Protokoll der Landratssitzung vom 19. Oktober 2017

Landratspräsidentin Elisabeth Augstburger (EVP) erklärt, dass es bloss um die Frage der Rechtsgültigkeit, nicht um den materiellen Inhalt der Initiative gehe und dass der letzte Satz des § 12b Absatz 2 sowie Absatz 3 des Initiativtextes für ungültig erklärt werden sollen.

://: Eintreten ist unbestritten.

– Detailberatung Landratsbeschluss

Matthias Häuptli (glp) gibt bekannt, die glp/GU-Fraktion folge mehrheitlich dem Antrag des Regierungsrates, also dem Antrag auf Teilungültigkeit.

Sie möchte gar noch weiter gehen und die Frage zur Diskussion stellen, ob die Initiative nicht als Ganzes als ungültig erklärt werden müsste. Dies mit Blick auf Absatz 1, der vorsieht, dass der Landrat in dieser einzelnen Frage mit einem Zweidrittelsmehr entscheiden muss. Diese Frage jedoch gehört auf Verfassungsstufe geregelt. Schaut man in die Verfassung, ist dort zwar nirgends explizit geregelt, ob der Landrat mit einfachem oder mit qualifiziertem Mehr Gesetze erlässt. Doch es werden drei Ausnahmen aufgeführt: die Aufhebung der Immunität, das Überspielen des obligatorischen Gesetzesreferendums sowie die dringliche Inkraftsetzung von Gesetzen. Diese drei Ausnahmen erfordern ein qualifiziertes Mehr im Landrat. Daraus folgt, dass alles, was in der Verfassung nicht geregelt ist, mit Mehrheitsentscheid im Landrat entscheiden ist (qualifiziertes Schweigen). Darum ist die Initiative verfassungswidrig und sollte als Ganzes ungültig erklärt werden.

Regula Meschberger (SP) sagt, auch die SP-Fraktion habe die Teilrechtsungültigkeit intensiv diskutiert. Die Fraktion folgt dabei einstimmig der Argumentation und dem Antrag des Regierungsrates, respektive dem Gutachten des Rechtsdienstes des Regierungsrates und des Landrates. Ein Dekret kann nicht durch eine Initiative geändert werden. Mit einer Initiative kann nur eine Gesetzes- oder Verfassungsänderung verlangt werden.

Der Lehrerverband argumentiert, dass es sich bei der Vorlage um eine Gesetzesänderung handelt. Das stimmt auch, denn es geht um das Bildungsgesetz, das geändert werden soll. Dennoch wird bei der Gesetzesänderung auf ein Dekret Bezug genommen und fixiert, wie vom Regierungsrat festgestellt, was in diesem Dekret bereits steht. Das geht klar nicht, denn damit würde man die Ebenen vermischen und dem Landrat Rechte wegnehmen.

Aus diesem Grund ist die SP-Fraktion der Meinung, dass der genannte Teil klar rechtsungültig ist. Es ist schade, musste es so weit kommen, hat doch die Votantin bei der Lancierung der Initiative bei der ersten Diskussion anlässlich einer Versammlung des Lehrerverbandes den Vorstand noch darauf hingewiesen, dass der genannte Teil der Initiative ihrer Meinung nach rechtsungültig sein könnte.

Was Matthias Häuptli betreffend des Absatzes 1 einbrachte, kann durchaus nachvollzogen werden. Dennoch ist es nicht explizit verboten, im Gesetz ein solch qualifiziertes Mehr einzubauen. Deshalb kann der Rechtsgültigkeit des Absatzes 1 durchaus zugestimmt werden.

Hanspeter Weibel (SVP) sagt, er habe beim Votum Häuptli aufgehorcht, sei sich aber nicht sicher, ob dieser einen Antrag gestellt habe oder nicht.

Er erinnert in der Sache an die Debatte rund um StäfiS. Dabei wurde kurzfristig beschlossen, dass ein Zweidrittelmehr erforderlich ist. Danach wurde festgestellt, dass noch ein Nachtrag gemacht werden muss, um die Verfassung anzupassen.

