Protokoll der Landratssitzung vom 11. Mai 2006
Protokoll der Landratssitzung vom 11. Mai 2006 |
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2005-167
vom 14. Juni 2005
Vorlage:
Änderung des Raumplanungs- und Baugesetzes vom 8. Januar 1998
(1. Lesung)
- Beschluss des Landrats < 1. Lesung abgeschlossen >
Nr. 1809
Zwei Geschäfte der Bau- und Planungskommission stünden heute an - das erste sei ein wenig abstrakt und juristisch, das zweite, der H2-Tunnel, dafür konkret, leitet Kommissionspräsident Peter Holinger seine Ausführungen ein.
Er weist zunächst auf einen kleinen Fehler im Bericht hin, wo unter "Detailberatung" ein Wort vergessen gegangen ist. Richtig muss es heissen: "Unter Absatz 1 wird statuiert, dass landwirtschaftliche Wohnbauten für nicht landwirtschaftliche Wohnnutzungen zugelassen sind".
Bei der Änderung des Raumplanungs- und Baugesetzes vom 8. Januar 1998 geht es um die Regelung der Umnutzung schützenswerter Bauten und um die weitere Nutzung bestehender Wohnbauten ausserhalb der Bauzone; konkret geht es meistens um Bauernhöfe ausserhalb des Siedlungsgebietes.
Mit der Gesetzesrevision soll eine in Baselland bereits angewandte Praxis legalisiert und eine Anpassung an das Bundesrecht vorgenommen werden, welche die Nachbarkantone Aargau und Solothurn bereits vollzogen haben.
Die Bau- und Planungskommission hat festgestellt, dass häufig ein Gericht entscheiden muss, viele Rechtsunsicherheiten bestehen, ein Gewerbebetrieb in der Landwirtschaftszone bezüglich Landpreisen einen grossen Vorteil hat und dass konkrete Beispiele aktuell diskutiert werden und die Gerichte beschäftigen.
Ferner hat die Bau- und Planungskommission festgestellt, dass die Streichung von Art. 42a RPV zu einer Ungleichbehandlung von Bauten führe, die nach 1972 gebaut wurden, gegenüber Bauten, die vor 1972 gebaut wurden; dieser Antrag ist von der Bau- und Planungskommission deshalb mehrheitlich abgelehnt worden.
Eintreten auf die Vorlage war unbestritten. Die Kommission empfiehlt dem Landrat mit 11 : 0 Stimmen bei 1 Enthaltung, die Gesetzesanpassung vorzunehmen; Peter Holinger schliesst sich dieser Empfehlung an.
Urs Hintermann erklärt vorab, die SP werde der Gesetzesänderung zustimmen, da keine Alternative bestehe - die Richtung sei vom Bund vorgegeben. Allerdings überwiegen aus Sicht der Fraktion die negativen Folgen eindeutig. In der Raumplanung bestand früher die Philosophie, in der Bauzone werde gebaut und in der Nichtbauzone werde nicht gebaut. Dieser aus den 60er und 70er Jahren stammende Grundsatz wird zunehmend aufgeweicht, was negative Folgen hat - so die Zersiedelung der Landschaft, auch entwickeln sich einzelne Bauernhöfe zu ganzen "Geschwüren", was sicherlich keine Bereicherung der Landschaft ist.
Zwei andere Gründe wiegen aber schwerer und führen zu einem Eigengoal:
Die gegenwärtige Rechtsgrundlage ist dermassen kompliziert, dass die meisten Landratsmitglieder - Urs Hintermann schliesst sich selber nicht aus - nicht wissen, worüber sie heute abstimmen und was die Folgen davon sind. Immer dann, wenn die Rechtslage unklar ist, werden Gerichte entscheiden. Es ist absehbar, dass wieder der Vorwurf laut werden wird, wir würden in einem Richterstaat leben und die Politik könne nicht bestimmen. Ein Richterstaat entstehe allerdings nicht als Folge übereifriger Richter, sondern weil die Politik keine klaren Rahmenbedingungen setze, betont Urs Hintermann; heute machen wir einen weiteren Schritt in Richtung unklare Rahmenbedingungen. Laut den Unterlagen ist zum Beispiel eine erweiterte Wohnnutzung möglich, sofern eine zeitgemässe Wohnnutzung dies verlangt. Was aber ist eine zeitgemässe Wohnnutzung? Darf beispielsweise der Dachstock ausgebaut werden, und dürfen Dachfenster angebracht werden? Darf das Ökonomiegebäude umgebaut werden? Was ist mit dem Gartensitzplatz? Gehört auch ein Swimming Pool zu einer zeitgemässen Wohnnutzung? All diese Fragen im Zusammenhang mit zeitgemässer Wohnnutzung werden letztlich die Richter entscheiden müssen.
Ein weiterer Punkt betrifft die gewerbliche Nutzung. Es ist zunehmend möglich, ehemalige Bauernhöfe unter Schutz zu stellen und gewerblich zu nutzen. Die Rede ist nicht von peripher gelegenen, sondern von stadt- oder siedlungsnahen Bauernhöfen, die aufgegeben worden sind. Die Bodenpreise für Gewerbeland sind unter Umständen zehnmal so hoch wie für Landwirtschaftsland, was bedeutende Verzerrungen im Standortwettbewerb zur Folge hat, die das Gewerbe nicht erfreuen werden.
Urs Hintermann fasst zusammen, ein grosser Teil der erwähnten Probleme bestünden also ohnehin, da der Bund die Änderung des Raumplanungsgesetzes bereits beschlossen habe - Art. 24 a bis c -; der Landrat setze aber noch eins obendrauf, indem er heute Art. 24 d auch noch absegne. Fazit: Es werden mehr Probleme geschaffen als gelöst.
