Protokoll der Landratssitzung vom 25. März 2010

Nr. 1760

Kommissionspräsident Urs von Bidder (EVP) informiert, am 1. Januar 2011 werde die Schweizerische Strafprozessordnung und damit auch das kantonale EG StPO in Kraft treten. Bis dahin muss der Aufbau der Staatsanwaltschaft in der neuen Struktur geregelt und beschlossen sein. Die Justiz- und Sicherheitskommission befasste sich sehr lange (von September 2009 bis Februar 2010) mit dem eigentlich kurzen Landratsbeschluss. Dies hängt damit zusammen, dass zuerst die Wahl der Ersten Staatsanwältin erfolgen musste. Zudem lagen gewisse von der Kommission verlangte Unterlagen erst im Februar 2010 vor.


Bei der Vorstellung der Vorlage in der Kommission wurden verschiedene Punkte besonders hervorgehoben. So habe der Regierungsrat in seiner Vorlage ( 2008/148 ) und später auch in den entsprechenden Erläuterungen zur Volksabstimmung festgehalten, dass die fünf Standorte der heutigen Statthalterämter in Arlesheim, Laufen, Liestal, Sissach und Waldenburg einstweilen erhalten bleiben und innerhalb der neuen Staatsanwaltschaft je eine Hauptabteilung bilden werden. Ebenso wurde in den erwähnten Unterlagen ausgeführt, dass das heutige BUR (Besonderes Untersuchungsrichteramt für Wirtschaftsdelikte und organisiertes Verbrechen) innerhalb der Staatsanwaltschaft eine weitere Hauptabteilung bilden wird. Das heisst, es sollen vorerst sechs Hauptabteilungen gebildet werden. Betreffend weiterer Punkte verweist Urs von Bidder auf den Kommissionsbericht.


In der Diskussion wurde festgestellt, dass die fünf Hauptabteilungen und die HA "Wirtschaftskriminalität und organisiertes Verbrechen" unterschiedlich gross sein werden. Dies ergibt unterschiedliche Führungsverantwortungen und unterschiedliche Arbeitsfelder der Leitenden Staatsanwältinnen und -anwälte, somit auch Unterschiede in der Entlöhnung. Die Frage wurde gestellt, ob zwei kleinere Standorte auch von ein und derselben Person geleitet werden könnten, was zur Folge hätte, dass es nur fünf Leitende Staatsanwälte bräuchte. Auch die Zahl der Hauptabteilungen wurde nochmals in Frage gestellt. Es wurde befürchtet, dass man zu viele Chefs wählen müsste, was einerseits die Lohnsumme erhöhe und andererseits die Strukturen auf lange Zeit zementieren würde, denn niemand liesse sich gern zurückstufen. Unklar sei auch die Regelung der Stellvertretungen.


Nach der Wahl von Angela Weirich zur Ersten Staatsanwältin im Januar 2010 wurde diese von der Justiz- und Sicherheitskommission dazu eingeladen, ihre Sicht der Dinge darzulegen:


Die anschliessende Debatte in der Kommission drehte sich um drei Themenfelder:


- Führung von HA unterschiedlicher Grösse; Pflichtenheft für die HA-Leitung
Es wurde der Wunsch nach einer schlankeren Struktur geäussert, man einigte sich darauf, dass die Führungsaufgaben der Leitenden Staatsanwälte unterschiedlich ausgestaltet sein werden: Während sie in den drei grossen HA Arlesheim, Liestal und Sissach den grössten Teil des Pensums ausmachen, wird für die Hauptabteilungen Waldenburg oder Laufen mit folgender Aufteilung geplant: 60-70 % operative Fallbearbeitung, 30-40 % Leitungsaufgaben. Die Kommission erachtete es als nicht klug, wenn eine Person "aus der Ferne" gleichzeitig zwei kleine Hauptabteilungen führen würde.


- Lohnfragen
Eine entsprechende Vorlage wird in der Personalkommission beraten werden und der Landrat wird die Änderung im Personaldekret beschliessen.


