Protokoll der Landratssitzung vom 3. November 2016
Nr. 948 |
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2016-060 vom 1. März 2016 Vorlage: Bericht zur Motion 2013-083 von Klaus Kirchmayr, Grüne: Standesinitiative für die vermehrte gegenseitige Anerkennung von Bologna-Punkten unter den Schweizer Hochschulen - Beschluss des Landrates vom 20. Oktober 2016: < abgesetzt > - Bericht der Bildungs-, Kultur und Sportkommission vom 25. Oktober 2016 - Beschluss des Landrats vom 3. November 2016 < (modifiziert) beschlossen > |
Landratspräsident Philipp Schoch (Grüne) sagt, der Kommissionsantrag sei mit 7:5 Stimmen bestritten.
Kommissionspräsident Christoph Hänggi (SP) erwartet bei diesem Traktandum Diskussionen. In seiner Motion vom 31. März 2013 verlangt Landrat Klaus Kirchmayr, dass der Kanton Basel-Landschaft eine Standesinitiative einreicht, welche verlangt, dass die gegenseitige Anerkennung von ETCS-Punkten an den Schweizer Universitäten stark verbessert wird. Das soll insbesondere bei den Basisvorlesungen des Bachelor-Studiums der Fall sein. In diesem Bereich unterscheiden sich die Lerninhalte der verschiedenen Hochschulen nur wenig. Mit der Bologna-Reform wollte man mehr studentische Mobilität. Bis heute wird der Studienort aber nur selten gewechselt. Es gebe – so der Motionär – ein protektionistisches Verhalten der Hochschulen. Oft werden nicht alle ETCS-Punkte angerechnet. Es braucht auch immer viel Aufwand, die Anrechenbarkeit der Punkte abzuklären. Entgegen des Antrags des Regierungsrates hat der Landrat im Oktober 2014 die Motion knapp überwiesen. Die BKSK war sich in der Beratung der Motion auch nicht einig. Einig war man sich aber darin, dass protektionistisches Verhalten der Universitäten unterbinden werden sollte. Der richtige Weg dafür war umstritten.
Jene Kommissionsmitglieder, welche die Standesinitiative kritisch sehen, befürchten, dass die Motion die Hochschulen und die Träger der Hochschulen einschränken würde. Vor der Lancierung einer Standesinitiative sollte zunächst abgeklärt werden, ob eine solche überhaupt eine Chance hätte. Die Bildungsdirektion schätzt die diesbezüglichen Chancen als eher klein ein. Sinnvoller wäre es, die Bundesparlamentarier für dieses Thema zu sensibilisieren. Schon heute können die Studierenden ausserdem mittels Abklärungen die Anrechenbarkeit herausfinden.
Die Kommission empfiehlt – mit 7:5 Stimmen – die Standesinitiative abzulehnen und Motion als erfüllt abzuschreiben.
– Eintretensdebatte
Paul Wenger (SVP) findet das ursprüngliche Anliegen von Klaus Kirchmayr nach wie vor gültig. Es kann nicht sein, dass protektionistischer Massnahmen der Hochschulen die Studierenden daran hindern, die Universitäten zu wechseln. Man muss aber auch beachten, dass nur 2.2 % der Bachelor-Studierenden und 4,5 % der Master-Studierenden ein solches Angebot grundsätzlich ins Auge fassen. Studierende können sich durchaus im Vorfeld darüber informieren, ob und wie die eigenen ETCS-Punkte angerechnet werden. Auch kann man mit einem abgeschlossenen Bachelor-Studium an alle anderen Schweizer Universitäten wechseln und die Studienleistungen werden voll anerkannt.
Mit einer Standesinitiative würde der Kanton Basel-Landschaft BL ziemlich einsam dastehen. Sie hätte wohl keine Chance. Die SVP-Fraktion wird dem Kommissionsantrag folgen.
