Protokoll der Landratssitzung vom 26. Januar 2017

Kommissionspräsident Andreas Dürr (FDP) erklärt, es bedürfe etwas des Zuhörens, denn obwohl die Kommission einstimmig entschieden habe, sei der Weg lang gewesen. Die Kommissionsberatung dauerte von April bis Dezemeber und nahm zehn Sitzungen in Anspruch. Das zeigt auch, dass die Kommission sehr sorgfältig gearbeitet hat. Die regierungsrätliche Vorlage hat zwei Teile, eine Kantonsverfassungsänderung, als Basis für das Verhältnis der Gemeinden zum Kanton, und das Gemeinderegionengesetz, als mögliches Ausführungsgesetz.

In der Presse wurde meistens das Gemeinderegionengesetz thematisiert. Aber die Kommission hat auch die Verfassung sorgfältig geprüft. Im Laufe der Diskussion zeigte sich, dass das Gemeinderegionengesetz ein schwieriges Terrain ist. Deshalb hat sich die Kommission entschieden, zuerst die Verfassung und dann das Gemeinderegionengesetz zu beraten. Das Verfahren hatte den ganz grossen Vorteil, dass die Verfassungsänderung, welche weniger im Fokus stand, sehr genau angeschaut werden konnte. Die von der Kommissions geänderte Verfassungsänderung wird einstimmig zur Annahme empfohlen.

Mit der Verfassungsänderung werden Prinzipien festgeschrieben, welche bereits bisher irgendwie vorhanden und teilweise von der Bundesverfassung vorgegeben waren. Es ist sehr gut, diese jetzt in die eigene Verfassung aufzunehmen: Das Prinzip der Subsidiarität, welches besagt, dass immer die tiefstmögliche staatliche Ebene, das macht, was sie kann. Was die Gemeinde machen kann, soll die Gemeinde machen;  erst dann kommt der Kanton. Was der Kanton kann, soll der Kanton machen; erst dann kommt der Bund. Das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz wird festgehalten. Das Prinzip sagt, der staatlichen Ebene, die eine Aufgabe macht, sollen auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stehen. Die Gemeindeautonomie wurde unterstrichen und gestärkt, insbesondere durch das Prinzip der Variabilität, welches besagt, dass für unterschiedliche Situationen und Gemeindegrössen unterschiedliche Lösungen gefunden werden können. Die Verfassungsänderung wurde sorgfältig redigiert. Die einzelnen Änderungen werden während der ersten Lesung nochmals  angeschaut. 

Das Gemeinderegionengesetz hat die Kommission sehr beschäftigt. Es wurden viele Anhörungen durchgeführt: Jede Region des Verbands der basellandschaftlichen Gemeinden, skeptische Haltungen einzelnen Gemeindepräsidenten, der Regierungsrat und der Berater des Regierungsrats in Sachen Regionalisierungen, der Berner Rechtsanwalt Daniel Arn, wurden angehört. Das waren keine sinnlosen Anhörungen. Die Kommission konnte das Wissen in die Arbeit an der Kantonsverfassung einfliessen lassen. Nach langer Debatte zum Gemeinderegionengesetz haben die Zweifel begonnen zu überwiegen, so dass es schliesslich zu einem einstimmigen Kommissionsentscheid kam. Die grössten Schwierigkeiten betreffen die «vierte Staatsebene». Es wird bestritten, dass es diese gibt, aber irgendetwas ist schon da. Wie sehen die Entscheidungsprozesse aus? Ein weiterer Punkt betrifft den Vorwurf, ein Gesetz auf Vorrat zu machen. Soll man ein Gesetz machen, bei welchem der Inhalt noch nicht klar ist. Soll eine neue Staatsstruktur geschaffen werden, bevor die Aufgaben klar sind. Oder müssten nicht zuerst die Inhalte klar sein, die dann in der Struktur gelöst werden.

Eine weitere Aspekt bilden die finanziellen Diskussionen. Die Regionalkonferenzsekretariate sollen mit einer Anschubfinanzierung finanziert werden. Die Regionalkonferenzsekretariate lösen dann staatliche Aktivitäten aus, diese wiederum lösen in der Regel Kosten aus, Kosten noch ohne Inhalt. Auf Gemeindeebene muss sich einer mit den RegionalkonfrenzsekretärInnen befassen. Die Zusammenarbeit der Gemeinden ist heute schon möglich. Da, wo Not am Mann ist, sind die Gemeinden durchaus in der Lage, in Zweckverbänden oder anderen Zusammenschlüssen zusammenzuarbeiten. Es braucht kein staatliches Gerüst. Man muss keine Turnhalle bauen und mit Geräten ausstatten, wenn niemand turnt. Aus diesem Grund sollen die heutigen, funktionierenden Zusammenarbeitsformen nicht gefährdet werden. Ein weiterer Punkt betrifft die Regionenbildung. Sind sie zu gross oder zu klein? Aufgrund all dieser Punkte kam die Kommission zum Schluss, mit dem Gemeindenregionengesetz zu warten. Die Gemeinden sollen zuerst Lösungen suchen. Auf Basis dieses Erfahrungsschatzes wird der Regierungsrat gebeten, mit einer neuen Vorlage zu kommen. Das kann – polemisch gesagt – die Gleiche sein, falls sich herausstellt, dass die Lösung das Gelbe vom Ei ist, aber es kann eine verbesserte, an die gelebte Wirklichkeit angepasste Vorlage sein.

Deshalb wird das Verfahren etwas kompliziert. Theoretisch könnte die Kommission ein Teileintreten vornehmen. Aber die Kommission beantragt, auf beides einzutreten, die Kantonsverfassung beraten und das Gemeinderegionengesetz – nach sauberer Prüfung durch die Kommission – an den Regierungsrat zurückzuweisen. Nach dem Eintreten käme die Rückweisung. Der Landratsbeschluss umfasst dann nur noch die Kantonsverfassung.

