Protokoll der Landratssitzung vom 14./15. Dezember 2016

Kommissionspräsident Hannes Schweizer (SP) sagt, er habe nach der elften Traktandierung und dem fast einstimmigen Beschluss die Kommissionsmitglieder nicht fast umarmt. Es ist aber eine gewisse Erleichterung festzustellen, dass es endlich gelungen ist, das Brand- und gravitative Naturgefahrengesetz so zu verabschieden. Die Umsetzung dieses Gesetzes schien manchmal schwieriger als jene der Masseneinwanderungsinitiative in National- und Ständerat.

Mit der Vorlage 2015/436 wurde die gesetzliche Grundlage geschaffen für dieses Gesetz, die Umsetzung der Naturgefahrenkarte. Dort haben sie sich lediglich auf die gravitativen Naturgefahren beschränkt. Auf Empfehlung der Kommission wurde die Vorlage zurückgewiesen an die Kommission mit dem Auftrag, die Anpassungen vorzunehmen. Dies wurde sehr gewissenhaft gemacht.

Folgende wesentliche Änderungen wurden an der Vorlage vorgenommen: Der Titel wurde geändert. Der Inhalt des Gesetzes hat einen neuen Namen bedingt, was auch unbestritten war. Von acht Versionen wurde einer gewählt. Die nächste wesentliche Änderung betrifft den §2, die Sorgfaltspflichten. Die Kommission hat dazu aufgerufen, dass sich die Fraktionen in der Beratung melden, wenn es Anliegen gibt, die in das Gesetz einfliessen sollen. Das wurde wahrgenommen: Es wurde der Auftrag erteilt, den Bereich des Kaminfegerwesens – der hier in relativ kurzer Formulierung im § 2 erwähnt ist – mehr Beachtung zu schenken, damit das Gesetz im Landrat eine Mehrheit erhält. Es wurde diskutiert, ob dieses Anliegen im Gesetz, auf Dekrets- oder Verordnungsebene geregelt werden soll. Das Gesetz legt die Grundsätze fest, daher wurde davon abgesehen. Die Verordnung hat den Nachteil, dass der Landrat keinen Einfluss hat auf eine Abänderung. Das Dekret ist das richtige Instrument aus Sicht der Kommission – damit kann der Landrat bestimmen ohne Volksabstimmung, es kann jederzeit mit einem politischen Vorstoss ergänzt werden.

Der Teil, in welchem dem Kaminfegerwesen Beachtung geschenkt wird, insofern der Regelungsbereich, die Eigenverantwortung, Erfüllung der Sorgfaltspflicht, die periodische Überprüfung, Fachpersonen und Pflichten der Fachpersonen sollten in einem separaten Dekret regeln, wie es im Anhang des KOmmissionsbericht steht. Darum ist in § 2 neu «das Dekret regelt die Einzelheiten». Darauf soll jetzt nicht eingegangen werden. Heute ist die 1. Lesung, das Dekret bedingt lediglich eine Lesung. Es ist daher sinnvoll, wenn das Dekret erst in der 2. Lesung dieses Gesetzes besprochen wird. Sonst besteht die Gefahr, dass heute darüber diskutiert wird und an der nächsten Sitzung erneut im gleichen Umfang. Dort ist ersichtlich, dass im Dekret die Einzelheiten regelt sind.

Eine wesentliche Änderung wurde im Bau- und Raumplanungsgesetz § 101 vorgenommen. Dort wurde resoult gekürzt und auf die Fassung beschränkt. Das andere, was dort enthalten ist, ist in der Vorlage 2015/436 enthalten. Dieser Teil fliesst dort hinein. Die Erdbebensicherheit, die intensiv diskutiert wurde, wurde ebenfalls herausgestrichen. Einerseits gelten die SIA-Normen, der 90% der Architekten und Planer angeschlossen sind. Zudem bringt es nicht, wenn der Nachweis erbracht werden muss. Dann muss jemand kontrollieren, ob der Nachweis stimmt. Darum wurde dieser Teil herausgenommen. Dies sind die wesentlichsten Änderungen, die Kommission hat erfreulicherweise mit 11:1 Stimmen dem Gesetz zugestimmt.