Roman Brunner (SP) sagt, die Motion nehme ein grundsätzlich berechtigtes Anliegen auf. Die Binnenmobilität soll gefördert werden. Vor allem bei Bachelor-Lehrgängen fristet sie ein Schattendasein. Die gleichwertige Anerkennung von Studienleistungen ist wünschenswert. Auch wenn es bereits diverse Anerkennungs-Abkommen und Einzelfallprüfungen gibt. Man kann bereits heute Veranstaltungen an anderen Universitäten besuchen und sich anrechnen lassen. Die Differenz bei der Anrechnung von ETCS-Punkten wird oft damit begründet, dass die Studieninhalte unterschiedlich seien. Das ist auch gut so. Es soll keine Uniformität bei den Bachelor-Studiengängen geben. Ein Wechsel nach dem Grundstudium ist möglich. Das ist ein wenig widersprüchlich und inkonsequent.
Das Mittel der Standesinitiative scheint aber nicht geeignet. Ohne die Unterstützung der anderen Kantone wird es die Standesinitiative sehr schwer haben. Darum wäre es besser, die Bundesparlamentarier auf das Anliegen aufmerksam zu machen.
Der Votant wird beantragen, das Anliegen in die Hochschulkonferenz und in die EDK zu bringen und anschliessend darüber zu berichten .
Heinz Lerf (FDP) sagt, die FDP-Fraktion habe die Motion kontrovers diskutiert. Eine Mehrheit lehnt die Standesinitiative ab und befürwortet die Abschreibung der Motion.
Die gegenseitige Anerkennung der ETCS-Punkte kann noch verbessert werden. Gemäss vorliegenden Informationen arbeiten sowohl die Hochschulen als auch die politischen Instanzen an entsprechenden Lösungen. Es scheint, als ob in den anderen Kantonen das Anliegen nicht die gleiche Priorität habe. Ein Alleingang mit einer Standesinitiative hält die FDP-Fraktion für nicht zielführend. Für eine erfolgreiche Entgegennahme einer Standesinitiative braucht es Verbündete.
Motionär Klaus Kirchmayr (Grüne) sagt, der Landrat habe bereits zweimal über das Thema diskutiert und habe dem Regierungsrat auch bereits zwei Mal einen klaren Auftrag gegeben, in dieser Sache aktiv zu werden. Nun kommt seitens des Regierungsrates die Empfehlung, die Motion als erfüllt abzuschreiben und auf eine Standesinitiative zu verzichten. Das ist nur schon bezüglich des Ablaufes speziell. Wie eben gehört wird das Anliegen allgemein als berechtigt anerkannt. Sogar die EGK sagt, es gebe Handlungsbedarf. Das kann man auch im Bericht der BKSD nachlesen.
Der Kanton Basel-Landschaft hat in den letzten Jahren ein guter Track-Record mit Standesinitiative, sogar den besten aller Kantone. Der Kanton Basel-Landschaft hat in den letzten Jahren drei Standesinitiativen erfolgreich eingereicht. Und jede war eine gute Gelegenheit für den Kanton sich parlamentarisch vernehmen zu lassen und sich zu vernetzen. Aus diesen Arbeiten für Standesinitiativen im Finanz- oder im Justizbereich sind wertvolle Kontakte entstanden. Es zeugt von Selbstvertrauen mit einer Standesinitiative nach Bern zu gehen, vor allem wenn man die Sache für sich hat. Und dass die Sache richtig ist, bestreitet heute ja niemand.
Warum ist es richtig, dass der Kanton aktiv wird und nicht die eidgenössischen ParlamentarierInnen? Das hat viel mit Geld zu tun: Die Universitäten werden durch die Kantone finanziert. Gerade das Baselbiet steht diesbezüglich ziemlich im Fokus. Protektionismus und Behinderung des Wettbewerbs kostet viel Geld. Es sind jene, die die Rechnung bezahlen, die für dieses Anliegen einstehen müssen, also die Kantone. Die Bundesparlamentarier haben andere Interessen und argumentieren auf einer viel abstrakteren Ebene. Es geht darum, dass der Kanton für sein Geld in Bern auf die Hinterbeine steht. Darum soll nicht der Kommission gefolgt werden sondern die Standesinitiative eingereicht werden.
Christine Gorrengourt (CVP) sieht das Problem für die Nichtanerkennung von Studienleistungen nur dort, wo die Studierenden vor dem Studium keine Mobilitätsvereinbarung abgeschlossen haben. Das darf man aber von einem Studierenden verlangen. Es ist auch eine Chance, wie eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Studienziel stattfindet.
Es ist richtig, dass sich die Bildungsdirektorin in den entsprechenden Gremien für eine bessere Anerkennung einsetzt. Darum ist die CVP/BDP-Fraktion für die Abschreibung der Motion.
