Protokoll der Landratssitzung vom 12. Januar 2017
Nr. 1134 |
1 |
|
[2. Lesung]
2015-436 vom 15. Dezember 2015 Vorlage : Berücksichtigung von gravitativen Naturgefahren im Rahmen von Baubewilligungsverfahren; Änderung des Raumplanungs- und Baugesetzes vom 8. Januar 1998 - Bericht der Bau- und Planungskommission vom 22. August 2016 - Beschluss des Landrates vom 8. September 2016: < 1. Lesung abgeschlossen > - Beschluss des Landrates vom 12. Januar 2017: < beschlossen; FGR > |
Landratspräsident Philipp Schoch (Grüne) informiert, die 1. Lesung sei am 8. September 2016 abgeschlossen worden. Damals wurde beschlossen, den Wortlaut der Regierungsvorlage zu übernehmen. Die aktuelle Fassung liegt gedruckt auf hellgrünem Papier an den Plätzen. Die 2. Lesung folgt dieser Version.
Kommissionspräsident Hannes Schweizer (SP) sagt, nachdem der Landrat mit einer 2/3-Mehrheit auf die regierungsrätliche Vorlage zurückgekommen sei, sei die Richtung klar – so die Hoffnung der Kommission –, in welcher der Rat entscheiden werde.
Als persönliche Anmerkung: Es ist wahrscheinlich wohlweislich, die Naturgefahren auf die gravitativen Naturgefahren zu beschränken. Letzte Woche hat man vom Bund gehört, dass Bestrebungen laufen, dass aufgrund der verheerenden Waldbrände in den letzten Wochen überlegt wird, Trockenheit als Naturgefahr einzustufen. Es ist vorstellbar, dass es noch ein paar Runden in der Kommission bräuchte, um diesen Bereich einfliessen zu lassen.
Felix Keller wird zwei Anträge stellen, wobei diese formeller Art sein werden. Zum einen geht es um § 123. Zum andern geht es um etwas, was bereits im Kommissionsbericht angekündigt wurde. Der Kanton soll die Gemeinden in Form eines Merkblattes informieren, wie die Anpassung des Raumplanungsgesetzes auf Gemeindeebene umgesetzt werden soll – auf Reglementsstufe oder auch mit der Anpassung des Zonenplans. Der Kommissionspräsident bittet im Namen der Kommission darum, den beiden Anträgen von Felix Keller zuzustimmen.
Markus Meier (SVP) stellt fest, es habe wahrlich Symbolcharakter, wenn vor der Beratung des Brandschaden- und Naturgefahrenpräventionsgesetzes der Alt-Feuerwehr-Kommandanten-Chor auftritt. Man sieht, dass diesem Thema offenbar ein besonderes Gewicht beigemessen wird.
Nun aber zunächst zur Raumplanung: Der Kommissionspräsident hat die Hintergründe der Vorlage erläutert. Man hat Kenntnis von den Anträgen von Felix Keller. Die SVP-Fraktion wird die vorliegende Version inkl. der Anträge von Felix Keller unterstützen.
Regierungsrätin Sabine Pegoraro (FDP) dankt der Kommission, dass sie zurück auf die ursprüngliche regierungsrätliche Variante gegangen sei. Das ist eine gute Lösung, welche einen langen Prozess durchlaufen hat.
Zum Auftrag zur Information der Gemeinden bezüglich Anpassung der Zonenreglemente gilt es zu sagen, dass es dazu bereits den Leitfaden «Umsetzung der Naturgefahrenkarte in die kommunale Nutzungsplanung» gibt. Das ist eine Broschüre, welche auf der Homepage des Amtes für Raumplanung heruntergeladen werden kann. Selbstverständlich wird man die Gemeinden nochmals zu informieren.
In diesem Sinne bittet die Direktionsvorsteherin, den Kommissionsanträgen zu folgen.
– 2. Lesung
Gesetz
Titel und Ingress keine Wortbegehren
I.
