Protokoll der Landratssitzung vom 21. September 2006

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2006-108 vom 11. April 2006
Vorlage: Änderung des Steuergesetzes vom 7. Februar 1974;Steuerliche Entlastung von Familien und tiefen Einkommen sowie Umsetzung des BGE vom 27. Mai 2005 (Erhöhung Eigenmietwert und Aufhebung Mietkostenabzug). 2. Lesung
- Bericht der Finanzkommission vom 23. August 2006
- Behandlung im Parlament am: 7. September 2006 < 1. Lesung beendet >
- Beschluss des Landrats am 21. September 2006 < beschlossen (mit 4/5-Mehr) > || Gesetzestext



Nr. 1980

Neben den Anliegen für eine verbesserte Familienbesteuerung sei auch der Grundsatz der Wohnkostengleichbehandlung zwischen Mietern und Hauseigentümern Anlass für die Gesetzesrevision gewesen, bemerkt Kommissionspräsident Marc Joset (SP) einleitend.


Werden die in der 1. Lesung beschlossenen Korrekturen betreffend Abzug von Unterhaltskosten und Stockwerkeigentum in der 2. Lesung so verabschiedet, dann wird erst die Zukunft weisen, ob dieses Gleichbehandlungsprinzip auch umgesetzt werden kann.


Die Finanzkommission hat sich bei ihren Beratungen immer auf die Berechnungsgrundlagen, wie sie die Steuerverwaltung erhoben hat, berufen. Die Auswertung allfälliger Beschwerden, neue Erhebungen im Zusammenhang mit den künftigen Berechnungsmodellen, welche der Regierungsrat in Aussicht gestellt hat, aber auch die in § 27 geforderte Überprüfung im Jahre 2013 werden den Nachweis erbringen müssen, ob der Bundesgerichtsentscheid eingehalten werden kann.


Die Regierung wollte die Vorlage dem Volk zur Abstimmung unterbreiten, um das Gesetz am 1. Januar 2007 in Kraft setzen zu können; die Kommission folgte damals diesen Überlegungen. Wird heute die 4/5-Mehrheit erreicht, so besteht theoretisch nur noch das Risiko eines Referendums, welches eine zeitliche Verzögerung hervorrufen kann. Die Ausgangslage ist jetzt also eine andere, und der Landrat muss heute offen darüber diskutieren.



Detailberatung

§ 8 Abs. 3 keine Wortbegehren
§ 9 keine Wortbegehren
§ 14 keine Wortbegehren
§ 20 Abs. 3 keine Wortbegehren
§ 24 Bst. f keine Wortbegehren
§ 27ter keine Wortbegehren
§ 29 Abs. 1 Bst. c, i, k und l keine Wortbegehren
§ 29 Abs. 2


Die SP erachte den Pauschalabzug, wie er in der 1. Lesung festgelegt worden ist, nach wie vor als hoch problematisch, und wolle einen Finger auf diesen wunden Punkt legen, hält Fraktionssprecherin Annemarie Marbet fest. Sie beantragt namens der Fraktion, an der Fassung gemäss regierungsrätlicher Vorlage festzuhalten.


Für Annemarie Marbet stellt sich die Frage, ob andernfalls nicht ganz bewusst die Verfassung missachtet und Bundesrecht vorsätzlich nicht einhalten wird.


Auch die Grünen sind gemäss Isaac Reber der Auffassung, dass der Landrat in Sachen Pauschalabzug noch einmal über die Bücher gehen muss.


Von den 51 Vertreterinnen und Vertretern des Landrats, die Eingang in die Porträt-Galerie der Zeitung "Der Schweizerische Hauseigentümer (Nr. 16 vom 15. September 2006) gefunden haben, weil sie "in der ersten Lesung erfolgreich den Antrag auf Beibehaltung der bisherigen Unterhaltskostenabzüge für selbst bewohntes Eigentum eingebracht und durchgesetzt" haben, will Isaac Reber wissen, ob dieser Satz korrekt ist oder nicht - hat der Landrat in der 1. Lesung die Abzüge beibehalten und, wenn ja, warum kostet dies den Kanton 7 Mio. Franken? Es ist aus seiner Sicht durchaus legitim, für eine Sache zu kämpfen und Interessen zu vertreten, sofern dies offen dekariert wird. Nicht legitim ist es aber, den Sachverhalt nicht richtig wiederzugeben: Alle wissen, dass es um die Pauschalkostensätze geht, die beibehalten werden, und nicht die Abzüge - die Abzüge werden nämlich erhöht, was Mindereinnahmen von 7 Mio. Franken für den Kanton zur Folge hat.


