Protokoll der Landratssitzung vom 19. Oktober 2006

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2006-199 vom 7. September 2006
Motion der Petitionskommission: Änderung des Gesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen
- Beschluss des Landrats am 19. Oktober 2006: < überwiesen >



Nr. 2016

Landratspräsidentin Elisabeth Schneider (CVP) gibt bekannt, dass die Regierung bereit sei, den Vorstoss als Postulat entgegenzunehmen.


Eine Motion sei zu verbindlich, erklärt dazu Regierungsrätin Elsbeth Schneider (CVP). Mit einem verbindlichen Auftrag in die Verhandlungen mit dem Partnerkanton steigen zu müssen, wäre schwierig. Denn die Regierung strebt eine gemeinsame Lösung mit Basel-Stadt an.


Ein Postulat lässt der Regierung den nötigen Handlungsspielraum. Es ist wichtig, vorgängig zu prüfen, wie gross überhaupt der gesetzliche Freiraum für solche Änderungen ist. Die Rechtssprechung muss geprüft und die Entwicklung in den anderen Kantonen beobachtet werden. In der Bau-, Planungs- und Umweltschutzdirektorenkonferenz (BPUK) wird dieses Thema diskutiert; möglicherweise sollte daraus sogar eine gesamtschweizerische Lösung resultieren.


Die Regierung wäre froh über einen verbindlichen Verhandlungsauftrag des Parlaments, wünscht aber aus den dargelegten Überlegungen ein Postulat und keine Motion.


Röbi Ziegler (SP), Präsident der Petitionskommission, betont, die Verbindlichkeit der Motion sei nur formal, nicht aber inhaltlich. Der Vorstoss schreibt nicht vor, wie das Kriterium Lehrlingsausbildung im Beschaffungsverfahren berücksichtigt werden soll, sondern nur dass es so sein soll. Dies liegt allein in der Kompetenz der Regierung, die dem Landrat einen Vorschlag unterbreiten soll. Sie wird mit der Motion in keiner Weise eingeengt.


Der Regierungsrat hat in der Antwort der Interpellation 2006/081 schon selbst abgesteckt, sie wolle «das Kriterium Lehrlingsausbildung in den kantonalen Beschaffungsverfahren wann immer möglich und konform zur Rechtssprechung, die das Kriterium zulässt», anwenden. In diesem Rahmen kann eine solche Regelung auch ins Beschaffungsgesetz aufgenommen werden.


Ein Postulat liesse zu, dass die Regierung letztlich einen Bericht vorlegt und empfiehlt, auf die Berücksichtigung des Kriteriums zu verzichten. Dies entspräche aber nicht der Absicht des Vorstosses.


Hannes Schweizer (SP) äussert sich als Fraktionssprecher gleich zu den Traktanden 6 und 7. Beide fast gleichlautenden Motionen will die Regierung nicht entgegennehmen. Das erstaunt nicht, denn in den Antworten auf die Interpellation 2006/081 ist unschwer zu erkennen, dass die Regierung allergrösste Bedenken hegt, in das Gesetz über die öffentliche Beschaffung das Zuschlagskriterium Lehrlingsausbildung aufzunehmen.


Erfreulich ist gleichwohl, dass die Regierung immerhin die Wichtigkeit der Lehrlingsausbildung erkennt; deswegen hätte eigentlich ein regierungsrätliches «Hurra!» erwartet werden dürfen über Vorstösse, die der Regierung ermöglichen, nachzuholen, was sie bei der Ausgestaltung des Gesetzes unterlassen hat.


Der National- und der Ständerat haben im Januar bzw. im 2006 eine gleichlautende Motion - gegen den Willen des Bundesrates - überwiesen. Die ständerätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) hat sie einstimmig zur Annahme empfohlen. Der Gedanke ist also nicht ganz neu.


Dass die Lehrlingsausbildung in keinem direkten Zusammenhang mit der Leistungserbringung stehe, stimmt, wenn man lediglich Preis und Leistung anschaut. Aber im geltenden Gesetz sind als Kriterien auch Arbeitsschutzbestimmungen, Arbeitsbedingungen, der Grundsatz der Lohngleichheit und der Gleichstellung enthalten; all dies sind wichtige Kriterien, die unsere sozialen Errungenschaften schützen - aber in direktem Zusammenhang mit der Leistungserbringung stehen sie nicht. Weshalb soll der Thematik Lehrlingsausbildung nicht gleiche Priorität beigemessen werden wie diesen Kriterien?


