, ob jemand wirklich Anrecht auf Sozialunterstützung hat. Heute ist es keine Armengenössigkeit mehr, Sozialunterstützung zu erhalten, es ist heute einfach eine Tatsache infolge verschiedener Situationen. Es ist schwierig, wenn Geld herausgegeben werden muss, weil Abklärungen nicht möglich sind, weshalb das Geld in Treu und Glauben herausgegeben wird. Das kann nicht sein, vor allem da es immer wieder Meldungen über Missbräuche gibt.
Andreas Giger (SP) erklärt, die SP-Fraktion sei dezidiert gegen Missbrauch im Sozialhilfebereich. Weil es sich aber um eine Gesetzesanpassung handle, spricht man sich für Überweisung in Form eines Postulats aus.
Dorothée Dyck (EVP) ist aufgrund ihres persönlichen, langjährigen Engagements in diesem Bereich mit diesem Gesetz sehr vertraut. Das Sozialhilfegesetz ist sehr schlank, klar und einfach anwendbar. In der praktischen Arbeit hat sich dieses stark bewährt. Zudem wird der laufenden Entwicklung im Sozialhilfebereich ständig Rechnung getragen, indem die Verordnung von Zeit zu Zeit den Entwicklungen angepasst wird. Die CVP/EVP-Fraktion ist der Meinung, die aktuellen gesetzlichen Grundlagen tragen dem Anliegen des Motionärs genügend Rechnung und man hat die nötigen Instrumente, um an die benötigten Informationen heranzukommen. Den Sozialhilfebehörden stehen zusätzlich weitere Möglichkeiten zur Verfügung wie beispielsweise spezielle Auflagen, die per Verfügung festgehalten werden können oder der Einsatz sogenannter Sozialdedektive. In 14 Jahren hat es Dorothée Dyck einmal erlebt, dass ein Sozialdedektiv eingesetzt werden musste - dabei hat sich der Missbrauchsverdacht nicht bestätigt. Im Zusammenhang mit der Verhältnismässigkeit zeigt der Regierungsrat auf, dass in rund vier Prozent aller Sozialhilfefälle ein Missbrauchsverdacht vorliegt und überprüft wird. Schliesslich erwiesen sich nur 1,6 Prozent als wirkliche Missbräuche. Dies sagt aus, dass im Kanton ein gutes Gesetz besteht, das in der Praxis «verhebt». Deshalb stimmt die CVP/EVP-Fraktion gegen die Motion.
Petra Studer (FDP) meint, der Regierungsrat habe in seiner Aktennotiz klar aufgezeigt, dass die Anliegen des Motionärs sowohl mit den vorhandenen gesetzlichen Grundlagen - nicht nur das Sozialhilfegesetz, sondern auch das Verwaltungsverfahrensgesetz - und mit der gängigen Praxis der Sozialhilfebehörden bereits erfüllt sind. Die FDP-Fraktion plädiert dafür, den Vorstoss in der Form eines Postulats zu überweisen und als erledigt abzuschreiben.
Marie-Theres Beeler (Grüne) erklärt, auch die Grüne Fraktion sei gegen Sozialhilfemissbrauch, sehe aber in der Installation zusätzlicher Überwachungsinstrumente keine Notwendigkeit, um Sozialhilfemissbrauch zu verhindern. Die Forderungen der Motion sind unverhältnismässig, weshalb man gegen die Überweisung stimmt.
Paul Wenger (SVP) meint, im Kanton Zürich habe man mit der gleichen Gesetzesänderung durchaus positive Erfahrungen gesammelt. Es ist nicht ganz verständlich, weshalb man auf einfache Mechanismen verzichten will, die die Missbräuche weiter reduzieren könnten. Im Kanton Zürich besteht insbesondere die Möglichkeit, dass die AHV-Stellen den Sozialhilfebehörden Meldungen über Nebenjobs machen können. Auf diesem Weg konnte eine beachtliche Anzahl von Missbrauchsfällen aufgedeckt werden. Ob dies in der ganzen Schweiz so ist, kann Paul Wenger nicht beurteilen, aber wenn kleine Instrumente mit vernünftigem Aufwand Einhalt gebieten könnten, ist der Widerstand nicht verständlich.
Regierungsrat Adrian Ballmer (FDP) erklärt, die Regierung sei der Meinung, die vorhandenen gesetzlichen Grundlagen würden genügen und es gebe im Baselbiet in diesem Bereich keine wesentlichen Missstände. Selbstverständlich ist man gegen Missbrauch im Bereich der Sozialhilfe, aber natürlich unternimmt man nicht alles Erdenkliche dagegen, da man auch noch ein Rechtsstaat ist und ebenfalls den Datenschutz beachtet.
://: Die Überweisung der Motion 2010/231 wird mit 52:19 abgelehnt. [ Namenliste ]
Für das Protokoll:
Miriam Schaub, Landeskanzlei
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