Protokoll der Landratssitzung vom 22. Juni 2006
Protokoll der Landratssitzung vom 22. Juni 2006 |
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2005-004
vom 11. Januar 2005
Vorlage:
Erlass eines Kantonalen Alkohol- und Tabakgesetzes (KaATG)
- Bericht der Kommission vom:
26. April 2006
- Behandlung im Parlament am: 8. Juni 2006 <
1. Lesung abgeschlossen
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- Beschluss des Landrats: < beschlossen >
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Gesetzestext
Nr. 1920
Kommissionspräsidentin Rita Bachmann erklärt, seitens der Kommission hätten sich zwischen der 1. und 2. Lesung keine neuen Erkenntnisse ergeben.
Detailberatung 2. Lesung
Titel und Ingress keine Wortbegehren
§§ 1 und 2 keine Wortbegehren
§ 3 Abs. 2
Die CVP/EVP-Fraktion und die Grüne Fraktion haben zwei gleichlautende Anträge, wonach die Worte "ausgenommen für Bier und Wein" zu streichen sind, eingereicht.
Madeleine Göschke erklärt, der Jugendschutz sei ihrer Fraktion so wichtig, dass diese den Antrag nochmals stelle und auch die namentliche Abstimmung verlange. Der Landrat ist doch nicht glaubwürdig, wenn er auf öffentlichem Grund die Werbung für Bier und Wein verbietet, einen Zentimeter daneben, auf privatem Grund, die Werbung jedoch erlaubt. Deshalb bittet Madeleine Göschke den Landrat, der Streichung zuzustimmen.
Agathe Schuler ruft in Erinnerung, mit ihrer Motion habe sie seinerzeit ein Werbeverbot für Tabak und Alkoholgetränke auf Plakatwänden verlangt; der Landrat überwies diese Motion vor drei Jahren deutlich.
Die Überlegungen, die sich die Mitglieder des Landrates damals machten, gelten heute nach wie vor. Die Werbung versteht es hervorragend, Kinder und Jugendliche mit unterschwelligen Versprechen zu ködern - etwa dass sie dadurch von Kollegen angenommen sind und Erfolg im Sport und beim anderen Geschlecht haben. Die Alkoholwerbung macht vor, dass es zum gemütlichen Beisammensein und zum Sportanlass gehöre, Alkohol - vor allem Bier - zu konsumieren. Vandalismus und Ausschreitungen sind immer wieder traurige und aufrüttelnde Folgen davon. Beispielsweise suggerieren Plakate, dass Bier zum Skifahren gehöre, obwohl es erwiesen ist, dass Alkohol beim Sport, auch beim Skifahren, genau so gefährlich ist wie am Steuer.
Den Streichungsantrag, für den Agathe Schuler sich heute erneut einsetzt, begründet sie auch mit einem Ausspruch, den eine 15-jährige Schülerin im Rahmen einer Diskussion über Werbeverbote und Alkohol- und Tabaksucht gemacht hat. Demnach kann Alkoholkonsum und -sucht schlagartig, aber auch langfristig, nicht nur für die Konsumierenden, sondern auch für völlig Unschuldige - etwa ganze Familien - ein grosses Unglück bedeuten.
Bei der heutigen Diskussion, betont Agathe Schuler, gehe es nicht um den Durchschnittskonsumenten, sondern um den Einstiegskonsum von Kindern und Jugendlichen. Es ist erwiesen, dass der Ausstieg umso schwieriger ist und die Schäden umso schwerwiegender sind, je früher der Einstieg erfolgt. Je grösser die Schäden sind, desto höher ist das Risiko grosser gesundheitlicher und sozialer Folgekosten, welche die Gemeinschaft zu tragen hat.
