Protokoll der Landratssitzung vom 30. Mai 2013

Nr. 1311

Kommissionspräsident Marc Joset (SP) führt in das Geschäft ein. Die Motion, die der Landrat am 7. Februar 2013 an die Regierung überwiesen hat, verlangt, dass alle Vorlagen auf ihre finanziellen Auswirkungen vorgeprüft werden, kurz gesagt soll jede Vorlage ein «Preisschild» bekommen. Da die Bearbeitungsfrist auf drei Monate festgesetzt wurde, wurde anstelle eines schriftlichen Vernehmlassungsverfahrens eine konferenzielle Anhörung der Parteien durchgeführt. Der Regierungsrat schlägt vor, bei allen finanzrelevanten Vorlagen zu prüfen, ob diese im Einklang stehen mit der Kantonsverfassung - was eigentlich selbstverständlich ist -, mit dem Finanzhaushaltsgesetz, mit dem Dekret und der Verordnung zum Finanzhaushaltsgesetz, ferner - dies ist neu - mit der Verordnung über Beteiligungscontrolling und mit den Prozessen betreffend Finanzplanung, Budget, Investitionsvorhaben und Raumbegehren. In der Finanzkommission war das Eintreten auf die Vorlage unbestritten. Eine grosse Mehrheit der Kommissionsmitglieder nahm anerkennend zur Kenntnis, dass in Zukunft jede Vorlage mit dem gewünschten «Preisschild» versehen wird und dass auch Abweichungen vom Budget vermerkt werden. Eine Kommissionsminderheit erachtet die Vorlage als überflüssig, befürchtet einen administrativen Mehraufwand und wenig Mehrwert.


Die Finanzkommission beantragt dem Landrat mit 8:3 Stimmen, der Änderung des Finanzhaushaltsgesetzes zuzustimmen und die Motion 2012/281 abzuschreiben.


Hans-Jürgen Ringgenberg (SVP) hält fest, es gehe um etwas, was in den Nachbarkantonen bereits gängige Praxis sei. Es geht um die Vorprüfung aller Vorlagen durch die FKD auf ihre finanziellen Auswirkungen hin, damit der Landrat in Zukunft sich immer darüber im Klaren ist, welcher Auftrag und welche Massnahme wie viel kostet. Es geht um das sogenannte «Preisschild». Eigentlich etwas, das angesichts der sehr angespannten Staatsfinanzen schon längst hätte eingeführt werden müssen. Es geht eigentlich um eine Selbstverständlichkeit. Darum geht der Vorstoss genau in die richtige Richtung, und die SVP ist froh, dass auch die Regierung diese Meinung vertritt und die Forderung der Motion ebenfalls erfüllen will und somit eine entsprechende Änderung des Finanzhaushaltsgesetzes in § 36 vorschlägt. Zuzugeben ist, dass man sich gewünscht hätte, dass bei den finanzrelevanten Vorlagen nicht nur ein Testat über eine vorgenommene Prüfung abgegeben wird, sondern dass der FKD-Mitbericht auch in seinem Wortlaut in der Landratsvorlage abgebildet worden wäre. Gleichwohl kann die SVP-Fraktion mit der Gesetzesänderung, wie sie jetzt vorgeschlagen ist, zumindest für den Moment leben. Sie geht davon aus, dass nun jede Vorlage mit dem «Preisschild» versehen wird und dass auch Budgetabweichungen klar vermerkt werden. Die erhöhte Transparenz kann nur Vorteile bringen und auch erhöhtes Finanzbewusstsein schaffen. Wenn man sich dagegen mit dem Argument vermehrten administrativen Aufwandes wehrt, wie das in der Anhörung und in der Kommissionsberatung von der linken Seite der Fall war, so macht dies auf die SVP den Eindruck, dass man auf die Vorabklärung hinsichtlich finanzieller Auswirkungen schlicht und einfach keinen Wert legt.


Die SVP-Fraktion dankt der Regierung, dass sie das beschleunigte Verfahren durchgeführt hat, so dass die Vorlage heute schon im Landrat traktandiert ist. Die SVP als Motionärin stimmt selbstverständlich dem Gesetzesentwurf und der Abschreibung der Motion zu.