§ 101 Absatz 1 keine Wortbegehren
§ 123 Absatz 1
Felix Keller (CVP) ist über das letzte Wort «Beamten» gestolpert. s steht die Meinung, dass es im Kanton Basel-Landschaft keine Beamten mehr gibt. Die Nachfrage beim Rechtsdienst der BUD hat ergeben, dass diese Formulierung aus dem Gesetz vom 25. November 1851 stammt. Das ist nun längst überholt. Es gibt das neue Haftungsgesetz. Es macht deshalb Sinn, den letzten Satz von § 123 anzupassen. Die Anpassung ist rein formeller Natur:
Dagegen trägt das Gemeinwesen die Verantwortung für die von ihr getroffenen Anordnungen nach Massgabe der Bestimmungen über die Verantwortung der Behörden und Beamten des Gesetzes über die Haftung des Kantons und der Gemeinden (Haftungsgesetz).
Markus Meier (SVP) ergänzt den Antrag vom Felix Keller. Der Satz müsste sprachlich korrekt wie folgt lauten:
Dagegen trägt das Gemeinwesen die Verantwortung für die von ihm ihr getroffenen Anordnungen.
://: Dem Antrag von Felix Keller mit der von Markus Meier vorgeschlagenen redaktionellen Anpassung wird mit 79:0 Stimmeneinstimmig zugestimmt.
II. - IV. keine Wortbegehren
– Rückkommen
Es wird kein Rückkommen verlangt.
– Schlussabstimmung Gesetz
://: Der Landrat beschliesst die Änderung des Raumplanungs- und Baugesetzes einstimmig mit 82:0 Stimmen.
– Detailberatung Landratsbeschluss
Titel und Ingress keine Wortbegehren
Ziffern 1-3 keine Wortbegehren
Ziffer 4
Felix Keller (CVP) wurde hellhörig, als er Regierungsrätin Sabine Pegoraro hörte. Sie meint, mit dem Leitfaden würden die Gemeinden informiert. Genau dieser war der Auslöser für die Motion. Die Naturgefahrenkarte kann eben nicht 1:1 in den Zonenplan übernommen werden. Es wird erwartet, dass der Regierungsrat hingeht und sagt, dass die Gemeinden aufgrund der Änderung des Raumplanungs- und Baugesetzes nicht zwingend verpflichtet sind, die Naturgefahrenkarten in einen Plan zu übersetzen.
In der Kommission war der Votant bereits, seine Motion abzuschreiben, wenn die entsprechende Kommunikation an die Gemeinden stattfindet. Wenn nun aber Regierungsrätin Sabine Pegoraro einfach auf die Broschüre verweist, welche nach wie vor gelte, kann der Abschreibung nicht zugestimmt werden. Es wird deshalb beantragt, die Motion nicht abzuschreiben.
Regierungsrätin Sabine Pegoraro (FDP) entgegnet Felix Keller, die Gemeinden würden trotzdem informiert. Felix Keller wünschte ein Merkblatt. Deshalb wurde auf den Leitfaden verwiesen, welcher bereits vorhanden ist. Der gilt immer noch. Es wird informiert. Entsprechend kann die Motion beruhigt abgeschrieben werden.