 

Für das Protokoll:
Stéphanie Bürgi, Landeskanzlei

Hans-Urs Spiess (SVP) dankt Andreas Dürr für die Ausführungen zur Kommissionsberatung. Dem gebe es nichts mehr beizufügen. Die SVP-Fraktion unterstützt die einstimmig gefällten Anträge der JSK betreffend der Verfassungsänderung und der Rückweisung des Gesetzes.  

Bianca Maag-Streit (SP) sagt, im Jahr 2013, also vor fast vier Jahren, habe sich die Tagsatzung – das ist ein halbjährliches Zusammentreffen der Gemeindepräsidenten und Gemeindepräsidentinnen des Kantons – vertieft mit den funktionalen Lebens- und Wirtschafräumen befasst. Gegen Ende des Jahres hat sie dann eine Vernehmlassung zur Regionenbildung bei allen Gemeinderäten im Kanton durchgeführt. Das Ergebnis war eine grossmehrheitliche Zustimmung der Gemeinden zur Regionenbildung. An der Tagsatzung im April 2014 wurden die Weichen gestellt für eine Gliederung des Kantons in sechs Regionen, verbunden mit der Forderung, dass die künftige Zusammenarbeit in den Regionen strukturiert und auf einer klaren rechtlichen Grundlage erfolgen soll. Das also war der Wunsch und das Anliegen der Anwesenden an der Tagsatzung in Muttenz.

Es ist allen klar, bei einer Zusammenarbeit muss man sich verabschieden von «Killerphrasen» wie «Mir wei luege», «Wir können nicht wirklich profitieren» und «Was nützt die Zusammenarbeit meiner Gemeinde?». Nein, bei einer regionalen Zusammenarbeit muss es darum gehen, wie die Region und der Kanton weitergebracht werden können. Es braucht gegenseitiges Verständnis, den Blick über die Gemeindegrenzen hinweg und Visionen für die Region. Die Fragen müssen lauten: Was kann gemacht werden, damit die Region Erfolg hat? Wie kann eine Region vorwärts kommen? Es braucht gegenseitiges Verständnis und auch die gesetzlichen Grundlagen.

Es ist auch klar, dass die Grundlagen sich an der Charta von Muttenz, welche von den Gemeinden einstimmig verabschiedet wurde, orientieren sollten. Die Mitsprache der Gemeindebehörden muss sichergestellt sein. Es geht nicht um eine vierte Staatsebene. Die Gemeinden sollen weiterhin das Sagen haben. Sie sollen aber gemeinsam auftreten und somit auch ein stärkeres Gewicht haben und Aufgaben gemeinsam übernehmen. Eine Zusammenarbeit soll nicht blockieren und die Gemeinden nicht daran hindern, gemeinsam erfolgreich zu sein. Das Gemeinderegionengesetz ist ein Gesetz von den Gemeinden für die Gemeinden. Damit sollen Regeln geschaffen werden, wie die regionale Zusammenarbeit und damit die Regionen handlungsfähig werden. Mit der Vorlage 2016/208 sollen der Landrat und der Regierungsrat in der Kantonsverfassung verpflichtet werden, die Prinzipien der Subsidiarität und der fiskalischen Äquivalenz zu beachten und die Gemeindeautonomie zu stärken.

Die SP-Fraktion stimmt den Grundsätzen zu und ist mit der Änderung, wie sie von der Kommission vorgeschlagen wird, einverstanden. Die Kommissionsberatung war sehr intensiv. Schliesslich wurde eine Rückweisung an den Regierungsrat beschlossen. Es sollen zuerst Erfahrungen mit dem VAGS-Projekt (Verfassungsauftrag Gemeindestärkung) sowie mit weiteren Aufgaben, beispielsweise dem APG, gesammelt werden können. Die SP-Fraktion unterstützt auch diesen Kommissionsantrag.

Die Votantin, als Vertreterin einer Gemeinde in einer sehr aktiven Region, findet es schade, dass sich die Kommission nicht vertiefter mit dem Gesetz auseinander gesetzt hat und die Möglichkeit nicht nutzte, Änderung einzubringen, wie beispielsweise die Anzahl der Regionen, Mitsprache der Gemeinden, vielleicht auch eine freiwillige Regionenbildung für die Gemeinden, die das möchten.

Natürlich können die Gemeinden jetzt schon zusammenarbeiten. Sie machen das ja auch. Aber mit einer beschränkten Verbindlichkeit. Mit den gesetzlichen Grundlagen könnten sie auch die Unterstützung des Kantons erhalten, die man sich nicht einfach entgehen lassen sollte. Bei den Regionalkonferenzen beispielsweise eine Anschubfinanzierung an die Geschäftsstelle oder bei Fusionen, Beiträge für Kosten betreffend Vorbereitungsarbeiten sowie Beiträge an finanzschwächere Gemeinden für die Ermöglichung von Fusionen mit finanzstärkeren Gemeinden etc. Der immer wieder kritisierten Monopolstellung der Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten, welche zudem über einen Wissensvorsprung verfügten und das Sagen hätten, könnte bei der Regionalkonferenz über eine Geschäftsordnung mit klaren Regeln begegnet werden, sodass die Gemeindebehörden einbezogen werden müssten.

Die SP-Fraktion unterstützt die Anträge der Kommission auf Rückweisung des Gemeinderegionengesetzes an den Regierungsrat. Bezüglich der Kantonsverfassung folgt die SP-Fraktion dem Antrag der Kommission. 