- Vergleichbarkeit zwischen den Kantonen
Es wurde festgestellt, dass Kantonsvergleiche generell ziemlich heikel seien, da oft nicht Gleiches mit Gleichem verglichen werde. Jeder Kanton führt seine Statistik anders und es sei entsprechend schwierig festzustellen, wer welche Funktion in welchem Anstellungsverhältnis ausübt. Die "funktionalen Staatsanwalt-Stellen" umfassen alle Ermittelnden, unabhängig von ihrem Titel. Eine Aufstellung belegt, dass in fast allen Schweizer Kantonen die Zahl der funktionalen Staatsanwalt-Stellen zumindest beibehalten, teilweise deutlich aufgestockt wird. In Baselland wird die Zahl der funktionalen Staatsanwalt-Stellen beibehalten. Für die Frage nach der Anzahl der zu wählenden Leitenden Staatsanwälte spielt diese Tatsache aber eine untergeordnete Rolle.


Nachdem die Kommission an der Sitzung vom 11. Februar Einsicht in alle verlangten Unterlagen nehmen konnte und viele Fragen geklärt werden konnten, sahen sich die Mitglieder in der Lage, einen Entscheid zu treffen. Eintreten war unbestritten und in der Detailberatung wurden keine wesentlichen Änderungen verlangt.


Die Kommission empfiehlt dem Landrat mit 9:0 Stimmen bei 3 Enthaltungen, auf die Vorlage 2009/214 einzutreten und dem Antrag der Regierung, sechs Leitende Staatsanwälte oder Staatsanwältinnen einzusetzen, zu entsprechen.


An dieser Stelle begrüsst Landratspräsident Hanspeter Frey (FDP) herzlich das Präsidium des Kantonsrats des Kantons St. Gallen unter der Führung der Kantonsratspräsidentin Elisabeth Schnider. Er hofft, die anwesenden Kantonsrätinnen und Kantonsräte hätten bisher einen spannenden Vormittag erlebt.


Regula Meschberger (SP) betont, mit der aktuellen Vorlage komme der Kanton in der Umsetzung der eidgenössischen Strafprozessordnung einen Schritt weiter. Die Struktur der Hauptabteilungen ergibt sich aus den räumlichen Verhältnissen (5 bisherige Statthalterämter und BUR). Das Parlament selbst brockte sich ein kleines Problem ein, denn es hielt im Gesetz fest, der Landrat bestimme die Anzahl der Leitenden Staatsanwälte und Staatsanwältinnen. Die Anzahl allein sage jedoch noch nichts über das Pensum aus, was logischerweise zu intensiven Diskussionen führte. Welche Pensen sind also nötig und braucht es tatsächlich in jeder Hauptabteilung einen Leitenden Staatsanwalt oder eine Leitende Staatsanwältin?


Auch die SP-Fraktion kam zum Schluss, der aktuellen Vorlage könne aus zwei wichtigen Gründen zugestimmt werden: Es bestehen grosse Kulturunterschiede zwischen der jetzigen Staatsanwaltschaft und den bestehenden Statthalterämtern. Diese beiden Kulturen müssen nun zusammengeführt werden, was Zeit brauche. Ausserdem müsse der entsprechende Prozess begleitet und geleitet werden. Es sei also sinnvoll, dass eine Führungsperson vor Ort anwesend sei, welche die Fäden in der Hand hält. Dazu kommt, dass laufend wichtige Entscheide zu fällen seien, bsp. Zwangsmassnahmen, Inhaftierungen, etc., und diese sollen vor Ort von den zuständigen Personen getroffen werden. Die Änderung des Personaldekrets, welches die Entlöhnung der Leitenden Staatsanwältinnen und Staatsanwälte festhält, erleichterte es der SP-Fraktion zusätzlich, die aktuelle Vorlage zu unterstützen. Das Problem des Anteils Führung gegenüber dem operativen Geschäft in den einzelnen Hauptabteilungen könne so optimal gelöst werden.


Es soll nun also so gestartet werden, wie es die Vorlage und der Kommissionsbericht vorsehen. Die nachfolgende Entwicklung müsse aber genau beobachtet werden, denn beispielsweise die Struktur mit den 6 Hauptabteilungen dürfe keinesfalls in Stein gemeisselt sein.


Das neue Strafjustizzentrum in Muttenz werde hoffentlich Veränderungen mit sich bringen, auch werde darauf vertraut, dass die Erste Staatsanwältin für sinnvolle Veränderungen offen sei.


Die SP-Fraktion beantragt dem Landrat also, die aktuelle Vorlage zu unterstützen.


