Protokoll der Landratssitzung vom 18. Mai 2006
Protokoll der Landratssitzung vom 18. Mai 2006 |
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2006-137
vom 18. Mai 2006
Interpellation
von
Georges Thüring
, SVP: Zu den Krawallen anlässlich des Meisterschaftsspiel FCB - FCZ vom Samstag, 13. Mai 2006
- Beschluss des Landrats < beantwortet >
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2006-138
vom 18. Mai 2006
Interpellation
der FDP-Fraktion: Ereignisse vom letzten Samstag im St. Jakobspark
-
Beschluss des Landrats < beantwortet >
Nr. 1842
Dringlichke Interpellationen:
Justizdirektorin Sabine Pegoraro verurteilt namens des Regierungsrates die heftigen Krawalle vom vergangenen Samstag aufs Schärfste. Was passiert ist, ist beschämend und schockierend. Es gilt, alles daran zu setzen, um künftig solche Szenen zu verhindern. In einem gemeinsamen Schreiben an den Zürcher Stadtpräsidenten verurteilten die beiden Basler Regierungen die Ausschreitungen und entschuldigten sich für die Exzesse. In erster Linie ist das Problem nun in den Griff zu bekommen, um bis in zwei Jahren den Beweis antreten zu können, dass die Host City Basel imstande ist, friedliche Fussballfeste zu organisieren.
- Zur Interpellation der FDP-Fraktion, Vorlage 2006/138
Frage 1: Die Ereignisse vom letzten Samstag im St. Jakobspark machen uns alle sehr betroffen und stimmen uns traurig. Der Imageschaden für die Region Basel ist unermesslich. Was gedenkt der Regierungsrat BL nun zu tun - besonders im Hinblick auf die EURO 08?
Als Sofortmassnahme haben die beiden Regierungen zu einem runden Tisch mit allen Beteiligten eingeladen, um gemeinsam Massnahmen zu erarbeiten, die sicherstellen, dass Fussballspiele in Basel künftig wieder ohne Ausschreitungen abgewickelt werden können.
Frage 2: Wie viele Polizeiangehörige aus Baselland waren am Einsatz beteiligt? Wurden sie verletzt?
Vorauszuschicken ist, dass Einsatzplanung und Einsatzleitung des Polizeieinsatzes bei Basel-Stadt lag. Insgesamt standen 78 Mitarbeitende der Polizei Basel-Landschaft im Einsatz. Ein Mitarbeiter erlitt durch einen explodierenden Knallkörper einen Gehörsturz und musste in Spitalpflege gebracht werden. Nach rund zwei Stunden konnte der Mitarbeiter das Spital wieder verlassen. Zwei weitere Mitarbeitende erlitten leichte Blessuren.
Frage 3: Zusammen mit dem Nachbarn Basel-Stadt bildet unser Kanton die Host City Basel für die EURO 08. Vorgesehen ist, dass 6 Spiele der Fussballeuropameisterschaft im St. Jakobspark ausgetragen werden, darunter das Eröffnungsspiel und ein Halbfinal. Damit die Veranstaltung zu einem wirklichen Fussballfest wird, muss die Sicherheit der Fussballer und natürlich auch der Zuschauerinnen und Zuschauer gewährleistet sein. Welche Vorkehren werden getroffen, damit diese Rahmenbedingung erfüllt wird?
