Protokoll der Landratssitzung vom 18. Mai 2006
Protokoll der Landratssitzung vom 18. Mai 2006 |
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2006-034
vom 31. Januar 2006
Vorlage:
Gesetz über den unverzüglichen Bau der H2 zwischen Pratteln - Liestal; Finanzierung des Verpflichtungskredites für den Bau der H2
(2. Lesung; Behandlung am 18. Mai 2006)
- Bericht der Kommission vom:
10. April 2006
- Behandlung im Parlament am: 27. April 2006 <
1. Lesung abgeschlossen
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- Beschluss des Landrats < beschlossen (kein 4/5-Mehr)
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Gesetzestext
[PDF]
Nr. 1833
Eric Nussbaumer bittet das Plenum, zur zweiten Lesung die Kommisionsfassung zur Hand zu nehmen.
Titel und Ingress keine Wortbegehren
§ 1, Absatz 1
Es liegt ein Antrag der CVP vor, zu welchem Eugen Tanner vorweg fest hält, man respektiere den vom Landrat am 11. Mai 2006 gefassten Beschluss. Im Rahmen der ganzen H2-Debatte sei aber immer wieder, wenn auch oftmals sehr selektiv, der damalige Volkswille zitiert worden. 1995 habe das Volk die H2 und den nötigen Kredit von damals 248 Mio. Franken beschlossen und auch der Linienführung zugestimmt sowie dem - aus den Abstimmungsunterlagen ersichtlichen, geplanten - Rückbau der alten Rheinstrasse. Separat, aber auch klar, habe das Volk einen teilweisen, befristeten Erlass des Verkehrssteuerrabatts abgelehnt. Man ist der Ansicht, der demokratische Prozess müsste wieder dorthin zurückgeführt werden, wo er im Jahr 1995 stand.
Die Bevölkerung soll nun darüber befinden, ob sie unter Berücksichtigung der Sicherheitsbestimmungen des Bundes eine Variante mit geschlossenem Tunnel will - wie im Landrat beschlossen - oder ob sie im Wesentlichen der geöffneten Variante mit Modifikationen bezüglich Lärm, Gestaltung den Vorzug geben möchte. Damit könnte das Volk gleichzeitig nochmals Stellung zur Frage des Verkehrssteuerrabatts nehmen, meint er. Man steht hinter der Vorlage und ist für den sofortigen Bau der H2, möchte aber diesbezüglich das Volk nochmals befragen. Im Sinne einer Flucht nach vorn plädiert er für die hier vorgeschlagene Variantenabstimmung.
Urs Hess hält seinem Vorredner vor, er beteuere zwar, den Landratsbeschluss zu akzeptieren, genau das aber tue er nicht. Seines Erachtens sollte man nun zu dem Landratsbeschluss stehen. Den CVP-Antrag findet er äusserst ungeschickt. Denn komme es zu einer Volksabstimmung, so sage womöglich ein Teil nein zum Tunnel und der andere lehne den Kredit ab. Damit würde die CVP die H2 geradezu killen. Er bittet um Ablehnung des Antrags.
Jürg Wiedemann streicht die Kostenexplosion um die H2 hervor. Unterdessen stehe fest, dass diese Luxusstrasse, welche eine deutliche Kapazitätserweiterung bedeutet, die 300 Mio.-Grenze überschritten hat, die eigentliche Grenze aber noch gar nicht erreicht sei. Die Finanzierung ist weiterhin unklar. Weder gibt es gesicherte Bundesbeiträge, noch kann das Projekt in Anbetracht der Finanzlage des Kantons aus den allgemeinen Steuergeldern bezahlt werden. Mit der angestrebten Aufhebung des Verkehrssteuerrabatts wird nur ein Teil der Kosten des Projekts bezahlt. Weder die Ausgaben für den Landerwerb von über 60 Mio. Franken noch der Rückbau der Rheinstrasse, noch die sehr hohen Unterhaltskosten von jährlich 6,5 Mio. Franken, noch die Folgekosten, die sich durch die Kapazitätserweiterung in ein paar Jahren einstellen werden, wollen die Regierung und die bürgerlichen Parteien durch die Aufhebung des Verkehrssteuerrabatts finanzieren. Lediglich ein kleiner Teil der Kosten von ungefähr 5 x 17,2 Mio., also ungefähr 86 Mio. Franken, sollen daraus bezahlt werden. Ob die geplante fünfjährige Aufhebung des Rabatts dann wirklich erfolgt, steht zur Zeit noch offen. Für die Grüne Fraktion fehlt damit klar die Basis für eine Zustimmung zu diesem Projekt.