Matthias Häuptli (glp) ist genauso irritiert wie Felix Keller. In der BPK wurde eine lange Diskussion darüber geführt, wie damit umgegangen werden soll. Es stand zur Diskussion, dass eine vereinfachte Möglichkeit für die Gemeinden vorgesehen wird, die Naturgefahrenkarte in ihre Pläne zu integrieren. Die Meinung der Kommission war letztlich, dass dies gar nicht stattfinden soll. Die Naturgefahrenkarte sollte entsprechend nicht als Plan im Sinne des Raumplanungsrechts erlassen werden. Stattdessen besteht mit § 101 RPG die Grundlage, dass im Baubewilligungsverfahren die Naturgefahrenkarte berücksichtigt wird – präziser die Naturgefahren, wobei die Karte dafür das Arbeitsinstrument ist. Die Überlegungen waren relativ umfangreich. Es gibt verschiedene Aspekte. Einer davon ist der Rechtsschutz des einzelnen betroffenen Eigentümers, der sich nicht gegen einen Plan wehren müssen soll, wenn die Naturgefahrenkarte als parzellenscharfer, grundeigentümerverbindlicher Plan erlassen wird. Für den Eigentümer wäre es relativ mühsam, wenn er sich in diesem Planverfahren wehren müssten, wenn er der Meinung ist, dass eine Naturgefahr nicht richtig abgebildet sei. Eventuell haben die Ingenieure bei der Erarbeitung etwas nicht berücksichtigt. Allenfalls hat sich auch seit der Erstellung der Naturgefahrenkarte etwas verändert. Die Gefahren können sich bspw. durch den Bau von Schutzmassnahmen verändern. Deshalb war die Meinung, dass die Naturgefahrenkarten nicht von den Gemeinden als Plan übernommen werden muss. Die Gemeinden sind dadurch entlastet. Die Message müsste eigentlich im Gegensatz zum Merkblatt lauten: Die Gemeinden müssen nichtmehr tätig werden. Einzig, wenn es eine rote Zone gibt, kann diese nicht in der Bauzone belassen werden. In den blauen und gelben Zonen soll es nicht nötig sein, dass die Gemeinden etwas machen. Sie können allenfalls im Reglement darauf hinweisen, dass es eine Naturgefahrenkarte gibt, damit man weiss, wo nachgeschaut werden kann, welche Gefahren zu berücksichtigen sind. Mehr nicht. Was Regierungsrätin Sabine Pegoraro gerade gesagt hat, steht im Kontrast zu dem, was die Kommission eigentlich wollte.
Hannes Schweizer (SP) hat den Eindruck, es bestehe ein Missverständnis oder ein Misstrauen. Regierungsrätin Sabine Pegoraro hat nicht gesagt, sie wehre sich gegen den Antrag. Sie hat lediglich gesagt, was bisher an Informationen an die Gemeinden überliefert worden seien. Es war mit keinem Wort zu hören, dass sie sich dagegen wehrt, dass die Gemeinden, wie von Felix Keller beantragt, informiert werden sollen. Momentan findet ein Sturm im Wasserglas statt.
Landratspräsident Philipp Schoch (Grüne) fasst zusammen: Felix Keller beantragt, dass seine Motion stehen gelassen wird.
Kommissionspräsident Hannes Schweizer (SP) wirft an die Adresse von Felix Keller ein, dass die Motion abgeschrieben werden könnte, wenn dem Antrag von Felix Keller zugestimmt werde. Es bittet Felix Keller, einen Schritt zu machen.
Felix Keller (CVP) macht das gerne, war allerdings verunsichert, weil einfach auf den Leitfaden verwiesen wurde. Es entstand der Eindruck, dass man 1:1 mit diesem zu den Gemeinden gehen wolle. Wenn Regierungsrätin Sabine Pegoraro sagt, der Leitfaden werde überarbeitet, kann einer Abschreibung der Motion zustimmt werden. Wenn der Leitfaden in der heutigen Version, wie er der Auslöser für die Motion war, weiterhin Gültigkeit hat, kann der Abschreibung der Motion nicht zugestimmt werden.
Regierungsrätin Sabine Pegoraro (FDP) sagt es gerne noch einmal: Sie wehrt sich nicht gegen den Auftrag. Er wird so übernommen. Die Gemeinden werden informiert, was beschlossen würde. Wenn eine Gemeinde übernehmen will, zeigt der Leitfaden, wie das gemacht werden kann. Es wird keine Gemeinde dazu gezwungen.
Urs Kaufmann (SP) als Gemeinderat der Gemeinde Frenkendorf, welche auch den Zonenplan anpassen müsste, wenn die Empfehlung des Regierungsrates nicht geändert würde, ist dezidiert der Meinung von Matthias Häuptli und Felix Keller: Die Gemeinden müssen nichts mehr tun. Die Naturgefahrenkarte wird auf Gesetzesebene festgelegt. Das gilt. Im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens wird die Gebäudeversicherung eine Prüfung vornehmen. Entsprechend muss auf zonenrechtlicher bzw. auf Gemeindeebene nichts mehr getan war. Das war das grosse Anliegen. Es ist deshalb wichtig, dass die Direktionsvorsteherin bestätigt, dass die entsprechenden Anpassungen gemacht werden und nicht die Gemeinden danach Aufträge haben und Anpassungen vornehmen müssen.