Paul R. Hofer (FDP) sagt, es gebe immer noch viele, die das Gemeinderegionengesetz ablehnen würden. Er bittet zwischen der Verfassung und dem Gesetz zu unterscheiden. Es geht jetzt um die Verfassungsänderung. Dabei handelt es sich um eine moderne Verfassung. Die FDP-Fraktion unterstützt den Kommissionsantrag einstimmig.  

Sara Fritz (EVP) erklärt, die Grüne/EVP-Fraktion sei selbstverständlich für Eintreten auf die Vorlage und auch für die Kantonsverfassungsänderungen. Man konnte schon der Vernehmlassungsantwort entnehmen, dass sich die Fraktion auch mit einem Gemeinderegionengesetz hätte abfinden können. Prinzipiell ist das eine sehr gute Idee. Es ist schade, dass eine knappe Mehrheit der Kommission nicht den Mut hatte, sich in diese Richtung zu bewegen und sich ein solches Gesetz vorzustellen. Die Mentalität des Baselbieters «Mir wei emol luege» drückte einmal mehr durch. Es ist ein Treten an Ort, welches den Kanton leider nicht weiterbringen wird. Das bedauert die Fraktion sehr. Als Zeichen für den Wunsch der Fraktion, dass es im Kanton auch in dieser Sache vorwärts gehen soll, stimmt sie der Rückweisung nicht zu.  

Pascal Ryf (CVP) findet, es wäre sinnvoll, in funktionalen Räumen zu planen und Probleme vor allem dann anzupacken, wenn sie noch nicht am Brodeln seien und man noch gemeinsam sinnvolle Lösungen suchen könne. In dem Sinn ist die CVP/BDP-Fraktion grundsätzlich mit dem Gemeinderegionengesetz einverstanden und findet die Stossrichtung gut, dass die Gemeinden eine übergeordnete Planung machen und mehr in funktionalen Räumen planen sollen. Es werden immer mehr Probleme auf die Gemeinden zukommen, sei es in verkehrsplanerischer Hinsicht, sei es bezüglich Alterspflege, welche bereits diskutiert wird. Diese Probleme können einzelne Gemeinden schlicht nicht mehr lösen. Auch gibt es bereits gute Beispiele an übergeordneter Zusammenarbeit, wie die Plattform Leimental. Die Gemeinden versuchen, sich zusammenzuschliessen.

Die Kritik, dass dies nun von oben aufgezwungen wird, wurde in der Kommission mehrmals erwähnt. Auch die Kritik, es sei nicht klar, welche Aufgaben den jeweiligen Gemeinderegionen zugewiesen würden oder dass gewisse Gemeinderegionen zu gross seien. Nichts desto trotz ist es der Fraktion ein Anliegen, der Regierung, insbesondere Regierungsrat Anton Lauber, für die Ausarbeitung dieses Gesetzes zu danken, wie auch für die Stossrichtung, den Kanton weiterzubringen, indem die Gemeinden zusammenarbeiten und die Probleme angehen sollen. Es wird jedoch sichtbar, dass gewisse Gemeinden noch nicht so weit sind und Angst davor haben, dass sich eine vierte Staatsebene entwickelt. Die Aufklärungsarbeit ist noch nicht abgeschlossen.

Darum – obwohl die CVP/BDP-Fraktion hinter diesem Gesetz steht – hat sich sowohl in der Kommission als auch hier im Landrat, die Bereitschaft durchgesetzt, das Gesetz mit dem Auftrag an die Regierung zurückzuweisen, die einzelnen Punkte noch einmal zu überarbeiten. In dem Sinne stimmt die CVP/BDP-Fraktion der Rückweisung zu.

Daniel Altermatt (glp) sagt, dass insbesondere die Grünliberalen in der Fraktion schon fast begeistert seien vom Vorgehen der JSK und von deren Resultaten. Das entspricht ziemlich genau dem, was die glp/GU-Fraktion bereits in der Vernehmlassung geschrieben hat. Letztlich gibt es aus der Sicht der Fraktion keinen Grund, um von oben zu verordnen, wie man sich unten zu verhalten hat. Es sollten Wege geöffnet werden, wie das gemacht werden kann. Gewisse Anpassungen im aktuellen Gemeindegesetz sind durchaus sinnvoll, um ein Konstrukt wie eine Birsstadt oder eine Plattform Leimental etwas zu festigen. Viel mehr braucht es jedoch nicht.

Der Vorschlag für die Verfassungsänderung wird hingegen absolut begrüsst. Das ist genau der richtige Weg. Darum sollte auf die Verfassung eingetreten werden, nicht aber auf das Gemeindestrukturgesetz. 

Myrta Stohler (SVP) votiert als Einzelsprecherin und ehemaliges Mitglied der Arbeitsgruppe des Regionengesetzes.

Ausschlaggebend sei das Gesetz zum Finanzausgleich im Jahr 2009 gewesen. Mit dem Wechsel vom vertikalen zum horizontalen Finanzausgleich ist die Unzufriedenheit bei den Gebergemeinden gewachsen. Darum haben verschiedenen Gemeinden im Jahr 2011 eine Volksinitiative lanciert, welche den Kanton und die Nehmergemeinden unter Druck setzte. Die finanzstarken Gemeinden wollten nicht länger den finanzschwachen Gemeinden unter die Arme greifen. Alle Gemeinden – vorab ihre Präsidenten – haben erkannt, dass etwas unternommen werden muss. Daraus entstand die Tagsatzung, welche der VBLG ins Leben rief. Erst an der dritten Tagsatzung im Juni 2012 wurde die Charta von Muttenz beschlossen. Es wurden darin vier Punkte festgehalten:

«1. Die Gemeinden fordern mehr Gemeindeautonomie und eine Stärkung ihrer Handlungsfreiheit.