Seit das Volk 1997 einer neuen Strasse und einem neuen Tunnel zugestimmt hat sind nun beinahe zehn Jahre vergangen und die Situation habe sich grundlegend geändert. Die Kosten sind explodiert und weitaus höher, als damals dem Volk versprochen worden. Die Finanzierung ist unklar, bei deren Misslingen wäre gar eine allgemeine Steuererhöhung möglich. Im Weiteren ist die Umweltbelastung heute deutlich höher als noch vor zehn Jahren. Die Ozon- und Feinstaubgrenzwerte werden praktisch permanent überschritten. Die Grünen sind überzeugt, dass das Volk unter heutigen Umständen einer H2 nicht mehr zustimmen würde. Man erachtet es als legitim, das Volk grundsätzlich nochmals über die Realisierung der H2 entscheiden zu lassen.
Die Grünen Baselland bereiten aus diesem Grund eine Initiative vor, welche einen gänzlichen Verzicht auf die H2 zum Ziel hat und an deren Stelle einen Ausbau der Rheinstrasse auf 4 Spuren verlangt, zudem soll die S-Bahn im Viertelstundentakt geführt werden. Auch sollen umfassende Massnahmen zum Schutz der betroffenen Bevölkerung entlang der Rheinstrasse vor Lärm- und Abgasemissionen ergriffen werden. Einerseits würde damit das Verkehrsproblem langfristig und dauerhaft gelöst, andererseits die Bevölkerung vor den Lärm- und Abgasemissionen geschützt - und es würden deutlich über 200 Mio. Franken eingespart.
Rudolf Keller und die SD sind grundsätzlich für die Strasse. Nun warnt er davor, mit diversen ungeschickten Anträgen, die allenfalls noch kommen könnten, das Ganze aufs Spiel zu setzen. Die umliegenden Gemeinden brauchen die Strasse, argumentiert er, und zwar schnell. Der an der letzten Landratssitzung getroffene Entscheid für einen durchgehenden Tunnel entspricht seiner Ansicht nach dem Volkswillen. Daher lehnt die SD den Antrag der CVP heute ab. Man möchte verhindern, dass das ganze Projekt mit diesem Antrag allenfalls zu Fall kommt. Dann nämlich wäre ein Scherbenhaufen zu beklagen, was wohl kaum im Sinne der Ratsmehrheit sei. Die Rheinstrasse hält er für die wohl in etwa am meisten befahrene Strasse in unserem Land überhaupt. Die CVP bezeichnet er als schlechte Verliererin, die wohl "umsverworge" noch per Hintereingang ihren Antrag einbringen möchte. Er bittet das Ratskollegium eindringlich, dem Antrag nicht zuzustimmen.
Rolf Richterich müsste sich grundsätzlich als Befürworter der offenen Linienführung über den Antrag der CVP freuen, da sich damit nochmals das Türchen für diese Lösung öffne. Nun sei aber der Entscheid über die technische Realisierung an der letzten Sitzung gefallen, und damit diese Sache für ihn auch erledigt. Den hier im Saal gefällten demokratischen Entscheid über die geschlossene Linienführung kann er stützen. Er unterstützt die Vorlage auch in Bezug auf die Finanzierung.
Den Grünen wirft er ihre 'tolle' Strategie vor: Am vergangenen Donnerstag draufbuttern und nun über das aufgemotzte Projekt sagen, es sei nicht realisierbar, da man 1997 nicht darüber abgestimmt habe. Er selbst habe dies bereits an der letzten Sitzung gesagt. Hätten die Grünen letztmals auch so votiert, so hätte man jetzt die offene Linienführung. Die Taktik sei durchschaut.
Versuche man nun von Seiten der CVP, die Glaubensfrage, über welche man am 11. Mai immerhin 2 Stunden debattiert habe, vors Volk zu bringen, so gehe der Schuss wohl nach hinten los und man habe letztlich nichts - was die Grünen genau wollen. Die Glaubensfrage gehört seines Erachtens nicht vors Volk. Bereits im Rat tue man sich schwer mit der Entscheidung, wie also soll sich die Bevölkerung mit noch viel weniger Facts eine gescheite Meinung bilden können, mahnt er, und zu einem klaren Abstimmungsresultat gelangen? Er plädiert dafür, hier im Rat eine Vorlage vorzulegen und über diese abzustimmen. Letztlich stehe die Finanzierung des Projekts zur Diskussion.