Hier liegt nun eine Initiative vor, welche wiederum denselben Fehler provoziert, nämlich dass etwas in einem Gesetz festgehalten werden soll, was die Verfassung nicht abdeckt. Insofern würde ein Antrag Häuptli unterstützt, um die Wiederholung eines Fehlers zu vermeiden.

Paul R. Hofer (FDP) gibt bekannt, die FDP-Fraktion folge der Argumentation der Regierung.

Florence Brenzikofer (Grüne) votiert, auch die Grüne/EVP-Fraktion folge der Regierung und unterstütze die Teilungültigkeitserklärung. Formell ist die Initiative, wie bereits ausgeführt, gültig. Zu diesem Schluss kommt auch der Rechtsdienst. Es gibt aber einen Widerspruch, nämlich den, dass die Initiative dem höherrangigen Verfassungsrecht widerspricht. Darum ist klar, dass der letzte Satz des Absatz 2 sowie der Absatz 3 rechtsungültig erklärt werden müssen.

Felix Keller (CVP) erläutert die Meinung der CVP/BDP-Fraktion, dass diese der Regierung folge und die Initiative rein formell als teilweise rechtsungültig erkläre. Die Ausführungen des Regierungsrates sind nachvollziehbar.

Jürg Wiedemann (Grüne-Unabhängige) stellt fest, dass die Initiative einen schweren Stand habe, sowohl von links, als auch von rechts. Er hat Mühe mit teilweisen Ungültigerklärungen.

Natürlich kann der Landrat ein Dekret bestimmen. Er kann dabei den Inhalt gestalten. Es muss aber dann zumindest möglich sein, dass das Volk über eine Initiative dem Landrat den Auftrag erteilten kann, in einem Dekret etwas abzuhandeln.

Das sich die Initiative in einem Graubereich befindet, ist ersichtlich, auch nach der Lektüre des Rechtsgutachtens. Es war aber zu Beginn, bei der Formulierung der Initiative, für das Initiativkomitee, zu dem auch der Votant gehört, nicht ersichtlich. Eine Initiative darf alsdann nur für (teil)ungültig erklärt werden, wenn sie offensichtlich rechtswidrig ist. Unter offensichtlich versteht man, dass eine Person ohne Studium der Gesetzeslage rasch und schnell erkennt, dass sie rechtswidrig ist.

Die Initiative wurde durch zwei Juristen geprüft. Diese schätzten sie als gültig ein. Auch das Initiativkomitee war überzeugt von deren Gültigkeit. Insofern kann kaum von einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit gesprochen werden.

Deshalb stellt Jürg Wiedemann den Antrag, den Landratsbeschluss dahingehend zu verändern, dass der Begriff «teilweise rechtsungültig» durch «rechtsgültig» ersetzt wird.

Matthias Häuptli (glp) stellt demgegenüber den Antrag, das Wort «teilweise» zu streichen.

Er bemerkt, dass wenn die Initiative ganz formalistisch angeschaut würde, es nicht so wäre, dass sie das Dekret direkt ändern würde. Sie schafft lediglich eine Gesetzesbestimmung, welche postuliert, wie das Dekret, bevor es geändert werden kann, ausgestaltet werden muss. Der Antrag auf Teilungültigkeit besteht trotzdem zu Recht. Das komplizierte qualifizierte Mehr, welches in Absatz 1 vorgesehen ist, schafft Fragen, wie beispielsweise die, wie es ist, wenn man die Bestimmung wieder abschaffen will: braucht es dazu auch ein qualifiziertes Mehr oder reicht dazu ein einfaches Mehr? Dies sind grundlegende Fragen über das Funktionieren der parlamentarischen Demokratie. Solche Bestimmungen müssen auf Verfassungsebene geregelt werden. Dies werden sie auch, indem die Ausnahmen des qualifizierten Mehrs sehr limitiert sind. Aus diesen Gründen ist die Initiative komplett verfassungswidrig.