Landratspräsident Philipp Schoch (Grüne) fragt, ob Felix Keller den Antrag zurückziehe.
Felix Keller (CVP) kann der Abschreibung zustimmen. Der Antrag zur Ergänzung von Beschlussziffer 5 steht nach wie vor.
Ziffer 5
Landratspräsident Philipp Schoch (Grüne) sagt, der Antrag von Felix Keller zur Ergänzung des LRB mit einem fünften Punkt laute wie folgt:
5. Der Regierungsrat informiert die Gemeinden, wie die Naturgefahrenkarten unter Berücksichtigung der veränderlichen Gefahrenausbreitung und des Schadenpotenzials in den Zonenvorschriften zu berücksichtigen sind.
Urs Kaufmann (SP) bittet Felix Keller um eine Erläuterung des Antrages. Es besteht der Eindruck, dass der Regierungsrat den Gemeinenden einen Auftrag erteilen sollte, was sie zu machen haben. Die Meinung wäre jedoch, dass die Gemeinden nichts tun müssen.
Felix Keller (CVP) wiederholt, dass der Ausgangspunkt für seine Motion der Leitfaden gewesen sei. Darin steht, dass die Gemeinden den Zonenplan ändern müssen. Nun war zu hören, dass die Gemeinden nichts tun müssen. Die Gemeinden können etwas machen, müssen aber nicht. Wichtig ist, dass kein Zwang für die Gemeinden besteht.
Deshalb soll der Regierungsrat gebeten werden, dass er die Gemeinden informiert, wie sie mit den Naturgefahrenkarten im Rahmen der veränderlichen Gefahrenausbreitung umgehen können.
Urs Kaufmann (SP) beantragt, den Antrag wie folgt zu ändern:
5. Der Regierungsrat informiert die Gemeinden, wie die Naturgefahrenkarten unter Berücksichtigung der veränderlichen Gefahrenausbreitung und des Schadenpotenzials in den Zonenvorschriften zu berücksichtigen sind berücksichtigt werden können.
Damit wäre im Antrag keine Pflicht enthalten. Es soll darauf hingewiesen werden, wie die Naturgefahren berücksichtigt werden können.
Felix Keller (CVP) ist mit der Änderung des Antrages einverstanden.
://: Der abgeänderte Antrag von Felix Keller wird mit 80:1 bei zwei Enthaltungen angenommen.
– Rückkommen
Es wird kein Rückkommen verlangt.
– Schlussabstimmung Landratsbeschluss
://: Der Landrat stimmt dem geänderten Landratsbeschluss über die Änderung des Raumplanungs- und Baugesetzes und Stellenerhöhung beim Bauinspektorat mit 84:0 Stimmen einstimmig zu.
Landratsbeschluss
über die Änderung des Raumplanungs- und Baugesetzes und Stellenerhöhung beim Bauinspektorat
vom 12. Januar 2017
Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:
1. Der Änderung des Raumplanungs- und Baugesetzes wird zugestimmt.
2. Der Erhöhung des Sollstellenplans des kantonalen Bauinspektorats um 120 Stellenprozente wird zugestimmt. Die Stellenerhöhung ist auf fünf Jahre befristet. Es wird zur Kenntnis genommen, dass die auf fünf Jahre befristeten 120 Stellenprozente von der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung (BGV) finanziert werden.
3. Der Regierungsrat wird eingeladen, dem Landrat zwei Jahre nach Inkrafttreten der beschlossenen Änderung des Raumplanungs- und Baugesetzes über die personelle Situation des Bauinspektorats im Zusammenhang damit zu berichten.
4. Die Motion 2012/073, Umsetzung der Naturgefahrenkarte in die Nutzungsplanung, von Felix Keller-Maurer wird abgeschrieben.
5. Der Regierungsrat informiert die Gemeinden, wie die Naturgefahrenkarten unter Berücksichtigung der veränderlichen Gefahrenausbreitung und des Schadenpotenzials in den Zonenvorschriften berücksichtigt werden können.
Für das Protokoll:
Peter Zingg, Landeskanzlei