Die FDP ist einstimmig der Meinung, der Landrat könne abschliessend beurteilen, ob offen oder geschlossen. Der Antrag der CVP wird einstimmig abgelehnt.
Annemarie Marbet ist mit der SP sehr erstaunt über den Schachzug der CVP/EVP. Man fragt sich, warum dieser Antrag jetzt kommt. Heisst es etwa, dass die CVP von Beginn an eine Volksabstimmung bevorzugt hat? Sollte das weiter heissen, dass alle Bemühungen, all die vielen Sitzungen - man erinnere sich nur an die letzte Landratssitzung - null und nichtig gewesen sind? Man habe sich zwar einmal damit beschäftigt, wolle nun aber trotzdem etwas anderes... Die SP hat immer betont, sie sei nicht für diese Strasse, akzeptiere aber den Volksentscheid.
Nun lege die Regierung ein «Gesetz über den unverzüglichen Bau der H2» vor, d.h. man hätte eigentlich bereits gestern beginnen sollen, und schon tauchen wieder eine Menge Varianten auf... Man fühlt sich ein wenig an der Nase herumgeführt. Die Annahme liege nahe, dass die CVP wohl, wie eventuell auch die anderen bürgerlichen Parteien - denn warum haben sie eine Initiative lanciert - sich ein Törchen offen lassen wollten, um doch noch alles vors Volk zu bringen. Auch bezüglich Initiative wisse man nicht, wie es weiter gehen soll. Und trotzdem werde einem hier weisgemacht, es brauche einen unverzüglichen Bau der H2, die Strasse sei notwendig, und es gehe nur noch um die Finanzierung - aber wie, das möchte wiederum niemand gesagt haben.
Für die SP stellt dieses Finanzierungsmodell grundsätzlich ein Präjudiz dar. Es zeigt einen Weg auf, etwas verursachergerecht mittels gebundenen Mitteln zu finanzieren; diejenigen, die es auch brauchen, bezahlen einen Teil daran. Zudem habe man die Beinahe-Zusicherung, relativ hohe Subventionen zu erhalten. Man stehe zum Bau der Strasse. Es handelt sich um ein Prestige-Objekt; alle wollen es. Beinahe scheinen schon Landratsmandate davon abzuhängen... Die SP kann zustimmen, wenn die Strasse mit dem Motorfahrzeugsteuerrabatt finanziert wird. Den Antrag der CVP lehnt sie ab.
Eugen Tanner stellt klar fest, die CVP habe lange vor der Tunneldebatte angekündigt, sie möchte das Volk mit einer Variantenabstimmung einbeziehen. Zudem wäre der Beschluss des Volkes aus dem Jahr 1995 nicht aufgehoben, selbst wenn beide Varianten abgelehnt werden sollten; die Strasse könne jedenfalls gebaut werden, wenn auch mit Modifikationen in Bezug auf Ausführung und Finanzierung. Er schliesst mit der Bemerkung, es seien doch gewisse Berührungsängste mit dem Volk festzustellen.
Regierungsrat Adrian Ballmer : Die Regierung will den unverzüglichen Bau dieser H2; daher die Vorlage. Mit dem sofortigen Beginn der ersten Etappe unter Nutzung der zweieinhalb Jahre dauernden Realisierungszeit möchte man für die nächste Etappe bereit sein. Die Vorlage hält man für austariert, die Finanzierung kosten-verursacher- und nutzergerecht. Der Antrag der CVP auf Variantenabstimmung ist als Killerfaktor abzulehnen; er birgt das Risiko einer Nein-Kumulation. Der Landrat steht mit seinem Entscheid vom 11. Mai 2006 in der Verantwortung für die gewählte Projektvariante. Obwohl sie etwas anderes beantragt hatte, akzeptiert die Regierung den Entscheid und vertritt die Meinung, allein diese sollte vors Volk gebracht werden.
