Protokoll der Landratssitzung vom 30. Oktober 2014

Nr. 2291


Landratsvizepräsident Franz Meyer (CVP) weist nochmals darauf hin, dass Traktandum 32 gemeinsam mit dem Traktandum 100 abgehandelt werden soll, das sachlich den gleichen Gegenstand hat. Er teilt mit, dass der Regierungsrat bereit ist, die beiden Postulate entgegenzunehmen.


Rolf Richterich (FDP) teilt mit, die FDP-Fraktion lehne beide Postulate ab. Es gibt das Bildungsgesetz, in dem der Passus über die teilautonomen Schulen ein sehr zentraler Teil ist und die Schulräte eine enorm wichtige Position innehaben. Es verhält sich nicht so, wie es in dem Postulat von Caroline Mall geschrieben ist, wobei undurchsichtig ist, was sie eigentlich am Ende will, und es verhält sich auch nicht so, wie es Jürg Wiedemann sagt, dass man auf die Schulräte eigentlich verzichten könnte. Die FDP ist der Meinung, der Schulrat hat eine ganz zentrale Bedeutung, und er muss sowohl für die Primar- wie für die Sekundarschule beibehalten werden. Für die FDP ist alles andere indiskutabel. Wenn man § 82 des Bildungsgesetzes liest, sieht man, welch wichtige Aufgaben der Schulrat hat, unter anderem die Anstellung von Schulleitungen und Lehrerinnen und Lehrerinnen. Das sind zentrale Aufgaben, die man nicht einfach der Schulleitung oder dem Gemeinderat übertragen kann. Der Schulrat sichert auch eine gewisse Qualität, weil seine Zusammensetzung in der Regel längere Zeit konstant bleibt und sich so die Kompetenz vermehrt.


Postulantin Caroline Mall (SVP) bedankt sich vorweg für das Votum des Nichtpostulanten Rolf Richterich zu ihrem Postulat. Die Funktion der Schulräte so, wie sie heute im Bildungsgesetz steht - und die Postulantin kennt das Bildungsgesetz und ist selbst seit vielen Jahren Schulrätin - weist trotz allem aus Praxissicht Lücken auf. Diese Behörde hat heute nicht mehr den Stellenwert, wie er seinerzeit angedacht wurde. Das zeigt die Praxis klar. Der Schulrat darf zwar unbefristete Verträge unterschreiben, er darf die Schulleitung anstellen und er darf die strategische Ausrichtung bestimmen. Das alles ist recht und gut. Der Postulantin geht es jedoch vornehmlich um die Schnittstellen zwischen operativem und strategischem Geschäft. Dort zeigt sich immer wieder ein Problem. Es geht der Postulantin nicht darum, dass man diese Behörde, der sie selbst angehört, grundsätzlich in Frage stellt, sondern dass man sie neu überdenkt. Das Bildungsgesetz ist schon einige Jahre alt, und es wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, es wieder einmal durchzustrählen und anzupassen, wo Anpassungen nötig sind, ein Vorhaben, das Regierungsrat Wüthrich übrigens auch schon länger auf der Pendenzenliste hat. Das wäre der Wunsch der Postulantin; und ein Postulat zielt ja immer auf prüfen und berichten. Angenommen, Urs Wüthrich würde das noch verarbeiten können und eine guten Bericht vorlegen, dann könnte man sicher einen Mehrwert erzielen, auch im Zusammenspiel von Schulleitungen und Schulräten.


Zum Postulat von Jürg Wiedemann, der auch die mögliche Abschaffung der Schulräte geprüft haben will: Diese ist durchaus ein Thema, auch wenn die Postulantin sie nicht für nötig hält. Es muss aber, im Gegensatz zur strikten Haltung von Rolf Richterich, erlaubt sein, darüber nachzudenken.