 

Für das Protokoll:
Léonie Schwizer, Landeskanzlei

 

Eintretensdebatte

Markus Meier (SVP) fügt der treffenden Beschreibung des Werdegangs vom BEPG zum BNPG durch den Kommissionspräsidenten noch hinzu, dass nicht immer so klar war, ob das Gesetz nach der Abspeckungskur tatsächlich anders heissen soll. Man hatte sich dann aber doch geeinigt. Schliesslich erwartet man, wenn auf einem Gonfiglas die Aufschrift Kirschen steht, dass darin Chirsigonfi enthalten ist. Inhaltlich ist es, aus Sicht des Votanten, gelungen, den Auftrag des Parlaments zu erfüllen, nämlich alles Elementarschadenbezogene aus dem BEPG herauszuoperieren, damit nur noch die gravitativen Naturgefahren darin enthalten sind.

Noch ein Satz zur Brandschadenprävention: Dadurch, dass es neu im Dekret geregelt ist, hat man eine saubere Abtrennung eines spezifischen Fachgebiets erreicht. Die SVP-Fraktion zeigt sich mit der Vorlage nicht nur befriedigt, sondern sogar einverstanden und ist bereit, der vorliegenden Variante zuzustimmen.

Martin Rüegg (SP) sagt, dass die Fraktion der SP der neuformulierten Gesetzesvorlage einstimmig zustimme. Angekündigt sei bereits ein Antrag zum Dekret. Es handelt sich um einen neuen Antrag, der noch nicht in der Kommission war. In der kommenden Woche liesse er sich dort noch thematisieren.

Zurück zum Gesetz: Die SP-Fraktion ist einverstanden damit, wie es nun ist. Alle strittigen Fragen auf Gesetzesebene sind geklärt, insbesondere die Beschränkung auf die gravitativen Naturgefahren. Sturm, Wind, Hagel und Schnee sind jetzt draussen. Auch der Umgang mit der Erdbebenertüchtigung konnte geklärt werden. Bei Erweiterung und Änderungen werden keine Schutzmassnahmen angeordnet. Bei Neubauten ist dies ohnehin Usus. Die Einzelheiten zu den Sorgfaltspflichten werden, wie gewünscht, im Dekret und nicht auf Gesetzesebene geregelt, aber auch nicht in einer Verordnung.

Saskia Schenker (FDP) erklärt, dass die FDP-Fraktion die Vorlage in der aktuellen Ausarbeitung gut unterstützen kann. Sie ist sehr froh, dass die Extrarunde gemacht wurde, weil das Gesetz somit wirklich abgespeckt daherkommt und das enthält, was von Bundesgesetz zwingend vorgegeben ist. Es legt den Fokus auf die gravitativen Naturgefahren und damit auf Hochwasser, Überschwemmung, Steinschlag und Erdrutsch. Die FDP hatte befürchtet, dass in der vorherigen Version mit den inkludierten meteorologischen Naturgefahren ein Gesetz kreiert worden wäre, das es der Versicherung ermöglicht hätte, dem Gebäudeeigentümer zu viele Auflagen zu machen, womit das Risiko des Versicherers bereits in der Prävention ausgehebelt wäre. Dies konnte vermieden werden.

Zufrieden ist die FDP auch darüber, dass der Erdbebenschutz aus dem Gesetz geräumt werden konnte. Es bestehen bereits genügend Baunormen und Vorgaben, und auch dort wäre bei den Prüfungen für die Baunormen letztlich nur der Aufwand erhöht worden. Deshalb wird die FDP-Fraktion dem Gesetz in erster Lesung zustimmen.

Lotti Stokar (Grüne) dankt ihren Vorrednerinnen und Vorrednern. Sie ist froh, dass nun eine gute Vorlage in einem guten Zeitabstand gegenüber der letzten Verhandlung vorliegt. Noch länger darüber zu brüten, hätte wohl nichts mehr gebracht. Das vorliegende Gesetz ist sehr abgespeckt worden, dennoch wird die Fraktion Grüne/EVP der Vorlage zustimmen.