Der Antrag der CVP/EVP-Fraktion im Wortlaut:
«Gesetz über den unverzüglichen Bau der H2 zwischen Pratteln-Liestal
§ 1 des Gesetzes ist wie folgt zu ändern
§ 1 Fertigstellung der H2
Abs. 1
Variante 1
Das vom Landrat am 6. Februar 1995 beschlossene Generelle Projekt "Jurastrasse J2" (Situationsplan 1:5000, Nr. GE-250) wird aufgrund der notwendigen sicherheitsbedingten Auflagen angepasst und mit einem geschlossenen Tunnel unverzüglich verwirklicht.
Variante 2
Das vom Landrat am 6. Februar 1995 beschlossene generelle Projekt "Jurastrasse J2" (Situationsplan 1:5000, Nr. GE-250) wird aufgrund der notwendigen sicherheitsbedingten Auflagen angepasst und mit einem in der Mitte geöffneten Tunnel ergänzt durch zusätzliche Massnahmen bezüglich Lärm und Gestaltung unverzüglich verwirklicht.
Der Landratsbeschluss ist durch folgende zwei Punkte zu erweitern
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Das Gesetz über den unverzüglichen Bau der H2 zwischen Pratteln-Liestal vom ... wird den Stimmberechtigten im Sinne von § 32 Absatz 3 Kantonsverfassung mit zwei Varianten zu § 1 zur obligatorischen Abstimmung unterbreitet.
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Den Stimmberechtigten wird empfohlen, das Gesetz über den unverzüglichen Bau der H2 zwischen Pratteln-Liestal vom ... anzunehmen und die Variante 1 "Tunnellösung" vorzuziehen.»
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Abstimmung CVP-Antrag
://: Der Landrat lehnt den Antrag der CVP/EVP-Fraktion mit 64 : 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen ab.
§ 1 Absatz 2 keine Wortbegehren
§ 2 Absatz 1
Es liegt ein Antrag von Annemarie Marbet (SP-Fraktion ) vor, welchen sie gleich selbst erläutert: Die SP erachtet die Finanzierung des Projekts mit dem Motorfahrzeugrabatt als notwendig. Kann das Projekt, inbegriffen die bereits geleisteten Vorarbeiten, über diesen Rabatt finanziert werden, so steht die geschlossene Mehrheit der SP dahinter und das Projekt kann mit Sicherheit eine Mehrheit erringen.
Helen Wegmüller und die SVP können dem Antrag ihrer Vorrednerin so nicht zustimmen, Bereits bei der Eintretensdebatte habe sie erwähnt, dass diese Vorlage in ihrer Fraktion kontrovers diskutiert wurde. Mit ihrem Ja zur Vorlage will die SVP für einen unverzüglichen Bau der H2 Hand bieten. Man ist zudem der Ansicht, nur mit einer befristeten Aufhebung des Motorfahrzeugsteurrabatts finde diese Vorlage beim Bürger Verständnis. Eine unbefristete Aufhebung des Steuerrabatts würde den Eindruck einer immer währenden Steuererhöhung erwecken, was sich negativ auf die Stimmung auswirken könnte. Die Finanzierung der H2 über den Verpflichtungskredit ist für ihre Fraktion eine einmalige Ausnahme. Man möchte nicht, dass nach dem heutigen Ja nach aussen der Eindruck entsteht, man würde künftige Aufgaben im Strassenbau nur auf Kosten der Fahrzeughalter befürworten. Die Bedenken der Landratskollegen von der SP- und der Grünen Fraktion, die drei bürgerlichen Parteien könnten sich nach Ablauf der ersten 5 Jahre der Verlängerung der Rabattaufhebung um maximal weitere 5 Jahre verweigern, wird man mit der Zustimmung zur Änderung von § 4 Absatz 5 als vertrauensbildende Massnahme entgegen treten. Die SVP-Fraktion ist der Ansicht, auf diese Art etwas zum Gelingen des Vorhabens beigetragen zu haben.
Anton Fritschi bittet das Ratsplenum, den Antrag von Annemarie Marbet abzulehnen, in welchem etwas zum Vorschein komme, was bereits in den Kommissionsberatungen und im Vorfeld immer wieder diskutiert worden sei. Ein bereits damals abgelehnter Antrag werde damit wieder ins Plenum gebracht. Er findet es ungeschickt, zudem werde damit das Fuder überladen, und man komme wohl kaum ans Ziel. Die Frage sei x-mal diskutiert worden, und man ist der Meinung, der Punkt gehöre nicht in die Finanzierungsvorlage.