Ruedi Brassel (SP) kündigt für die SP-Fraktion an, diese lehne die Vorlage ab. Bereits bei der Überweisung der Motion hatte sie deutlich gemacht, dass dieser Vorstoss unnötig ist. Im § 58e des Landratsgesetzes heisst es, dass jede Vorlage Ausführungen über finanzielle, volkswirtschaftliche und regionale Auswirkungen enthalten muss. In § 36 Abs. 1 des Finanzhaushaltsgesetzes wird von der Finanzdirektion verlangt, dass sie eine Stellungnahme zu allen finanzwirksamen Anträgen der Direktionen abgeben muss. Das «Preisschild» - und das kann man in jeder Vorlage sehen, die dem Landrat bis jetzt vorgelegen hat - ist bereits vorhanden. Es braucht hier keinen Mehraufwand. Wie die Finanzdirektion diesen bestimmten Auftrag wahrnimmt und ob sie in dieser Hinsicht mehr als bisher tun sollte, darüber kann man durchaus diskutieren. Die gesetzliche Grundlage und die Möglichkeit zum Tätigwerden sind unbestreitbar gegeben. Dieser Vorstoss ist überflüssig.


Was ist der Antrieb dafür, hier eine Schraube anzuziehen, die gar nicht locker ist? Warum auch die wahnsinnige Eile, warum die beschleunigte Behandlung einer Sache, die weiss Gott keine Dringlichkeit hat? Gerade dieses beschleunigte Verfahren - und hier ist auf die Vernehmlassungsvorlage zurückzukommen - zeigt die Gefahren, die mit dem Blindwerden vor vermeintlicher Dringlichkeit verbunden sind. In dieser Vorlage hat es geheissen, das positive Ergebnis der Überprüfung durch die Finanzdirektion müsse festgehalten werden. Was heisst das? Das heisst, dass nur eine Vorlage an den Landrat gelangen kann, der die FKD den Stempel «In Bezug auf Kosten positiv beurteilt» aufgedrückt hat. Dies würde bedeuten, dass Dinge, die die FKD als kritisch beurteilt, gar nicht mehr in den Landrat kommen. Damit aber hätte die FKD - und insbesondere diejenige Stelle, die diese Beurteilungen vornimmt - innerhalb des Regierungskollegiums eine Stellung, die staatsrechtlich so nicht vorgesehen ist, nämlich eine Veto-Position. Und das darf nicht einfach so unter der Hand eingeführt werden. Zum Glück wurde aufgrund der Vernehmlassungsintervention der SP hin (die schriftlich erfolgte, weil die SP an der konferenziellen Anhörung nicht teilnehmen konnte und weil der Votant auch die konferenzielle Anhörung in so relevanten Fragen nicht für den richtigen Ort hält) dieser Punkt aus der Vorlage herausgestrichen. Man muss sich einfach vor Augen halten, was es heissen würde, wenn so etwas unbeachtet in ein Gesetz hineinrutschen würde. Der Votant appelliert an die Ratsmitglieder, nicht blind zu werden vor der Situation, dass ganz sicher und zurecht sorgfältig auf die Finanzen geschaut werden muss. Die Gefahr besteht, dass man mehr Schaden als Nutzen anrichtet.


Die jetzige Vorlage - ohne den wieder herausgestrichenen Passus - bringt materiell gegenüber dem jetzigen Zustand nichts Neues. Darum ist sie überflüssig. Und deshalb wird die SP sie ablehnen. Wenn sie jedoch angenommen werden sollte, dann hofft der Votant, es werde nicht dazu führen, dass die Finanzdirektion innerhalb des Regierungskollegiums den Lead hat und den anderen Direktionen Vetos entgegensetzen kann. Die SP nimmt die neu zusammengesetzte Regierung beim Wort, die gesagt hat, sie wolle als Team wirken. Dazu passen keine Vorrechte für einzelne Direktionen.