Felix Keller (CVP) sagt, dass auch die CVP/BDP-Fraktion der Vorlage zustimmen werde. Dem Gesetz wurde ein riesengrosser Zahn gezogen. Für die Fraktion des Sprechers wäre schon die erste Version stimmig gewesen; es wäre durchaus positiv gewesen, man hätte eine Prävention der Elementarschäden gesetzlich geregelt. Nun ist aber aus der Elementarschadenprävention ein Gesetz über die Naturgefahrenprävention geworden – was für CVP/BDP dennoch auch stimmig ist.

Matthias Häuptli (glp) sagt, dass die glp/Grün Unabhängigen sich anlässlich der letzten Debatte sehr skeptisch ausgesprochen hatten. Das Gesetz ist nun stark verschlankt, womit man ihm im Grundsatz zustimmen kann. Allerdings mit einem Vorbehalt bei den Sorgfaltspflichten, wo es zu vermeiden gilt, dass ein grösserer Bock geschossen wird. Ein Antrag zu §2 Abs. 1 wird bei der Detailberatung folgen.

://: Eintreten ist unbestritten.

– Erste Lesung BNPG

I.

§1

keine Wortbegehren

§ 2 Sorgfaltspflichten

Matthias Häuptli (glp) stellt namens seiner Fraktion den Antrag, Abs. 1 komplett zu streichen. Die Bestimmung ist erstens überflüssig, zweitens ist sie schädlich. Der Antrag wurde bereits in der Kommission gestellt und in der ersten Lesung sogar gutgeheissen:

1
Jede Person ist verpflichtet, Brand- und Elementarschäden zu verhindern oder zu begrenzen, soweit es ihr möglich und zumutbar ist.

2
Die Sorgfaltspflichten zur Verhinderung von Brandschäden richten sich nach den Brandschutzvorschriften der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherungen (kurz: VKF).

3
Die Eigentümerinnen und Eigentümer oder die Betreiberinnen und Betreiber von Feuerungsanlagen lassen diese hinsichtlich der Betriebssicherheit periodisch durch eine Fachperson überprüfen und im erforderlichen Umfang warten.

Warum ist die Bestimmung überflüssig? Zum einen gibt es im Gesetz über die Feuerwehr eine allgemeine Alarmierungs-, Rettungs- und Löschpflicht. Es hat also so oder so jemand, der an ein Feuer heran läuft, zu handeln. Weiter ist in § 2 Abs. 2 die Sorgfaltspflicht der Vereinigung Kantonaler Feuerversicherung enthalten, wobei klar ist, dass die Brandschutzprävention nach den VKF-Vorschriften erfolgen muss. Darüber hinaus würde die Bestimmung aus dem Gesetzesentwurf eine allgemeine Pflicht einführen, dass man sich um das Vermögen jeder einzelnen Person kümmere. Jede Person wäre verpflichtet, solche Schäden zu vermeiden, nicht nur Eigentümer, Vermieter oder Besitzer. Es bezieht sich nicht nur auf die eigenen Sachen (Eigenverantwortung), sondern, soweit zumutbar, auf alles Mögliche.

Weshalb ist die Bestimmung schädlich? Deshalb, weil sie das Nachbarrecht auf den Kopf stellt. Im Nachbarrecht des ZGB ist vorgesehen, dass mit einer Handlung niemand geschädigt werden soll. Soweit so klar. Die neue Bestimmung sagt aber, dass man aktiv zu werden hat, damit Schäden von anderen abgewendet werden. Das kann z.B. heissen, dass der Eigentümer eines Waldstücks, das ohne äusseren Einfluss zu rutschen beginnt, auf eigene Kosten tätig werden muss, um die Rutschung zu verhindern. Der Eigentümer eines Grundstücks, das in einem natürlichen Bachbett verläuft, muss tätig werden und die Kosten für Hochwasserverbauungen tragen. Das kann es nicht sein.