Eugen Tanner lehnt namens der CVP/EVP-Fraktion den Antrag ebenfalls ab. Der Pakt der Vernunft, welcher zwischen Regierung einerseits und Automobil- und Wirtschaftsverbänden andererseits geschlossen wurde, soll nicht unnötig gefährdet werden. Am Schluss nütze es nichts, wenn man zwar im Landrat der Meinung sei, es könnte auch noch durch den Verkehrssteurrabatt finanziert werden, das Volk dies aber letztlich nicht will. Schliesslich werden sich diejenigen, welche für die Lösung Hand geboten haben, nicht mehr verpflichtet fühlen. Diese sollen sich aber weiterhin verpflichtet fühlen und das Ganze mittragen.
Peter Holinger erinnert daran, dass die rund 65 Mio. Franken, von welchen die Rede ist, zum Teil bereits vor zwanzig bis dreissig Jahren für Bauland ausgegeben wurde. Das Geld sei auch in der Rechnung, in den Finanzplänen enthalten gewesen und abgebucht. Er spricht sich gegen die von Annemarie Marbet vorgeschlagene Streichung in § 2 aus.
Isaac Reber glaubt, hier sei man bei der Schlüsselfrage angelangt: Will man Hand bieten zu einer echten Finanzierung oder soll hier Geburtshilfe für ein überrissenes Prestige-Projekt geleistet werden? Die Kosten für den Landerwerb und die Planung gehören ganz klar zum Projekt, aus Sicht der Grünen gehören sie auch in die Finanzierung. Ganz ausdrücklich betont er, dass es sich hier um einen Antrag der SP handelt. Der Antrag der Grünen würde noch viel weiter gehen und den Rückbau der Rheinstrasse mit einbeziehen, welcher 1995 in einem farbigen Prospekt der Bevölkerung versprochen wurde. Zumindest sei die Forderung der SP ein Minimum, um das Ganze als Finanzierung bezeichnen zu können.
Regierungsrat Adrian Ballmer wiederholt, man wolle den unverzüglichen Bau der H2 wie auch die kostenverursacher- und nutzergerechte Finanzierung im Rahmen der Vorlage. Der nun vorliegende Antrag sei aber der zweite Killerfaktor; die Regierung lehnt ihn ab. Man stehe vor einem ganz wichtigen Schritt, und dieser Schritt zur Finanzierung - zu einem grossenTeil - durch die Aufhebung des Verkehrssteuerrabatts soll gelingen. Die Chance bestehe bei einer Befristung auf fünf bis maximal zehn Jahre. Das Fuder dürfe nicht überladen werden, mahnt auch Adrian Ballmer. Er bittet um Ablehnung des Antrags Marbet zugunsten des unverzüglichen Baus und der kostenverursacher- und nutzergerechten Finanzierung.
Der Antrag Marbet verlangt durch Streichung des Teilsatzes « abzüglich der bereits angefallenen Kosten für Planung und Landerwerb» folgende Neuformulierung von § 2 Absatz 1:
«Zur Finanzierung des Baus der H2 Pratteln-Liestal wird ein Fonds geäufnet.»
://: Der Landrat lehnt den Antrag Marbet mit 47 : 28 Stimmen bei 1 Enthaltung ab.
Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei
Absätze 2, 3 und 4 keine Wortbegehren
§ 3 Konsultativkommission
Martin Rüegg beantragt namens der SP-Fraktion aus grundsätzlichen Gründen, wie bereits in der ersten Lesung, die ersatzlose Streichung des ganzen Paragraphen. Dies hat eigentlich nicht direkt etwas mit dem vorliegenden Geschäft zu tun. Es sollte aber ein Präjudiz vermieden werden: Bei irgendwelchen späteren Bauvorhaben könnten sich verschiedenste Interessenvertreter auf diese Bestimmung berufen und ebenfalls ein Mitspracherecht verlangen. Dies würde zu unendlich langen Diskussionen führen. Der Landrat ist selber stark genug, das Bauprojekt zu begleiten.
Helen Wegmüller teilt mit, die SVP-Fraktion halte sich an die Vorlage und lehne den Streichungsantrag ab.