Gemeinsam mit Basel-Stadt müssen im Hinblick auf die Euro 08 die Lehren aus dem unerfreulichen Ereignis vom 13. Mai gezogen werden. An der Euro 08 werden allerdings sowohl im als auch um das Stadion andere Bedingungen herrschen. Im Unterscheid zum Clubfussball agieren im Umfeld der Nationalmannschaften andere Fans und es kommt sehr darauf an, welche Nationalmannschaften spielen. Auf spezifische Fangruppen ausgerichtete Massnahmen können nur dann umgesetzt werden, wenn bekannt ist, welche Mannschaften in Basel an der Euro 08 spielen werden. Für die Euro 08 existiert ein umfassendes, auch mit Österreich abgestimmtes Sicherheitskonzept, das den Anforderungen an eine Europameisterschaft angepasst ist. Sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Stadions werden wesentlich mehr Sicherheitskräfte im Einsatz stehen als an Meisterschaftsspielen. Für die Sicherheit im Stadion ist der Veranstalter verantwortlich. Ausserhalb des Stadions werden bei einem Hochrisikospiel mehr als doppelt so viele Polizeikräfte eingesetzt wie beim Spiel vom vergangenen Samstag. Überdies werden die Zutrittskontrollen wesentlich verschärft, indem die Zuschauer schon vor dem Eintritt ins Stadion kontrolliert werden und voraussichtlich nur personifizierte Tickets ausgestellt werden. Damit können alle Zuschauer anhand der Eintrittskarten identifiziert werden. Auch für die Rahmenveranstaltungen werden zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen, beispielsweise durch Eintrittskontrollen mit zivilen Beamten. Die Veranstaltungen selber dienen nicht zuletzt auch dazu, Fussballfans, die nicht im Stadion sind, zu betreuen, positiv zu beschäftigen und räumlich zu kontrollieren. Generell trägt eine professionelle Fanbetreuung massgeblich zur Gewaltprävention bei.
Frage 4: Zur Zeit läuft das Referendum gegen das von den Eidgenössischen Räten beschlossene Hooligan-Gesetz. In seiner Vernehmlassung hat sich der Regierungsrat für dieses Gesetz ausgesprochen. Weshalb ist dieses Gesetz wichtig für die Bekämpfung des Hooliganismus in den Fussballstadien? Kann der Regierungsrat die Gründe für das Referendum nachvollziehen?
Bereits im Jahre 2003 äusserte sich der Regierungsrat positiv zur Schaffung einer Hooligandatenbank. In seiner Vernehmlassungsantwort zum Hooligangesetz hat der Regierungsrat Massnahmen gegen Personen, die nachweislich schon an erheblichen Gewaltakten bei Sportveranstaltungen beteiligt waren, ausdrücklich begrüsst und unterstützt. Mit dem neuen Gesetz kann die Gewalt rund um Sportveranstaltungen noch gezielter bekämpft werden. Die jüngsten Ereignisse im St.Jakobspark zeigen, dass die gewalttätigen Ausschreitungen konsequent mit allen rechtsstaatlich möglichen Mitteln bekämpft werden müssen. Massnahmen im Hooligangesetz wie das Rayonverbot, die Ausreisebeschränkung, die Meldepflicht bei der Polizei und - falls alles nichts nützt - als ultima ration der vierundzwanzigstündige Polizeigewahrsam, der sich im Ausland bereits seit Längerem bewährt hat, sind leider auch bei uns unumgänglich geworden. Mit der Hooligandatenbank können schon im Vorfeld einer gefährdeten Sportveranstaltung die nötigen Schritte gegen notorische Gewalttäter ergriffen werden. Die eidgenössischen Räte haben das Hooligangesetz vor Kurzem mit klarer Mehrheit beschlossen - ein wichtiges Signal. Dem Regierungsrat ist aber bewusst, dass das Gesetz allein nicht alle Probleme löst. Ganz wichtig ist, dass Massnahmen umgesetzt werden und die präventive Seite ebenfalls zum Zuge kommt. Auch der Regierungsrat hält die Fanarbeit für wichtig und unterstützt Fanprojekte. Leider genügen die durchaus sinnvollen Projekte aber nicht, um massive Ausschreitungen zu verhindern. Gefordert sind durch das Hooligangesetz zusätzliche Instrumente zur Bekämpfung der Gewalt.
- Zur Interpellation von Georges Thüring, SVP, 2006/137
Frage 1: Mit wie viel Sicherheitskräften stand der Kanton Basel-Landschaft am Samstag, 13. Mai 2006 im Einsatz?
Im Zusammenhang mit der Interpellation der FDP-Fraktion beantwortet.
Frage 2: Welches war die konkrete Aufgabe der Baselbieter Sicherheitskräfte?