Postulant Jürg Wiedemann (Grüne) führt aus, ihm gehe es mit seinem Vorstoss in erster Linie um eine Auslegeordnung. Er möchte eine breite Auslegeordnung, die, wie er es klar beschrieben hat, vom Status quo bis zur Abschaffung gehen soll. Der Ursprung des Vorstosses lag darin, dass die Sekundarschulen, auf die er sich anfänglich allein bezog, früher bei den Gemeinden angesiedelt waren, während sie jetzt beim Kanton angesiedelt sind; zudem gibt es jetzt die Schulkreise. Eine der Prüfungen, die der Regierungsrat anstellen müsste, ist die, ob es wirklich einen Schulrat pro Standort braucht, oder ob es nicht sinnvoller wäre, je einen Schulrat pro Schulkreis zu installieren. Dies hätte enorme Vorteile, wenn es zum Beispiel darum ginge, Mathematikstunden von einer Schule, an der es zu viele davon hat, an eine andere Schule, wo eine Unterdeckung herrscht, zu verschieben; so etwas könnte leichter gemacht werden, wenn es sich um die gleiche Anstellungsbehörde handelt. Heute wäre so etwas nicht oder nur sehr schwer möglich. Deswegen wünscht der Postulant die Auslegeordnung, deswegen möchte er geprüft und berichtet haben. Der Regierungsrat will das Postulat entgegennehmen. Man sollte es ihm übergeben, damit er diese Prüfungen vornehmen kann.


Christoph Hänggi (SP) weist darauf hin, es sei immer wieder zu hören gewesen, dass zwischen den Gemeinden und dem Kanton über die Schulräte diskutiert wurde; es war aber eine Diskussion hinter verschlossenen Türen, die da und dort zu Unruhe unter den Schulrätinnen und Schulräten geführt hat. Es ist gut, dass die Diskussion mit diesen beiden Postulaten jetzt auf die Ebene Landrat kommt und nun öffentlich geführt wird. Der Votant selber ist der Meinung, dass der Schulrat nicht abgeschafft werden sollte, sondern dass das Milizsystem des Schulrats gestärkt werden sollte; es ist Ausdruck des Demokratieverständnisses im Kanton. Dementsprechend ist ihm persönlich das Postulat von Caroline Mall sympathischer als das von Jürg Wiedemann, in welchem die Tendenz zur Abschaffung des Schulrats zwischen den Zeilen erkennbar ist. Aber vielleicht ist diese Präferenz auch persönlich gefärbt [Heiterkeit] . Es braucht nach Meinung des Votanten weiterhin ein Bindeglied zwischen Gemeinderat und teilautonomen Schulleitungen. Es kann nicht sein, dass die teilautonome Schulleitung direkt in Richtung Gemeinderat rapportieren muss. Es braucht das Bindeglied, damit nicht nur finanzpolitische, sondern auch bildungspolitische Aspekte berücksichtigt werden.


Im Sinn von prüfen und berichten ist die SP für das Überweisen beider Postulate.


Oskar Kämpfer (SVP) stellt fest, mit den Schulräten habe man ein Kontrollorgan der einzelnen Schuleinheiten; und nun will man, dass die Organisationseinheit der Schulen, also die BKSD, eine Auslegeordnung bezüglich dieses Kontrollinstruments macht. Das kann gar nicht gut kommen. Die Bedenken, die in den Postulaten zum Ausdruck kommen, beziehen sich auf die Qualität des Kontrollinstruments. Es ist aber so, dass die Leute, die dort sitzen, von den Parteien nominiert werden. Sie sind also erst einmal in der Pflicht, wenn etwas besser werden soll. Sie müssen eine Auslegeordnung machen und überlegen, welche Leute sie in die Schulräte delegieren. Das wäre zentral, wenn man dieses Organ stärken will. Die Aufgaben sind klar definiert und vom Gesetz vorgegeben. Sie müssen aber von den Einzelne auch wahrgenommen werden. Ein Überweisen der Postulate bringt aus Sicht des Votanten überhaupt nichts. Die Möglichkeiten, die man hat, auch über die Akzeptanz der Budgets, auf die Schulräte Einfluss zu nehmen, reichen absolut aus. Nur sind sich die meisten Leute überhaupt nicht bewusst, dass sie solche Funktionen wahrnehmen könnten, sollten und müssten. In diesem Sinne wenden sich die vorgebrachten Anliegen an den falschen Adressaten.