Weshalb die Regierung zur Erkenntnis kommt, für Lehrbetriebe sei das Beschaffungsverfahren kein Nachteil, sondern es könne sogar zum Vorteil werden, ist nicht verständlich. Diese Erkenntnis hat die Regierung offenbar nicht von Handwerksbetrieben. Denn solche Firmen, deren die Berufsmatur anstrebenden Lehrlinge oft zwei Wochentage fehlen, müssen sogar ganz klare Nachteile in Kauf nehmen.


Die Regierung erstarrt vor den GATT- und WTO-Regeln, indem sie behauptet, eine Regelung zur Berücksichtigung des Lehrstellenangebots verletze das Verbot der Nichtdiskriminierung. Die Luzerner Kantonsregierung, die einen solchen parlamentarischen Vorstoss bearbeitet hat, führt als weitere Zuschlagskriterien auf: Qualität, Preis, Termin, Erfahrungen, Bonität, Infrastruktur, Kundendienst, Betriebskosten, Folgekosten, technischer Wert, Dauerhaftigkeit, Ökologie und Lehrlingsausbildung. Die Luzerner Regierung hat bestimmt, wie auch der Bund, juristische Abklärungen vorgenommen. Die Gerichtsurteile sind unterschiedlich: Während das Aargauer Verwaltungsgericht einem nicht berücksichtigten Beschwerdeführer, der keine Lehrlinge ausbildet, Recht gegeben hat, hat das Zürcher Verwaltungsgericht in einem strittigen Fall die Anwendung des Kriteriums Lehrlingsausbildung geschützt hat.


Fazit: Der Regierungsrat erkennt die Wichtigkeit der Lehrlingsbildung und meint, sie müsse durchaus die ihr gebührende Priorität erhalten. Offener, als die Petitionskommission es getan hat, kann man eine Motion gar nicht formulieren. Es ist nicht davon die Rede, dass es ein Ausschlusskriterium sein soll, wenn jemand keine Lehrlinge ausbildet. Es soll lediglich ein Zusatzkriterium sein; und der Motionstext lässt der Regierung den allergrössten Spielraum. Es ist nicht verständlich, was nun noch weiter abgeklärt werden muss.


Die baselstädtische Regierung hat den verbindlichen Auftrag, bis zum 10. Februar 2010 dem Grossen Rat eine Vorlage zu unterbreiten. Es ist zu hoffen, dass der Landrat seiner Verantwortung bewusst ist und die Regierung in ihrer ansatzweisen Bereitschaft, dieses Thema aufzunehmen, unterstützt mittels Überweisung der beiden Motionen.


Zu Traktanden 6 und 8 spricht Peter Holinger (SVP), der die Diskussion sehr interessant findet. Seine eigene Firma hatte vor zwei Jahren noch zehn Lehrlinge; heute sind es deren drei plus ein Schnupperstift. In der ganzen Firmengeschichte wurden 150 bis 200 Lehrlinge ausgebildet und entsprechend viele Erfahrungen gesammelt. In dem durch den Branchenverband qualifizierten Lehrbetrieb, arbeiten zur Zeit drei eidg. dipl. Lehrmeister, und fast jede Woche gibt es Anfragen nach Lehrstellen.


Es ist schon vorgekommen, dass die Firma einen Lehrling ausgebildet hat und dass dieser danach zu einem anderen Betrieb gewechselt hat, der noch niemals selber Lehrlinge ausgebildet hat, dann aber trotzdem promt einen Auftrag der öffentlichen Hand erhalten hat. Dies ist ärgerlich und schwierig nachzuvollziehen.


Es gibt Gemeinden, die bei ihren Ausschreibungen ausschliesslich auf den Preis und somit auf gar keine anderen Kriterien, sogenannte weiche Faktoren, achten.


Diesen Problemen könnte entgegengewirkt werden, indem Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, bevorzugt würden. Deshalb ist die Überweisung der Motion 2006/199 - allerdings als Postulat - und des Postulats 2006/206 sinnvoll. Die Regierung soll diese Fragen, gemeinsam mit Basel-Stadt, sorgfältig prüfen und darüber Bericht erstatten. Hoffentlich geschieht dies möglichst schnell.


Laut Romy Anderegg (FDP) stimmt die freisinnige Fraktion der Überweisung der Motion einstimmig zu und erwartet, dass die Regierung eine für die KMU gute Lösung findet.


Christine Gorrengourt (CVP) erklärt, die CVP/EVP-Fraktion finde eine vermehrte Unterstützung der Lehrbetriebe sehr wichtig. Die Frage ist nur: Wie?