In der Regel hat die Polizei bei Veranstaltungen im St.Jakobspark zwei Hauptaufgaben: Verkehrslenkung und Sicherstellung des optimalen Verkehrsflusses und andererseits Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf Baselbieter Boden. Anlässlich des Meisterschaftsspiels vom vergangenen Samstag war der Ordnungsdienst der Polizei Basel-Landschaft im Rahmen des Konkordatsaufgebots in das Aufgebot der Kantonspolizei Basel eingebunden. Die basellandschaftlichen Sicherheitskräfte waren im Bereich der Zürcher Fans im Einsatz.
Frage 3: Wie hoch sind die Kosten dieses Einsatzes für den Kanton Basel-Landschaft und wer trägt diese?
Buchhalterisch gerechnet ergeben sich für den Einsatz der 78 Mitarbeitenden und den Aufwand der eingesetzten Fahrzeuge und Sachmittel Bruttokosten in der Grössenordnung von 90'000 Franken. Diesen Kosten stehen aber auch Einnahmen gegenüber. Das Polizeikonkordat Nordwestschweiz bezahlt für den Einsatz rund 24'000 Franken und der FC Basel, gestützt auf die Vereinbarung, rund 26'400 Franken. Somit verbleiben buchhalterisch Nettokosten von rund 50'600 Franken. Dies sind die geleisteten Einsatzstunden, die in den kommenden Monaten kompensiert werden sollen. Effektive Kosten fallen für den Staat also nur dann an, wenn die Stunden nicht kompensiert werden könnten.
Frage 4: Wie unterschied sich der Einsatz vom letzten Samstag von anderen Einsätzen anlässlich von Heimspielen des FC Basel?
Das Spiel vom Samstag unterschied sich von anderen Spielen in erster Linie dadurch, dass eine grosse Wahrscheinlichkeit bestand, dass es zu Ausschreitungen kommen könnte. Auf Stufe Einsatzorganisation lag der Unterschied darin, dass die Ordnungskräfte des Kantons Basel-Landschaft in das Konkordatsaufgebot eingebunden waren.
Frage 5: Inwiefern waren die Baselbieter Sicherheitsverantwortlichen (Vorsteherin der Polizeidirektion, Polizeikommando) in die Vorbereitung des Einsatzes vom letzten Samstag involviert? Bestand grundsätzlich die Möglichkeit, auf die Einsatz-Vorbereitung und die Festlegung der Einsatzdoktrin (Dispositive) Einfluss zu nehmen? Wenn ja, hat man dies auch getan und wie konkret?
Grundsätzlich liegt die Verantwortung für die Sicherheit im Stadion in der Verantwortung der Stadionbetreiberin, die Sicherheit um das Stadion in der Verantwortung der Polizei. Weil sich das Stadion auf baselstädtischem Boden befindet, ist die Kantonspolizei Basel-Stadt zuständig. Basel-Stadt führt im Vorfeld solcher Veranstaltungen Lage- und Einsatzrapporte durch. Die Baselbieter Polizei wird in diese Rapporte eingebunden, die Zusammenarbeit ist gut. Die Definition des Einsatzdispositivs und der Einsatzstrategie ist Sache des zuständigen Kantons Basel-Stadt. Im Rahmen von Absprachen kann selbstverständlich die eigene Einsatzerfahrung eingebracht werden, doch obliegt es dem zuständigen Kanton, ob er solche Anregungen aufnehmen will. Am vergangenen Samstag brachte die Polizei Basel-Landschaft anlässlich der Rapporte, aber auch situativ verschiedene Punkte ein, die teilweise berücksichtigt wurden.
Frage 6: Erachten die Baselbieter Sicherheitsverantwortlichen den Einsatz und die zur Anwendung gekommenen Dispositive als genügend? Welche Lehren ziehen sie aus den Ereignissen?
Zum Polizeieinsatz äussert sich die Regierungsrätin nicht. Einsatzführung und Einsatzverantwortung lag bei der Kantonspolizei Basel-Stadt. Die Frage muss somit von der baselstädtischen Regierung beantwortet werden.