Isaac Reber spricht sich dafür aus, auf die Fassung der regierungsrätlichen Vorlage zurückzukommen und dem von Annemarie Marbet gestellten Antrag zuzustimmen.


Daniela Schneeberger (FDP) hat bereits im Rahmen der 1. Lesung erklärt, warum ihre Fraktion auf den bisherigen Sätzen von 30% und 25% für die Pauschalabzüge beharrt. Sie sieht keinen Handlungsbedarf - auch bei der damaligen Erhöhung des Eigenmietwertes um 8% waren die Pauschalabzüge nie ein Thema gewesen. Betroffen sind auch Steuerpflichtige, deren Privatvermögen Liegenschaften umfasst und die Bruttomietzinsen versteuern; es gibt keine steuerrechtliche Begründung, dass diese nun eine Reduktion hinnehmen müssen.


Keine weiteren Wortbegehren.


Der Landrat stimmt über den Antrag Annemarie Marbets ab, den letzten Satz von § 29 Abs. 2 wie folgt zu ändern: "...Der Pauschalabzug beträgt bei über zehnjährigen Gebäuden 20% und bei bis zu zehnjährigen Gebäuden 15% des Eigenmietwertes für selbst genutzte Liegenschaften oder des Bruttomietertrages. ..."


://: Der Landrat lehnt den Antrag mit 54 : 30 bei 1 Enthaltung ab.


§ 33 keine Wortbegehren
§ 34 keine Wortbegehren
§ 36 Abs. 3 keine Wortbegehren
§ 36 bis zweitletzter Satz keine Wortbegehren
§ 50 Bst. a keine Wortbegehren
§ 68 c Abs. 1 und 2 keine Wortbegehren
II. keine Wortbegehren


III.


Daniela Schneeberger (FDP) verweist auf § 30 der Kantonsverfassung, wonach der Landrat die demokratische Legitimität hat, mit einer 4/5-Mehrheit über ein Gesetz zu beschliessen - dies ist der normale und übliche Verlauf einer Gesetzesberatung im Landrat. Die Regierung hat bei dieser Vorlage vom sogenannten Behördenreferendum Gebrauch gemacht, um das ambitiöse Ziel erreichen zu können, das geänderte Gesetz per 1. Januar 2007 in Kraft setzen, und um zeitliche Verzögerungen im Zusammenhang mit der Einhaltung von Fristen zu verhindern.


Die 1. Lesung hat gezeigt, dass Eintreten auf die Vorlage grossmehrheitlich unbestritten war. Den Voten der verschiedenen Fraktionssprecherinnen und -sprecher war zu entnehmen, dass die Steuergesetzrevision vor allem aufgrund der Familienbesteuerung nicht sehr umstritten ist - alle boten Hand zu einem Kompromiss.


Vor diesem Hintergrund besteht aus Sicht der FDP-, der SVP- und der CVP/EVP-Fraktionen keine Notwendigkeit, die Vorlage nicht im üblichen Rahmen zu beraten und darüber abzustimmen; sie stellen daher gemeinsam den Antrag, Ziffer III., wonach diese Gesetzesänderung den Stimmberechtigten zur Abstimmung vorgelegt wird, zu streichen.


://: Der Landrat stimmt dem Antrag, Ziffer III. zu streichen, mit 60 : 23 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu. Demnach wird Änderung des Steuergesetzes den Stimmberechtigten nicht zur Abstimmung vorgelegt werden.


Die Landratspräsidentin fragt das Ratsplenum, ob es Rückkommensanträge gibt.


Bruno Steiger (SD) will nun doch noch einmal für die Singles eintreten, welche aus seiner Sicht die ganz klaren Verlierer der Steuergesetzrevision sind. Für ihn ist die Gesetzesänderung nicht der grosse Wurf, als den Regierungsrat Adrian Ballmer die Vorlage anlässlich der 1. Lesung bezeichnet hat - es wird nun einfach die sogenannte "Heiratsstrafe" in eine "Single-Strafe" umgewandelt. Familien mit vielen Kindern, Ehepaare und auch die Wirtschaft werden profitieren - die Singles werden auf der Strecke bleiben. Die Tatsache, dass ein Einkommen von 30'000 Franken bei Singles 7,6-mal bzw. ein Einkommen von 100'000 Franken immerhin 1,7-mal höher als bei Verheirateten besteuert wird, hält Bruno Steiger für eine grosse Ungerechtigkeit. Er legt dem Landrat deshalb nahe, die Vorlage dem Volk aus demokratischen Gründen zur Abstimmung zu unterbreiten.