2. Die Gemeinden verpflichten sich im Kanton Basellandschaft dem Grundsatz der Variabilität.

3. Die Gemeinden denken in funktionalen Lebens- und Wirtschaftsräumen.

4. Die Gemeinden vereinbaren einen institutionellen Dialog und schaffen eine Kommunikationsplattform.»

Der Kanton Basellandschaft hat einen hohen Zentralisierungsgrad, der reduziert werden muss. Jede der 86 Gemeinden ist bezüglich ihrer Geografie, ihrer Bevölkerung, ihren Bedürfnissen, ihren Möglichkeiten und Zielen einzigartig.

Die kantonale Gesetzgebung – damals wurde dieses Wort bereits gebraucht – hat diesen Unterschieden Rechnung zu tragen. Die Aufgabenzuweisung erfolgt unabhängig der heute bestehenden Gemeinden und der Bezirksgrenzen. Ganz klar steht in der Charta auch, «auf eine institutionelle, vierte Staatsebene wird verzichtet». Eine enge Zusammenarbeit mit der Stabsstelle Gemeinden und der FKD sowie mit der Konsultativkommission Aufgabenteilung- und Finanzausgleich ist erwünscht. Das alles und noch mehr haben am 16. Juni 2012 die Gemeindepräsidenten mit der Charta beschlossen. Nach diesem Beschluss hat eine breit abgestützte Arbeitsgruppe ihre Arbeit aufgenommen und die hier vorliegende Vorlage ausgearbeitet.

Heute scheint, dass einige Gemeindepräsidenten vergessen haben, was sie im Sommer 2012 beschlossen. Darum erstaunt auch die Haltung der Kommission. Es kann nicht sein, dass der Landrat die Gemeinden in dem Ausmass bevormundet und nun sagt, dass all diese Beschlüsse von damals nicht gelten. Natürlich gibt es nie eine Lösung, welche für jede einzelne der 86 Gemeinden richtig ist. Es braucht immer irgendwo einen Kompromiss. Doch gerade das Gesetz und die Änderung der Verfassung gibt den Gemeinden die Möglichkeit, sich gemeinsam in einer Weise zu entwickeln, dass jede ihre Eigenständigkeit behalten kann. Darum spricht sich die Votantin – entgegen ihrer Fraktion – für die Änderung der Verfassung aus und stimmt auch dem Gesetz zu. 

Klaus Kirchmayr (Grüne) bedankt sich bei Myrta Stohler für ihr Votum. Sie habe ihm aus tiefstem Herzen gesprochen und es sei sehr wichtig, habe sie an diese Geschichte erinnert. Der Votant bedankt sich auch beim Kommissionspräsidenten, welcher im Vorfeld der langen Kommissionsdebatte immer wieder das Gespräch und nach Möglichkeiten gesucht hat, einen Weg zu finden, wobei sich schlussendlich gezeigt hat, dass die Meinungen zu diesem Thema so heterogen und volatil sind, dass es offenbar nicht anders möglich ist, als einen Nullentscheid herbeizuführen. Dabei erstaunt insbesondere die Diskrepanz der Haltung der SVP-Fraktion heute, verglichen mit der in der Vernehmlassung.

Was nun vorliegt ist ein Nullentscheid, welcher de facto einem Bremsklotz gleichkommt. Das ist sehr bedauerlich. Es ist noch nicht überall angekommen, dass im Finanzausgleich gravierende Änderungen implementiert werden: Gerade für die kleineren Gemeinden fallen die Ergänzungsbeiträge relativ bald weg. Eigentlich wäre es die Aufgabe des Landrats als Gesetzgeber, einen Werkzeugkasten zu schaffen, welcher die Gemeinden untereinander befähigt, diese Herausforderungen anzugehen, welche unzweifelhaft auf sie zukommen werden.

Viele Gemeinden wollen auch zusammenarbeiten, wollen eine Institutionalisierung und arbeiten auch bereits entsprechend. Das Signal, welches hier heute ausgesandt wird – im Wesentlichen abwarten und Tee trinken – ist nicht förderlich.

Es bleibt zu hoffen, dass der Regierungsrat aus dem Rückweisungsantrag möglichst schnell ein neues Gesetz vorlegt, denn diese Verantwortung bleibt auch mit der Zustimmung zur Verfassung bestehen. Es braucht ein entsprechendes Rahmengesetz und man sollte aus früheren Erfahrungen seine Lehren ziehen, als weniger direktiv gearbeitet wurde, sondern mehr auf der Basis von Freiwilligkeit. Ideal und wahrscheinlich durchsetzungsfähig im Kanton sind Lösungen, bei denen den Gemeinden die Möglichkeit gegeben wird, ohne sie zu zwingen.

Marianne Hollinger (FDP) gratuliert der Kommission für den guten Antrag und dem fast schon salomonischen Beschluss, den sie gefällt habe.

Replizierend auf das Votum von Myrta Stohler und die Charta von Muttenz sagt die Votantin, sie sei damals auch dabei gewesen. Die Gemeinden haben sich klar und deutlich zur Zusammenarbeit verpflichtet und sich dafür ausgesprochen. Was den Punkt «die Gemeinden denken in funktionalen Räumen» angeht, bleibt vor allem in Erinnerung, dass die Gemeinden denken – selbständig, ohne jegliche Vorschrift. Die Gemeinden denken aber nicht nur, sie handeln auch. Und das recht erfolgreich. Man kann sich fragen, wer in diesem Kanton stark ist und wo die Finanzen stimmen. Das ist in den Gemeinden. Dort sind die Finanzen weitestgehend unter Kontrolle. Fragt man sich, warum das so ist, kommt man zum Schluss, weil die Aufgaben in aller Regel sehr effizient umgesetzt werden: Nahe beim Volk, gut kontrolliert und ganz ohne gesetzliche Vorschrift kooperativ mit anderen Gemeinden. Als Beispiel seien die Spitex, die Feuerwehr, das Thema Wasser oder der Zivilschutz genannt.