Bleibt die Bestimmung so bestehen, stellt dies das Nachbarrecht auf den Kopf, führt neue Pflichten von Eigentümern (und möglicherweise anderen Personen) ein und würde uferlos Juristenfutter produzieren und eine nicht versicherbare Haftungsnorm schaffen. Eigentlich handelt es sich dabei um eine monströse Bestimmung, die unbedingt entfernt werden muss.

Kommissionspräsident Hannes Schweizer (SP) bittet, den Antrag abzulehnen. Es ist schlussendlich ein Präventionsgesetz. Die Sorgfaltspflicht ist dort so umschrieben, dass eine gewisse Eigenverantwortung zumutbar ist, damit präventiv Schäden durch gravitative Naturgefahren und Brandschäden verhindert werden können. Wenn der Zivilschutz Sandsäcke verteilt, ist es zumutbar, sie eigenhändig vor der Kellertüre aufzuschichten. Dasselbe liesse sich auch beim Gesetz über die Hilfeleistung diskutieren, wo man ebenso dazu verpflichtet ist, Hilfe zu leisten, wenn man an eine Situation herantritt, wo Hilfe zu leisten erforderlich ist.

Martin Rüegg (SP) sagt, dass der Antrag bereits in der Kommission mit 8:3 abgelehnt wurde. Es ist zu wünschen, dass den Worten des Kommissionspräsidenten Hannes Schweizer Folge geleistet wird.

Rolf Richterich (FDP) hält Absatz 1 ebenfalls für eine Generalklausel, die dazu führen kann, dass eine Privatperson bei einem Schadensfall zur Kasse gebeten wird. Sie muss sich wehren können, dass es nicht möglich oder zumutbar gewesen ist, sich daran zu beteiligen oder die Sorgfaltspflicht wahrzunehmen. Die Bestimmung könnte tatsächlich dazu verwendet werden, dass die Gebäudeversicherung auf den einzelnen Hauseigentümer Regress nimmt. Vor einer Aufnahme hat der Votant sehr grossen Respekt, weil die Gefahr besteht, dass dann Einzelne zu Zahlungen verurteilt werden könnten, sofern sie nicht nachweisen können, dass sie sich ausreichend schadenmindernd verhalten haben.

Lotti Stokar (Grüne) hatte sich in der Kommissionsabstimmung damals ihrer Stimme enthalten, weil sie das Gefühl hatte, dass damit einer Amerikanisierung Vorschub geleistet würde und man für alles haftbar gemacht werden könnte. Die Frage, was möglich und zumutbar ist, wird somit zum Juristenfutter. Helfen kann man immer noch. Hat man aber nicht geholfen, und jemand meint, man hätte helfen sollen, und dieser das einklagt oder in Verantwortung zieht, ist davor zu warnen. Die Votantin wird deshalb den Antrag von Matthias Häuptli unterstützen. In der Fraktion ist die Haltung dazu geteilt. Es handelt sich nicht um eine wirklich politische Frage, sondern eher um eine Frage des Gefühls, ob es diese Absicherung braucht oder nicht.

Markus Meier (SVP) sagt, dass dieser Punkt in der Kommission intensiv diskutiert wurde. Es wurde dargelegt, weshalb es die Bestimmung brauche. Ihm ist viel unwohler, wenn er verpflichtet ist, Massnahmen zu ergreifen, die über Leben und Tod eines Mitmenschen entscheiden können (wobei man konkret haftbar gemacht werden kann). Hier ist aber zu fragen: Was hilft denn ein Präventionsgesetz, wenn niemand zur Prävention verpflichtet wird? Dann wird aus dem Präventionsgesetz ein Kastrationsgesetz, das den Titel Prävention nicht mehr verdienen würde.

