Protokoll der Landratssitzung vom 23. März 2006

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2005-126 vom 12. Mai 2005
Motion von Jacqueline Simonet: Ergänzung des Bildungsgesetzes betr. Aufnahmeverfahren einer Speziellen Förderung
- Beschluss des Landrats: < überwiesen >



Nr. 1723

Erziehungsdirektor Urs Wüthrich nimmt namens der Regierung, welche die Motion ablehnt, wie folgt Stellung:


Die Motion verlangt, dass die Schulleitungen an der gesamten Volksschule inskünftig auch ohne Einwilligung der Erziehungsberechtigten die Zuweisung von Schülerinnen oder Schülern in eine Kleinklasse verfügen können. Zu diesem Zweck solle der Regierungsrat eine entsprechende Änderung des Bildungsgesetzes vorbereiten.


Die Auseinandersetzungen zwischen der Schule und den Eltern sind sehr vielfältig und verschärfen sich zusehends. Druck wird teilweise erzeugt von Eltern, die aufgrund von Privatgutachten wissen, was für ihr Kind das Beste ist; dazu gehört kaum je der Vorschlag, das eigene Kind einer Kleinklasse zuzuweisen. Die Konflikte sind manchmal sehr schwierig. So ist es Lehrern zum Teil nicht möglich, ein Gespräch zu führen, da Eltern die Einladungen dazu ignorieren. Es handelt sich insgesamt um ein sehr ernsthaftes Problem.


Der Regierungsrat bittet den Landrat aber aus drei Gründen, die Motion nicht zu überweisen, und zwar auch nicht in Form eines Postulates:


Aus genannten Gründen bittet Urs Wüthrich, die Motion abzulehnen.


Jacqueline Simonet bedankt sich für die Ausführungen Urs Wüthrichs und stellt klar, dass sie diese Motion auf Wunsch verschiedener Schulleitungen geschrieben habe.


Sie geht zunächst auf die von der Regierung vorgebrachten Gründe ein:


§ 43 des Bildungsgesetzes besagt Folgendes: "Die Spezielle Förderung hilft Schülerinnen und Schülern mit einer speziellen Begabung, einer Lernbeeinträchtigung oder einem Lernrückstand, ihre Fähigkeiten soweit als möglich innerhalb der öffentlichen Schulen zu entwickeln."


Spricht man also von der Speziellen Förderung, geht es vor allem um ein Recht des Kindes und nicht etwa um eine Strafe. Die Kleinklassen sind im Übrigen gute Klassen mit ausgezeichneten Lehrern, die dem Kind auch etwas bieten können.


Mit dem neuen Bildungsgesetz wurde das Aufnahmeverfahren in die Einführungsklasse neu geregelt. Seither können die Schulleitungen der Primarschule entscheiden - auch ohne Einverständnis der Erziehungsberechtigten. Diese Änderung ist damals nicht ohne Grund erfolgt, hatte doch jede Schule mehrmals erlebt, dass sich Eltern trotz eindeutiger Indikation einer Zuweisung ihres Kindes in eine Einführungsklasse widersetzten. Die Folge war, dass nach kurzer Zeit alle, einschliesslich der Eltern, feststellten, dass das Kind überfordert war. Sofern in der Einführungsklasse noch Platz war, wurde es dieser zugewiesen; andernfalls verblieb es in der Regelklasse, was nicht nur Konsequenzen für das überforderte Kind, sondern für die ganze Klasse hatte.


So oder so resultierte ein schulischer Fehlstart statt einer adäquaten Förderung in einer Einführungsklasse.


Die Schulleitungen machen von ihrem neuen Recht nur vorsichtig Gebrauch; schon aus Kapazitäts- und Kostengründen können nicht beliebig viele Kinder eine Einführungsklasse besuchen.


