Protokoll der Landratssitzung vom 6. April 2006

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2005-302 vom 17. November 2005
Motion der SVP Fraktion: Kantonales Bauverhinderungs- Einspracherecht in Wohnzonen für Verbände abschaffen !
- Beschluss des Landrats: < überwiesen >



Nr. 1756

Landratspräsident Eric Nussbaumer gibt die Bereitschaft der Regierung bekannt, die Motion entgegen zu nehmen, und fragt den Landrat an, ob allenfalls ein gegenteiliger Antrag gestellt werde.


Urs Hintermann spricht sich namens der SP gegen die Überweisung der Motion aus. Die Wortwahl von Herrn Willimann aufnehmend, stellt Urs Hintermann fest, dass mit dessen Vorstoss eine weitere "Sau durch's Dorf getrieben" wird. So wenig wie möglicherweise erwiesen ist, dass Elektrosmog schädlich ist, so wenig kann Herr Willimann beweisen, dass die Einsprachen schädlich sind.


Ohne erneut auf den Nutzen des Beschwerderechtes einzugehen, weist Urs Hintermann darauf hin, dass mit einer Beschwerde nichts anderes durchgesetzt werden kann, als was im Gesetz eh schon vorgesehen ist. Gegen die Überweisung der Motion spricht einerseits, dass sie als Etikettenschwindel daher kommt, und zum Zweiten ist sie unnötig und verfehlt das Ziel.


Mit dem Etikettenschwindel Kantonales Bauverhinderungs - Einspracherecht in Wohnzonen wird suggeriert, es gehe nicht um die Verhinderung von Einsprachen im Gewerbegebiet, sondern nur im Wohngebiet. Bei den von Herrn Willimann zitierten Artikeln 13 und 31 des Raumplanungs- und Baugesetzes geht es aber um die kantonale und die kommunale Nutzungsplanung, und die bezieht sich bekanntlich auf den gesamten Gemeindeperimeter, auf das gesamte Baugebiet, inklusive Industrie- und Gewerbezonen. Nähme der Landrat nun die beantragten Streichungen vor, würde er das Einspracherecht überall und vollkommen abschaffen.


Dass der Vorstoss sein Ziel deutlich verfehlt, beweist eine Nachfrage auf der kantonalen Verwaltung zur Menge der auf den Artikeln 13 und 31 basierenden Einsprachen. Kein einziges Beispiel konnten die Verantwortlichen anführen; man will offenbar etwas abschaffen, das nicht vorkommt. Alle aktuell bekannten Beschwerden - IKEA, Media-Markt - basieren auf Bundesrecht, auf dem Umweltschutz- und dem Natur- und Heimatschutzgesetz, auf Bestimmungen somit, die der Landrat nicht abschaffen kann.


Richtig ist, dass immer wieder Einsprache erhoben wird gegen die Nutzungsplanung. Im Referenzjahr 2004 gingen rund 1400 Einsprachen und Beschwerden gegen Baugesuche ein, 85 Einsprachen richteten sich gegen die Nutzungsplanung. Erste Erkenntnis: Einsprachen gegen die Planung sind sehr viel seltener als Einsprachen gegen die Baugesuche. Von den erwähnten 85 Einsprachen gegen die Planung stammte eine einzige von einem Verband, 84 Einsprachen wurden von Privaten, juristischen Personen oder der öffentlichen Hand, nicht aber von Verbänden erhoben. Deshalb hier die Wiederholung der schon im Rahmen der Interpellation gemachten Feststellung: Sollte es dem Landrat ernsthaft um die Beschleunigung der Planungen gehen, so sollte er auf die Bekämpfung der Verbände verzichten, und im Gegenzug dafür sorgen, dass die Einsprachen durch Nachbarn optimiert werden, dass beispielsweise nicht mehrmals gegen dasselbe Einsprache erhoben werden kann und dass die Verfahren schneller abgewickelt werden.


Fazit: Die Motion zielt in die falsche Richtung und deren Umsetzung trüge nichts ein. Unverständlich, dass die Regierung bereit ist, sie entgegen zu nehmen.


Auch Isaac Reber erinnerte sich an Karl Willimanns "Sau, die durch den Saal getrieben" werden soll.


Tatsächlich ist es nun dem Motionär gelungen, ein Beispiel zu finden, bei dem ein Verband Einsprache gemacht hat. Sollte es ihm gelingen, noch einen zweiten Fall aufzutreiben, so verpflichtete sich Isaac Reber, hic et nunc zur Motion Ja zu sagen. Es wird ihm nicht gelingen! Demgegenüber könnten 1000 Einsprachen von Privaten hier genannt werden.


Dass die Regierung eine solche Motion entgegen nehmen will, hat auch Isaac Reber - offen gesagt - sehr erstaunt.


Karl Willimann meint an die Adresse von Herrn Hintermann, dieser habe wohl die falsche Verwaltungsstelle angerufen. Isaac Reber erinnert Karl Willimann an das ihm bekannte Beispiel "Cheddite" in Lausen. Dort könnte er doch morgen Einsprache erheben und damit der Motion zum Durchbruch verhelfen.