Es stellen sich so viele Fragen, z.B.: Wer genau ist ein Lehrbetrieb? Wenn ein Betrieb, der ansonsten stets ausbildet, einmal während eines Jahres keinen Lehrling hat und sich in diesem Jahr um einen grossen öffentlichen Auftrag bemüht - kann er diesen Auftrag dann dennoch erhalten? Viele solcher Fragen stehen im Raum, weshalb die CVP/EVP-Fraktion die Variante «Prüfen und Berichten» bevorzugt; sie möchte den Vorstoss also als Postulat überweisen. Ihr liegt sehr viel an einer gleichwertigen Behandlung der teuren Schulbildung an der Sekundarstufe 2 und der Berufsausbildung.


Die Motion sei gut gemeint, anerkennt Remo Franz (CVP), denn Bildung sei tatsächlich enorm wichtig.


Aber die praktische Ausgestaltung ist so ausserordentlich schwierig, dass der Vorstoss nur als Postulat überwiesen werden darf. Enorm erstaunlich ist die Haltung der FDP, also einer Partei, die für sich in Anspruch nimmt, eine Wirtschaftspartei zu sein, aber offenbar nicht weiss, was das in der Praxis genau heisst. Eine Wirtschaftspartei sollte sich en détail mit dem Beschaffungsgesetz auskennen. Dieses Gesetz ist enorm schwierig zu handhaben. Die Gewichtung der einzelnen Kriterien ist kompliziert, und das Gesetz führt zu einem dermassen grossen administrativen Aufwand, dass man sich gut überlegen sollte, ein zusätzliches Vergabekriterium einzuführen.


Remo Franz solle ehrlich sein und gleich ganz «Nein» sagen, fordert ihn Röbi Ziegler (SP) mit einem Zwischenruf auf.


Remo Franz (CVP) reagiert, er wolle nur erwirken, dass sich alle der Konsequenzen bewusst werden. Er ist als Bauunternehmer täglich mit dem Beschaffungsgesetz konfrontiert. Er kennt Beispiele, die belegen, wie ausserordentlich schwierig es zu handhaben ist: Ein sehr gut ausgebildeter Jungunternehmer ist nicht in der Lage, heute sofort einen Lehrling zu übernehmen; denn Lehrlinge kosten Geld, und der Unternehmer in seiner Personalunion als kaufmännischer Leiter, technischer Leiter und Auftragsakquisiteur kann nicht auch noch gleich Lehrlinge ausbilden. Deshalb wird er nie zu einem öffentlichen Auftrag kommen. Remo Franz mit seinen zwölf Lehrlingen hätte bei einem solchen Kriterium wohl Vorteile, aber Jungunternehmer wären fast chancenlos. Das darf nicht sein.


Würde ein Postulat überwiesen, könnte sich die Regierung noch einmal grundsätzliche Gedanken zur Fragestellung machen, statt dass einfach aus politischer Opportunität eine praxisfremde Motion überwiesen wird.


Jürg Wiedemann (Grüne) stellt erleichtert fest, dass allen die Stärkung der Lehrlingsausbildung wichtig ist. Peter Holinger hat zehn Minuten lang die Lehrlingsausbildung seiner eigenen Firma gelobt, ist aber doch nur zur Überweisung eines Postulats bereit. Weshalb, hat er mit keinem einzigen Wort erläutert. Remo Gysin hat wenigstens... [langanhaltendes Gelächter]


Jürg Wiedemann stellt korrigierend fest, Remo Franz habe wenigstens etwas Inhaltliches gesagt; er traue sich aber wahrscheinlich nicht, klar Nein zu sagen, obwohl er eigentlich grundsätzlich gegen die Stossrichtung des Vorstosses sei. Er möchte zwar, dass über die Lehrlingsausbildung wohlwollend gesprochen, dass aber nicht zu ihren Gunsten gehandelt wird.


Wie der Petitionskommissionspräsident richtig festgestellt hat, werden Postulate oft überwiesen, wenn man nicht wirklich möchte, dass sich etwas ändert.


Die grüne Fraktion steht ganz klar hinter der Motion; es besteht Handlungsbedarf, und eine Gesetzesänderung ist unbedingt nötig.


Als KMU-Vertreter und langjähriger Lehrlingsausbildner äussert sich Jörg Krähenbühl (SVP). Die Problematik ist allgemein bekannt. Der Gemeinderat von Reinach hat festgestellt, wie schwierig die Berücksichtigung von Lehrstellen in der Ausschreibung umzusetzen ist. Die Idee der Motionäre ist bestechend und gut gemeint. Aber dennoch sollte der Landrat dem Antrag der Regierung folgen. Denn die Motionen sind noch von Mängeln behaftet, und die Regierung sollte den Spielraum erhalten, aufzuzeigen, wie die Situation verbessert werden kann.