Dominik Straumann (SVP) gibt im Namen der SVP-Fraktion bekannt, man werde dem Vorschlag, 6 Hauptabteilungsleiter einzusetzen, zustimmen. Über die Regelung, diesen Positionen gemischte Aufgaben zuzuteilen (Führungstätigkeit und Ermittlungstätigkeit), zeigt man sich erfreut. Er selbst ist ebenfalls der Ansicht, die weitere Entwicklung müsse genau verfolgt werden, denn allenfalls werde es später nicht mehr notwendig sein, derart viele Hauptabteilungsleiter einzusetzen. In der aktuellen Übergangszeit sei es jedoch wichtig, dass auch von der Führungsfunktion her an den einzelnen Standorten eine starke Hand vorhanden sei.


Daniele Ceccarelli (FDP) nimmt seinen Ausführungen vorweg, die FDP-Fraktion unterstütze die aktuelle Vorlage. Damit habe man sich für die Bezirksstruktur entschieden, jedoch lasse das Gesetz auch die Möglichkeit einer fachlichen Anbindung (analog zum baselstädtischen Modell) zu. Die bereits erwähnte Zusammenführung der Kulturen werde nicht einfach sein, weshalb es nicht klug wäre, diese Zusammenführung zum jetzigen Zeitpunkt mit einer tiefgreifenden Strukturänderung zu belasten.


Christine Gorrengourt (CVP) erachtet es bei der Umsetzung der Neuerungen als sinnvoll, dass pro Hauptabteilung eine Führungsperson vor Ort anwesend sei. Entscheidend sei, dass das Führen der stark unterschiedlich grossen Hauptabteilungen bei der Lohneinreihung berücksichtigt werde. In Zukunft müsse überprüft werden, ob es weiterhin nötig sein werde, sechs Hauptabteilungen zu führen. Die CVP/EVP-Fraktion unterstützt die aktuelle Vorlage.


Klaus Kirchmayr (Grüne) gibt bekannt, die Grüne Fraktion stimme der Vorlage ohne grosse Begeisterung zu. Der Eindruck bestehe nach wie vor, wenn auch etwas weniger stark als zu Beginn, die Staatsanwaltschaft werde über zu viele Häuptlinge und zu wenige Indianer verfügen. Die Mitglieder der Grünen Fraktion liessen sich jedoch vom Argument überzeugen, dass es vor allem für die nicht einfache Integrationsphase sinnvoll sein werde, vor Ort über entsprechendes Personal zu verfügen. Die flankierenden Massnahmen im Zusammenhang mit der Einstufung seien eine weitere Sicherung, welche den Weg für eine Zustimmung freimachen.


In Zukunft sei laufend zu überprüfen, ob sich die Strukturen noch bewähren, auch wenn es erfahrungsgemäss schwierig sein werde, einmal geschaffene Chefpositionen zu eliminieren. Hier hofft Klaus Kirchmayr, die Lippenbekenntnisse würden dann auch in die Tat umgesetzt.


Regierungsrätin Sabine Pegoraro (FDP) dankt für die gute Aufnahme der aktuellen Vorlage und sie betont erneut, die heute vom Landrat zu beschliessenden Strukturen seien nicht in Stein gemeisselt. Eine nächste Möglichkeit, Änderungen vorzunehmen, werde sich mit der Beratung der Vorlage zum Strafjustizzentrum bieten. Über einen Zusammenzug von Arlesheim und Laufen müsse dann diskutiert werden und Sabine Pegoraro zeigt sich überzeugt, dass mit dem nun vorliegenden Lösungsvorschlag die richtige Anzahl von Häuptlingen gefunden wurde. Diese Häuptlinge werden sich für einen guten Start der Staatsanwaltschaft einsetzen.


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Detailberatung Landratsbeschluss


Titel und Ingress keine Wortbegehren


Die Anzahl der Leitenden Staatsanwältinnen und Leitenden Staatsanwälte der Staatsanwaltschaft gemäss der Schweizerischen Strafprozessordnung und dem Einführungsgesetz zur Schweizerischen Strafprozessordnung wird auf sechs festgelegt. keine Wortbegehren


://: Der Landrat stimmt dem Landratsbeschluss einstimmig zu.


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Landratsbeschluss
betreffend Bestimmung der Anzahl der Leitenden Staatsanwälte und Leitenden Staatsanwältinnen


vom 25. März 2010


Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:


Die Anzahl der Leitenden Staatsanwältinnen und Leitenden Staatsanwälte der Staatsanwaltschaft gemäss der Schweizerischen Strafprozessordnung und dem Einführungsgesetz zur Schweizerischen Strafprozessordnung wird auf sechs festgelegt.


Für das Protokoll:
Andrea Maurer, Landeskanzlei



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