Drei wichtige Faktoren beim Konsum von Alkohol und Tabak sind der Preis, die Erhältlichkeit und die Werbung. Der Preis wird auf Bundesebene bereits diskutiert. Einschränkungen bei der Abgabe von Alkohol und Tabak an Jugendliche sind ebenfalls ein Thema; gewisse Einschränkungen gibt es bereits. Bei der Werbung hat der Landrat heute die Möglichkeit, ein starkes Signal zu senden. Konsequent ist der Landrat nur, wenn er die Plakatwerbung auf privatem und öffentlichem Grund genau gleich regelt. Es ist Agathe Schuler nicht verständlich, dass nur die Tabakwerbung, nicht aber die Werbung für Bier und Wein auf privatem, öffentlich einsehbarem Grund verboten sein soll, weshalb sie den Streichungsantrag stellt. Sie bittet den Landrat, mit dem Jugendschutz Ernst zu machen und der Streichung zuzustimmen.
Hansruedi Wirz zitiert aus einem Zeitungsartikel der BaZ vom 21. Juni 2006: "Der Weinproduzentenverband Baselland lanciert eine neue Marketingaktion. Mit rot-weissen Tafeln an den Dorfeingängen wird Werbung gemacht für einheimische Weine. ..." Er weist darauf hin, dass das Gesetz meistens nicht so schlimm ist wie die Verordnungen, zu denen dann nicht mehr Stellung genommen werden kann. Den Bauern wird immer gesagt, sie müssten innovativer sein, um bestehen zu können - würde eine solche Aktion mit diesem Werbeverbot abgewürgt? Der Spielraum, so Hansruedi Wirz, werde immer enger.
Er verweist auf die Preisverhandlungen für Brennkirschen, die gestern stattfanden und in deren Rahmen die Grossbrennereien erklärten, eigentlich gar keine Brennkirschen zu brauchen. Mit anderen Worten: Am besten sollten die Kirschen also gar nicht erst geerntet werden - die Auswirkungen davon sind bekannt.
Deshalb plädiert Hansruedi Wirz dafür, den Spielraum nicht derart stark einzuschränken, dass jene, die ihr Einkommen in diesem Bereich verdienten, keine Bewegungsmöglichkeiten mehr hätten. Die SVP-Fraktion kann diesen Vorstössen daher nicht zustimmen.
Paul Schär beantragt namens der FDP-Fraktion, die Anträge abzulehnen - dies im Wissen, dass es sich um einen Kompromiss handelt. Angestrebt war ein regionales Gesetz durch eine Angleichung mit Basel-Stadt; dieses ist den Kompromiss wert. Er bittet den Landrat, die beiden Anträge abzulehnen.
Pia Fankhauser erklärt, die SP-Fraktion stimme dem Antrag auf Streichung der Worte "ausgenommen für Bier und Wein" zu. Entweder ist man für das Gesetz und folglich für eine konsequente Regelung, oder man ist gegen das Gesetz und logischerweise auch gegen die Streichung.
Paul Schär habe ihn herausgefordert, bemerkt Bruno Steiger einleitend. Er erachtet das Gesetz, wie er bereits in der 1. Lesung zu verstehen gegeben hat, als Wischiwaschi. Es geht nicht an, im Gesetz ein Werbeverbot für Alkohol und Tabak zu erlassen, gleichzeitig aber gewisse Bereiche davon auszunehmen.
Gegenüber Regierungsrat Erich Straumann erklärt er, er störe sich am Kniefall Basellands vor Basel-Stadt. Baselland ist ein eigenständiger Kanton, der seine Gesetze nicht an Basel-Stadt anpassen muss. Eigentlich müsste es gerade umgekehrt sein, denn unser Kanton ist Nettozahler - es fliesst mehr Geld nach Basel-Stadt als umgekehrt.
Bruno Steiger betont noch einmal, das Gesetz sei für ihn
nur glaubwürdig, wenn die Ausnahmebestimmungen für Bier und Wein gestrichen würden.
Regierungsrat Erich Straumann erklärt gegenüber Bruno Steiger, beim vorliegenden Gesetz handle es sich nicht um ein partnerschaftliches Geschäft, sondern um eine eigenständige Vorlage unseres Kantons. Dass dabei darauf geachtet wird, welche Regelung Basel-Stadt hat, findet Erich Straumann nicht schlimm; es hat auch keine Kosten zur Folge.
