Protokoll der Landratssitzung vom 19. Mai 2011
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2010-434 vom 21. Dezember 2010 Vorlage: Bericht zur Umsetzung und Weiterentwicklung des Luftreinhalteplans der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft 2010. Partnerschaftliches Geschäft - Bericht der Umweltschutz- und Energiekommission vom 29. April 2011 - Beschluss des Landrats vom 19. Mai 2011: < beschlossen > |
Kommissionspräsident Philipp Schoch (Grüne) legt den Ratsmitgliedern den heute aufliegenden Jahresbericht 2010 des Lufthygieneamtes beider Basel und des Amtes für Umwelt des Kantons Solothurn ans Herz. Der Bericht gibt eine gute Übersicht über die Entwicklung der Luftschadstoffbelastung.
Grundsätzlich bemerkt Philipp Schoch, es sei sinnvoll gewesen, den nun vorliegenden Zusatzbericht zu verlangen. Dadurch sei man einen Schritt weiter gekommen. S. 10 des Luftreinhalteplans 2010 enthält eine gute Übersicht, wie sich die einzelnen Schadstoffe regional verteilen und welche Belastungen dadurch verursacht werden bzw. wie die Grenzwerte eingehalten werden. Beim Stickstoffdioxid NO 2 werden die Grenzwerte im Baselbiet weitgehend eingehalten. Bei der Feinstaubdauerbelastung liegen die Werte in den ländlichen Gebieten unterhalb der Grenzwerte. Kurzzeitig sind aber auch dort die Belastungen sehr hoch, vor allem im Winter. Ozon stellt bei den Luftschadstoffen ein ungelöstes und grosses Problem dar. Vor allem in den Agglomerationsgemeinden, aber auch in den ländlichen Gebieten, ist die Ozonbelastung im Sommer sehr hoch, die Grenzwerte werden teilweise massiv überschritten.
Die gesamte Luftbelastung verursacht Kosten, wobei Schätzungen für unseren Kanton von jährlichen Folgekosten in der Höhe von 425 Mio. Franken ausgehen. Darin eingerechnet sind Kosten wegen Gesundheitsschäden (chronische Lungenerkrankungen), Gebäudeschäden, Ernteausfällen, Waldschäden und Kosten wegen Klimafolgeschäden durch die Klimaerwärmung. Je mehr wir in die Einhaltung der Grenzwerte investieren, desto mehr Einsparungen bei den Folgekosten der Luftbelastung ergeben sich. Weitere Ziele können nur erreicht werden, wenn im Bereich des Verkehrs auch im Baselbiet Massnahmen umgesetzt werden. Dazu gehören Themen wie Parkraumbewirtschaftung, Fahrtenmodelle, etc.
Die Umweltschutz- und Energiekommission beantragt dem Landrat mit 10:3 Stimmen, den vorliegenden Bericht zur Kenntnis zu nehmen. Mit 12:1 Stimmen wird zudem beantragt, die Postulate 2005/226 und 2006/051 abzuschreiben. Einstimmig wird beantragt, das Postulat 2007/204 abzuschreiben.
Hannes Schweizer (SP) bezeichnet den nun vorliegenden, über 80 Seiten starken Ergänzungsbericht zum Luftreinhalteplan, welchen der Landrat im Oktober 2008 verlangte, als inhaltlich sehr ergiebig. Er zeigt immerhin auf, dass die Bemühungen bezüglich Reduktion der Luftbelastung im Einklang mit dem stehen, was machbar ist. Immerhin wurden von 30 Massnahmen, welche im Luftreinhalteplan 2004 - 2007 in die Wege geleitet wurden, bereits deren 20 umgesetzt. 9 Massnahmen sind in Bearbeitung und eine wurde als nicht realisierbar abgeschrieben. Mit den neuen Massnahmen, zu welchen der aktuelle Bericht Auskunft gibt, soll vor allem die Feinstaubbelastung weiter reduziert werden.