Wie in der Motion erwähnt, existiert die gleiche Problematik für die Aufnahme in eine Kleinklasse der Speziellen Förderung. Auch für diese Fälle ist eine vorherige Abklärung durch eine vom Kanton bestimmte Fachstelle gesetzlich vorgeschrieben; auch hier gibt es nicht beliebig viele Plätze. Wenn die Erfahrungen mit einem Schüler bzw. einer Schülerin diese Massnahmen als notwendig erscheinen lassen und wenn ein klarer Antrag der Fachstelle vorliegt, so sollte auch hier die Schulleitung wenn nötig ohne Einverständnis der Eltern über die Aufnahme in eine Kleinklasse entscheiden können. Es geht um das einzelne Kind, das ein Recht auf eine angemessene Schulung hat, aber auch um die anderen Kinder einer Klasse. Wird die ganze Aufmerksamkeit einer Lehrperson von einzelnen Schülerinnen und Schülern in Anspruch genommen, so leidet schliesslich die ganze Klasse darunter.


Zur Interpellation von Jürg Wiedemann zur Integration körperlich behinderter SchülerInnen nimmt die Regierung wie folgt Stellung: "Damit eine integrative Schulung erfolgreich ist, braucht es einen gemeinsamen Willen und ein starkes Engagement aller Beteiligten". Auch bei der Integration von Kindern mit einer Lernbeeinträchtigung oder einem Lernrückstand braucht es diese Voraussetzung. Da sie nicht immer gegeben ist, braucht es in extremen Fällen die verlangte gesetzliche Möglichkeit.


Es wäre sogar zu überlegen, ob im bestehenden Gesetz nicht eine weitere Verschärfung eingeführt werden sollte. Gemäss geltendem Gesetz kann ein Kind nach Abklärung durch eine Fachstelle (Schulpsychologischer Dienst) in eine Einführungsklasse eingeteilt werden. Schwierig ist es, wenn die Eltern sich gegen eine solche Abklärung ihres Kindes wehren - das aber ist ein anderes Problem.


Die vorliegende Motion verlangt - und zwar auf Wunsch verschiedener Schulleitungen - lediglich eine sinnvolle Anpassung des Bildungsgesetzes, die eine logische Folge der damaligen Gesetzesanpassung betreffend Aufnahmeverfahren in die Einführungsklasse ist.


Jacqueline Simonet bittet um Annahme ihrer Motion und bedankt sich für die Unterstützung.


Eva Chappuis erklärt, die SP-Fraktion lehne die Motion ab; einen Teil der Begründung habe Regierungsrat Urs Wüthrich bereits gegeben.


Auch nach Ansicht der SP-Fraktion ist der Zwang zur Zuweisung in eine Einführungsklasse nicht das gleiche wie der Zwang zur Zuweisung in eine Kleinklasse. Zu berücksichtigen ist, dass die Einführungsklasse den gleichen Lehrplan zu erfüllen hat wie die 1. Klasse, jedoch verteilt auf zwei Jahre. Kleinklassen hingegen haben nicht den gleichen Lehrplan zu erfüllen wie Regelklassen.


Es gibt zwei Formen von Spezieller Förderung: zum einen die Kleinklasse und zum anderen die integrative Form. Die SP-Fraktion steht dazu, dass sie stark und intensiv für die integrative Form ist; nicht etwa, um Geld zu sparen, sondern weil sie nach ihrem Dafürhalten der erfolgreichere Weg ist, wie das in anderen Ländern unter Beweis gestellt wird. Eine neue finanzielle Regelung soll in nächster Zeit getroffen werden (Pensenpool-Lösung).


Die Mitsprache der Eltern solle erhalten bleiben, denn nur so sind diese zu einer sinnvollen Kooperation zu bewegen und nur so kann den Kindern eine glückliche Schulzeit ermöglicht werden.


Im Übrigen ist es den Eltern schwierig zu vermitteln, dass Sonderschulkinder - dazu gehören körperlich behinderte, geistig behinderte und multipel behinderte Kinder - in Regelklassen integriert werden, aber alle jene, die Mühe haben mit dem Lehrstoff oder "verhaltensoriginell" sind, separiert werden sollen.


