Protokoll der Landratssitzung vom 6. April 2006

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2006-059 vom 21. Februar 2006
Vorlage: Projekt 'check-in aprentas': Arbeitstraining für Jugendliche aus dem Baselbiet ohne Anschluss an die Berufsbildung
- Bericht der Kommission vom: 28. März 2006
- Beschluss des Landrats: < beschlossen > || Landratsbeschluss



Nr. 1735

Kommissionspräsident Karl Willimann führt aus: Bei dieser Vorlage geht es um die schwächsten Jugendlichen, welche in die berufliche Grundausbildung eintreten wollen. Für diese haben sich die Rahmenbedingungen in den letzten Jahren stark verändert. Im Zuge der Automatisierung fand leider auch eine stetige Verminderung der Anzahl an einfachen Arbeitsplätzen statt - Stellen, die noch bis vor einigen Jahren Schulabgängern offen standen, welche aufgrund ihrer Ausbildung und Konditionierung nicht zu einer Lehre befähigt waren.


Eine grosse Anzahl Jugendlicher im Kanton findet den Weg in die Berufsbildung vor allem dank Brückenangeboten. Davon wiederum finden etwa 70 den Weg in den Berufsprozess via die Jugendberatungsstelle «wie weiter»? in Birsfelden. Trotz dieser Angebote ist aber eine relativ geringe Anzahl von 20 bis 30 Jugendlichen zu registrieren, welche den Anschluss nicht schafft. Zielsetzung der Vorlage ist es, für diese Gruppe ein Arbeitstraining im Anschluss an die Schulbildung zu ermöglichen und damit eine Lösung anzubieten. Als Massnahme wird in Zusammenarbeit mit dem Ausbildungsverbund 'aprentas' der Chemischen und Pharmazeutischen Industrie für diese Jugendlichen ein einjähriges Arbeitstrainingsprogramm angeboten. Die Jugendlichen werden in dieser Zeit in den Grundkompetenzen Rechnen, Schreiben und Lesen nachgeschult, während gleichzeitig auch von aussen Aufträge hereingeholt werden. In einer dritten Phase sind - von aprentas vermittelte - Praktika bei Drittfirmen vorgesehen.


Die auf fünf Jahre befristete Leistungsvereinbarung mit aprentas hält u.a. fest, dass aprentas Personal anstellt. Geplant sind 200 Stellenprozent, verteilt auf zwei bis drei Personen. Die Gesamtkosten des Projekts betragen 1,85 Mio. Franken, davon übernimmt die Stiftung der Basler Chemischen Betriebe zu Gunsten Arbeitsloser Fr. 400'000.-. Zu erwarten ist zudem, dass der Bund (seco) einen Drittel der Kosten übernehmen wird. Damit würden für den Kanton jährliche Kosten von durchschnittlich Fr. 167'000.- anfallen. Das Projekt soll im Sommer 2006 gestartet werden und ist auf fünf Jahre befristet.


Die Vorlage wurde von der Bildungs-, Kultur- und Sportkommission (BKSK) am 15. März 2006 beraten. Bei der Beratung im Einzelnen verwies vor allem die BKSD auf die Wichtigkeit des Projektes. Mit aprentas stehe ein verlässlicher Partner zur Verfügung, das dreiteilige Finanzierungsmodell erachtet man als sehr gute Lösung. Es wurde zudem erwähnt, dass mit check-in aprentas etwas für eine Gruppe von Jugendlichen angeboten wird, bei welchen nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, dass das Ganze 'gut kommt'. Ungeachtet dieser realistischen Sicht der Dinge ist man aber der Meinung, alles Menschenmögliche müsse unternommen werden, um dieses Segment nicht schon zum Vornherein durch die Maschen fallen zu lassen. Im Weiteren wurde angeführt, dass ein Jugendlicher, der keinen Eingang in den Arbeitsmarkt findet und letztlich von den Sozialbehörden abhängig ist, den Staat während 25 Jahren rund eine Million Franken kostet. Gelingt es also nur schon, drei bis vier - hoffentlich aber mehr - Jugendliche durch check-in aprentas in den Arbeitsprozess zu integrieren, so wäre dies bereits ökonomisch sehr lohnend.