Auch Anton Fritschi gibt bekannt, dass die FDP-Fraktion den Antrag ebenfalls nicht unterstütze. Die Sachlage hat sich seit der ersten Lesung nicht geändert.
://: Der Streichungsantrag der SP-Fraktion wird mit 51:28 Stimmen bei vier Enthaltungen abgelehnt.
§ 4 Änderung des Gesetzes über die Verkehrsabgaben
- § 15a
Absätze 1 und 2 keine Wortbegehren
Absatz 3
Landratspräsident Eric Nussbaumer verweist auf den allen Ratsmitgliedern vorliegenden Änderungsantrag der Fraktionen CVP/EVP, FDP und SVP:
3 Reichen nach Ablauf der Frist gemäss Absatz 1 die Fondsmittel für die Fertigstellung der H2 Pratteln-Liestal gemäss § 1 des Gesetzes über den unverzüglichen Bau der H2 zwischen Pratteln und Liestal nicht aus und kann zu diesem Zeitpunkt der Fehlbetrag nicht durch rechtskräftig zugesicherte Beiträge des Bundes gedeckt werden, so verlängert sich die befristete Ausser-Kraft-Setzung des Verkehrssteuer-Rabattes so lange, bis die Finanzierung gemäss § 2 dieses Gesetzes (Fonds zum Bau der H2 Pratteln-Liestal) gesichert ist, im Maximum jedoch um weitere 5 Jahre.
Anton Fritschi erinnert an die Position der Regierung in ihrer Vorlage: Die vollen Kosten - ohne den Rückbau der Rheinstrasse und ohne die für Planung und Landerwerb angefallenen Kosten - abzüglich die vom Bund geleisteten Beiträge werden durch die Ausserkraftsetzung des Verkehrssteuer-Rabatts finanziert; das ist der wesentliche Punkt am ganzen Gesetz.
Scheinbar hat aber die vom Regierungsrat gewählte Formulierung bei der SP und bei den Grünen die Angst geweckt, die bürgerlichen Fraktionen könnten nach Ablauf der ersten fünf Jahre eine Verlängerung dieser Massnahme verweigern. Entgegen diesen Behauptungen der Linken vertritt die FDP ganz klar die Haltung, dass die Finanzierung der H2 mittels Aufhebung des Verkehrssteuer-Rabatts so lange dauern muss, bis die vollen Neubaukosten (abzüglich allfälliger Bundesbeteiligungen) gedeckt sind.
Im Sinne einer vertrauensbildenden Massnahme schlagen die bürgerlichen Fraktionen deshalb die vorliegende Umformulierung vor. Damit wird die regierungsrätliche Vorlage dahingehend präzisiert, dass, falls nach Ablauf der ersten fünf Jahre die Gesamtfinanzierung der H2 noch nicht gesichert sein sollte, der Landratsbeschluss automatisch um maximal fünf weitere Jahre verlängert wird. Damit ist der Forderung von links, wer A sage, müsse auch B sagen, Rechnung getragen.
Regierungsrat Adrian Ballmer hat in der ersten Lesung richtigerweise betont, nur mit einer Befristung habe die Vorlage eine Chance vor dem Volk. Dies gilt es auf jeden Fall ernst zu nehmen. Eine unbefristete Aufhebung des Verkehrssteuer-Rabatts würde als immerwährende Steuererhöhung wahrgenommen, was zu einem Vertrauensverlust der Politik führen würde.
Die Befristung auf maximal zehn Jahre zeigt exemplarisch den vorübergehenden Charakter dieser Steuererhöhung. Die bürgerlichen Fraktionen deklarieren mit diesem Änderungsantrag, dass die Aufhebung des Verkehrssteuer-Rabatts kein Freilos ist, um alle künftigen Strassenbau-Aufgaben auf Kosten der Fahrzeughalter zu finanzieren. Andererseits soll die Aufhebung des Rabatts so lange gesichert sein, wie für den Bau der H2 notwendig.
Helen Wegmüller schliesst sich namens der SVP-Fraktion den Ausführungen ihres Vorredners vollumfänglich an.
Der Antrag gehe in die richtige Richtung einer verursachergerechten Bezahlung, attestiert Annemarie Marbet den Bürgerlichen. Deshalb kann die SP-Fraktion der Änderung zustimmen, auch wenn der vorgeschlagene Text recht schwerfällig daherkommt und in typischem Juristendeutsch verfasst ist.