Die SP-Fraktion bittet deshalb um Ablehnung der Motion, was aber nicht heisse, dass sie gegen eine individuelle und spezielle Förderung sei.


Daniela Gaugler spricht sich namens einer grossen Mehr- heit der SVP-Fraktion für eine Überweisung aus. Die Schulleitungen gehen in den genannten Situationen in der Regel um- und vorsichtig um. Es komme aber vor, dass sich Eltern aus falsch verstandenem Ehrgefühl gegen das Wohl ihres Kindes und gegen dessen Eintritt in eine Kleinklasse entscheiden. Um dem Kind gerecht zu werden und die Positionen der Lehr- und Fachkräfte zu stärken, sollte die Aufnahme in eine Kleinklasse auch ohne Einverständnis der Eltern möglich sein.


Christine Mangold findet, bei diesem heiklen Thema stelle sich auch die Frage der Gewichtung. Um wessen Leidensgeschichte es sich letztlich handle, sei vom jeweiligen Standpunkt abhängig, meint sie. Nun habe man gehört, dass die Schulleitung ein Kind bei entsprechendem Bescheid der abklärenden Behörde auch gegen den Willen der Eltern einer Einführungsklasse (EK) zuteilen kann. Bereits bezüglich EK sei es nicht immer einfach, die Eltern davon zu überzeugen, dass es für ihr Kind die beste Lösung ist; es sind viele Gespräche und Verständnis nötig. Sie ist nicht der Ansicht, dass die Praxis bei den Kleinklassen (KK) anders gehandhabt werden soll, indem dort die Schulleitung bei entsprechender Indikation aufgrund von Abklärungen nicht die Möglichkeit hat, gegen den Willen der Eltern das Kind zu seinem eigenen Wohl in eine Kleinklasse zu schicken.


Dazu ein Beispiel aus ihrem Erfahrungsfeld: Die Abklärungen eines Kindes ergaben ganz klar, dass es einer Kleinklasse zugeteilt werden sollte. Die Eltern weigerten sich strikte dagegen. Die Schulleitung war machtlos. Nachdem das Kind bereits mindestens zwei mal die dritte Klasse wiederholt hatte, gelangte die Schulleitung an die Vormundschaftsbehörde und verlangte eine entsprechende Verfügung, was aber von Gesetzes wegen nicht möglich ist. Die mehrfache Klassenwiederholung sei tragisch für das Kind, welches im Grunde in eine Kleinklasse gehöre; Letzteres aber sehen die Eltern als Makel an.


Abhilfe schaffen könne hier einzig die Überweisung der Motion und eine entsprechende Abänderung des Bildungsgesetzes.


Die FDP ist zu diesem Thema klar gespalten. Die eine Hälfte findet klar, es gehöre in den Kompetenzbereich der Eltern zu entscheiden, ob ihr Kind in eine Kleinklasse gehört oder nicht und nicht in diejenige der Schulleitung. Der Idealfall sei selbstverständlich, wenn sich Eltern und Schulleitung finden, um zum Wohle des Kindes den besseren Weg einzuschlagen. In den meisten Fällen werde es auch so gehandhabt. Zeigen aber die Abklärungen einer Fachstelle klar den Besuch einer Kleinklasse an, da das Kind dort ganz anders gefördert werden kann als in der Regelklasse, so soll man dieser Fachstelle trauen. Ganz bestimmt sei es für das betroffene Kind nicht förderlich, wenn man sich prinzipiell dagegen stelle und das Kind womöglich mehrfach eine Klasse wiederholen lasse. Christine Mangold spricht sich klar für eine Überweisung der Motion aus.