An dieser Stelle bringt die SP-Fraktion einen Vorbehalt ein: Die Sanierungsfrist für grosse Holzschnitzel-Feuerungen (Feuerungen mit einer Leistung von mehr als 70 kW/h) soll gemäss Vorlage von 10 auf 5 Jahre verkürzt werden. Dies stellt gegenüber dem Bundesrecht eine Verschärfung dar und es können sich für die Betreiber von Grossanlagen Probleme ergeben. Es müssen Filteranlagen eingebaut werden, welche oftmals etwa gleich gross sind wie die Heizanlagen selbst. Dieser Einbau bedingt recht aufwändige bauliche Massnahmen und das zuständige Amt soll daher mit Augenmass individuell festlegen, bis wann eine Sanierung möglich sein müsste. Es soll nicht geschehen, dass die Betreiber von Holzfeuerungsanlagen auf andere Energieträger umsteigen.
Mit der Abschreibung der Postulate 2005/226 , 2006/051 und 2007/204 zeigt sich die SP-Fraktion einverstanden.
Zur Abstimmung des aktuellen Geschäfts mit Basel-Stadt: Anlässlich einer gemeinsamen Sitzung der Umweltschutz- und Energiekommissionen Basel-Stadt und Basel-Landschaft wurde der weitere Verlauf der Behandlung des vorliegenden Berichts angesprochen und die Kommissionsmitglieder mussten zur Kenntnis nehmen, dass der Bericht in Basel-Stadt bereits im Parlament behandelt worden war.
Susanne Strub (SVP) informiert, die SVP-Fraktion nehme den vorliegenden Bericht mehrheitlich nicht zur Kenntnis. So gaben beispielsweise in der Fraktion die Kosten für die Luftverschmutzung Anlass zur Diskussion. Der Betrag von jährlich 425 Mio. Franken erscheint der SVP als aus der Luft gegriffen. Genannt werden Gesundheitsschäden in der Höhe von 160 Mio. Franken, Gebäudeschäden von 15 Mio. Franken sowie Ernteausfälle und Waldschäden von 10 Mio. Franken. Diese Zahlen erachten die SVP-Mitglieder als relativ hoch.
Als Bäuerin ist es Susanne Strub ein Anliegen, einen Vorschlag zu unterbreiten, wie zu besserer Luftqualität beigetragen werden kann: Jede Konsumentin und jeder Konsument sollte saisonale Produkte aus der Region kaufen, denn so können lange Transportwege vermieden werden.
Patrick Schäfli (FDP) dankt der Regierung im Namen der FDP-Fraktion für den umfangreichen und detaillierten Bericht. Die FDP zeigt sich erfreut, dass bei sämtlichen Schadstoffen eine deutliche Verbesserung erzielt werden konnte und sich dies in der Luftqualität bereits niedergeschlagen habe. Möglich wurden die Verbesserungen insbesondere dank technischer Verbesserungen bei Fahrzeugen, Filtern, etc., und nicht durch irgendwelche rot-grünen Alibi-Übungen wie Temporeduktionen.
Weniger erfreut zeigt sich die FDP über den Bericht der Umweltschutz- und Energiekommission. Die angeblichen externen Kosten von 425 Mio. Franken werden entschieden zurückgewiesen, nach Ansicht der FDP ist die Höhe dieser Kosten frei erfunden und mit Sicherheit nicht nachweisbar. Wenn man schon von externen Kosten spreche, müsste zumindest auch der externe Nutzen des Verkehrs und der wirtschaftlichen Tätigkeit berechnet werden. Ohne eine solche Gegenüberstellung der Kosten und des Nutzens erachtet die FDP die vorliegende Berechnung als unseriös und bestenfalls als Schaumschlägerei. Diese Äusserungen betreffen, wie bereits erwähnt, nur den Bericht der Umweltschutz- und Energiekommission. Der Bericht der Regierung zum Luftreinhalteplan BS/BL kann nach Ansicht der FDP zur Kenntnis genommen werden.
