Protokoll der Landratssitzung vom 18. Mai 2006

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2005-182 vom 23. Juni 2005
Motion von Christoph Rudin: Kulturgesetz
- Beschluss des Landrats < als Postulat überwiesen >



Nr. 1850

Landratspräsident Eric Nussbaumer erklärt, der Regierungsrat sei bereit, den Vorstoss als Postulat entgegenzunehmen.


Hinsichtlich Regelungstiefe und -breite habe das Kulturgesetz bis anhin keinen schnurgeraden Verlauf genommen, bemerkt Regierungsrat Urs Wüthrich einleitend. Er hat deshalb Verständnis für das Anliegen Christoph Rudins, die Kulturförderung in einem Gesamtpaket zu regeln. Es geht tatsächlich nicht darum, ein Subventionierungsgesetz zu schaffen; vielmehr sollen damit durchaus auch kulturpolitische Aussagen gemacht werden.


Der Grund, warum die Regierung den Vorstoss als Postulat und nicht als Motion entgegennehmen will, liegt darin, dass die Aufzählung der betroffenen Institutionen - Kantonsbibliothek, Museen, Sammlungen, etc. - allenfalls weiter zu fassen ist; hinzu kommt, dass nicht nur ein Gesetz über die Förderung der zeitgenössischen Kultur geschaffen werden soll, sondern eines über die kulturellen Leistungen des Kantons insgesamt. Ein Postulat gibt der Regierung diesbezüglich mehr Gestaltungsspielraum. Urs Wüthrich hofft, dass das Postulat nach Unterbreitung des Gesetzes als erfüllt wird abgeschrieben werden können.


Christoph Rudin weist darauf hin, dass es sich um einen fahrenden Zug handle, den die GPK bereits 2001 mit der Forderung nach einer Revision der zeitgenössischen Kulturförderung angestossen habe - er verlange also nichts Neues.


Kulturpolitik gehört in den Landrat, weshalb die verschiedenen bestehenden Regelungen in ein Gesetz gefasst werden sollen. Die Zusatzschlaufe "Prüfen und Berichten" im Rahmen eines Postulates erachtet Christoph Rudin nicht als sinnvoll. Er hält deshalb an der Motion fest und verweist auf den Vorteil, dass der Regierung damit vier Jahre für die gründliche Erarbeitung des Gesetzes, unter Berücksichtigung aller Aspekte, zur Verfügung stehen, wohingegen ein Postulat innerhalb eines Jahres erfüllt sein muss.


Hans Jermann erklärt, aus seiner Warte sei das Ganze nicht so einfach, wie es sowohl Regierungsrat Urs Wüthrich als auch Christoph Rudin geschildert haben.


Die Angaben im Vorstoss Christoph Rudins stimmen, mit Ausnahme des Satzes "Dieses Gesetz befasst sich nur mit der Förderung des zeitgenössischen Kulturschaffens". Es heisse nicht "nur", sondern "auch", berichtigt er. Tatsächlich bestehen keine gesetzlichen Grundlagen für die Kantonsbibliothek, für die Museen und die Sammlungen.


Zur Erhellung der Sachlage erklärt Hans Jermann, wie die GPK-Motion entstanden ist: Die GPK wollte anhand eines Gesetzes die Vollzugs- und Wirksamkeitskontrolle zeigen - Stichwort "Effilex". Namentlich wollte sie Antworten auf die Fragen a) ob ein Gesetz Sinn mache, b) was ein Gesetz bewirke und c) wie der Vollzug ablaufe. Quasi als Pilotprojet hat sie das "Gesetz über die Leistungen von Beiträgen zur Förderung kultureller Bestrebungen" aus dem Jahre 1963 unter die Lupe genommen; dieses enthält lediglich sechs Paragraphen. In einem Bericht forderte die GPK den Regierungsrat im Jahre 2001 dazu auf, das Gesetz einer Total- oder wenigstens einer Teilrevision zu unterziehen. Da der Regierungsrat dieser Forderung nicht nachgekommen ist, verlangte die GPK mit der Motion 2003/090 , das Gesetz aus dem Jahre 1963 einer Totalrevision zu unterziehen. Sie habe aber nicht ein ausdrückliches Kulturgesetz verlangt, betont Hans Jermann.


Kulturförderung hat trotzdem stattgefunden, und zwar aufgrund des Gesetzes aus dem Jahre 1963, der Vereinbarung des Amtes für Kultur mit seinen Fachgruppen (Bericht 2002) und des Kulturvertrages mit der Stadt Basel aus dem Jahre 1997.


Zur vorliegenden Motion erklärt Hans Jermann, beim Gesetz aus dem Jahre 1963 geht es um Beiträge an Private (Musikvereine, Chöre, etc.). Die Kantonsbibliothek und die Museen, von denen in der Motion die Rede ist, sind aber kantonale Institutionen, die über das ordentliche Budget finanziert werden. Es geht also um zwei verschiedene Kulturträger, die nach Dafürhalten Hans Jermanns nicht im gleichen Kulturförderungsgesetz behandelt werden können - es bräuchte, wenn schon, ein eigentliches Kulturgesetz.