Jürg Wiedemann stellt fest, dass es sich um ein heikles Geschäft handelt. Die Grüne Fraktion habe mit ihrer Interpellation klar ihre eigene Stossrichtung aufgezeigt. Man wünscht eine Integration möglichst vieler Schülerinnen und Schüler in die Regelklasse. Heute komme es aber unbestrittenermassen aus diversen Gründen immer wieder zu Schwierigkeiten, welche einen regulären Klassenunterricht sozusagen verunmöglichen. Mithin passiere es, dass Schulleitungen, wenn die ihnen zur Verfügung stehenden Massnahmenmöglichkeiten einmal ausgeschöpft sind, nichts mehr unternehmen können. Für Schülerinnen und Schüler, bei welchen die integrativen Massnahmen nicht ausreichen und ein regulärer Schulbetrieb unmöglich ist, muss eine Lösung gefunden werden. Das Kind kann beispielsweise in eine andere Regelklasse oder in eine Kleinklasse, in eine Sonder- oder Privatschule versetzt werden.


Die Grüne Fraktion unterstützt die Motion, was aber nicht heisse, dass man sich nicht auch sehr stark für integrative Massnahmen ausspreche. Man will den Schulleitungen eine schnelle Reaktion ermöglichen, wenn alles andere versagt. Die Motion geht den Grünen in einem Bereich sogar zu wenig weit. Das Hauptproblem seien nämlich Eltern, die sozusagen 'auf stur stellten' und auch eine schulpsychologische Abklärung verweigern können. Seines Erachtens kann aber der schulpsychologische Dienst am besten und qualifiziertesten beurteilen, was für ein Kind das Beste ist. Im Grunde müsste auch dies von der Schulleitung angeordnet werden. Für das Kind soll die beste Möglichkeit gefunden werden.


Jacqueline Simonet erklärt entgegen der Aussage von Eva Chappuis bezüglich Lehrplan, dieser sei auch in der Kleinklasse derselbe, er werde aber nicht gleich gehandhabt. Vor längerer Zeit habe es im Kanton Baselland Kleinklassen A und B gegeben - die einen waren für lernbehinderte, die andere für schwierige Kinder -, welche vor mehr als zwanzig Jahren zusammen gelegt wurden. Die Lehrperson geht nun also individuell auf die einzelnen Schüler ein. Die Landrätin habe es selbst erlebt, dass Kleinklassenkinder auch in die Sekundarschule oder in die Realschule übertreten konnten. Auch sie ist nicht gegen die Integration, meint aber, es könne nicht alles integriert werden. Es brauche sowohl Schonraum als auch Integration. Sie ist froh, dass die Regierung neue Formen der Integration prüfen wird. Entweder müssen die Klassen verkleinert, oder es müssen pro Klasse zwei Lehrpersonen beschäftigt werden. Die Motion verlangt aber etwas für die jetzige Situation, bis eine volle, integrative Lösung gefunden ist.


Nicht alle Eltern sind der Meinung, Kleinklassen seien ein Makel oder eine Strafe, sonst hätte beispielsweise das Experiment «Tandem» (Tagessonderschule) in Reinach, welches für den ganzen Kanton gedacht ist und nur Knaben, die in den Regel- und Kleinklassen nicht tragbar sind, aufnimmt, keinen solchen Erfolg; die Klasse ist immer gefüllt. Dies zeige, dass auch der Schonraum notwendig ist. Sie bittet nochmals um Unterstützung für die moderate Motion.


Eugen Tanner meint, Eva Chappuis' Votum könnte möglicherweise entnommen werden, man wolle die Mitwirkungsrechte der Eltern beschneiden oder einschränken. Dies sei in keiner Art und Weise Absicht des Vorstosses. Man brauche diese Mitwirkung. Entsteht nun aber eine Patt-Situation, in der Fachleute sagen, das Kind gehört in eine Kleinklasse, welche letztlich für die schwachen Kinder geschaffen wurde, so muss eine Lösung gefunden werden. Und diese könne ja wohl nicht darin bestehen, dass sich nun die Eltern dem Eintritt ihres Kindes in die Kleinklasse widersetzen, weil sie sich irgendwie in ihrer eigenen Ehre angegriffen fühlen. Weder für das Kind, noch für die Klasse, in die das Kind kommt und noch weniger für die Lehrer sei dies vernünftig oder gut. Er bittet nochmals um Zustimmung zur Motion und damit zu einer sinnvollen Lösung des heute anstehenden Problems.