Hansruedi Wirz antwortet er, mit den Hinweistafeln werde grundsätzlich für die Weindörfer und nicht speziell für eine Weinmarke bzw. -sorte geworben, was zulässig bleiben dürfte, vor allem, wenn § 3 Absatz 2 so belassen wird.
Erich Straumann möchte überhaupt beliebt machen, nun nichts mehr zu ändern und das Gesetz dem Volk vorzulegen.
Keine weiteren Wortbegehren.
Landratspräsident Eric Nussbaumer gibt bekannt, dass dreizehn Mitglieder des Landrates die namentliche Abstimmung über diesen Streichungsantrag verlangt haben.
://: Der Landrat lehnt die Anträge der CVP/EVP-Fraktion und der Grünen Fraktion, in § 3 Absatz 2 die Worte "ausgenommen für Bier und Wein" zu streichen, mit 44 : 39 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab.
Gegen den Streichungsantrag haben gestimmt:
Anderegg Romy, Brunner Rosmarie, Ceccarelli Daniele, Corvini Ivo, de Courten Thomas, Franz Remo, Frey Hanspeter, Fritschi Anton, Fünfschilling Bea, Gerber Fredy, Gutzwiller Eva, Hasler Gerhard, Hess Urs, Holinger Peter, Hollinger Marianne, Imber Siro, Jordi Paul, Krähenbühl Jörg, Mangold Christine, Münger Daniel, Nufer Juliana, Piatti Aldo, Richterich Rolf, Ringgenberg Hans-Jürgen, Rufi Werner, Ryser Hanspeter, Schäfli Patrick, Schär Paul, Schenk Dieter, Schneeberger Daniela, Schneider Elisabeth, Schulte Thomas, Schweizer Hannes, Stohler Myrta, Straumann Dominik, Tanner Eugen, Thüring Georges, Van der Merwe Judith, Wegmüller Helen, Wenk Daniel, Willimann Karl, Wirz Hansruedi, Wullschleger Hanspeter, Wüthrich Ernst
Für den Streichungsantrag haben gestimmt:
Augstburger Elisabeth, Bachmann Rita, Birkhäuser Kaspar, Blatter Margrit, Brassel Ruedi, Chappuis Eva, Degen Jürg, Fankhauser Pia, Frommherz Christoph, Fuchs Beatrice, Gorrengourt Christine, Göschke Madeleine, Halder Jacqueline, Hammel Urs, Helfenstein Andreas, Hintermann Urs, Huggel Hanni, Jäggi Ursula, Jermann Hans, Keller Rudolf, Küng Peter, Maag Esther, Marbet Annemarie, Martin Sarah, Meschberger Regula, Reber Isaac, Rohrbach Paul, Rudin Christoph, Rüegg Martin, Schmied Elsbeth, Schoch Philipp, Schuler Agathe, Simonet Jacqueline, Steiger Bruno, Steiner Christian, Svoboda Paul, Vögelin Rosmarie, Wiedemann Jürg, Ziegler Röbi
Der Stimme haben sich enthalten:
Nussbaumer Eric und Zwick Peter
§ 4 - 6 keine Wortbegehren
Es gibt keine Rückkommensanträge.
Schlussabstimmung
://: Der Landrat stimmt dem Kantonalen Alkohol- und Tabakgesetz (KaATG; 2005/004 ) mit 44 : 37 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu.
Das erforderliche 4/5-Mehr von 67 Stimmen wird damit nicht erreicht; es wird zu einer Volksabstimmung kommen.
Abschreibungsanträge der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission
Keine Wortbegehren.
://: Der Landrat stimmt den Abschreibungsanträgen der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission für folgende Vorstösse stillschweigend zu:
- Motion Schuler,
Werbeverbot für Tabak und Alkoholgetränke
(
2002/194
)
- Motion Göschke,
Werbeverbot für Tabakwaren
(
2002/193
)
- Postulat Schuler,
Jugendliche rauchen immer früher
(
2002/088
).
>>> Gesetzestext
Für das Protokoll:
Barbara Imwinkelried, Landeskanzlei
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