Wasser wird zum Beispiel in Aesch im Verbund mit Dornach gelöst, weil dies Sinn macht. Die Verbünde sind in der Region je nachdem so zusammengesetzt, wie es die Aufgaben erfordern. Darum wäre es verfehlt, eine sture Struktur zu legen, welche flexible Lösungen, die immer am kostengünstigsten sind, verunmöglichen würden.

Was die Charta von Muttenz angeht, wurde ausdrücklich nicht Ja gesagt zu sturen Vorschriften, welche vom Kanton vorgegeben werden. Trotzdem müssen der Kanton und Regierungsrat Anton Lauber ein wenig in Schutz genommen werden. Er hat die Gemeinden zwar etwas falsch verstanden, was die Charta angeht, aber nicht nur er. Auch der VBLG zieht aus der Zustimmung zu einer Zusammenarbeit in den Gemeinden falsche Schlüsse, indem er sagt, die Gemeinden wollten ein solches Gesetz. Dabei gibt es eine Umfrage des VBLG und es wäre interessant zu hören, welche Resultate diese hervorgebracht hat.

Aesch ist eine Gemeinde der Birsstadt und dort ist man sich gewohnt, im Verbund zu arbeiten. Es werden gemeinsame Projekte angeschaut und umgesetzt. Es gibt aber kein einziges Projekt, das von allen Gemeinden zusammen umgesetzt wurde. Aus dieser Praxis zeigen sich die ganz unterschiedlichen Bedürfnisse von Gemeinden, auch innerhalb einer Region. Das hat aber die Birssatdt nicht geschwächt, im Gegenteil. Es bringt gute Lösungen und stärkt gleichwohl die Gemeindeautonomie. In der neuen, vorgesehenen Lösung wäre das nicht mehr möglich.

Darum ist der Ansatz der Kommission genau richtig. Die Zusammenarbeit soll von der Basis entstehen und die Gemeinden solle Praxiserfahrung sammeln können. Der richtige Weg ist, dass man den Gemeinden die Möglichkeit lässt, autonom die Arbeiten zu machen. Sie sollen auch dort zusammenarbeiten können, wo es aus ihrer Sicht Sinn macht und in der Zusammensetzung, welche Sinn macht. So bleiben auch die Finanzen der Gemeinden im Lot. Denn über die finanzielle Auswirkung der Zusammenarbeit von Regionalkonferenzen konnte noch nie etwas gelesen werden.

Dem Kanton werden mit diesem Vorgehen die nötigen Freiheiten gegeben und er kann sich mit ganzer Kraft um seine Finanzen kümmern. Die Gemeinden würden ihm dabei sicherlich auch mit Rat und Tat zur Seite stehen, wenn dies gewünscht ist.

Das Vorgehen ist also richtig, die Verfassung muss angepasst und somit die Gemeindeautonomie gestärkt werden, um auch die Zusammenarbeit in der Autonomie der Gemeinden zu verankern. Das Gesetz mit den noch vielen offenen Fragen bereits im Landrat zu diskutieren, wäre jedoch über das Ziel hinausgeschossen. Mit der Verfassung hat Regierungsrat Anton Lauber mit seinem grossen Einsatz im Interesse der Gemeinden sein Ziel erreicht. 

Marc Schinzel (FDP) votiert, es sei nicht als Misstrauen gegenüber der Regierung oder der FKD zu werten wenn der Landrat voraussichtlich nur die Verfassungsänderung gutheisse, den Gesetzesentwurf jedoch an die Regierung zurückweise. Institutionelle Reformen haben es in der Schweiz generell schwer. Das ist eigentlich ein erfreuliches Zeugnis für den Staat, dass er gut funktioniert. Es ist nicht schlecht, nimmt man sich genügend Zeit für strukturelle Veränderungen, um sie möglichst gut auf die praktischen Bedürfnisse der Betroffenen abzustimmen und diese alle mit ins Boot zu holen.

Die neuen Verfassungsbestimmungen sind zu begrüssen. Die Nennung der Gemeindeautonmie in der Verfassung gibt dieser das grösstmögliche Gewicht. Wichtig ist auch die verfassungsrechtliche Verankerung der Grundsätze wie Subsidiaritätsprinzip, fiskalische Äquivalenz und Variabilität. Dadurch wird die Gestaltungsfreiheit der Gemeinden gegenüber dem Kanton verbindlich festgelegt und konkretisiert.

Beim Gemeinderegionengestz ist der Ansatz der Kommission, etappenweise vorzugehen, richtig. Es macht Sinn, vorerst nur die Verfassungsbestimmungen in Kraft zu setzen und sich beim Gesetz mehr Zeit zu nehmen. So können auch die Erfahrungen bei der Umsetzung von konkreten Aufgabenteilungsprojekten – wie beim Alters- und Pflegegesetz oder bei der Raumplanung anstehend – in die Diskussion einbezogen werden. Das entspricht auch der Haltung der FDP-Fraktion, welche in ihrer Vernehmlassung mit dem Verweis auf den Grundsatz «form follows function» wünschte, dass die strukturelle Diskussion nicht losgelöst vom Inhalt, sprich den Aufgaben, zu führen ist. Wird hier mehr Zeit investiert, ist das ein Gewinn, denn es sollte kein Scherbenhaufen riskiert werden.