Jürg Degen meldet sich - explizit ausnahmsweise - als selbst betroffener Kleinklassenlehrer zu Wort. Die Kantonsstatistik über die Kinder, welche entsprechend dem Willen ihrer Eltern nicht in die Kleinklasse gelangten, sei ihm nicht bekannt. Jedenfalls gebe es aber bereits jetzt die Möglichkeit, Kinder gegen den Willen ihrer Eltern in eine Kleinklasse zu schicken, nämlich wenn ein Kind am Ende der zweiten regulären Repetition einer Klasse nicht in die nächst höhere Klasse befördert werden kann. Als betroffener Kleinklassenlehrer möchte er davor warnen, den Lehrern Kinder zuzumuten, deren Eltern den Entscheid nicht stützen. Man ist sehr auf die Mitarbeit der Eltern angewiesen. Haben diese aber den Eindruck, irgend eine Schulorganisation habe ihr Kind platziert, ohne dass sie es wollten, so würde dies die Zusammenarbeit verunmöglichen und die Situation des Kindes in der Kleinklasse erschweren.


Er zeigt sich auch sehr erstaunt darüber, dass hier nun plötzlich der Standpunkt vertreten wird, die Fachleute könnten gewissermassen absolute Wahrheiten verkünden. Er selbst schätzt die Arbeit des schulpsychologischen Dienstes sehr und möchte sie nicht in Frage stellen. Aber auch das Urteil eines Schulpsychologen sei nicht sakrosankt, denn es stütze sich auch immer auf die Beurteilung durch eine Lehrperson und sei von den Eltern etc. beeinflusst, habe somit auch nicht letzte Gültigkeit. Selbst wenn man vielleicht das eine oder andere Fehlurteil in Kauf nehmen müsse, so sei doch immer die Unterstützung des Elternhauses in diesen Fragen notwendig. Für ihn drängt sich im Moment keine Neuregelung auf.



Begrüssung Grossrats- Büro

Landratspäsident Eric Nussbaumer unterbricht die Debatte für einen kurzen Augenblick, um das Büro des Grossen Rates von Basel-Stadt, welches auf der Zuschauertribüne Platz genommen hat, zu begrüssen. Er informiert, dass im Anschluss an die Landratssitzung ein Treffen der beiden Ratsbüros BS und BL stattfindet. Die Gäste, welche unter der Leitung von Statthalterin Brigitta Gerber stehen, werden von ihm herzlich willkommen geheissen.



Eva Chappuis gibt in ihrer Replik Jacqueline Simonet durchaus Recht in Bezug auf die KK2 bis KK5. In der Primarschule gelte derselbe Lehrplan, er werde anders angewendet, d.h. er wird nicht umgesetzt. Ab der KK6 stimme dies nicht mehr. Man habe für die Kleinklassen Niveau A einen separaten Lehrplan und eine separate Stundentafel gemacht. Die Zuweisung in Kleinklassen gelte für alle Schulstufen und nicht nur für die Primarschule, erinnert sie. Auch in letzterem Fall wäre sie dagegen.

Die Abklärungsweise des SPD stellt sie nicht in Frage. Dort werde in erster Linie abgeklärt, ob ein Kind eine spezielle Förderung, sprich Massnahme, benötigt oder nicht. Allein Deutschland und Österreich sähen nun aber wie die Schweiz zwei verschiedene Massnahmen als Konsequenz aus dieser Abklärung vor, während es in ganz Skandinavien nur einen Weg gebe, nämlich die integrative, spezielle zusätzliche Förderung. Das sei auch das Ziel der SP; segregative Massnahmen will man nicht zusätzlich zementieren.


Dazu komme, dass möglicherweise Schulleitungen ebenfalls ein Interesse daran haben könnten, was mit integrativer Förderung und was mit der Zuteilung in eine Kleinklasse gemacht wird. Es könnte ja auch darum gehen, dass Kleinklassen irgendwie gefüllt und gerechtfertigt werden müssen. Eigenverantwortung wird bei der SP ganz gross geschrieben. Die Eltern müssen die Verantwortung für ihre Kinder in der Schule mittragen und sollen sie auch tragen dürfen, wenn es schwierig wird und nicht nur, wenn es rund läuft.


