Protokoll der Landratssitzung vom 11. Mai 2006
Protokoll der Landratssitzung vom 11. Mai 2006 |
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2006-020
vom 12. Januar 2006
Interpellation
von Rudolf Keller: Die Pannen der Flirt-Züge
- Beschluss des Landrats < beantwortet >
Nr. 1819
Regierungspräsidentin Elsbeth Schneider erläutert die entsprechenden Abklärungen der Regierungen. In Absprache mit den Kantonen der Nordwestschweiz haben die SBB im Sommer 2002 bei der Firma Stadler Rail in Bussnang 42 Einheiten des Typus Flirt bestellt. Der Flirt wurde von Stadler Rail aufgrund des von den SBB in Zusammenarbeit mit den Nordwestschweizer Kantonen definierten Anforderungsprofils neu entwickelt. Von den 42 bestellten Einheiten sind 30 für den Einsatz in der Region Basel vorgesehen und teilweise auch schon im Einsatz. Aufgrund der aufgetretenen Störungen und Pannen beim Einsatz für die Regio-S-Bahn wurde von den SBB bereits eine Task Force zur Problemanalyse und raschen Einleitung von Verbesserungsmassnahmen eingesetzt.
Zu Frage 1: Der Flirt wurde durch die SBB als Fahrzeug für den Regionalverkehr bei der Firma Stadler Rail bestellt. Die 30 Fahrzeuge des Typus Flirt RAB 521 für die Regio-S-Bahn und das deutsche Wiesental sind beide praktisch identisch mit den Fahrzeugen der Stadtbahn Zug. Allerdings haben sie zusätzlich die Funktionalität, auch auf dem deutschen Bahnnetz verkehren zu können (Stromwechsel), was die ganze Sache schwieriger macht. Der Flirt ist also eine Neukonzeption und steht erstmals im SBB-Netz im Einsatz. Die Erfahrungen aus Zug sind kontinuierlich in die Planung der Region Basel eingeflossen. Nun zeige sich immer wieder, dass es bei der Einsetzung eines Fahrzeugs in einem neuen Gebiet zu Störungen kommen kann. Deren Anzahl im Raum Basel ist aber im Vergleich zur Einführung des Flirt in Zug deutlich geringer, betont die Regierungspräsidentin.
Zu Frage 2: Mit den SBB-Zügen der Regio-S-Bahn werden täglich rund 270 fahrplanmässige Verbindungen angeboten. Für 53 dieser Verbindungen werden zur Zeit Züge vom Typus Flirt eingesetzt. Bei 2 % der Flirt-Verbindungen sind beim Rollmaterial Störungen aufgetreten. Hauptursache waren Störungen an den Sensoren der ausgefahrenen Schiebetritte beim Zurückfahren in Ausgangsposition. Nach eingehender Problemanalyse stellte man fest, dass für einen grossen Teil dieser Störungen drei der Fahrzeuge verantwortlich sind. Die Störungen konnten in der Zwischenzeit behoben werden. Allgemein sind Störungen an Flirt-Zügen in den letzten Wochen deutlich zurückgegangen.
Zu Frage 3: Die Ursachen der Störungen sind erkannt und Massnahmen wurden eingeleitet. Auch wurden Schulungen des Lokpersonals betreffend Umgang mit der Schiebetritt-Problematik durchgeführt. Auf technischer Ebene wurden die Schiebetritt-Sensoren justiert und die Software-Steuerung angepasst. Da die Probleme beim Combino-Tram anders gelagert sind als beim Flirt, betrachtet man einen Vergleich als nicht gerechtfertigt.
Zu Frage 4: Bei Störungen des Bahnbetriebs werden im Rahmen des Ereignismanagemets der SBB Mitarbeitende für die Kundeninformation eingesetzt. Als weitere Massnahme werden die Lokführer der S-Bahn sensibilisiert, im Störungsfall die Priorität auf die Kundeninformation zu legen. Zudem ist geplant, die Kundeninformation mit den übrigen Transportunternehmungen in der Nordwestschweiz zu koordinieren, sie aber unbedingt auch zu verbessern.
Rudolf Keller beantragt die Diskussion, welche stillschweigend bewilligt wird. - Er bedankt sich bei der Regierung für die Beantwortung der Interpellation und hofft gleichzeitig, der Kanton habe gerade im Hinblick auf die neu zu beschaffenden Trams, wirklich etwas gelernt. Denn es sei wichtig, diese Zugskompositionen auf Herz und Nieren zu prüfen. Folgendes kann er, wie auch Fachleute, mit denen er gesprochen habe, nicht ganz verstehen: Nun seien diese fast identischen Züge bereits in der Stadt Zug zum Einsatz gekommen und doch habe man es nicht verstanden, die dort bereits auftretenden 'diversesten' Probleme so weit zu beheben, dass eine Verbesserung bis zum Einsatz in unserer Region erreicht werden konnte. Er setzt gewisse Fragezeichen hinter die Arbeitsweise aller zuständigen Instanzen.
Die Situation sei während einer gewissen Zeit eine Zumutung für alle Benutzerinnen und Benutzer gewesen, kritisiert er weiter. Insbesondere habe die SBB die Betroffenen jeweils schlecht oder gar nicht informiert, was er selbst mehrmals erlebt habe. Beispielsweise sei er einmal mit ungefähr 50 Leuten über eine halbe Stunde am Bahnhof Frenkendorf-Füllinsdorf gestanden, ohne dass irgend eine Meldung erfolgt wäre, warum kein Zug mehr fahre. Und gestern etwa um 17.30 Uhr sei dieser Zug - gegen dessen ansprechende Form er absolut nichts einzuwenden habe - Richtung Muttenz losgefahren. Aus dem Lautsprecher erscholl die Meldung «nächste Station: Courgenay», kurz vor Muttenz hiess es dann «St. Ursanne» [Heiterkeit], darauf «nächster Halt: Muttenz», was natürlich bei einigen Passagieren für etliche Verwirrung gesorgt habe.
Zudem hätte vor wenigen Tagen neuerlich die Eingangstüren-Automatik nicht ordnungsgemäss funktioniert.
Man habe es also mit einer extrem störungsanfälligen Technologie zu tun, konstatiert Rudolf Keller, welche man wohl, so sei zu befürchten, nie ganz in den Griff bekommen werde. Das sei bei den Vorgängerzügen nicht der Fall gewesen. Bezüglich Information der Fahrgäste erhofft er sich nun auch klare Verbesserungen; dies nicht zuletzt nach entsprechenden Aussagen der SBB-Verantwortlichen gegenüber mehreren Journalisten in den letzten Tagen. Noch sei nicht alles gut, zumal im gestrigen Online-Report zu lesen gewesen sei - auch das habe er schon selbst erlebt -, dass man im Zug sitzt und durch ein lautes Knacken und Knallen "im Gebälke des Zuges" erschreckt wird und um das Reissen irgend eines Zugteiles fürchten müsse. Nun komme dies wohl nur auf gewissen Strecken, dort aber regelmässig, vor, und sei offenbar normal bei diesem Zug.
Er findet es wichtig, dass das Thema von den Medien aufgenommen wurde und damit an eine breitere Öffentlichkeit gelangte. In der Hoffnung , es könne damit ad acta gelegt werden wünscht er dem Flirtzug eine möglichst unfallfreie Fahrt.
://: Damit ist die Interpellation 2006/020 beantwortet.
Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei
Fortsetzung