Protokoll der Landratssitzung vom 27. April 2006

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2006-084 vom 28. März 2006
Vorlage: Postulat 2004/026 vom 5. Februar 2004 von Jürg Wiedemann, Grüne Fraktion, betreffend Verkehrserziehung auch für Unverbesserliche. - (Abschreibung. Direkte Beratung)
- Beschluss des Landrats: < beschlossen >



Nr. 1789

RR Sabine Pegoraro ergänzt die schriftliche Beantwortung des Postulates einleitend mit dem Hinweis, dass Basel-Stadt und Basel-Landschaft gemeinsam beschlossen haben, dass MotorfahrzeugführerInnen sowie Motorrad- und FahrradfahrerInnen, die wiederholt in verkehrsgefährdender Weise gegen die Verkehrsregeln verstossen, von den beiden Kantonspolizeien zu einer gezielten Nachschulung aufgeboten werden können. Jährlich können etwa 100 Personen mit diesem unter der Leitung der Motorfahrzeugprüfstation beider Basel stehenden und von den Polizeien beider Basel in Zusammenarbeit mit den Fahrlehrerverbänden entwickelten Kurs nachgeschult werden. Die Kosten sind von den KursbesucherInnen zu bezahlen, so dass für den Kanton kein Mehraufwand anfällt. Diese Delinquentenschulung wird sicherlich einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Verkehrssicherheit leisten. Der Kurs ist vor allem auf geschwindigkeitsauffällige Lenker ausgerichtet, hat somit speziell die Raser im Auge. Bussen und Ausweisentzüge reichen allein nicht aus, um die Unverbesserlichen von ihrem gefährlichen Verhalten auf den Strassen abzuhalten. Die Gefahren, welche sie mit ihrer vorschriftswidrigen Fahrweise für sich und andere bewirken, blenden die Raser bewusst oder unbewusst aus. Durch die Nachschulung sollen sie für die Risiken, die sie für sich oder Dritte schaffen, sensibilisiert werden. Mit Nachdruck sollen sie auch auf die rechtlichen Folgen ihres Verhaltens im Strassenverkehr hingewiesen werden.


Mit dem Angebot der Nachschulung wird ein präventives Instrument geschaffen mit dem Ziel, die Verkehrssicherheit in beiden Kantonen zu verbessern. Bisher waren die beiden Basel auf ein beschränktes Platzangebot in Kursen ausserhalb der beiden Basel angewiesen. Das eigene Kursangebot wird den beiden Kantonen nun ermöglichen, mehr Verkehrsteilnehmende in solche Kurse aufzubieten. Zudem können die Kurse entsprechend den eigenen Vorstellungen konzipiert und gestaltet werden. Da die Kurse in Muttenz abgehalten werden, können die TeilnehmerInnen von kurzen Anfahrtswegen profitieren. Der Kursinhalt wird aufgrund der gemachten Erfahrungen regelmässig überprüft und gegebenenfalls an neue Erkenntnisse angepasst.


Der Landrat ist gebeten, dem Antrag des Regierungsrates zu folgen und das Postulat als erfüllt abzuschreiben.


Nach Auffassung von Ursula Jäggi liest sich der Bericht zum Postulat 2006/084 zwar sehr schön, doch stört sich die Landrätin an folgendem Passus auf Seite 4:


Ergeben sich beim Verkehrsunterricht Zweifel an der Eignung eines Kursteilnehmers oder einer Kursteilnehmerin als FahrzeugführerIn, ist der zuständigen kantonalen Behörde Meldung zu erstatten. Diese trifft dann die notwendigen Massnahmen; sie kann unter anderen die Wiederholung . ......


Dieses viel zu liebevolle kann soll in ein muss umformuliert werden. Die schrecklichen Unfälle der vergangenen Wochenenden weisen die Politik deutlich darauf hin, dass nun mehr Druck aufzusetzen ist. Neben den verheerenden Auswirkungen des Alkohols im Strassenverkehr ist vermehrt auch die Verrohung, die zunehmende Aggressivität und die Fahrerflucht ins Visier zu nehmen.


Im Übrigen steht die SP-Fraktion hinter der Abschreibung des Postulates.


Daniele Ceccarelli , der gleichzeitig zu beiden Vorstössen, also auch zu Postulat 2006/085 von Esther Maag spricht, hält beide Anliegen grundsätzlich für gerechtfertigt, da im Strassenverkehr besorgniserregende Tendenzen zu beobachten sind. Dies zeigt auch, wie kürzlich den Medien zu entnehmen war, die harte, bundesrichterliche Strafe, welche einem Raser auferlegt wurde, der den Tod seines Beifahrers verursacht hatte. In diesem Falle wurde dem Raser richtigerweise eine wirkungsvolle Strafe von fünf Jahren aufgebrummt.