Alle Fraktionsvertreterinnen und -vertreter äusserten sich grundsätzlich positiv zu der Vorlage. Es wurde u.a. die Frage diskutiert, ob nicht auch die Erziehungsberechtigten in das Trainingsprogramm eingebunden werden sollten. Aufgrund folgender Überlegungen kam man aber zu dem Schluss, dass dies wohl wenig sinnvoll wäre: Es handelt sich um junge Erwachsene im Alter von 16 bis 22 Jahren, einige sind also bereits mündig. Zudem ist gerade bei den schwächsten Jugendlichen oft ein krasser Mangel an elterlicher Mitwirkung bereits in frühen Jahren festzustellen. Es wäre also wohl eine Illusion zu glauben, dies könnte im späteren Alter noch nachgeholt werden.


Die Kommission ist der Ansicht, der Kanton könne nur gewinnen, wenn er auch für die Schwächsten etwas unternimmt. Zudem wurde vermerkt, dass das Projekt check-in aprentas keine Stellenaufstockung beim Kanton bedeutet. Ergänzend verlangt die BKSK eine Berichterstattung über den Projektverlauf nach drei Jahren an den Landrat. Die Kommission sprach sich einstimmig für Eintreten aus und genehmigte ebenso die Ziffern 1 bis 3 des Landratsbeschlusses. Zusätzlich beschloss die BKSK, eine Ziffer 4 einzufügen, wonach dem Landrat nach drei Betriebsjahren über den Verlauf des Projekts Bericht zu erstatten ist. Die Kommission beantragt dem Landrat mit 10 : 0 Stimmen ohne Enthaltung Zustimmung zur Vorlage inklusive Ergänzungsziffer 4.


Bea Fuchs stellt fest, dass es Jugendliche gibt, denen fast alles leicht fällt. Sie studieren, besuchen eine weiter führende Schule, machen eine Lehre, einige lernen nebenher noch ein Instrument und sind im Sportverein. Aber einige brauchen auch einen kleinen Schlenker nach der Schule und besuchen beispielsweise ein Brückenangebot. Es gibt diejenigen, die im «wie weiter?» eine gewisse Aufdatierung in den Schulfächern benötigen und professionellen Beistand, um den richtigen Beruf respektive die Lehrstelle zu finden. beim Besuch der Kommission in der Institution «wie weiter?» wurde aber klar, dass es noch ein Segment Jugendliche gibt, die durch alle Maschen des Netzes hindurch fallen. Es sind Jugendliche mit bescheidenen schulischen und sozialen Kompetenzen, die früher noch eine Stelle als Ungelernte oder Hilfsarbeiter finden konnten. Heute existieren diese Stellen praktisch nicht mehr, daran hat die Wirtschaft - Stichwort Automatisierung in den Betrieben und Fabriken - auch ihren Teil.


Es sind Jugendliche, die aus mannigfaltigen Gründen erst für eine Ausbildung oder eine Arbeit fit gemacht werden müssen. Die Landrätin bedankt sich an dieser Stelle bei der BKSD und allen involvierten Stellen, dass sie so schnell der Bitte und Aufforderung der Kommission nachgekommen sind, um auch für diese Jugendlichen eine Anschlussmöglichkeit an die obligatorische Schule oder ihre jetzige Lebenssituation zu finden. Das Projekt check-in aprentas ist nach Ansicht der SP ein gangbarer Weg, um auch diesen Jugendlichen - man redet von ca. 20 bis 30 Personen - Perspektiven und Möglichkeiten zu geben, ihr Arbeitsleben früher oder später in den Griff zu bekommen. Man begrüsst die Leistungsvereinbarung mit der aprentas. An dieser Stelle soll auch aprentas gedankt sein, welche das Projekt nicht nur unterstützt, sondern zu einem grossen Teil trägt. Mit dem Projekt werden den jungen Erwachsenen wieder Perspektiven aufgezeigt und der eine oder die andere kann vor Jugendarbeitslosigkeit bewahrt werden.


Was für ein Eintritt in die Arbeitswelt muss das sein, wenn er mit Stempeln und Herumhängen beginnt! ruft die Landrätin aus. Dies zu verhindern, sei man gefordert - im Sinne der Jugendlichen selbst, für deren Familien und letztlich für die Gesellschaft. Bea Fuchs persönlich hofft, dass es bei dieser Arbeitsmarktrealität sehr viele Gewinnerinnen und Gewinner geben wird. Die SP-Fraktion unterstützt einstimmig den erweiterten Landratsbeschluss.