Daniel Wenk kann sich vorstellen, dass es für eine Schulleitung tatsächlich im Einzelfall schwierig ist, wenn die Eltern sich widersetzen. Wahrscheinlich handle es sich aber in diesen Fällen um nicht sehr verhandlungsbereite Eltern. Er könnte sich vorstellen, dass Erziehungsberechtigte sich selbst nach einer entsprechenden Gesetzesänderung immer noch weigern könnten und wagt daher zu bezweifeln, dass damit eine tatsächliche Verbesserung erreicht werden kann. Ist andererseits damit nicht auch wieder die Möglichkeit eines Missbrauchs derer, die bestimmen, gegeben? fragt er sich. Schafft man damit nicht auch wieder einen Fall, der zu schwierigen Situationen führen könnte? Zudem sei die Anzahl Fälle, in denen sich Eltern der Fachmeinung verweigern, sehr klein. Mit einer Änderung des Gesetzes ergebe sich vielleicht Missbrauch auf der anderen Seite, aber auch nur in Einzelfällen. Also sei es besser, den Status quo beizubehalten und die Motion nicht zu überweisen.


Jürg Wiedemann entgegnet Jürg Degen, die Überlegung, dass in Kleinklassen nur Schülerinnen und Schüler mit Lernschwierigkeiten sitzen (zweimal repetiert etc.) sei grundsätzlich falsch. Er selbst weiss von einem Fall, in dem ein Heilpädagoge in einer Kleinklasse das Ziel hatte, einen solchen Schüler ins P-Niveau der Sekundarstufe I zu schicken; über den Ausgang ist er aber nicht informiert. In den Kleinklassen sollen auch Schülerinnen und Schüler sein, die eine besondere Betreuung benötigen. Daher besteht eine solche Klasse auch nicht aus 25 Schulkindern sondern aus 10 bis 12. Auch soll grundsätzlich derselbe Lehrplan gelten. Wenn dem nicht so ist, so sei es schlecht. Ihm falle bei der SP-Argumentation dasselbe auf, was er bereits beim Vorstoss von Etienne Morel vor einem Jahr beobachtet habe, welcher verlangte, dass Schülerinnen und Schüler, die einen regulären Unterricht verunmöglichen, durch Klassenkonventsbeschluss für 5 Tage vom Schulunterricht ausgeschlossen werden können. Stets laufe die SP-Argumentation darauf hinaus, dass sie den Täter schütze, indem sie diesen in der Klasse belassen wolle, egal was in der Regelklasse passiere, selbst wenn Kinder quasi verzweifeln, wenn ein regulärer Unterricht nicht mehr möglich sei und wenn es Opfer gebe. So weit wollen die Grünen nicht gehen. Gibt es Opfer, die darunter leiden, so sollen entsprechende Massnahmen ergriffen werden können.


Regierungsrat Urs Wüthrich beschränkt sich auf zwei Feststellungen. Erstens zielt das Projekt Pensenpool nicht darauf ab, separative Massnahmen und Möglichkeiten abzuschaffen. Ziel sei aber, in jedem Fall die richtige Massnahme - und keine ideologisch motivierte Differenzierung - zu treffen. Zweitens gibt der Bildungsdirektor seiner Verwunderung über den Verlauf der Grenzlinien in der aktuellen Diskussion Ausdruck. So habe er zur Kenntnis genommen, dass die SP konsequent auf individuelle Freiheit und Eigenverantwortung setzt, während man auf der liberalen inklusive ökoliberalen Seite im Zweifelsfall dem Staat das Sagen einräumt. [Heiterkeit, gefolgt von Raunen]


://: Die Motion 2005/126 von Jacqueline Simonet wird mit 40 : 32 Stimmen bei 4 Enthaltungen überwiesen.


Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei



Fortsetzung

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