Noch viel grössere Freude hätte er, wenn die Vorlage an die Regierung zurückgewiesen würde, damit diese nochmals überarbeitet wird.


Die Landratspräsidentin macht B. Steiger darauf aufmerksam, dass der Landrat darüber soeben abgestimmt hat.


Daniela Schneeberger (FDP) antwortet B. Steiger, ihrer Fraktion sei auch bewusst, dass eine bestimmte Gruppe durch diese Gesetzesrevision nun Steuererleichterungen erfährt - das sei auch das Ziel gewesen. Im Vordergrund stand dabei, Familien steuerlich zu entlasten und die "Heiratsstrafe" zu eliminieren. Es ist klar, dass das Augenmerk in Zukunft vermehrt auch auf die andere Gruppe gerichtet werden muss. Dem Paket kann deshalb mit gutem Gewissen zugestimmt werden.


Auch seine Fraktion sei nicht mit jedem Punkt einverstanden, erklärt Jürg Wiedemann (Grüne) an die Adresse B. Steigers. Gegenüber dem Ist-Zustand bringt die Vorlage aber bedeutende Vorteile: Tiefe Familieneinkommen haben bei der Besteuerung einen enormen Vorteil gegenüber hohen Einkommen. Ferner werden Nachteile, welche Mieterinnen und Mieter jahrzehntelang gegenüber Hausbesitzerinnen und -besitzern hatten, zwar nicht vollständig, aber doch ganz wesentlich ausgeglichen. Aus diesem Grund erachtet Jürg Wiedemann es als sinnvoll, der Vorlage zuzustimmen.


Annemarie Marbet (SP) hält fest, dass Singles mit Einkommen ab 70'000 Franken von einer steuerlichen Mehrbelastung betroffen seien. Tiefere Einkommen sind nicht betroffen; sie werden ebenfalls besser gestellt.


Keine weiteren Wortbegehren.



Schlussabstimmung

Es wird die namentliche Abstimmung verlangt (27 Mitunterzeichnerinnen und -unterzeichner).


://: Der Landrat stimmt der Änderung des Steuergesetzes (Vorlage 2006/108) mit 82 : 1 Stimmen zu.


Somit ist das 4/5-Mehr erreicht; es bedarf keiner Volksabstimmung.


Ja-Stimmen : Aebi Heinz, Anderegg Romy, Augstburger Elisabeth, Bachmann Rita, Birkhäuser Kaspar, Blatter Margrit, Brassel Ruedi, Brunner Rosmarie, Ceccarelli Daniele, Chappuis Eva, Corvini Ivo, de Courten Thomas, Degen Jürg, Franz Remo, Frey Hanspeter, Fritschi Toni, Fuchs Beatrice, Fünfschilling Bea, Gaugler Daniela, Gerber Fredy, Gorrengourt Christine, Göschke Madeleine, Gutzwiller Eva, Hammel Urs, Hasler Gerhard, Hess Urs, Hintermann Urs, Holinger Peter, Hollinger Marianne, Huggel Hanni, Imber Siro, Jäggi Ursula, Jermann Hans, Jordi Paul, Jourdan Thomi, Keller Rudolf, Krähenbühl Jörg, Küng Peter, Maag Esther, Mangold Christine, Marbet Annemarie, Martin Sarah, Meschberger Regula, Münger Daniel, Nufer Juliana, Nussbaumer Eric, Oestreicher Christa, Piatti Aldo, Reber Isaac, Joset Marc, Richterich Rolf, Ringgenberg Hans-Jürgen, Rohrbach Paul, Rudin Christoph, Rüegg Martin, Rufi Werner, Ryser Hanspeter, Schäfli Patrick, Schenk Dieter, Schmied Elsbeth, Schneeberger Daniela, Schneider Elisabeth, Schoch Philipp, Schuler Agathe, Schulte Thomas, Schweizer Hannes, Simonet Jacqueline, Steiner Christian, Stohler Myrta, Straumann Dominik, Svoboda Paul, Thüring Georges, Van der Merwe Judith, Vögelin Rosmarie, Wegmüller Helen, Wenk Daniel, Wiedemann Jürg, Willimann Karl, Wirz Hansruedi, Wullschleger Hanspeter, Wüthrich Ernst, Zwick Peter


Nein-Stimme : Steiger Bruno


Abschreibungsanträge


://: Der Landrat folgt den Anträgen des Regierungsrates und der Finanzkommission und schreibt stillschweigend die folgenden politischen Vorstösse ab:


Gesetzestext


Für das Protokoll:
Barbara Imwinkelried, Landeskanzlei



Fortsetzung

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