Marc Schinzel (FDP) betont noch einmal, dass die FDP-Fraktion in der Frage der Regierung folge und den Antrag auf Teilungültigerklärung unterstütze.

Es ist zu Recht gesagt worden, dass die Verfassung klar postuliert, dass Gegenstand von Volksinitiativen die Verfassung und das Gesetz sind, jedoch nicht das Dekret.

Natürlich könnte aus inhaltlicher Sicht argumentiert werden, dass die Änderung unter das Gesetz subsumiert wird, was die Initiative als gültig erscheinen liesse. Dabei muss jedoch die Frage gestellt werden, welchen Sinn diese Empfehlung noch machen würde, würde sie in dieser Weise angewandt.

Es ist wichtig, zu Beginn bei der Formulierung einer Initiative die nötige Sorgfalt walten zu lassen. Dies ist hier nicht geschehen. Nun einfach zu sagen: «wenn es im Gesetz so stehen würde, ohne das Dekret zu erwähnen, wäre die Initiative gültig» kann nicht die Basis sein für ein Parlament, welches das Recht ernst zu nehmen hat. Es hat die Pflicht, in der Gesetzgebung sauber zu arbeiten. Darum sollte beim nächsten Mal das Dekret besser weggelassen und die Sache auf Gesetzesebene geregelt werden, dann entsteht die ganze Diskussion erst gar nicht.

Bezugnehmend auf den Antrag Häuptli: hier vertritt die FDP-Fraktion nicht ganz dieselbe Ansicht. Und was das Votum Weibel angeht, stimmt der Vergleich nicht, weil es sich bei StäfiS nicht um dieselbe Frage handelte. Die Frage dort war, ob Dekrete einem fakultativen Referendum unterstellt werden können. Es ging darum, zu beurteilen, ob es verfassungsmässig ist, via Gesetz weitere Formen von Dekreten dem fakultativen Referendum zu unterstellen. Nur der Ausgangspunkt war das Quorum, danach ging es um das Dekret und um § 63 Absatz 2, nicht um die Frage der Verfassungsmässigkeit.

Was Matthias Häuptli darlegte, dem kann nicht ganz beigepflichtet werden, obwohl die Argumentation nachvollziehbar ist. Dass die Verfassung einzelne Tatbestände nennt, welche eine Zweidrittelmehrheit voraussetzen, ist nicht in dem Sinn zu interpretieren, dass es in gar keinen anderen Fällen möglich wäre, auch Quoren auf Gesetzesebene vorzusehen. Es wird einfach postuliert, dass wenn ein Gesetz dringlich eingeführt werden soll, was ein aussergewöhnlicher Akt ist, der erschwert werden soll, die Hürde entsprechend höher ist und deshalb das Zweidrittelsquorum vorausgesetzt wird. Zu diesem Schluss kommt auch der Rechtsdienst des Regierungsrates und Landrates.

Auch darf nicht vergessen werden, dass von einer Volksinitiative gesprochen wird. Dabei ist wichtig, dass eine Ungültigerklärung nur bei offensichtlicher Rechtswidrigkeit erfolgt. Ausserdem ist mit Zurückhaltung vorzugehen, weil die Volksrechte hoch zu gewichten sind.

Gegenüberstellung der Anträge Häuptli / Wiedemann

://: Der Landrat zieht in der Eventualabstimmung mit 52:8 Stimmen bei 14 Enthaltungen den Antrag von Matthias Häuptli auf Streichung des Wortes «teilweise» dem Antrag von Jürg Wiedemann auf Ersetzen des Begriffs «teilweise rechtsungültig» durch «rechtsgültig» vor.

[Namenliste]

Beschlussfassung

://: Der Landrat zieht mit 70:4 Stimmen den Antrag des Regierungsrates dem Antrag von Matthias Häuptli vor und erklärt somit die formulierte Gesetzesinitiative «Stopp dem Abbau an öffentlichen Schulen!» für teilweise rechtsungültig im Sinne der Erwägungen des Regierungsrates.

[Namenliste]

 

Für das Protokoll:
Miriam Bucher, Landeskanzlei