Frage 7: Welche Konsequenzen sieht der Regierungsrat für die bevorstehende Euro 08 und den Austragungsort Basel?
Im Zusammenhang mit der Interpellation der FDP-Fraktion beantwortet.
Frage 8: Ist der Kanton Basel-Landschaft an der Finanzierung des Fan-Projektes Basel beteiligt? Wenn ja: In welcher Höhe? Sind diese Mittel an irgendwelche Bedingungen geknüpft? Wer kontrolliert den Mitteleinsatz des Fan-Projektes?
Der Regierungsrat hat für das Basler Fanprojekt aus Mitteln des Lotteriefonds in den letzten drei Jahren je 50'000 Franken bewilligt. In den nächsten drei Jahren wird das Basler Fanprojekt mit jährlich 80'000 Franken, ebenfalls aus dem Lotteriefonds, unterstützt. Das Fanprojekt ist als partnerschaftliches Geschäft aufgegleist, Basel-Stadt beteiligt sich in derselben Höhe und der FCB bezahlt jährlich 50'000 Franken.
Das Basler Fanprojekt ist als Verein organisiert, Vorstand und Generalversammlung garantieren eine erfolgreiche Tätigkeit des Fanprojekts.
Martin Leuenberger, Generalsekretär der BKSD, ist Vorstandsmitglied, vertritt den Kanton Basel-Landschaft im Verein und nimmt die Interessen des Kantons wahr.
Der Mitteleinsatz wird über Rechnung, Budget und Generalversammlung kontrolliert.
Frage 9: Wie beurteilt der Regierungsrat den allfälligen Umstand, dass das mit öffentlichen Geldern mitfinanzierte Fan-Projekt Basel finanzielle und personelle Ressourcen für die Bekämpfung des Anti-Hooligan-Gesetzes (Unterschriften-Sammlung Referendum u.a.) einsetzt? Welche Konsequenzen stellen sich für unseren Kanton in einem solchen Falle?
Das Basler Fanprojekt ist als Institution nicht Mitglied des Referendumskomitees gegen das Hooligangesetz. Das Fanprojekt hat sich - im Wissen des Vorstands - als in der präventiven Fanarbeit tätige Fachstelle im Rahmen der Vernehmlassung zum Hooligangesetz geäussert. Letztlich kann der Kanton keinem Verein, auch wenn er ihn finanziell unterstützt, verbieten, sich an den demokratischen Prozessen des Landes zu beteiligen. Das Referendumskomitee profitiert von den Beiträgen an das Fanprojekt nicht.
Landratspräsident Eric Nussbaumer gewährt den Interpellanten eine kurze Erklärung.
Georges Thüring bedankt sich für die schnelle Beantwortung der Interpellation. Mit Blick auf die Euro 08 sollen die gestellten Fragen gut beachtet werden, denn was passiert ist, darf nie mehr passieren und der Kanton Basel-Landschaft darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Zudem will das Volk wissen, mit welchem Geld der Fussball unterstützt wird.
Christine Mangold dankt ihrerseits Regierungsrätin Sabine Pegoraro für die Beantwortung der Fragen. Die FDP hofft, dass alle Beteiligten aus dem Geschehenen ihre Lehren für die Euro 08 ziehen werden.
Nachdenklich stimmt die FDP-Fraktion, dass 30'000 Menschen, die sich auf einen sportlichen Anlass freuen, von 200 Personen, die offensichtlich keine Kinderstube genossen haben, terrorisiert werden. Solche Ausschreitungen haben sicherlich ihre Geschichte. Die Momentaufnahme ist Sache der Polizei, dass ein solcher Exzess aber möglich wird, deutet auf ein gesellschaftliches Problem hin, das nicht von der Polizei gelöst werden kann. Die Politik hat sich zu fragen, wie Menschen soweit kommen können, dass sie nicht mehr wissen, wie man sich an einem solchen Anlass benimmt.
://: Damit sind die Interpellationen beantwortet.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Fortsetzung