Die CVP/EVP-Fraktion ist der Ansicht, dass die Revision des Gesetzes aus dem Jahr 1963, mit der die BKSD beauftragt ist, abgewartet und dann im Rat über die Frage befunden werden sollte, ob ein umfassendes Kulturgesetz zu schaffen sei. Aus genannten Gründen unterstützt die Fraktion diese Motion nicht.


Eine Erweiterung des Gesetzes auf Bibliotheken, Museen und Sammlungen, wie Motionär Christoph Rudin sie verlange, erachte die SVP-Fraktion als unnötig, erklärt Hanspeter Wullschleger . Eine gesetzliche Regelung über die Leistungen für Beiträge zur Förderung kultureller Bestrebungen, die vor 2 1/2 Jahren von der GPK mittels Motion verlangt wurde, sollte aber unverzüglich realisiert werden. Damit könnte das Parlament mitbestimmen, was unter unterstützungswürdige Kultur falle. Die SVP-Fraktion ist gegen die Überweisung der Motion; auch einer Überweisung in Form eines Postulates würde sie nicht zustimmen.


Wir hätten jetzt widersprüchliche Meinungen gehört, stellt Eva Gutzwiller fest. Ebenfalls gehört haben wir, dass Christoph Rudin sich nicht mit Leib und Seele für seine Motion wehrt und offenbar auch mit einem Postulat leben könnte.


Die FDP-Fraktion hat ähnliche Überlegungen angestellt und ist zur Überzeugung gelangt, den Vorstoss in Form eines Postulates zu unterstützen. Es gibt so viele Ansatzpunkte in Erlassen, Verordnungen etc., dass es Sinn machen würde, gemeinsam zu prüfen, was in ein kantonales Kulturgesetz gehört und was nicht. Wenn andererseits die Zusatzschlaufe zu einer Auslegeverordnung verhilft, welche aufzeigt, in welcher Form wir ein Gesetz brauchen, dann ist die Überweisung als Postulat sicherlich sinnvoll. Sie persönlich würde den Vorstoss auch als Motion überweisen, erklärt Eva Gutzwiller.


Als GPK-Mitglied müsse sie schon pro forma dafür sein, bemerkt Esther Maag einleitend. Die Grünen können mit einer Motion oder einem Postulat leben. Sie selber vermag nicht abzuschätzen, ob mit einer Motion alles abgedeckt werden kann. Was passiert, wenn im laufenden Gesetzgebungsverfahren weitere Aspekte auftauchen - dürfen diese miteinbezogen werden? Aufgrund dieser Unwägbarkeiten ist die Überweisung als Postulat vielleicht die bessere Lösung.


Die Revision des Kulturförderungsgesetzes ist im Gange. Aus Effizienzgründen spricht sich Esther Maag - anders als die CVP/EVP-Fraktion - dafür aus, das Ganze nicht aufzuschieben, sondern gleichzeitig mit der Gesetzesrevision an die Hand zu nehmen; somit werden auch für die Kulturanbieter verlässliche Rahmenbedingungen geschaffen. Die Grünen sind daher ganz klar für Überweisung - sei es als Motion oder als Postulat.


Er "oute" sich als Dissident innerhalb der SVP-Fraktion, erklärt Karl Willimann . Die Arbeit als Präsident der Bildungs- und Kulturkommission fällt leichter, wenn im Bereich Kultur gesetzliche Regelungen vorhanden sind, die das Fundament für Entscheidungen darstellen. Er werde der Motion daher zustimmen.


Nach dem Votum Esther Maags müsse er sich noch einmal zu Worte melden, bemerkt Hans Jermann . Aus seiner Sicht ist es nicht möglich, ein Kulturgesetz unter dem Gesetz zur Förderung kultureller Bestrebungen zu subsumieren. Der umgekehrte Weg ist richtig: Es braucht als Dach ein Kulturgesetz, und unter diesem Dach sollte es ein Untergesetz für die Förderung kultureller Bestrebungen geben. Damit könnte er wie "Dissident" Karl Willimann leben. Die Frage ist aber, ob der Landrat ein umfassendes Kulturgesetz oder lediglich ein Gesetz über die Förderung kultureller Bestrebungen anpeile; hier muss sich jeder einzelne überlegen, was er will.


Christoph Rudin bemerkt - wohl mit einem Augenzwinkern - , er könnte jetzt in einer Konsultativabstimmung in Erfahrung bringen, wer alles ein Dissident sei, um seine Chancen besser abschätzen zu können - aber in der Schweiz gehöre es sich nicht, stur zu sein. Er zitiert Regierungsrat Urs Wüthrich, der den Unterschied zwischen einer Motion und einem Postulat heute morgen als "minim" bezeichnet hat, und erklärt sich mit der Umwandlung der Motion in ein Postulat einverstanden. (Heiterkeit.)


Regierungsrat Urs Wüthrich legt Wert auf die Feststellung, dass er den Unterschied zwischen Motion und Postulat in dem ganz konkreten Fall als nicht dramatisch bezeichnet habe. (Erneute Heiterkeit.)


Es gibt keine weiteren Wortbegehren.


://: Der Landrat überweist die in ein Postulat umgewandelte Motion ( 2005/182 ) mit 57 : 20 Stimmen bei 1 Enthaltung.


Für das Protokoll:
Barbara Imwinkelried, Landeskanzlei



Fortsetzung

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