[Unmutsbekundungen von Seiten der bürgerlichen Fraktionen]
Rudolf Keller bezeichnet den Antrag als einen Kompromissversuch, als einen Schritt der Bürgerlichen auf die SP zu. Der Vorschlag ist zu begrüssen.
All jene, die gegen die Finanzierung mittels Aufhebung des Verkehrssteuer-Rabatts sind, müssen sich bewusst sein, dass sowieso Geld für den Bau gebraucht wird. Ob es sinnvoller ist, dieses Geld der allgemeinen Staatskasse zu entnehmen, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Isaac Reber betont, es gehe, anders als Anton Fritschi behauptet hat, eben nicht um die «vollen Kosten», weil immer noch wesentliche Projektteile von dieser Art der Finanzierung ausgenommen bleiben. Deshalb ist es nicht zu verstehend, wieso dieser Antrag der Bürgerlichen vertrauensbildend sein soll.
Die von der SP erhobene Forderung, dass Planung und Landerwerb miteinbezogen werden sollen, wird durch diesen Vorschlag absolut nicht erfüllt.
Die Grünen sind nach wie vor skeptisch, ob sie den regierungsrätlichen Beteuerungen Vertrauen schenken können, dass die Rheinstrasse zurückgebaut werde. Im Landratssaal wurde schon gesagt, das sei gar nicht nötig. Niemand hat bis jetzt den Rückbau der Rheinstrasse zweifelsfrei garantiert. Zur Vertrauensbildung wäre in diesem Punkt noch einiges mehr nötig.
Der vorliegende Antrag bietet gemäss Eugen Tanner Gewähr dafür, dass die H2 durch die Aufhebung des Verkehrssteuer-Rabatts finanziert werden kann - egal, ob der Bau nach fünf Jahren abgeschlossen ist oder nicht.
Damit haben die Bürgerlichen hoffentlich das Vertrauen, welches zuvor anscheinend nicht vorhanden war, geschaffen.
Regierungsrat Adrian Ballmer erklärt, die Regierung opponiere nicht gegen den Antrag. Denn er entspricht den Absichten des Regierungsrates; nur die Formulierung ist etwas verbindlicher.
Anlässlich der letzten Sitzung hat der Finanzminister den damals auf der Tribüne anwesenden Hans-Rudolf Gysin beim Wort genommen, dass auch die Wirtschaftsverbände einverstanden seien mit der Verlängerung über fünf Jahre hinaus, falls sich dies als notwendig erweisen sollte. Zum Thema «Rückbau» nur soviel: Der Rückbau der Rheinstrasse ist Bestandteil des Projekts und wird daher auch ausgeführt.
://: Der Antrag der CVP/EVP-, FDP- und SVP-Fraktionen wird mit 78:1 Stimmen bei zwei Enthaltungen angenommen.
§ 5 In-Kraft-Treten keine Wortbegehren
Es wird kein Rückkommen verlangt.
Annemarie Marbet zieht am Schluss der zweiten Lesung und vor der Schlussabstimmung ein Fazit aus der Sicht der SP-Fraktion: Die Beratung des Gesetzes hat zu vielen Emotionen, viel Papier und vielen Worten geführt. Für die SP war es ein sehr, sehr schwieriges Geschäft:
In der Vernehmlassung betonte sie, die Entscheide früherer Volksabstimmungen zu akzeptieren, wollte aber sämtliche Projektteile durch die Verkehrssteuerrabatt-Aufhebung finanzieren lassen. Später bot sie Hand zu einem Kompromiss, wonach der Rückbau der Rheinstrasse nicht mehr darunter fallen sollte, sondern nur noch die bereits getätigten Ausgaben für Planung und Landkauf. Aber auch dies wurde abgelehnt, was es für viele Fraktionsmitglieder sehr schwer macht, dem vorliegenden Gesetz zuzustimmen.
Seit Mitte der neunziger Jahre hat sich zum Glück die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Finanzierung solcher Projekte sorgfältig geplant werden muss. Es ist erfreulich und wird auch von der SP als positiv anerkannt, dass für den H2-Bau der Verkehrssteuer-Rabatt vorübergehend aufgehoben wird. Es gilt nun aber, diese positiven mit den genannten negativen Aspekten abzuwägen. Die Fraktion ist in dieser Beurteilung gespalten.