Dennoch sollte man sich nicht der lllusion hingeben, dass die heutige Form der Zusammenarbeit zwischen Kanton und Gemeinden und vor allem auch zwischen den Gemeinden in jedem Fall genügt. Die punktuelle Zusammenarbeit in unterschiedlichen Zweckgemeinschaften mag vielerorts gut funktionieren, doch hat man es in den Gemeinen nicht bloss mit Fragen wie Werkhof, Feuerwehr oder Nutzung von Schwimmbädern zu tun, welche sich kleinräumig lösen lassen. Die Raumplanung, die Versorgung im Alter sowie Bildung oder Verkehr müssen grossräumiger angegangen werden. Bei diesen Themen ist es nicht realistisch anzunehmen, 86 einzelne Gemeinden – darunter auch ganz kleine – könnten mit dem Kanton Gespräche führen. Will man in diesen Bereichen nicht, dass es zu zentralistischen Kantonslösungen kommt, kommt man künftig nicht umher, verstärkt auch in regionalen Räumen zu denken und zu handeln.

Die Vorbehalte gegenüber der Regionenbildung und der Regionalkonferenzen mit Geschäftsstellen, wie sie im Entwurf vorgesehen sind, sind allerding nachvollziehbar. Darum ist das von der Kommission einstimmig beschlossene step-by-step-Vorgehen richtig. Die Gutheissung der Verfassungsbestimmungen und die Rückweisung des Gesetzesentwurfs an die Regierung macht es ohne Zeitdruck möglich, mit Kenntnis von ersten konkreten Aufgabenaufteilungen weiter über geeignete Formen der regionalen Zusammenarbeit zu diskutieren.

Landratspräsident Philipp Schoch (Grüne) unterbricht die Beratung an dieser Stelle, um sie am Nachmittag fortzusetzen. Er informiert, dass von den neun eingereichten Vorstössen niemand eine Begründung wünscht und dass keine dringlichen Vorstösse eingereicht wurden. Er wünscht allen einen guten Appetit.

 

Für das Protokoll:
Miriam Bucher, Landeskanzlei

Nr. 1180
(Fortsetzung Eintretensdebatte) 

Simon Oberbeck (CVP) sagt, die Gemeinden wollen zusammenarbeiten. Das Gemeinderegionengesetz hätte Gelegenheit geboten, dafür Grundlagen zu bieten und Instrumente in die Hände zu geben. Dass jetzt, nach anfänglicher Zustimmung, eine grosse Verunsicherung herrscht, ist leider beispielhaft für den Kanton. Wie ist es möglich, dass eine Gemeinde, die Kritik äussert, eine derartige Lawine auslösen kann? Die Kakophonie der Gemeinden hat dazu geführt, dass es Verwirrung und Ängste gegeben hat, die sich bis in den Bericht der Justiz- und Sicherheitskommission niedergelassen haben. Angst ist aber kein guter Ratgeber, für den Landrat und für jeden einzelnen. Eine ehemalige Landratskollegin, jetzt Gemeindepräsidentin von Gelterkinden, wird aus der «Volksstimme» zitiert:

«Allen ist klar, dass das Gemeinderegionengesetz nicht alle Probleme lösen wird. Mit der Rückweisung an den Regierungsrat macht die Justiz- und Sicherheitskommission jedoch wertvolle Arbeit zunichte. Jetzt bleibt einzig die Hoffnung auf einen mutigeren Landrat.»

Einen mutigen Landrat sieht der Votant nicht. Mit der Rückweisung kann immerhin – und darum stimmt die CVP/BDP-Fraktion der Rückweisung zu – dafür gesorgt werden, dass das Gesetz hoffentlich keinen stillen Tod erleidet. 

Urs Kaufmann (SP) ist nicht der Meinung von Klaus Kirchmayr, dass ein Nullentscheid getroffen werde. In der von der Kommission vorgeschlagenen Version gibt es mit der Verfassungsänderung einen ersten Entscheid in Richtung Gemeinden, dass diese mehr Kompetenzen erhalten und ihre Aufgaben wahrnehmen sollen.

Die Rückweisung des Gemeinderegionengesetzes ist richtig und wichtig, um eine konkrete Testphase einzulegen, die klärt, was es in Zukunft wirklich braucht. Ein wichtiges Element dieser Testphase ist das Altersbetreuungs- und Pflegegesetz (APG). Dieses ermöglicht einen konkreten Praxistest für die vorgesehenen Versorgungsregionen, um zu schauen, ob in dem wichtigen Thema Alter und Pflege die Zusammenarbeit geschafft wird, ob es vorwärts geht und was es bracht für die Zusammenarbeit.

Bei diesem Testelement zeigt sich, ob es ein eigenes Gesetz braucht, das den Rahmen gibt für die Zusammenarbeit in den Versorgungsregionen. Ein Rahmengesetz mit dem Gemeinderegionengesetz hätte nicht ausgereicht, es braucht ein Spezialgesetz für dieses Thema, um es anpacken zu können in der regionalen Zusammenarbeit.

Wahrscheinlich braucht es auch bei vielen anderen Themen einen eigenen thematischen gesetzlichen Rahmen, damit darin die regionale Zusammenarbeit für das entsprechende Thema definiert wird.

Das zweite Element der Testphase sind die bereits aktiven Regionen, die schon mit der regionalen Zusammenarbeit gestartet haben. Diese sollen die Zusammenarbeit weiterführen und zeigen, dass aus der regionalen Zusammenarbeit heraus Probleme und Aufgaben gemeinsam angepackt und Lösungen gefunden werden konnten. Bisher zeigten sich keine konkreten positiven Ergebnisse aus der regionalen Zusammenarbeit; es wurde viel Papier produziert. Einzelne Gemeinden sind aber jeweils ausgeschert. Bei dieser Form der jetzt schon stattfindenden regionalen Zusammenarbeit ist der Erfolgsbeweis noch ausstehend.