Jürg Wiedemann (Grüne-Unabhängige) sagt, das Ur-Anliegen der Bologna-Reform sei gewesen, die studentische Mobilität zu fördern. Nun, viele Jahre später, merkt man, dass die fehlende Anerkennung der Studienleistungen das wesentliche Hindernis für einen solchen Austausch ist. Reicht der Kanton die Standesinitiative ein, wird das Thema zum Gespräch, es kommt auf die politische Bühne. Ob die Standesinitiative am Schluss durchkommt oder nicht, ist weniger wichtig als die Tatsache, dass der Missstand bekannt wird.
Er ist für die Standesinitiative und gegen eine Abschreibung.
Paul Wenger (SVP) sieht in der Argumentation von Klaus Kirchmayr und Jürg Wiedemann einen Denkfehler. Natürlich wollte man die Binnenmobilität fördern. Aber diese ist heute garantiert, sobald man einen Bachelor-Abschluss hat. Während des Bachelor-Studiums wollen die allermeisten Studierenden gar nicht ihre Universität wechseln. An diesem Umstand dürfte eine erhöhte Anerkennung der ETCS-Punkte sich wohl kaum viel ändern. Jene Studierenden, die das heute schon wollen, können mit den Universitäten Kontakt aufnehmen und die gegenseitige Anerkennung abklären.
Die Motion soll abgeschrieben werden.
Regierungsrätin Monica Gschwind (FDP) findet, das Problem fehlender Anerkennung von ETCS-Punkten sei heute nicht mehr so gross wie noch vor einigen Jahren. Das zeigen neue Befragungen. Ebensowichtig wie die Mobilität ist für Studierende ihr Lebensmittelpunkt, ihre Arbeit, die Partner und Freunde. Auch aus solchen Gründen möchten viele ihre Universität gar nicht wechseln.
Am 1. Januar 2015 ist das neue Hochschulfördergesetz Fördergesetz in Kraft getreten. Der Regierungsart findet es richtig, nun die damit geschaffenen Gefässe zu nützen. Die Hochschulkonferenz ist der richtige Ort um das Anliegen einzubringen. Die Motion ist nicht das richtige Instrument und soll daher abgeschrieben werden.
://: Eintreten ist unbestritten
– Detailberatung Landratsbeschluss
Titel und Ingress keine Wortbegehren
Ziffer 1
Klaus Kirchmayr (Grüne) beantragt, das Wort «abzulehmen» zu ersetzen mit «zu beschliessen».
://: Der Antrag wird mit 48:29 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt.
Ziffer 2 keine Wortbegehren
Ziffer 3 (neu)
Roman Brunner (SP) stellt den Antrag, den Landratsbeschluss um eine Ziffer 3 mit dem folgenden Wortlaut zu ergänzen: «Der Regierungsrat wird beauftragt, das Anliegen 2017 in den Hochschulrat und die Erziehungsdirektorenkonferenz zu tragen und darüber zu berichten.»
://: Dem Antrag wird mit 55:19 Stimmen zugestimmt.
– Rückkommen
Es wird kein Rückkommen verlangt.
– Schlussabstimmung
://: Der Landrat stimmt dem geänderten Landratsbeschluss über den Bericht zur Motion 2013/083, Standesinitiative für die vermehrte gegenseitige Anerkennung von Bologna-Punkten unter Schweizer Hochschulen, mit 62:11 Stimmen bei 3 Enthaltungen zu.
Landratsbeschluss
betreffend Bericht zur Motion 2013/083: Standesinitiative für die vermehrte gegenseitige Anerkennung von Bologna-Punkten unter Schweizer Hochschulen
vom 3. November 2016
Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:
1. Die Standesinitiative für die vermehrte gegenseitige Anerkennung von Bologna-Punkten unter den Schweizer Hochschulen wird abgelehnt.
2. Die Motion 2013/083 von Klaus Kirchmayr wird als erfüllt abgeschrieben.
3. Der Regierungsrat wird beauftragt, das Anliegen 2017 in den Hochschulrat und die Erziehungsdirektorenkonferenz zu tragen und darüber zu berichten.
Für das Protokoll:
Thomas Löliger, Landeskanzlei