Zu einem Postulat muss die Regierung innert eines Jahres einen Bericht vorlegen; bei einer Motion kann es bis doppelt so lange dauert - auch das spricht für die Überweisung des Vorstosses als Motion.


Dass die FDP-Fraktion, die eine Wirtschaftspartei zu sein vorgibt, die Motion unterstützt, ist ein Schlag ins Gesicht jedes Unternehmers.


Ivo Corvini (CVP) analysiert die Diskussion und kommt zum Schluss, es spiele gar keine grosse Rolle, ob der Vorstoss als Motion oder als Postulat überwiesen werde. Der Regierungsrat hat, wie aus der Beantwortung der Interpellation 2006/081 von Hanspeter Frey hervorgeht, die Problematik erkannt, er will weitere Abklärungen vornehmen. Da der politische Druck deutlich ist, kann die Regierungs auch mit dem Bericht zum Postulat gleich eine Gesetzesvorlage mitliefern. Ein Postulat würde bewirken, dass dies schon in einem Jahr der Fall wäre.


Rolf Richterich (FDP) dankt für das seiner Partei verliehene Prädikat «Wirtschaftspartei». Er ist auch stolz, dass ihm Remo Franz attestiert, das Beschaffungsgesetz zu kennen und zu verstehen.


Genau deswegen setzen sich die Freisinnigen für eine Motion ein. Es waren viele gute Voten zu vernehmen, die aber teilweise zu einem falschen Schluss gelangt sind. Will der Landrat beschleunigt arbeiten, muss er die breit gefasste Motion überweisen. Es ist ohne weiteres möglich, dass die Regierung in ihrer Vorlage zum Fazit kommt, nicht das Gesetz, sondern die Verordnung müsse geändert werden. Das Denken der Regierung soll nicht nur auf die Vorgaben «Prüfen und Berichten» beschränkt werden. Sonst läge nämlich nach einem Jahr im besten Fall die Feststellung vor, dass sich durchaus etwas machen liesse, wonach eine Motion eingereicht und überwiesen würde, und dann müsste man wieder zwei Jahre lang warten.


Die Petitionskommission hat ihre Motion in einer sehr guten, offenen und das Denken keineswegs einschränkenden Art formuliert. Nun sollen die gescheiten Leute in der Regierung und der Verwaltung sich überlegen, wie die Forderung umzusetzen ist.


Hanni Huggel (SP) verzichtet auf ihre Wortmeldung.


Röbi Ziegler (SP) entschuldigt sich, dass er Remo Franz ins Wort gefallen ist - er sei halt ziemlich temperamentvoll [Heiterkeit] , und es mache ihn immer stutzig, wenn jemand zuerst behauptet, ein Vergmissmeinnicht sei blau, um dann im gleichen Atemzug fünf Gründe aufzuzählen, weshalb ein Vergissmeinnicht doch rot sei. Etwa so hat Remo Franz argumentiert. Er kann offenbar schlicht nicht akzeptieren, dass in der ganzen Debatte niemand gefordert hat, die Lehrlingsausbildung solle ein Kriterium sein, das über allen anderen steht. Dies hat kein Mensch verlangt.


Das von Remo Franz kreierte Szenario entspricht einer hypothetischen Situation. Es gibt öffentliche Aufträge, die nur Grossunternehmen erfüllen können; ein Einzelunternehmer kann weder ein Spital bauen noch eine Betonbrücke sanieren. Röbi Ziegler entnimmt Remo Franz' Schmunzeln, dass dieser ihm doch vielleicht mit einem Zipfel seiner Seele zustimme.


Mit dem vorgeschlagenen Zusatzkriterium wird - in sehr bescheidenem Umfang - die gemeinwirtschaftliche Leistung von ausbildenden Unternehmern honoriert. Dass dies auf so grosse Widerstände stösst, ist unverständlich. Röbi Ziegler ist wie die wirtschaftskompetenten FDP der Meinung, die Motion sei zu überweisen. [Heiterkeit]


Peter Holinger (SVP) stellt, an Jürg Wiedemann gerichtet, fest, er habe nicht zehn Minuten lang über seine Firma gesprochen. Die Komplexität des Submissionswesens ist sehr hoch. Wenn der Kriterienkatalog wirklich noch länger werden soll, muss dies gut überlegt werden. Deshalb ist das Postulat die richtige Form.