Nach dieser Testphase auf den beiden Schienen – dem konkreten Thema Alter und Pflege resp. bei der freiwilligen Zusammenarbeit der aktiven Regionen – kann entschieden werden, ob es ein Gemeinderegionengesetz braucht, um den Rahmen festzulegen für die künftige regionale Zusammenarbeit. Allenfalls reicht es aus, themenspezifisch jeweils den gesetzlichen Rahmen zu bieten. müssen, damit dort entsprechend ein Rahmen für die Regionen geschaffen wird und nicht ein allgemeines Gesetz. Darum ist das Vorgehen der Kommission optimal – Verfassungsänderung ja, aber zunächst soll ein Test gemacht werden, ob es wirklich ein Gemeinderegionengesetz braucht. 

Andrea Kaufmann (FDP) nimmt Stellung zur Umfrage des VBLG. Es wurden zwei Fragen an die Gemeinderäte gestellt: Begrüssen sie eine regionale Zusammenarbeit der Gemeinde? Dies wird überzeugt bejaht. Alle Gemeinden der Region Frenkentäler haben diese ebenfalls überzeugt mit «ja» beantwortet. Die Frage «begrüssen Sie das Gemeindegesetz?» wurde überall mit «Nein, das braucht es nicht», beantwortet. Die Begründung war überall ähnlich: «Wir wollen nicht abwarten, sondern handeln bereits so». Dort, wo es nötig ist und Sinn macht, wird zusammengearbeitet. Es braucht aber kein Gesetz und keinen Druck. Die FDP-Fraktion hat sich für die Rückweisung ausgesprochen. 

Franz Meyer (CVP) hält die bisherige Debatte für spannend und differenziert, möchte aber Stellung nehmen zu einzelnen Aussagen. Zunächst zur Aussage, es sei «von oben herab». Er war 16 Jahre Gemeinderat und acht Jahre Gemeindepräsident von Grellingen und hat bei der Charta von Muttenz von Anfang an mitgearbeitet. Die Meisten, die von Anfang an mitgearbeitet haben, wollten, dass Gemeinden mehr Mitspracherecht erhalten, mehr Aufgaben übernehmen und selbst gestalten können. «Von oben herab» ist daher völlig verfehlt.

Auch die Aussage, es sei ein Gesetz auf Vorrat, ist nicht nachvollziehbar. Gerade in der Raumplanung sind die Gemeinden durch das Bundesgesetz zur Zusammenarbeit gezwungen. Eine Gemeinde kann die Zonenplanung nicht mehr selbstständig für sich machen; es muss in der Region erfolgen. Im Laufental wurde dies probiert und gemeinsam ein Zukunftleitbild erarbeitet. Diese Zusammenarbeit ist auch ohne Gesetz möglich. Es ist aber schwierig, wenn nicht einfachste Strukturen vorhanden sind. D.h. eine Traktandenliste erstellen, ein Protokoll schreiben, das allen Gemeinderäten zur Verfügung steht. Dies wurde jahrelang von einzelnen Personen geleistet, diese Strukturen sind unabdingbar.

Alle, die das Gesetz wirklich gelesen haben, können nicht von Zwang sprechen. Das Gesetz verpflichtet einzig, dass die Regionen eine minimale Struktur schaffen. Im Laufental ist dies eine ca. 20 % Stelle. Alle, die nach Lektüre des Gesetzes behaupten, es sei eine Festung, eine Zwangsjacke, haben das Gesetz nicht richtig durchgelesen. Es ist akzeptabel, das Gesetz zurückzuweisen; damit geht aber wichtige Zeit verloren. Das ist schade. 

Peter Riebli (SVP) hat den Eindruck, alle hätten etwas anderes aus der gleichen Sitzung mitgenommen. Er war bei der Charta von Muttenz von Anfang an dabei, ist vom Finanzausgleich betroffen, hat vom Nullentscheid, der heute gefällt worden ist, gehört, und kann das alles nicht ganz nachvollziehen. Bei der Charta von Muttenz haben die Gemeinden die Subsidiarität, die Gemeindeautonomie unter der Variabilität, eine fiskalische Äquivalenz verlangt. Mit dem Verfassungsvorschlag erhalten die Gemeinden genau das. Wenn jetzt daran herumgedreht wird und behauptet wird, die Charta von Muttenz sei nicht erfüllt und es sei eine Frechheit vom Landrat, etwas anders zu beschliessen, als die Charta wolle, dann stimmt das schlichtweg nicht. Genau das, was die Charta von Muttenz verlangt, enthält die Verfassung.

Die Charta von Muttenz hat nie ein Gesetz über Gemeinderegionen verlangt. Die Zusammenarbeit in Gemeinden wurde festgehalten; dies wird in vielen Orten sach- und fachspezifisch schon gemacht. Bezüglich dem Gesetz kann sich der Votant dem Vorschlag von Daniel Altermatt anschliessen und Nichteintreten beschliessen. In dem Gesetz steht nichts, das nicht heute schon gemacht werden kann. In dem Gesetz stehen einige Sachen die nicht notwendig sind. Daher ist das Gesetz absolut unnötig. Mit dem APG wird bewiesen, dass die Lösung eines sachspezifischen Auftrags in der Region erfolgreich möglich ist. Ein Gesetz, das im Vergleich zu den aktuellen Möglichkeiten keine neuen Möglichkeiten eröffnet, ist unnötig. Es gibt schon zu viele Gesetze, daher nicht eintreten, aber sicher zurückweisen.