Die SVP-Fraktion halte sich an die regierungsrätliche Vorlage bzw. an die Beschlüsse der Bau- und Planungskommission, schickt Urs Hess vorweg. Das kantonale Recht soll an das Bundesrecht angepasst werden, weil es aufgrund des Rückgangs in der Landwirtschaft Gebäude gibt, die man eigentlich verfallen lassen müsste, da ein rechtsloser Raum besteht, der eine anderweitige Nutzung nicht zulässt. Mit der Gesetzesanpassung soll die Nutzung dieser Gebäude in beschränktem Masse ermöglicht werden.
Allerdings hat auch die Fraktion äusserste Bedenken, was die Nutzung dieser Gebäude für Gewerbezwecke anbelangt. Wie bereits Urs Hintermann ausgeführt hat, entsteht eine Ungleichheit unter den Gewerbetreibenden, da die Bodenpreise und die Auflagen in Gewerbegebieten viel höher sind. Es ist allerdings nur bei einem sehr kleinen Teil der Gebäude - nämlich bei den geschützten Bauten - möglich, eine solche Umnutzung vorzunehmen.
Urs Hess bittet das Plenum, der Gesetzesänderung zuzustimmen.
Die FDP-Fraktion sei einstimmig für die Gesetzesänderung und begrüsse die verhältnismässig bescheidene Flexibilisierung, erklärt Patrick Schäfli . Die Anpassung ist durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft notwendig geworden. Von der Landwirtschaft kann nicht dauernd verlangt werden, dass sie einen Strukturwandel vollzieht und neue Erwerbsformen sucht, ohne konsequenterweise Anpassungen bis auf Stufe Raumplanungsrecht vorzunehmen. Patrick Schäfli erinnert in diesem Zusammenhang an die erfolgreichen Projekte im Bereich Agrotourismus.
Die massvolle Gesetzesänderung betrifft lediglich die landwirtschaftlichen Wohnbauten in Landwirtschaftszonen; Zweckänderungen sind nur für schützenswerte Gebäude zugelassen. Es geht also keineswegs darum, dem Bauen ausserhalb der Bauzone Tür und Tor zu öffnen. Bereits heute sind wesentliche Teile des Bundesgesetzes in der Praxis umgesetzt. Der heutige Zustand und das Bundesrecht sollen in kantonales Recht überführt werden - es handelt sich dabei um eine bescheidene, aber sinnvolle Liberalisierung.
Remo Franz erklärt, er schliesse sich seinen Vorrednern an. Die Fraktion stimme, wie die Bau- und Planungskommission, der Gesetzesänderung einstimmig zu.
Er könne sich nicht so kurz fassen wie Remo Franz, bemerkt Isaac Reber einleitend. Die Grüne Fraktion hat einige Vorbehalte anzubringen. Der Gegenstand der Gesetzesänderung ist schwierig und technisch-juristisch abstrakt. Vereinfacht gesagt geht es um die Aufweichung der Nutzungsbestimmungen ausserhalb der Bauzone, und dagegen haben die Grünen richtigerweise grösste Vorbehalte. Sie schliessen sich vollständig den Ausführungen Urs Hintermanns an, wonach eine klare Regelung in diesem Bereich fehlt und deshalb die Justiz darüber befinden muss. Da es bei der Gesetzesänderung lediglich um die Umnutzung bestehender Gebäude geht, kann die Grüne Fraktion mit dieser Änderung leben, heisst sie aber nicht gut.
Nicht verschweigen möchte Isaac Reber, dass die SP und die Grünen in der Bau- und Planungskommission einen Antrag gestellt haben, der darauf abzielte, die Erweiterungsmöglichkeiten einzuschränken. Da dieser Antrag in der Kommission deutlich unterlegen und der Diskussionsgegenstand so kompliziert ist, verzichten die beiden Fraktionen darauf, den Antrag erneut zu stellen. Allerdings kann sich ein Teil der Grünen nicht zu einem Ja zur Gesetzesänderung durchringen, wofür Isaac Reber Verständnis hat.
Regierungspräsidentin Elsbeth Schneider -Kenel erklärt, Urs Hintermann habe dargelegt, worum es gehe - sie möchte noch einige Anmerkungen zur Praxis machen. Die Gesetzesänderung ist zum Teil bereits vollzogen, und es gibt bereits einschlägige Erfahrungen. So kommt es bei ablehnenden Entscheiden der BUD immer häufiger zu Einsprachen. Allerdings hat die BUD vom Kantonsgericht auch schon öfters Recht bekommen, und auch das zuständige Bundesamt hat unserem Kanton für die Art und Weise, wie er mit Baubewilligungen gerade ausserhalb der Bauzone umgeht, ein Kompliment ausgesprochen. Auch die Landschaft zeugt davon, dass die Bewilligungen sorgsam und verantwortungsbewusst erteilt worden sind. Es gehe, erinnert die Regierungspräsidentin, nicht um Neubauten, sondern um die Umnutzung bestehender Gebäude, und da gelte es, die Bewilligungen mit Bedacht und im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben, wie der Landrat sie beschliesse, zu erteilen.
Die Regierungspräsidentin bedankt sich beim Landrat für die Unterstützung und betont, es handle sich um den Vollzug der bundesrechtlichen Vorgaben.
Es gibt keine weiteren Wortbegehren.
Detailberatung
Titel und Ingress keine Wortbegehren
Ziffer I, § 115 und § 116 keine Wortbegehren
Ziffer II keine Wortbegehren
Es wird kein Rückkommensantrag gestellt.
://: Damit ist die 1. Lesung abgeschlossen.
Für das Protokoll:
Barbara Imwinkelried, Landeskanzlei
Fortsetzung