Dominik Straumann (SVP) sieht in Absatz 1 nirgends eine Haftungsfrage. Es ist aber genau das, wovon sich die Gesellschaft wegbewegt. Im Kanton Solothurn kam es einmal zu einem Brand, wo es eine halbe Stunde dauerte, bis jemand die Feuerwehr verständigte. Davor hatten alle nur gefilmt und Fotos gemacht. Niemand fühlte sich dafür verantwortlich, Massnahmen einzuleiten. Es wäre absolut schräg, wenn man nun dazu überginge, ausgerechnet jenen Passus im Gesetz zu streichen, mit dem die Leute dazu gebracht werden sollen, sich verpflichtet zu fühlen, minimale Massnahmen einzuleiten. Und dies noch politisch zu unterstützen, indem darauf verwiesen wird, dass es ja Drittinstitutionen wie Feuerwehr oder Zivilschutz gibt, die dafür zuständig sind. Es steht darin nirgends, dass jemand, der dies nicht beherzigt, für den entstanden Schaden aufzukommen hat.

Zudem gibt es ein Versicherungsgesetz, in dem relativ klar geregelt wird, wer bei einem Schaden präventiv hätte wirken oder ihn aktiv hätte begrenzen sollen. Dies wird nicht in diesem einen Satz, sondern an einem anderen Ort geregelt. Und damit haben die Gebäudeversicherung und die anderen Sachversicherer die Möglichkeit, Regress auf die Person zu nehmen. Der Satz, um den es geht, hat aber die politische Wirkung nach aussen, dass der Landrat von der Bevölkerung erwartet, zu handeln und alarmieren, wenn sie an ein Ereignis heranläuft, sei es ein Unfall, ein Feuer oder ein drohendes gravitatives Ereignis. Der Votant hofft, dass der Satz im Gesetz stehen bleibt.

Saskia Schenker (FDP) sagt, dass die FDP in der Kommission bereits den Antrag gestellt hatte, das neu in Absatz 1 Hinzugekommene (nämlich die Schäden durch gravitative Naturgefahren) draussen zu lassen. Die Brandschäden waren bisher schon im Gesetz enthalten. Deshalb machte man dort diesen Unterschied. Matthias Häuptli stellt nun den Antrag, den Absatz ganz zu streichen. Grossmehrheitlich wird die FDP diesem Antrag zustimmen. Die FDP ist gespalten bei der Frage, die Brandschäden, die bereits im Gesetz integriert waren, ganz rauszustreichen.

Felix Keller (CVP) hat seine Mühe damit. Ursprünglich war beabsichtigt, ein Präventionsgesetz gegen Elementarschäden zu machen. Die Elementarschäden sind draussen – dieser Zahn ist gezogen. Nun möchte man mit der Prävention noch den letzten Zahn dieses Tigers ziehen! Wird die Sorgfaltspflicht ausgespart, ist man gar nicht mehr verpflichtet, die Naturgefahrenkarte umzusetzen. Die Naturgefahrenkarte bestimmt, dass man je nach Zone sein Gebäude vor Hochwassergefahren zu schützen hat. Den Ratskollegen sei beliebt gemacht, wenigstens diesen Teil im Gesetz zu belassen, da man es sonst gleich ganz bodigen kann.

Rolf Blatter (FDP) sagt, dass der Antrag in der Kommission tatsächlich zweimal abgelehnt wurde. Nicht zuletzt deshalb, weil sonst ein wesentlicher Antrieb für das Gesetz fehlen würde. Mehr als einmal wurde das Beispiel genannt, wenn wegen nicht gereinigter Dolen beim Nachbar das Wasser im Keller steht. Hier besteht eine gewisse Pflicht, solches zu vermeiden.

Das Thema Verhältnismässigkeit gilt es ebenfalls zu betrachten. Es gibt nämlich kaum viele Fälle, in denen die BGV Regress genommen hat, auch dann nicht, wenn das berühmte Kerzlein in der Stube brennen gelassen wurde. Man darf deshalb darauf vertrauen, dass die BGV auch bei allfälligen Naturgefahrenschäden mit einer entsprechenden Verhältnismässigkeit verfährt. Der Votant empfiehlt, den Antrag deutlich abzulehnen.

