Protokoll der Landratssitzung vom 25. März 2010
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2008-340 vom 10. Dezember 2008 Interpellation der FDP-Fraktion: Pisastudie - Schriftliche Antwort des Regierungsrates vom 17. März 2009 - Beschluss des Landrats vom 25. März 2010: < erledigt > |
Landratspräsident Hanspeter Frey (FDP) fragt die Interpellantin an, ob sie mit der Antwort zufrieden sei, eine kurze Erklärung abgeben wolle oder die Diskussion verlange.
Interpellantin Bea Fünfschilling (FDP) verlangt die Diskussion.
://: Der Diskussion ist stillschweigend stattgegeben.
Bea Fünfschilling (FDP) geht im Folgenden auf die Fragen ein, die aus ihrer Sicht nicht befriedigend beantwortet worden sind.
Zu Frage a: Der Bildungsdirektor sieht in HarmoS und im Bildungsraum Nordwestschweiz Lösungsansätze für bessere Pisaresultate und versucht, dies mit beeindruckenden Kontrollmassnahmen wie formatives und summatives Evaluationskonzept, nationales Bildungsmonitoring, Monitoring der Bildungssysteme und Bildungsbericht zu beweisen.
All diese Kontrollsysteme können zwar taugliche Mittel zur Überprüfung bestehender Systeme sein, indem sie retrospektiv Stärken und Schwächen aufzeigen können. Für Evaluationen, die zu Kenntnissen über Optimierungen führen sollen, müsste allerdings der Status Quo als Vergleichsgrösse erhoben worden sein. Das ist nicht in ausreichendem Masse geschehen.
Da sie bei hohen zweistelligen Millionenbeträgen ein vernünftiges, ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis erwartet und nicht gerne die Katze im Sack kauft, fragt die Interpellantin erneut, was HarmoS und Bildungsraum Nordwestschweiz dem Kanton Baselland an Bildungsoptimierung bringen sollen, das heisst, ob die Chancen der hiesigen Jugendlichen auf einen Berufsabschluss dadurch erhöht werden. Nur eine überzeugende Antwort rechtfertigt die Zustimmung zu HarmoS.
Zu Frage b: Die Frage hat sich in der definitiven Vorlage erledigt. Es gibt allerdings Hinweise, dass Baselland weiterhin die Evaluationen der Basisstufe verfolgt. Heisst das, dass dieses Eingangsstufenmodell trotz mehrheitlich negativer Vernehmlassungen bleiben wird?
Für die Beantwortung der Fragen c und d bedankt sich die Interpellantin.
Zu Frage e: Glaubt die BKSD, dass mit Reformen wie Frühfremdsprachen die Zahlen gesenkt werden können, oder hat sie Kenntnis von den 6-jährigen Erfahrungen aus dem Kanton Zürich, die bestätigen, dass nur begabte Kinder davon profitieren und weit mehr als die Hälfte der Primarschülerinnen und -schüler in hohem Masse gefordert bzw. hoffnungslos überfordert sind?
Zu Frage f: Kann man das auch in Zahlen beziffern oder fehlen diese?
Zu Frage g: Eine Vergleichstatistik mit anderen Kantonen aus dem Jahr 2003 zeigt, dass Baselland gar nicht so schlecht da steht. Das Ziel aber ist es, diese Zahl durch Reformen gegen Null zu senken. Welche Massnahmen müssten ergriffen werden, um dieses Ziel zu erreichen?
Zur Frage h hat die Interpellantin keine Bemerkungen.
Zu den Fragen i und j: In diesen Fragen könnten die Meinungen zwischen Regierungsrat und ihr, die sie im operativen Geschäft tätig ist, nicht unterschiedlicher sein. Es ist jetzt aber weder Zeit noch Ort, die Thematik auszudiskutiren. Die Antworten befriedigen jedenfalls überhaupt nicht und werden noch viel zu reden geben.
Zur Frage k: Die Interpellantin ist weitgehend einverstanden, dass vieles besser gemacht werden kann, wenn gute Rahmenbedingungen vorhanden sind. Dazu gehörte auch eine qualitativ hochstehende Ausbildung der Lehrpersonen. Es fragt sich nur, wer die «geeigneten» Rahmenbedingungen definiert. Aufgrund der Antworten zu den Fragen i und j kommt die Interpellantin nicht umhin, grosse Zweifel an machbaren Lösungen zu haben.
Abschliessend hält Bea Fünfschilling fest, dass die schriftlichen Antworten nicht dazu beitragen, sie von der Sinnhaftigkeit der Riesenbaustelle im Bildungsbereich zu überzeugen. Sie ist aber gespannt auf die zusätzlichen Ausführungen des Bildungsdirektors.
Paul Wenger (SVP) teilt die Auffassung Bea Fünfschillings, dass die Antworten des Regierungsrates sehr schwammig ausgefallen sind. Am Schluss der schriftlichen Antwort steht ein Satz, der unbestritten wahr ist: «Voraussetzung für jedes Lernen ist Anstrengung». Dieser Satz ist unwiderlegbar, und alle anderen Äusserungen seiner Vorrednerin gehen in die richtige Richtung.