Michael Herrmann (FDP) stellt für die FDP-Fraktion klar, diese halte den Vorstoss nicht für irrelevant oder unnötig, sondern für wünschenswert und nötig. Ein klares «Preisschild» auf den Vorlagen, die der Landrat beschliesst, ist wichtig, ein Preisschild, das die Auswirkungen auf das Budget und die Finanzplanung aufzeigt. Die Vorlage fördert auch den Teamgedanken innerhalb der Regierung in der Weise, dass die Regierungsmitglieder ihre Vorlagen vom Finanzdirektor-Kollegen anschauen lassen - auch wenn es im einen oder anderen Fall etwas unangenehm sein mag, wenn man auf die Finger geschaut bekommt. Die Vorlage führt zu einem Zusammenrücken innerhalb der Regierung, und davon profitiert der ganze Kanton, auch im Sinne einer gewissen Lenkungswirkung.


Trotz allem ist der Votant etwas erstaunt, dass die SP den Vorstoss für unnötig erklärt. Wenn man Richtung Basel-Stadt schaut, dann stellt man fest, dass es dort eine solche Regelung gibt und eine SP-Finanzdirektorin, und es sieht so aus, als würde man dort gut mit dieser Regelung fahren.


Landratspräsident Jürg Degen (SP) unterbricht die Debatte und begrüsst auf der Tribüne drei Lehrerinnen und Lehrer aus der Stadt Tetovo in Mazedonien. Sie sind als Gäste des Vereins Friedensbrugg im Baselbiet und besuchen Schulen. Der Verein Friedensbrugg, der letztes Jahr zwanzig Jahre alt wurde, engagiert sich für friedensfördernde Projekte im ehemaligen Jugoslawien. Er arbeitet vor allem mit Lehrerinnen und Lehrern. Ko-Präsidenten sind Agathe Schuler und Marc Joset. Die Gäste werden begleitet von Daniel Martin aus Oberwil und Xaver Ymeri als Übersetzer. Der Präsident wünscht ihnen einen schönen Aufenthalt in Liestal.


Felix Keller (CVP) schliesst sich dem Votum von Michael Herrmann an und kündigt an, dass auch die CVP/EVP-Fraktion hinter der Vorlage stehe. Vor allem dankt sie der Regierung für die speditive Bearbeitung der Vorlage und die Umsetzung der Motion. Transparenz im Finanzhaushalt ist der CVP/EVP-Fraktion sehr wichtig, und vor allem sollen Verantwortlichkeiten klar geregelt werden.


Klaus Kirchmayr (Grüne) findet, es sei von der linken wie von der rechten Seite relativ starkes rhetorisches Geschütz aufgefahren worden. Aber auch hier gilt, dass die Suppe in der Regel nicht so heisst gegessen wie gekocht wird. Es gab seinerzeit einen ganz konkreten Grund für diese Motion, von welcher der Votant im Übrigen auch Mitautor war, nämlich dass es eine Menge Vorlagen gab, die zwar irgendwelche Finanzzahlen enthielten, aber es bestand keine Einheitlichkeit und der Bezug zum Budget war oft nur scher herstellbar. Es ist das Ziel dieser Vorlage, dass man ein einheitliches Bild erhält. Dies ist eine sinnvolle Verbesserung. Die angesprochenen Gefahren sind nach der auf Anregung der SP erfolgten Textbereinigung nicht sehr hoch. Basel-Stadt zeigt, dass das funktioniert.


Die Grünen stimmen der Vorlage zu.


Gerhard Schafroth (glp) kündigt für die BDP/glp-Fraktion Unterstützung der Anträge an. Er persönlich teilt die Meinung von Ruedi Brassel, dass es eine Selbstverständlichkeit sein müsste, dass bei jeder Vorlage die Grundlagen für eine seriöse Entscheidfindung geschaffen werden und sie finanziellen Auswirkungen so weit wie irgend möglich aufgezeigt werden. Er teilt allerdings auch die Meinung von Klaus Kirchmayr, dass dies heute bei vielen Vorlagen bei Weitem nicht der Fall ist. Der Antrag der SVP ist ein wertvoller Vorstoss, aber sie selbst hat eine Chance nicht genutzt. Hans-Jürgen Ringgenberg als Vizepräsident der Finanzkommission hat den Bericht zur Pensionskassenvorlage geschrieben, der wiederum Grundlage für die Volksabstimmung sein wird, aber keinerlei Preisschild enthält.


