Protokoll der Landratssitzung vom 15. April 2010

Nr. 1813

Kommissionspräsident Marc Joset (SP) fasst die wichtigsten Punkte des Kommissionsberichts zusammen mit speziellem Verweis auf Ausgangslage, Begründung der Regierung und die Erwägungen der Kommission.


- Eintretensdebatte


Mirjam Würth (SP) meint, den Nettolohn als Grundlage für die Berechnung der Subventionsberechtigung zu verwenden - dies fordert das Postulat -, wäre einfach. Aber die heutige Praxis ist gerechter und beurteilt die Subventionsberechtigung besser als die einfachere, aber pauschalere Betrachtung über das Nettoeinkommen: Einkäufe in die Pensionskasse, Beiträge an die dritte Säule, Renovationen etc. werden für die Berechnung des Anspruchs auf Sozialleistungen wieder zum steuerbaren Einkommen hinzugezählt. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Person ist dadurch ziemlich gut berechenbar. Diese Berechnungen sind automatisiert und bedeuten für die Verwaltung keinen zusätzlichen Aufwand, weshalb die heutige Handhabung beizubehalten ist. Die SP ist für Abschreiben des Postulats.


Marianne Hollinger (FDP) dankt dem Kommissionspräsidenten für dessen Ausführungen, ist aber mit der Antwort der Regierung nicht einverstanden. Da es für Private drei beitragsberechtigte Bereiche (Krankenkassenprämienverbilligungen, Ausbildungsbeiträge und Beiträge im Jugendbereich) gibt, für die je unterschiedliche Bemessungsgrundlagen verwendet werden, um die finanzielle Leistungsfähigkeit einer Person festzustellen, besteht offensichtlich Handlungsbedarf.


Beantragt eine Familie Prämienverbilligungen, wird die finanzielle Leistungsfähigkeit nach dem steuerbaren Einkommen bemessen. 2007 wurde festgestellt, dass dies zu Missbräuchen führt: Grosse Abzüge führen zu einer Beitragsberechtigung, was nicht im Sinne des Gesetzgebers und des Steuerzahlers ist. Deshalb werden nun über einen «komplizierten administrativen Vorgang» grosse Abzüge für Einkäufe in die Pensionskassen oder Abzüge für Liegenschaftsunterhalt wieder hinzugezählt. Für die Bezüger ist das dann aber nicht mehr nachvollziehbar: Die Zahl betreffend finanzieller Leistungsfähigkeit ist nicht mehr ersichtlich. Dabei macht man nichts anderes als sich vom steuerbaren Einkommen aus ans Nettoeinkommen anzunähern, welches die einfache und nachvollziehbare Basis wäre.


Für Ausbildungszulagen wird das steuerbare Einkommen berücksichtigt: Hier sind keine flankierenden Massnahmen vorgesehen, um diese Ausgaben abzufedern. Wird von der gleichen Familie noch eine Subvention für ein Tagesheim beantragt, wird der Nettolohn als Bemessungsgrundlage verwendet. Für diese neuere Art der Subvention hat man eine «moderne» Lösung gefunden: Man verwendet Steuerziffer 399, weil das dem Betrag entspricht, der netto auf dem Lohnausweis steht.


Zur Frage, ob es sozial sei, den Nettolohn als Bemessungsgrundlage zu verwenden, ist zu sagen: Wer wenig verdient, erhält einen hohen Beitrag - wer viel verdient, erhält eine niedere oder gar keine Subvention. Das ist klar sozial. Über alle Bereiche den Nettolohn als Grundlage zu verwenden ist für alle verständlich, einfach und transparent. Die Regierung teilt diese Ansicht nicht und will beim «fossilen» und überholten Ansatz des steuerbaren Einkommens bleiben, weshalb die Regierung wohl nicht besonders aktiv in Richtung Nettolohn-Ansatz arbeiten werden wird für den Fall, dass das Postulat nicht abgeschrieben wird.


Darum erklärt sich die Postulantin einverstanden mit der Abschreibung ihres Vorstosses, will aber das Anliegen als solches stehen lassen und allenfalls einen verpflichtenden Vorstoss gleichen Inhalts nachreichen.


In den Augen von Peter Brodbeck (SVP) geht es bei diesem Postulat um die Frage, wie bei Subventionen Missbrauch unterbunden werden könne. Der Bericht der Regierung und die Kommissionsberatungen haben gezeigt: Korrekturen sind nötig, und diese sind auch angebracht worden - weitere Missbrauchsfälle in anderen Bereichen, wie von der Postulantin eben angetönt, sind nicht bekannt. Die SVP unterstützt grundsätzlich die Darstellung der Regierung. Sollten in weiteren Bereichen Missbräuche möglich sein, würde sich auch die SVP für entsprechende Änderungen und Korrekturen des Systems aussprechen. Das jetzige System ist praktikabel und einfach, weshalb es nicht zu ändern ist. Die SVP ist für Abschreiben des Postulats.


Laut Sabrina Mohn (CVP) hat sich das jetzige System in den Augen der CVP/EVP-Fraktion bewährt, gerade nach den angebrachten Korrekturen. Das steuerbare Einkommen bildet die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Person adäquater ab als das Nettoeinkommen. Missbräuche werden schon heute bekämpft und verhindert. Aus sozialpolitischer Sicht überzeugt das Postulat nicht: Die geltende Regelung ist gerechter als die pauschale Anwendung des Nettoeinkommens als Bemessungsgrundlage. Die sozialpolitisch unerwünschten Auswirkungen des vorgeschlagenen Praxiswechsels will die CVP/EVP-Fraktion nicht in Kauf nehmen. Der Grundsatz der Fraktion lautet: Sozialpolitik muss bezahlbar und massvoll sein.


Bewährtes soll nicht einfach so geopfert werden. Auch die CVP/EVP-Fraktion ist einstimmig für den Status quo und für Abschreiben des Postulats.


Für Klaus Kirchmayr (Grüne) stellt sich nicht die Frage «sozial-weniger sozial», sondern die Frage «gerecht-we-niger gerecht». Die vorgeschlagene Lösung mag einfacher sein, aber sie bildet den Willen des Gesetzgebers, der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in den Vordergrund stellen will, nicht so gut ab wie das aktuelle Verfahren. Er schliesst sich der Meinung, das aktuelle Verfahren habe sich bewährt, ebenfalls an: Die Kommission konnte sich davon überzeugen, dass Missbräuche wirksam bekämpft und verhindert werden. Seine Fraktion spricht sich deshalb einstimmig für Abschreiben des Postulats aus.


://: Eintreten auf die Vorlage ist unbestritten.


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- Beschlussfassung


://: Das Postulat 2007/273 wird von Landratspräsident Hanspeter Frey (FDP) als stillschweigend abgeschrieben erklärt, da keine gegenteiligen Voten vernommen worden sind.


Für das Protokoll:
Michael Engesser, Landeskanzlei



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