Der Bericht ist gespickt mit Formulierungen wie formatives und summatives Evaluationskonzept, Strukturreformen, Interessens- und Kompetenzprofil, Sozialkompetenz und vielem mehr. Das Allerweltswort «Kompetenz» geistert in beängstigender Weise in der Bildungslandschaft herum, im Umfeld von Pisa erst recht. Obwohl Pisa hier selbstverständlich nichts mit der italienischen Stadt zu tun hat, haftet dieser schriftlichen Antwort auch etwas Schiefes an.
Im Zusammenhang mit den anstehenden gewaltigen Bildungsvorlagen gilt es nun, sich auf das Einfache und Machbare umzubesinnen. Die einzige Chance, die aus Sicht der Fraktion im Kanton besteht, ist die Schaffung eines verbesserten, differenzierten und gegliederten Schulwesens.
Die teilweise nicht fundierten Antworten, die Bea Fünfschilling erhalten hat, beschäftigen auch die SVP. Es braucht ein Schulsystem, das losgelöst ist von Begriffen wie Methodenkompetenz, Basiskompetenz, Sozial- und Handlungskompetenz.
Die SVP-Fraktion ist nicht befriedigt von den Antworten des Regierungsrates. Es gibt das Wort «Inkompetenzkompensationskompetenz», das zwar nicht von Paul Wenger stammt, ihm aber gefällt. [Heiterkeit] In dieser Bildungslandschaft gibt es offenbar viele Leute, die sich dieses Wort auf die Fahne geschrieben haben. Die SVP-Fraktion wird die ganze Entwicklung im Bildungsbereich scharf im Auge behalten und sich zu gegebener Zeit wieder melden.
Thomas Bühler (SP) möchte in diesem Rahmen keine grosse bildungspolitische Diskussion führen. Einen Punkt hat ihn als direkt Betroffenen aber schon «gestochen» - weil er beruflich damit zu tun hat, weil er einen Vorstoss unternommen hat und weil es wohl auch im Sinne der gesamten Fraktion ist -, nämlich die Antwort auf die Frage nach den Höchstschülerzahlen.
Er vertritt diesbezüglich klar eine andere Meinung als die in der schriftlichen Antwort vom Regierungsrat vertretene.
Die Fraktion ist davon überzeugt, dass die Aussagen nicht einfach so stehen bleiben können. Sie ist klar der Meinung, dass im Zusammenhang mit den Reformprojekten, wie sie angedeutet sind und den Kommissionen zur Vorberatung vorliegen, auch die Höchstzahlen diskutiert werden müssen. Es sind Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Reformen sinnvoll verwirklicht und erfolgversprechend zum Ziel geführt werden können.
Primarlehrpersonen an der Front sind überzeugt davon, dass der in der Antwort zitierte «Bildungsfranken» tatsächlich bei der Senkung der Höchstzahlen gewinnbringender eingesetzt werden kann als bei gewissen anderen Projekten.
Regierungspräsident Urs Wüthrich (SP) beschränkt sich auf drei Bemerkungen:
1.
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Er geht wie Paul Wenger davon aus, dass die inhaltliche Auseinandersetzung im Rahmen der umfassenden Vorlagen stattfindet, mit denen das Parlament konfrontiert ist und mit denen die vorberatende landrätliche Kommission sich intensiv an ganztägigen Sitzungen beschäftigt. Die dort thematisierten Fragen bilden die Grundlage für die unterschiedliche Meinungsbildung, ebenso für die unterschiedliche Beurteilung, wenn es um die Würdigung der schriftlichen Antwort geht.
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2.
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Was den Schuleingangsbereich angeht, so gibt es - entgegen gewissen Absichten, die nach der Vernehmlassung im Raum gestanden haben - ausdrücklich kein «Jekami» und nicht irgendwelche «Hintertür-Basisstufenübungen». Der Kanton hat sich dazu verpflichtet, seinen Beobachterstatus bei der EDK Ost einzunehmen und sich an der Studie der EDK Ost finanziell zu beteiligen.
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Der Bildungsdirektor ist sich jedoch sehr wohl bewusst, dass es politisch naiv wäre, eine neue Variante zum Schuleingangsbereich in die Bildungslandschaft Basellands einschmuggeln zu wollen. Wenn tatsächlich die Überzeugung vorherrschen sollte, dass eine neue Form des Schuleingangsbereiches gewünscht wird, dann wird dies Gegenstand der Beratungen im Parlament sein.
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3.
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Anstrengungen sind, dies unterschreibt der Bildungsdirektor ohne Einschränkung, ganz entscheidend - von Schülerinnen und Schülern, aber auch von Lehrerinnen und Lehrern, von den Schulleitungen, von der Bildungsverwaltung sowie von der Politik. Am wichtigsten aber ist wohl die gemeinsame Anstrengung für eine konstruktive Zusammenarbeit.
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Keine weiteren Wortbegehren.
://: Damit ist die Interpellation 2008/340 erledigt.
Für das Protokoll:
Barbara Imwinkelried, Landeskanzlei
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