Ein kantonales Einspracherecht für Verbände ist unnötig. Völlig klar ist zwar, dass den betroffenen Nachbarn das Einspracherecht nicht entzogen werden soll; nicht einzusehen ist indes, warum auch Verbände bei kleinen lokalen Projekten Einsprache erheben können - und nur diese Unverhältnismässigkeit ist Gegenstand der Motion.


Das Verfahren der gemeindeweisen Nutzungsplanung ist klar geregelt: Basis ist der kantonale Richtplan, die Rechtmässigkeit wird vom Regierungsrat über eine Amtsstelle geprüft, die Gemeindeversammlung fasst den Beschluss, dann folgt das kantonale Baugesuchsverfahren, das umweltrelevant geprüft wird; grössere Projekte müssen eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchlaufen mit Einspracheberechtigung der Umweltverbände. Konsequenterweise ist festzustellen, das sich die im kantonalen Raumplanungs- und Baugesetz festgeschriebene Lösung gegen kleine, lokale Projekte richtet. Betroffen sein könnte tatsächlich der Parkplatz vor dem Einfamilienhaus.


Fazit: Werden die beiden Paragrafen im Gesetz belassen, so wird in lokalen Baugebieten mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Kantonale Verbandsköche als letztinstanzliche Suppenversalzer bei kleinen Projekten braucht es nicht.


RP Elsbeth Schneider -Kenel spricht die Frage an, warum denn der Regierungsrat diese Motion entgegen zu nehmen bereit sei. Die Regierung nahm sich ausgiebig Zeit zur Diskussion der Motion und kam dabei zum Schluss, sie als Postulat entgegen nehmen zu wollen. Der Grund, diesen Weg zu beschreiten, liegt in der Tatsache, dass die kantonale Nutzungsplanung die Basis bildet und dass die Beschlüsse entweder vom Landrat, einem Einwohnerrat oder einer Gemeindeversammlung gefasst worden sind. Wenn der Souverän einer Planung zugestimmt hat, so soll dieser übergeordnete Entscheid akzeptiert werden - zumal die Verbände bei den Plangenehmigungsverfahren ja bereits mitbestimmen konnten. Weiter sagte sich die Regierung, das Parlament, das immer wieder die Beschleunigung der Verfahren reklamiert, solle nun bestimmen, ob das Einspracherecht weiterhin allen offen stehen soll oder nur noch den betroffenen Nachbarn.


Patrick Schäfli unterstützt namens der FDP-Fraktion die Motion der SVP einstimmig. Im Sinne des "Wehret den Anfängen" soll nicht mehr gegen demokratisch legitimierte Entscheide des Landrates oder eines Einwohnerrates Einsprache erhoben werden können. Bereits hat ja die FDP auf nationaler Ebene eine in die gleiche Richtung zielende Initaitive eingereicht. Mit diesem Vorstoss will die FDP darauf hin wirken, dass endlich auch der VCS vom Volk und vom Parlament demokratisch gefällte Entscheide akzeptieren lernt.


Röbi Ziegler möchte vom Regierungsrat erfahren, ob er im Rahmen seiner Überlegungen auch abgeklärt habe, warum die Bestimmungen ursprünglich in das Raumplanungs- und Baugesetz aufgenommen wurden, und ob mit einer Streichung der beiden Bestimmungen allenfalls Bundesrecht verletzt werden könnte.


Urs Hintermann erinnert der Vorstoss stark an die Effilex-Übung der SVP, die bekanntlich hervorragende Ergebnisse vorweisen kann, beispielsweise schaffte sie es, der Bisamratte an den Kragen zu gehen. Auch der zur Diskussion stehende Vorstoss gehört, was seine Bedeutung betrifft, in dieselbe Kategorie. Würden laufend kantonale und kommunale Nutzungsplanungen torpediert, könnte dem Vorstoss Verständnis entgegen gebracht werden, Tatsache aber ist, dass im Jahre 2004 allenfalls ein einziger Fall nachgewiesen werden kann. Vor diesem Hintergrund ist wirklich unverständlich, warum das Beschwerderecht vorauseilend präventiv liquidiert werden soll. Falsch ist überdies, den Eindruck zu erwecken, es gehe um den Parkplatz beim Einfamilienhäuschen; wer in den Gemeinden tätig ist, weiss vielmehr, dass Lidl und Aldi zurzeit in den Gemeinden die Türklinken putzen, um Läden mit zufälligerweise 990 Quadratmetern Fläche eröffnen zu können. 990 Quadratmeter stehen deshalb zur Diskussion, weil ab 1000 Quadratmetern ein Quartierplan mit einem anderen Verfahren nötig würde.


Um den offenbar so dringenden Handlungsbedarf zu untermauern, bittet Urs Hintermann die Regierung, offen zu legen, wie viele Fälle denn nun wirklich bekannt sind.


RP Elsbeth Schneider -Kenel kennt die genaue Zahl nicht, weiss aber, dass im Kanton nur wenige Fälle bekannt wurden. Zudem geht die Baudirektorin davon aus, dass eine Streichung der Bestimmungen bundesrechtskonform wäre.


://: Der Landrat stimmt der Überweisung der SVP-Motion 2005/302 mit 51 zu 29 Stimmen zu.


Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei



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