Der SP fällt es schwer, einem solch grossen Strassenbauprojekt zuzustimmen, denn für sie ist eigentlich die Entlastung der Strassen prioritär, d.h. die Verlagerung des Verkehrs weg von der Strasse. Deshalb hat die SP ihre Initiative «für einen leistungsstarken öffentlichen Verkehr» lanciert.
Bei der anstehenden Schlussabstimmung entscheidet jedes SP-Fraktionsmitglied nach eigenem Gewissen über Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung.
Noch ausstehend ist die Antwort auf die Frage, wie sich das Initiativkomitee zu verhalten gedenke. Von den im Saal anwesenden Exponenten wird eine diesbezügliche Auskunft erwartet.
Bruno Steiger erklärt, weshalb er als einziger Landrat bei der vorangegangenen Abstimmung den roten Knopf gedrückt hat. Den angeblichen Kompromiss der sogenannt bürgerlichen Parteien, womit sie das linke Lager zum Einlenken bewegen wollten, ist ein Manöver, um eine Volksabstimmung zu vermeiden.
Das dauernde Gerede über das Verursacherprinzip empfindet Bruno Steiger als bemühend: Das Nationalbankgold ist bereits teilweise in die Pensionskasse gepumpt worden, wovon ein normaler Nichtstaatsangestellter gar nichts hat. Wenn dauernd Geld in das Kulturunwesen von Basel-Stadt gepumpt wird - z.B. ins Theater oder in die Sinfonietta, wovon der Durchschnittsbürger ebenfalls überhaupt nichts hat -, fragt niemand nach dem Verursacherprinzip. Sonst müssten nämlich die Theterbesucher kostendeckende Eintrittspreise bezahlen. Diese Rechnung geht einfach nicht auf, und man sollte das Volk nicht als allzu blöde ansehen. Viele Leute reagieren wütend, ohne Verständnis auf die Aufhebung des Verkehrssteuer-Rabatts; schon jetzt sind die Baselbieter Verkehrssteuern, verglichen mit anderen Kantonen, recht hoch. Deshalb ist es nicht unwahrscheinlich, dass eine Volksabstimmung in einem Scherbenhaufen enden könnte. Einige rechtsbürgerliche Exponenten haben ihren Widerstand gegen diese Rabattaufhebungs-Massnahme angekündigt; nun hängt offenbar alles von der Reaktion von Hans-Rudolf Gysin ab. Es ist fraglich, ob er nun auch den Schwanz einzieht und nicht mehr zu seiner Meinung steht. Immerhin hat Christian Miesch den Mut bewiesen, sich gegen diese Idee zu wehren. Bruno Steiger jedenfalls bleibt bei seiner Meinung und steht weiter dazu - selbst wenn er der Einzige sein sollte.
Auf Annemarie Marbets Frage antwortet Jörg Krähenbühl , das Initiativkomitee sei grundsätzlich mit der gewählten Formulierung einverstanden. Es hält aber die Initiative aufrecht und wird erst nach Ablauf der Referendumsfrist über einen allfälligen Rückzug entscheiden.
Anwesenheitskontrolle
Es sind 81 Landratsmitglieder anwesend. Das Vierfünftelmehr beträgt somit 65 Stimmen.
Schlussabstimmung
://: Der Landrat stimmt dem Gesetz über den unverzüglichen Bau der H2 zwischen Pratteln-Liestal mit 59:13 Stimmen bei sechs Enthaltungen zu. Das Vierfünftelmehr ist nicht erreicht worden; somit untersteht der Beschluss der obligatorischen Volksabstimmung.
Abschreibungen
Landratspräsident Eric Nussbaumer erklärt, von den in der Regierungsvorlage zur Abschreibung beantragten Vorstössen sei die Motion 2006/010 der SVP-Fraktion noch gar nicht überwiesen worden. Diese kann deshalb noch gar nicht abgeschrieben werden.
://: Der Landrat beschliesst stillschweigend, folgende Vorstösse als erfüllt abzuschreiben: Motionen 2004/101 von Patrick Schäfli, 2004/203 von Peter Holinger und 2004/204 von Hanspeter Frey sowie Postulate 2003/119 von Urs Hintermann, 2003/120 von Esther Maag und 2005/059 von Patrick Schäfli.
Beilage 1 Gesetzestext [PDF]
Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
Fortsetzung