Regierungsrat Anton Lauber (CVP) informiert, sein Gemütszustand sei hervorragend. So schnell ist der Votant nicht zu erschüttern. So schnell wird der Landrat die Thematik von den Regionen aber auch nicht los. Worum geht es? In verschiedensten Funktionen erlebte Regierungsrat Lauber den Werdegang all dieser Instrumente mit. Gemeinsam mit vielen weiteren diskutierten sie tage- und nächstelang in Kommissionen, wohin sich die Gemeinden im Baselbiet entwickeln sollen. Es gab eine Vision, die Richtung war klar. Gemeinsam sollte etwas gemacht werden. Als Gemeindepräsident einer schönen, prosperierenden Gemeinde – dies trifft nicht nur auf Aesch zu – wurde geschaut, was die umliegenden Gemeinden machen. Es war klar, dass der Verkehr in Allschwil nicht ohne Oberwil, Therwil, Binningen und Bottmingen geht. Wer etwas erreichen will, steht zusammen und schaut, dass er etwas erreichen kann.

Der Kanton sei nichts und habe die Finanzen nicht im Griff. Das ist lustig, liest man jeden Tag gerne und kann immer wieder geschrieben werden. Die Gemeinden haben auch ihren Druck. Gerade bei der USR III: Wenn sie keinen Druck hätten, würden sie sich nicht so laut äussern. Also: Aufpassen!

Der Kanton hat gesamtschweizerisch den höchsten Umsatz im Finanzausgleich. Es gibt viele Zahlungen von wenigen Gebergemeinden. Diese haben Druck gemacht. Dies war der Auslöser. Der Kanton drohte etwas auseinanderzubrechen. Die Solidarität war unter Druck. Antworten waren gefragt. Baselbieter geben antworten, sie plaudern nicht einfach, sondern machen etwas. Dies hat zu der Charta von Muttenz geführt. Den Inhalt der Charta von Muttenz kennt Regierungsrat Lauber haargenau. Der Titel in der Zeitung war richtig: «Emanzipation der Gemeinden». Genau darum geht es. Es ist aber schwierig, 86 Gemeinden zu emanzipieren.

Die Aufgaben vom Kanton auf die Gemeinden zu verteilen, deren Massstab die Grösse von 86 Gemeinden ist, ist schwierig. Darum wurden Lösungen gesucht. Als Gemeindepräsident hat er angefangen und als Regierungsrat damit weitergemacht, die Gemeindeautonomie zu stärken. Variabilität – die Gemeinden sollen mehr Freiheiten haben in den Regionen. Der regionale Gedanke wurde gemeinsam niedergeschrieben. Dies war ein wichtiger Schritt. Das kommt nun in die Verfassung – dafür wird auch der Kommission gedankt. Das haben die Gemeinden verdient. Damit gibt es einen klaren Kriterienkatalog, wie die Aufteilung zwischen Kanton und Gemeinden funktionieren soll. Dies ist ein erster Schritt, der nur zu begrüssen ist – unabhängig davon, ob dieser von der Charta kommt oder nicht; er ist richtig. Damit liegt der Kanton mit anderen Kantonen absolut im Trend.

Die Frage ist, wie das weiterentwickelt wird. Es wird zur Kenntnis genommen: Nicht so schnell, «mr wei luege». Es werden Erfahrungen gesammelt. Es wurde parallel gearbeitet: Die Aufgabenteilung wurde überprüft und geschaut, was über die Verfassung gemacht werden kann. Bei der Aufgabenteilung gab es eine Arbeitsgruppe. Es hat sich herausgestellt, dass es schwierig ist. Es ist nicht so einfach, vom Kanton die Aufgaben auf die Gemeinden neu zu verteilen. Vor allem weil der Kanton so heterogen ist.

Im Projekt VAGS wird weitergearbeitet, um einen Schritt vorwärts zu kommen. Damit ist man gut unterwegs. Es ist wichtig, dass der Kanton nicht nur reagiert, sondern agiert. Aktiv Zukunft gestalten und nicht nur dann aktiv werden, wenn das Problem drückt und weh tut, sondern vorher schon antizipieren und sich daraus entwickeln. Dafür braucht es eine minimale Organisation, die man sich in den Regionen geben kann. Regierungsrat Lauber ist einverstanden, wenn die Thematik so angegangen wird – jetzt einen Grundstein legen mit dem Verfassungsartikel und gemeinsam mit den Gemeinden weiterarbeiten. Die Diskussion war wichtig. Mit Blick auf die Diskussionen im Kanton Basel-Landschaft gibt es Bewegung, es hat eine Welle ausgelöst. Ob sie genau zum gewünschten Ziel jedes Einzelnen führt, sei dahin gestellt. Aber es gab einen Austausch und die Richtung ist klar. Etwas nimmt der Regierungsrat mit: Der regionale Gedanke lebt. Alle sagten ja, nun muss eine Einigung über die Modalitäten stattfinden. «Das werden wir im Baselbiet schaffen, weil wird gut sind».

Landratspräsident Philipp Schoch (Grüne) informiert, es gebe einen Antrag von Daniel Altermatt, nur auf die Verfassung einzutreten. Das Gesetz würde in diesem Fall nicht weiter behandelt.

://: Der Landrat beschliesst mit 41:40 Stimmen, nur auf den die Verfassung betreffenden Teil der Vorlage einzutreten.

[Namenliste]

1. Lesung Verfassung

Keine Wortbegehren.

://: Damit ist die 1. Lesung abgeschlossen.

 

Für das Protokoll:
Léonie Schwizer, Landeskanzlei