Elisabeth Augstburger (EVP) stellt fest, dank der bisher umgesetzten Massnahmen habe sich die Luftbelastung weiter verbessert. Die Jahres-Immissionsgrenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid werden heute im ländlichen Gebiet grossflächig eingehalten. In der Stadt Basel und in der Agglomeration liegt der Jahresmittelwert abseits der Hauptverkehrsachsen im Bereich der Grenzwerte. Überschreitungen kommen vor allem an verkehrsexponierten Lagen vor, ausserdem kommt Wintersmog mit Überschreitung der Tagesgrenzwerte in den Wintermonaten noch immer vor. Im Sommer kommt es zu übermässigen Ozonbelastungen. Zwar konnten verschiedene Luftschadstoffe reduziert werden, jedoch dürfen wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen.
Zu denken geben die Kosten von jährlich rund 425 Mio. Franken, welche durch die Luftverschmutzung und die damit verbundenen Klimafolgeschäden in unserem Kanton entstehen. Elisabeth Augstburger kann sich sehr wohl vorstellen, dass diese Zahl stimmt.
Die Reduktion von CO 2 hilft mit, die Luftqualität zu verbessern. Neben den bisherigen sind auch neue Massnahmen geplant, welche sich nachhaltig auswirken sollen, wie beispielsweise Feinstaubrückhaltesysteme im Bereich von Strassen- und Tunnelportalen oder das Umweltsparbuch beider Basel. Bei Baumaschinen und Geräten sollten Dieselrussfilter weiter gefördert werden.
Holzfeuerungsanlagen sind energetisch sehr sinnvoll, obwohl dadurch viel Feinstaub produziert wird. Die Verkürzung der Sanierungsfristen für emissionsintensive Anlagen sowie der Raum für eine Entstaubungsanlage stellt für einige Betriebe eine grosse Herausforderung dar. Zu hoffen ist, dass hier gute Lösungen gefunden werden.
Dank der verschiedenen im Bericht aufgeführten Massnahmen kann die Luftqualität bis zum Jahr 2015 weiter verbessert werden. Dabei ist klar, dass die kantonalen Massnahmen allein nicht ausreichen werden, um die Ziele zu erreichen. Zusätzliche nationale Massnahmen und eine Erweiterung der internationalen Zusammenarbeit sind notwendig.
Die CVP/EVP-Fraktion nimmt den vorliegenden Bericht zur Kenntnis und stimmt den beantragten Abschreibungen von Postulaten zu. Sie dankt der Verwaltung für ihre grosse Arbeit im Zusammenhang mit dem vorliegenden Bericht.
Sarah Martin (Grüne) bezeichnet es als grundsätzlich erfreulich, dass sich die Luftqualität seit den 1980er-Jahren verbessert habe, trotzdem sind wir heute noch weit davon entfernt, die vorgeschriebenen Grenzwerte einhalten zu können. Bis zum Jahr 2015 werden bei keinem der Schadstoffe die Immissionsgrenzwerte eingehalten bzw. die Reduktionsziele erreicht. Es fand eine grundsätzliche Verschiebung statt: Früher gab es mehr Wintersmog, heute ist die Luft vor allem im Sommer schlecht. Bezüglich Ozon sind im Sommer bis zu 400 Grenzwertüberschreitungen zu verzeichnen, dies vor allem in den ländlichen Gebieten. Eine einzige Grenzwertüberschreitung pro Jahr wäre eigentlich erlaubt.