Das vom Regierungsrat vorgelegte Prüfungsresultat zeigt, dass die beiden Postulate offene Türen einrennen und dass die Polizei unter der Oberleitung von Regierungsrätin Sabine Pegoraro hervorragende Arbeit leistet, die sich gesamtschweizerisch sehen lassen darf. Dazu die Anerkennung und der Dank der FDP-Fraktion, die überdies für die Abschreibung der beiden Postulate votiert.


Jürg Wiedemann und mit ihm die Grüne Fraktion sind sehr froh, dass nun Bewegung in das Thema "Verkehrsraser" gekommen ist. Trotzdem hier noch ein paar Fragen mit der Bitte um Antworten durch die Regierungsrätin: Die Grüne Fraktion ist unbefriedigt von der Tatsache, dass nur Wiederholungstäter, nicht aber Ersttäter von der Nachschulung betroffen sind. Wer mit 120 statt 50 Stunden- kilometern durch eine Quartierstrasse rast, diese als Formel 1 Strecke benutzt, trägt in seinem Kopf einen Defekt. Auch beim ersten Mal ist in solchen Fällen Handlungsbedarf angezeigt. Nicht die Polizei oder Fahrlehrer sind gefragt, sondern Verkehrspsychologen oder -psychiater.


Des Weiteren fällt auf, dass die Kurskosten mit 420 Franken relativ hoch ausfallen. Man fragt sich, wohin das Geld fliesst, ob zum Staat oder allenfalls zu den Fahrlehrern.


Zudem stellt sich für die Grünen die Frage, was mit den Erziehungsunfähigen geschieht, wenn auf Seite 4 zu lesen ist:


Voraussetzung ist, dass die fehlbaren Verkehrsteilnehmenden .......... als "erziehungsfähig" erscheinen.


Würde diesem Vorschlag Folge geleistet, so dürften die Erziehungsunfähigen während ihres ganzen Lebens nicht mehr Auto fahren. Was gedenkt man mit den Erziehungsunfähigen zu tun?


Sabine Pegoraro weist vorab darauf hin, dass die von Jürg Wiedemann gestellten Fragen bereits am Vortag von Telebasel behandelt wurden.


Ersttäter sollen ganz einfach deshalb für den Verkehrsunterricht nicht aufgeboten werden, weil die grosse Mehrheit der Ersttäter, mindestens 80 Prozent, durch Administrativmassnahmen, Führerausweisentzug und Geldbussen, erfasst werden. Unverhältnismässig wäre es, die Delinquentenschulung auf alle Ersttäter ausdehnen zu wollen. Dies soll nicht als Verharmlosung der Raserei aufgefasst werden. Hier nun aber geht es, wie schon der Titel des Vorstosses sagt darum, die Unverbesserlichen zu erfassen.


Zur Frage der Begleitung durch einen Verkehrspsychologen: Kurse können entweder im Einreferentensystem von einem Verkehrspsychologen oder, wie in den meisten Kantonen, im Mehrreferentensystem durchgeführt werden. Bei Letzterem führt die Schulung ein Team, das auch mit Praktikern bestückt ist, durch. Sollte sich die Unverbesserlichkeit im Kurs manifestieren, könnten als nächster Schritt ein Psychologe beigezogen oder andere weiter gehende Massnahmen vorgeschlagen werden.


Zu den Kosten: Selbstverständlich werden die Referenten für ihre Leistungen auf Basis einer Vollkostenrechnung entschädigt. Der Aufwand ist hoch, steht aber im Dienste der Verkehrssicherheit.


Jürg Wiedemann beantragt, das Postulat stehen zu lassen und den Abschreibungsentscheid erst nach einem Jahr, wenn die Regierungsrätin über die gemachten Erfahrungen berichten wird, zu fällen. In einem Jahr sollte entschieden werden, ob sich die Massnahme bewährt hat oder auf Ersttäter ausgedehnt werden sollte.


Auftrag war es, zu prüfen und zu berichten, entgegnet RR Sabine Pegoraro . Die Instrumente des Landrates sollten so, wie sie vorgesehen sind, ernst genommen werden. Es wurde geprüft, berichtet und die Kurse sind eingeführt, das Postulat kann abgeschrieben werden.


Vielleicht kann man es während eines Jahres im Staatsarchiv lagern, witzelt Philipp Schoch .


://: Der Landrat schreibt das Postulat 2004/026 von Jürg Wiedemann mit 54 zu 9 Stimmen ab.


Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei



Fortsetzung

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