Protokoll der Landratssitzung vom 11. Mai 2006

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2005-223 vom 8. September 2005
Motion von Ursula Jäggi-Baumann: Änderung Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz
- Beschluss des Landrats < überwiesen >



Nr. 1822

Landratspräsident Eric Nussbaumer erklärt die Bereitschaft der Regierung, die Motion entgegenzunehmen, und fragt nach allenfalls gegenteiligen Anträgen.


Thomi Jourdan führt aus, die CVP/EVP-Fraktion lehne eine Motion grossmehrheitlich ab, unterstützte aber ein Postulat. Die Fraktion ist der Auffassung, die Frage der Erbschafts- und Schenkungssteuer sollte generell und unter Berücksichtigung anderer Partnerschaftsformen, das Konkubinat etwa, überdacht werden. Grundsätzlich wäre zu hinterfragen, ob das ehemals gesellschaftspolitisch fixierte alte Primat der Ehe als staatstragende Institution weiterhin Gültigkeit haben soll und Benachteiligungen anderer Lebensformen in Kauf genommen werden sollen. Wird die Motion in der vorliegenden Form überwiesen, wird ein Fait accompli geschaffen, Variantendiskussionen wie in anderen Kantonen wären verunmöglicht.


Für die CVP/EVP-Fraktion bedeutet die Bevorzugung der einen Lebensform nicht zwingend eine Benachteiligung der anderen, vielmehr lässt sich die Thematik mit dem halb vollen und dem halb leeren Glas vergleichen. Die CVP/EVP-Fraktion meint, die seinerzeitige Bevorzugung der einen Lebensform sei, ohne damit andere Lebensformen benachteiligen zu wollen, durchaus begründet gewesen - und so sollte es nach Auffassung der CVP/EVP-Fraktion auch in Zukunft bleiben


Abschliessend führt Thomi Jourdan noch seine subjektive Wahrnehmung zur Frage der Gerechtigkeit an: Seit 29 von 32 Lebensjahren bei denselben Pflegeeltern wohnhaft, wurde er in jungen Jahren - aus guten Gründen - nicht adoptiert. Später, nach Alter 18, als die Frage wieder zur Diskussion stand, wurde dann festgestellt, dass eine Adoption nicht mehr möglich war. Dies hatte den Effekt, dass Thomi Jourdan auf alle Ewigkeit als fremder Fötzel gilt und im Falle eines Erbganges die volle Erbschafts- und Schenkungssteuer bezahlen müsste.


Ursula Jäggi ruft in Erinnerung, dass hier im Saal vor eineinhalb Stunden das hohe Lied der Respektierung des Volkswillens gesungen wurde. Vor einem knappen Jahr wurde in einer Volksabstimmung das Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare im Kanton Basel-Landschaft mit der zweithöchsten aller Zustimmungen der ganzen Schweiz angenommen. Der politische Auftrag lautet somit, die Diskriminierung aufzuheben. Eine eingetragene Partnerschaft begründet eine Lebensgemeinschaft mit Rechten und Pflichten, dies gilt es zu respektieren und umzusetzen.


Zurzeit befinden sich die Gesetzesänderungen in der Vernehmlassung; damit ist auch ausgesagt, dass der Vorstoss, da eben eine Gesetzesänderung vorgenommen werden muss und nicht ein Auftrag im Sinne von prüfen und berichten gestellt ist, gar nicht in ein Postulat umgewandelt werden kann.


Der Landrat ist nun auch beim Entscheid über eine Änderung des Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer gebeten, den hoch beschworenen Volkswillen zu respektieren und die Motion zu überweisen.


Hans-Jürgen Ringgenberg ist mit Ursula Jäggi der Auffassung, dem vom Volk angenommenen Gesetz über die eingetragenen Partnerschaften gleichgeschlechtlicher Paare sollte Nachachtung verschafft und dem Wunsch nach Gleichbehandlung im Erb- und Schenkungssteuerrecht entsprochen werden.


Obwohl die SVP das Anliegen versteht, möchte sie den Vorstoss lieber als Postulat entgegennehmen. Dasselbe Recht, das für die gleichgeschlechtlichen Paare gelten soll, müsste auch für lange dauernde Konkubinatsverhältnisse Gültigkeit haben. Das Bestreben der Regierung muss folglich dahin zielen, auch in diesem Bereich eine gesetzliche Nachbesserung zu erreichen.


Daniela Schneeberger erinnert an die vor einigen Jahren hier im Landratssaal geführte Debatte über die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer für direkte Nachkommen. Damals wehrte sich die Linke vehement gegen die drohenden Steuerausfälle, und die bürgerlichen Ratsmitglieder mussten sich in langen und zahlreichen Voten anhören, für diese Steuerausfälle verantwortlich zu sein. Und heute diskutiert der Landrat doch tatsächlich über eine Motion, welche die Steuerbefreiung der Erbschafts- und Schenkungssteuer zum Inhalt hat. Die FDP-Fraktion wird nun den Linken sicherlich nicht so lange im Ohr liegen, zumal sie das Bundesgesetz über die eingetragenen gleichgeschlechtlichen Partnerschaften unterstützt hat.


Anzumerken bleibt für Daniela Schneeberger, dass der Kanton Basel-Landschaft im schweizweiten Vergleich nach wie vor einen der höchsten Erbschafts- und Schenkungssteuertarife kennt. Im Weiteren unterstützt sie das Votum von Thomi Jourdan, auch andere Formen von Lebensgemeinschaften zu anerkennen, wärmstens.


Die FDP-Fraktion unterstützt die Forderungen der Motion nach Gleichstellung und Anpassung.


Auch Jürg Wiedemann unterstützt die Motion namens der Grünen und lehnt sich an die Argumentation von Ursula Jäggi an.


RR Adrian Ballmer ist deshalb bereit, die Motion entgegenzunehmen, weil die Gesetzgebungsarbeit ja bereits im Gange ist und die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben vom Bund erteilt sind.


Thomi Jourdan rät der Finanzdirektor, im Falle eines Falles doch ein Gesuch an die Steuertaxationskommission zu stellen.


://: Der Landrat überweist die Motion von Ursula Jäggi-Baumann mit 51 zu 20 Stimmen bei 3 Enthaltungen.


Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei



Fortsetzung

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