Hanspeter Weibel (SVP) ist versucht zu sagen, als Motionär bedanke er sich für die freundliche Aufnahme der Motion, möchte aber gleichwohl einige Anmerkungen dazu machen. Er weiss nicht, was Ruedi Brassel über die Arbeitsweise der Regierung gehört hat. Selbstverständlich prüft die Regierung und prüft die Finanzdirektion die finanziellen Auswirkungen und all die erwähnten Selbstverständlichkeiten fliessen am Ende in die Stellungnahme ein, die die Finanzdirektion an die federführende Direktion gibt. Aber: Was die federführende Direktion mit der Stellungnahme der Finanzdirektion macht, ist ihr überlassen und entzieht sich dem Einfluss des Landrats. Und genau darum geht es: Transparenz herzustellen. Es geht nicht um Mehraufwand. Diese Abklärung der finanziellen Auswirkungen wird ja sowieso gemacht. Alles andere wäre höchst fahrlässig. Es gehrt darum, dass der Landrat, wenn er über eine Vorlage abstimmt, dies in voller Kenntnis der Ergebnisse dieser Abklärungen tut.


Es handelt sich um eine Gesetzesvorlage. Der Votant ist gespannt, wie die SP im Falle einer allfälligen Volksabstimmung dem Volk erklären würde, dass sie im Landrat über Vorlagen entscheiden will, ohne dass diese das «Preisschild» haben.


Der Votant bittet um Zustimmung zur Vorlage.


Regierungsrat Adrian Ballmer (FDP) erinnert daran, dass die Motion mit 57:20 Stimmen überwiesen worden sei. Die Regierung hatte demgemäss einen klaren Auftrag, den sie seiner Meinung nach auch erfüllt hat. Es besteht auch eine sachliche und zeitliche Dringlichkeit aus § 129 der Kantonsverfassung, der eine mittelfristig ausgeglichene Rechnung verlangt, die der Kanton jedoch zurzeit immer noch nicht hat. Man dehnt die Frage der Mittelfristigkeit immer wieder aus - nicht zum Vergnügen des Finanzdirektors.


Die Finanzdirektion hat keine Veto-Position. Darum geht es überhaupt nicht. Die FKD macht im Mitberichtsverfahren einerseits politische Aussagen, d.h. sie bezieht Stellung dazu, ob sie etwas für notwendig oder nicht notwendig hält oder der Meinung ist, man könne es auch noch anders machen. Und sie nimmt zu den finanzrechtlichen Normen, zum Finanzhaushaltsgesetz insbesondere, Stellung. Bei dieser Vorlage geht es nur um diesen zweiten Teil. Es gibt in der Landratsvorlage keine politischen Aussagen von einer Direktion, sondern es gibt politische Aussagen nur von der Regierung.


Ist die Vorlage unnötig? Jetzt muss man einfach feststellen, dass das «Preisschild» in der Vergangenheit nicht immer gewährleistet war. Es ist notwenig, Transparenz zu schaffen und eine Standardisierung der Darstellung herbeizuführen und auch klare Verantwortlichkeiten zu schaffen. Dies ist auch eine Frage der Fairness gegenüber den Entscheidungsträgern.


Solange eine Landratsvorlage Kostenfolgen hat, ist es nicht nur eine Sache einer Fachdirektion, das muss man auch zur Kenntnis nehmen. Sondern es ist auch die Zuständigkeit der Fachdirektion, die eben innerhalb der Regierung die Gesamtverantwortung für die Finanzen tragen muss.


Es gibt keinen Mehraufwand; denn die Arbeit wird jetzt schon gemacht. Es geht einfach darum, ob es nachher auch in die Landratsvorlage einfliesst. Und zuletzt, wie schon erwähnt: Es handelt sich nicht um eine Baselbieter Erfindung, sondern es ist eine Lösung, wie sie auch Basel-Stadt mit einer rot-grün dominierten Regierung auch hat.


://: Eintreten ist unbestritten.


* * * * *


- Erste Lesung


Titel und Ingress keine Wortbegehren
I.
§ 36 Ziffern 1 bis 5 keine Wortbegehren
II. keine Wortbegehren


* * * * *


- Rückkommen


Es wird kein Rückkommen beantragt.


* * * * *


- Beschlussfassung


://: Die erste Lesung ist abgeschlossen.


Für das Protokoll:
Jörg Bertsch, Landeskanzlei



Back to Top