Der Hauptverursacher der Luftverschmutzung ist und bleibt der Strassenverkehr. Die in diesem Bereich gemachten Fortschritte sind grösstenteils technischer Natur, es zeigt sich aber, dass diese allein nicht ausreichen. Ein organisatorisches Eingreifen ist also notwendig. Es heisst allerdings, der Kanton habe diesbezüglich keinen Spielraum und man könne nichts tun. Vergleicht man jedoch die durch Basel-Stadt eingeleiteten Massnahmen mit denjenigen in Basel-Landschaft, so ist ein Unterschied feststellbar. Offensichtlich ist in Basel-Stadt mehr möglich. Es existiert dort beispielsweise ein Förderprogramm für nachhaltige Mobilität, dies wäre für Basel-Landschaft auf jeden Fall auch möglich. Die Möglichkeiten des Kantons sind nach Ansicht der Grünen nicht ausgeschöpft, unser Kanton wolle einfach nicht mehr unternehmen.
Wegen den oben angeführten Kritikpunkten werden die Grünen den vorliegenden Bericht heute nicht zur Kenntnis nehmen. Ein grosser Teil der Luftverschmutzung wird lokal produziert und es sollten möglichst alle Massnahmen ergriffen werden und das gesamte Potential ausgeschöpft werden, um unsere Luft zu verbessern.
Die Grünen zeigen sich mit der Abschreibung der Postulate 2005/226 von Jürg Wiedemann und 2006/051 von Simone Abt betreffend Massnahmen gegen den Feinstaub nicht einverstanden. Beide Postulate verlangen Massnahmen, welche es ermöglichen, die Feinstaub-Grenzwerte einzuhalten. Gemäss Bericht kann der Reduktionsbedarf von PM10-Emissionen mit den bisherigen Massnahmen nicht geschlossen werden, weiterer Sanierungsbedarf bleibt also bestehen.
Siro Imber (FDP) zitiert wie folgt aus dem Kommissionsbericht: "Zusammenfassend verursachen die Luftverschmutzung und Klimafolgeschäden im Kanton Basel-Landschaft Kosten von rund 425 Mio. Franken pro Jahr." Nach der Berechnungsmethodik für diese Zahl bestünde die einzige Möglichkeit, diese Kosten zu senken, nach heutigem Stand der Technik darin, die Zivilisation aufzugeben. Die Zivilisation ermöglicht es uns jedoch, uns die beste Gesundheitsversorgung der Welt, die beste Bildung der Welt, die beste Sicherheit und einen der besten Lebensstandards der Welt zu leisten. Es sollen Massnahmen zur Verbesserung der Luftqualität umgesetzt werden, welche technisch und vom Markt her möglich sind. Sämtliche Luftreinhaltevorschriften können wir uns nur leisten, weil wir in einer hoch entwickelten Zivilisation leben. Es wurde bemerkt, die Luft werde immer besser, gleichzeitig jedoch nehmen Lungenkrankheiten zu. Dieser Zusammenhang erscheint Siro Imber unklar.
Kommissionspräsident Philipp Schoch (Grüne) erwidert Patrick Schäfli, die Zahl der durch Luftverschmutzung verursachten Kosten sei nicht aus der Luft gegriffen. Nachgelesen werden zu diesem Thema kann auf Seite 9 des Luftreinhalteplans. Es handelt sich dabei um eine Kostenschätzung, um eine Richtgrösse also.
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Detailberatung Landratsbeschluss
Titel und Ingress keine Wortbegehren
Ziffer 1
://: Mit 46:21 Stimmen bei 1 Enthaltung nimmt der Landrat vom Luftreinhalteplan 2010 der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft Kenntnis. [ Namenliste ]
Ziffer 2
://: Mit 63:8 Stimmen und ohne Enthaltungen schreibt der Landrat das Postulat 2005/226 als erledigt ab. [ Namenliste ]
://: Ebenfalls als erledigt abgeschrieben wird Postulat 2006/051 , dies mit 63:8 Stimmen bei 1 Enthaltung. [ Namenliste ]
://: Postulat 2007/204 wird mit 72:0 Stimmen (0 Enthaltungen) als erledigt abgeschrieben. [ Namenliste ]
Für das Protokoll:
Andrea Maurer, Landeskanzlei
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