Christine Gorrengourt (CVP) fragt nach der Funktion der Schulleitungen: Eine Schulleitung sollte eine Betriebsleitung sein, die vor allem Personalführung betreibt und gegenüber den Eltern kommunikativ ist. Was ist demgegenüber der Schulrat? Eigentlich wäre er ja wie der Verwaltungsrat des Ganzen. Und an dieser Stelle finden immer Verwischungen statt: Wer ist Verwaltungsrat und wer führt? Wer redet der Schulleitung ins operative Geschäft hinein? Ist das der Gemeinderat, der auf Primarschulebene die Finanzen führt? Oder ist es der Schulratspräsident, der eigentlich auch gerne einmal Schulleiter wäre? Oder führt der Betriebsleiter, der sein Personal und die Kommunikation im Griff hat? Wer hat welche Kompetenz und wer hat welche Rolle? Kann der Gemeinderat alles boykottieren, indem er einfach die Finanzen nicht zur Verfügung stellt? Darf der Betriebsleiter die Finanzen brauchen, die ihm der Gemeinderat zur Verfügung stellt, obwohl der Schulrat eigentlich sagt, er will das nicht? Oder umgekehrt? Wie verhält sich das alles?


Darüber hätte die CVP/EVP-Fraktion gerne eine Auslegeordnung und genauere Richtlinien, wer für was zuständig ist. Denn bei den Kompetenzen und beim Budget gibt es jedes Mal bei einer grossen Zahl von Gemeinden Lämpe [Beifall].


Jürg Wiedemann (Grüne) macht Oskar Kämpfer darauf aufmerksam, dass es sich bei den Schulräten auf Gemeindeebene und an den Sekundarschulen um Volkswahlen handelt. Diese werden, im Gegensatz zu den Gymnasien, nicht vom Landrat gewählt. Dieser kann also keinen Einfluss darauf nehmen, dass die richtigen Leute in die Schulräte kommen. Der Votant ist im Übrigen der Meinung dass die überwiegende Mehrheit derjenigen, die in die Schulräte gewählt werden, ihren Job durchaus gut, richtig und seriös wahrnimmt. Was aber zu diskutieren gibt, ist, ob es eine andere Struktur braucht. Das ist etwas ganz anderes. Das ist etwas, das die Bildungsdirektion, das AVS, prüfen muss. Und genau das ist das Ziel dieser beiden Vorstösse. Der Postulant bittet daher nochmals um Überweisung. Dann bekommt der Rat die gewünschte Auslegeordnung, und dann kann er entscheiden, was er will.


Regierungsrat Urs Wüthrich (SP) ist der Meinung, es gebe hier nicht zwei Gruppen von Menschen, die vernünftigen und die unvernünftigen; sondern es gehe darum, dass die zur Diskussion stehenden Fragen geprüft werden. Die beiden Vorstösse, ob sie überwiesen werden oder nicht, ändern nichts an der Tatsache, dass am 8. November im Rahmen der Tagsatzung der Gemeinden das Thema ganz konkret auf dem Tisch liegt. Es wird dort diskutiert, unabhängig davon, was heute im Rat beschlossen wird. Auch hat die Bildungsdirektion bereits ein anspruchsvolles und vielschichtiges Projekt unter dem Titel «Government in den Schulen» angestossen, bei dem man schauen will, ob die heutigen Zuständigkeiten und Schnittstellen noch mit den Realitäten übereinstimmen. Mitglieder von Schulräten wissen beispielsweise, dass der Rhythmus von Schulratssitzungen nicht ganz korrespondiert mit dem Rhythmus eines Budgetierungsprozesses. Es gibt Dinge, die nicht mehr gleich funktionieren, wie sie vor 20 Jahren funktioniert haben. Es ist am Landrat, diese Vorstösse zu überweisen oder nicht; dies ändert nichts an der Tatsache, dass zu diesen Themen Standortbestimmungen stattfinden. Es liegt in der Kompetenz der Tagsatzung der Gemeinden, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, auch wenn die Postulate zurückgewiesen werden sollten. Aus der Erfahrung heraus kann Urs Wüthrich im Übrigen bestätigen, dass bei allen Behörden, wie auch bei sonstigen Organisationen, ein breites Spektrum von Varianten vorhanden ist in Sachen Kompetenzen und Aufgabenerfüllung, qualitativ, aber auch mengenmässig.


://: Das Postulat 2013/186 wird mit 65:16 Stimmen überwiesen. [ Namenliste ]


://: Das Postulat 2013/313 wird mit 59:16 Stimmen bei 4 Enthaltungen überwiesen. [ Namenliste ]


Für das Protokoll:
Jörg Bertsch, Landeskanzlei



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