Aus seiner Zeit als Stadtrat kennt Peter Holinger die Situation einer Exekutive und versteht deshalb die Haltung des Regierungsrates.


Es braucht ein gemeinsames Vorgehen der beiden Basel; das geht mit der Überweisung einer Motion nicht, sondern es müsste ein partnerschaftliches Geschäft geben.


In einem Punkt sei sich wohl der ganze Rat einig, glaubt Remo Franz (CVP): Dass nämlich die Berufsbildung in Zukunft eine viel grössere Bedeutung bekommen müsse als bisher. Als der Landrat CHF 10 Mio. für die Universität gesprochen hatte, reichte Remo Franz eine Motion ein, zugleich CHF 10 Mio. für die Berufsbildung auszugeben. Er hatte natürlich keine Chance damit.


Sein Widerstand gegen die Motion gründet in der Komplexität des Beschaffungsgesetzes und nicht darin, dass er nicht zur Förderung der Berufsbildung bereit ist. Das Problem ist, dass von den 90 Ratsmitgliedern wohl nicht einmal mehr deren fünf selber Lehrlinge ausbilden. Diese Politiker legen Rahmenbedingungen fest, die letztlich die Unternehmen handhaben müssen. Die Praktiker empfehlen, den Vorstoss nur als Postulat zu überweisen. Die FDP, die für sich in Anspruch nimmt, die Unternehmungen zu vertreten, weiss offenbar nicht, was dieser Vorstoss für praktische Folgen hat. Das Parlament muss Rahmenbedingungen schaffen, die dem Lehrling etwas nützen und nicht dazu führen, dass es unter dem Strich sogar weniger Lehrstellen gibt.


Wenn der Rat ein Postulat überweist, vergibt er sich nichts. Selbst wenn der Prozess etwas länger dauerte, ist doch entscheidend, was letztlich dabei herauskommt.


Urs Hess (SVP) erklärt, mit der Motion würde die Regierung verbindlich verpflichtet, ein Gesetz zu ändern.


Es gibt Branchen, für die sich manchmal kaum Lehrlinge finden lassen - auch dies müsste im Beschaffungsgesetz berücksichtigt sein. Saubere Abklärungen sind nötig, denn das Problem ist sehr vielschichtig. Daher ist ein Postulat der richtige Weg.


Regierungsrätin Elsbeth Schneider (CVP) bemerkt, inhaltlich wollten alle das gleiche: mehr Lehrstellen. Dazu hat die kantonale Verwaltung schon einiges beigetragen. Aber die Diskussion hat gezeigt, dass die Praktiker Zweifel hegen, und diese teilt die Bau- und Umweltschutzdirektorin. Es gibt viele Beschwerden gegen die Vergaben.


Die Berücksichtigung von Lehrlingsausbildung bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen ist keine neue Idee, sondern sie wird von der BUD schon täglich angewandt: Im Einladungs- und im freihändigen Verfahren werden jene Unternehmen berücksichtigt, die Lehrstellen geschaffen haben.


Aber es gibt noch zu viele offene Fragen: Wer ist legitimiert für die Bestätigungen? Was passiert, wenn eine Firma einmal ein Jahr lang keine Lehrstelle anbieten kann? Ab welcher Betriebsgrösse muss man eine Lehrstelle schaffen? Was hat mehr Gewicht: eine grössere Unternehmung mit zwölf oder eine kleine Firma mit immerhin sechs Lehrlingen? Solche praktischen Fragen müssen erst sauber abgeklärt werden, denn sie lassen sich - anders als die von Hannes Schweizer erwähnte Gleichstellung - nicht einfach mit einem Formular beantworten.


An die FDP-Fraktion gewandt, hält die Regierungsrätin fest, dass die Motion eine Gesetzesänderung verlange - und nichts anderes. Mit der Anpassung einer Verordnung ist dem Vorstoss nicht Genüge getan.


Bei GATT und WTO handelt es sich um übergeordnetes Recht, das unbedingt eingehalten und vollzogen werden muss. Welche Forderungen kann der Kanton aber gegenüber Firmen aus Deutschland, Frankreich oder anderen Kantonen stellen? Es sind noch so viele praktische Fragen offen, dass es für eine Gesetzesänderung zu früh ist. Vielleicht wären andere Lösungen, in Absprache mit den Nachbarn, besser.


Landratspräsidentin Elisabeth Schneider (CVP) teilt mit, die Petitionskommission sei mit der Umwandlung ihrer Motion in ein Postulat nicht einverstanden.


://: Die Motion 2006/199 wird mit 41:31 Stimmen überwiesen.


Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei



Fortsetzung

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