Matthias Häuptli (glp) möchte ein paar Missverständnisse über die Tragweite der Bestimmung ausräumen. Einmal ist die Pflicht zur Alarmierung, Rettung und dem Löschen im Gesetz über die Feuerwehr enthalten. Keine Frage, dass dies auch weiterhin gelten soll. Dann zur Frage der Haftung: Es ist so, dass es eine Haftung gibt. Sagt ein kantonales Gesetz, dass man verpflichtet ist, andere zu schützen, löst eine Verletzung dieser Bestimmung automatisch eine Haftpflicht nach OR aus. Zum Dolenbeispiel von Rolf Blatter: Es ist doch etwas komplizierter, weshalb es auch viel Juristenfutter gibt. Wer die Dolen nicht unterhält, haftet als Werkeigentümer, was heute schon so ist. Problematisch wird es dann, wenn jener zu haften beginnt, der weder ein Bauwerk hat noch dagegen verstossen hat. Als Beispiel sei der Waldeigentümer genannt, wenn der Boden ohne Zutun zu rutschen beginnt.

Es geht auch nicht nur um den Regress durch die Gebäudeversicherung, sondern auch um Ansprüche zwischen Drittpersonen und Privaten, wofür hier eine Haftungsgrundlage geschaffen würde. Dies sollte man nicht so leichtfertig tun.

Urs Kaufmann (SP) ist klar dafür, den Absatz stehen zu lassen. Zwei Punkte sind speziell zu beachten. Felix Keller hat davor gewarnt, dem Gesetz den letzten Zahn zu ziehen. Dem ist natürlich nicht so. Bei Neu- und Umbauten ist die wesentliche Neuerung, dass die Gebäudeversicherung das Baugesuch prüft und entsprechende Massnahmen gegen gravitative Naturgefahren festlegt. Der zweite Aspekt: Im Gesetz muss eine Sorgfaltspflicht festgelegt werden, damit jede und jeder Einzelne, inbesondere der Gebäudeeigentümer, die gravitativen Naturgefahren im Auge behält. Wenn man dann beispielsweise im Rahmen eines Neubaus die Verfügung erhält, den Lichtschacht zu erhöhen oder das Terrain auf eine bestimmte Art zu gestalten, muss die Sorgfaltspflicht gegeben sein, damit er oder sie diese Massnahmen nicht rückgängig macht oder etwas unternimmt, das eine Gefährdung verursachen könnte. Kommt hinzu, dass die Sorgfaltspflicht heute schon gegolten hat, aber noch niemand geprüft hat, dass der Eigentümer sich gegen Hangwasser und sein Eindringen schützen muss. Das heisst, dass auch in Zukunft die Sorgfaltspflicht explizit integriert sein muss.

Hanspeter Weibel (SVP) glaubt, dass die Argumentation derer, die den Absatz streichen möchten, stets vor dem letzten Komma aufgehört habe. Es wurde immer von der Haftung geredet. Es ist dort aber ein Halbsatz integriert, der heisst: «soweit es ihr möglich und zumutbar ist». Natürlich wird dies zu Diskussionen führen und Juristenfutter geben. Aber das gibt es im Leben immer. Wenn man für etwas die Verantwortung übernimmt, entsteht immer auch die Frage, in welchem Umfang dies geschah, ob es zumutbar war etc. Dabei ist ganz klar: Wenn jemand die Erkenntnis hat und weiss, dass ein potentieller Schaden entsteht, und nichts unternimmt, dann ist es auch richtig, dass man für das Nichtstun bestraft wird. Dieser Punkt im Gesetz soll beibehalten werden, denn er schafft Klarheit – und gleichzeitig auch die Einschränkung unter der Bestimmung «soweit es ihr möglich und zumutbar ist». Dies orientiert sich stets am konkreten Fall, den Umständen und der Person und kann nicht schon im Gesetz definiert werden.

://: Der Landrat lehnt den Antrag auf Streichung von § 2 Absatz 1 mit 67:19 Stimmen ab.

[Namenliste]

§§ 3-20 keine Wortmeldungen

II.

1.-3. keine Wortmeldungen

III.-IV. keine Wortmeldungen

://: Damit ist die erste Lesung des Brand- und Naturgefahrenpräventionsgesetzes (BNPG) beendet.

 

Für das Protokoll:
Markus Kocher, Landeskanzlei