Ernst Wüthrich betont im Sinne der Ausführungen des Kommissionspräsidenten, dass es sich hier um Jugendliche mit bescheidenen schulischen und sozialen Kompetenzen handelt. Wenn mit diesem Projekt nur einige Jugendliche pro Jahr sinnvoll zu einer regelmässigen Arbeit geführt werden können, sei das Geld gut investiert. Erfreulich ist auch, dass sich eine nicht-staatliche Organisation mit engagiert. Aus der beigelegten Leistungsvereinbarung können die Ziele und Zuständigkeitsregelungen ersehen werden. Die SVP-Fraktion stimmt dem Verpflichtungskredit von 835'000.- Franken für die nächsten fünf Jahre einstimmig zu.


Eva Gutzwiller steht auch namens einer einstimmigen FDP hinter den Anträgen und hält check-in aprentas für ein sehr wichtiges Projekt. Man hofft, dass dank diesem Projekt doch einige Jugendliche vor der Arbeitslosigkeit bewahrt werden können. An der letztjährigen interparlamentarischen Kommissionssitzung in Solothurn konnte man ausführlich über die Jugendarbeitslosigkeit debattieren. Damals habe sich einmal mehr gezeigt, dass mit den bestehenden Massnahmen im Kanton Baselland sehr viel getan wird. Das jetzige Projekt ist ein weiterer Mosaikstein in der ganzen Arbeit und verdient die volle Unterstützung. Als wichtig erachtet man es, dass nach drei Betriebsjahren dem Rat Bericht über den Verlauf des Projekts erstattet wird, um über den erhofften Erfolg der Realisierung informiert zu sein und sich über die weiteren Schritte Gedanken machen zu können.


Christian Steiner unterstreicht, es sei sachlich bereits alles zu dem Projekt gesagt worden. Die CVP-/EVP-Fraktion kann sich den VorrednerInnen anschliessen und unterstützt die Vorlage einstimmig. Der Landrat hält mit Respekt und Anerkennung an die Adresse der Regierung fest, dass es dieser gelungen ist, zusammen mit Wirtschaftskreisen ein engmaschiges Netz aufzuziehen, welches bis zu den schwächsten Mitgliedern unserer Gesellschaft griffige Massnahmen bieten kann, um auch diesen eine Chance zu ermöglichen. Betrachte man dies im Länder- aber auch Kantonsvergleich, so dürfe man Regierung und Kanton ein Kränzlein winden.


Für Regierungsrat Urs Wüthrich ist es erfreulich, die begeisterte Zustimmung aller Fraktionen zu hören. Angesichts dieser positiven Voten habe er sich überlegt, ob allenfalls das Landratsprotokoll im Deutschunterricht für die betroffenen Jugendlichen eingesetzt werden könnte - als ermutigende Vorlage; diese könnten dann selbst nachlesen, wie ernst sie vom Parlament genommen werden.


Bei Beratung der letzten Lehrstellenoffensive wurde klar gemacht, dass die Vielfalt des Angebots einen wichtigen Erfolgsfaktor darstellt, da ganz unterschiedliche Problemstellungen bestehen.


Das heute zur Diskussion stehende Angebot ist über das bereits bestehende, vielschichtige Massnahmenpaket hinaus von zusätzlicher Bedeutung. Dazu drei Stichworte:


Regierungsrat Urs Wüthrich bedankt sich nochmals für die Zustimmung zu dieser wichtigen, zusätzlichen Massnahme, welche auch er als weiteren Mosaikstein bezeichnen möchte, der sich sowohl volkswirtschaftlich wie gesellschaftspolitisch, aber natürlich in erster Linie für die direkt Betroffenen auszahlt.



Landratsbeschluss (gemäss Kommissionsbeschluss)


Ziffern 1 - 4 sind unbestritten


Es wird kein Rückkommen verlangt.


://: Der Landrat stimmt dem abgeänderten Landratsbeschluss zur Vorlage 2006/059 'check-in aprentas' mit 78 : 0 Stimmen zu.



Landratsbeschluss

betreffend Projekt 'check-in aprentas': Arbeitstraining für Jugendliche aus dem Baselbiet ohne Anschluss an die Berufsbildung


Vom 6. April 2006


Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft, gestützt auf § 103 Absatz 1 und 2, § 104 Absatz 2 sowie § 107 Absatz 2 der Kantonsverfassung, beschliesst:


Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei



Fortsetzung

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