Protokoll der Landratssitzung vom 2. November 2006
Protokoll der Landratssitzung vom 2. November 2006 |
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2006-050
vom 16. Februar 2006
Motion
der CVP/EVP-Fraktion: Aufhebung der Alterslimite für Inhaberinnen und Inhaber eines Nebenamtes
- Beschluss des Landrats am 2. November 2006 < überwiesen >
Nr. 2093
RR Sabine Pegoraro (FDP) führt aus, der Regierungsrat habe sich bereits vor zwei Jahren im Rahmen des Postulates 2004/130 mit der Frage der Alterslimiten für InhaberInnen von Nebenämtern beschäftigt. Schon damals tat der Regierungsrat kund, er sehe keinen Grund, die geltende Regelung zu ändern. Ausdrücklich geht es nur um Nebenämter, nicht aber um Ämter, die der Volkswahl unterstehen. Der Regierungsrat ist der Auffassung, dass sich die heutige Regelung mit einer Alterslimite 70 bewährt hat. Dadurch ist eine bessere Durchmischung der Altersgruppen in politischen Ämtern und in den Gerichten erreicht und in den Gremien kann - gemessen an der Gesamtbevölkerung - ein einigermassen repräsentatives Durchschnittsalter erreicht werden. Schematische Altersgrenzen bedeuten stets auch ein Stück weit Willkür; mit demselben Grund kann man sich fragen, ob das Pensionierungsalter von 64 Jahren richtig ist.
Der Regierungsrat bittet den Landrat, die Motion nicht zu überweisen.
Jacqueline Simonet (CVP) korrigiert, die Diskussion habe im März dieses Jahres stattgefunden, und die CVP habe als Reaktion darauf sofort angekündigt, eine Motion dagegen zu lancieren. Die Gesellschaft braucht alle positiven Kräfte, die bereits sind, sich zu engagieren. Die Seniorinnen und Senioren werden in Zukunft einen immer grösseren Teil der Bevölkerung darstellen. Ihre Gesundheit wird - glücklicherweise - immer besser, viele bleiben bis zu einem hohen Alter effizient und im Besitze all ihrer Fähigkeiten. Diese Menschen kann man nicht mit Aktivitäten in den verschiedenen Seniorenorganisationen abspeisen. Sie dürfen nicht dazu verdammt sein, sich via diese Organisationen in den politischen Alltag einzubringen. Mit welchem Recht wird ihnen eine normale politische Aktivität verwehrt?
Beim Behandeln [16.02.2006] der Vorlage 2005/263 bzw. des Postulats 2004/130 fand Daniele Ceccarelli sehr schöne Worte für die Stellung der Jungen und der Alten in unserer Gesellschaft. Ein poetisches bon mot soll hier ergänzend beigefügt werden: "Wenn du weiss geboren bist, Schwester, Bruder, wirst Du nie schwarz werden; wenn du schwarz geboren bist, wirst du nie weiss werden. Aber alt, Brüder und Schwestern, falls wir leben, werden wir alle."
In der Argumentation der Regierung wird vor allem das Problem der nebenamtlichen Richterinnen und Richter erwähnt; es sollten dafür kreative Lösungen gesucht werden. Im Gesetz wird ja bloss von Nebenämtern gesprochen, eine Differenzierung wird nicht vorgenommen. Es gibt aber eine echte Trennung zwischen ausserparlamentarischen Kommissionen und Verwaltungsräten. Da ist eine Altersgrenze absolut falsch am Platz, weil diskriminierend. Für die richterlichen Funktionen könnte man die Alterslimite in Anlehnung an das Pensionierungsalter behalten oder eine neue Formulierung mit der Begrenzung auf eine oder zwei Amtsperioden finden. Eine adäquate Lösung dafür hat nicht das Parlament zu finden, sondern die Regierung beziehungsweise die Verwaltung.
Erinnert sei daran, dass für den Landrat, Ständerat, Gemeinderat oder den Schulrat keine Alterslimite festgesetzt ist. Das Volk findet es offensichtlich in Ordnung, dass auch fähige ältere Semester gewählt werden können.
Fazit: Die Alterslimite bedeutet eine Diskriminierung. Es ist bekannt, dass es oft schwierig ist, für gewisse Ämter fähige Persönlichkeiten zu finden. Die Motion liegt im Interesse eines wachsenden Teils der Bevölkerung und sendet ein Signal, dass man auch im Alter einen gewissen Marktwert behalten kann. Die Motion liegt letztlich im Interesse aller. Wertvolle Ressourcen sollen nicht einfach unbeachtet bleiben. Unter all diesen Umständen ist es unsinnig, auf eine Änderung von § 67 Absatz 2 des Personalgesetzes zu verzichten.
Rosmarie Vögelin (SP) unterstützt namens einer grossen Mehrheit ihrer Fraktion die Überweisung der Motion und folgt der Argumentation der Motionärin. Die SP ist sich allerdings bewusst, dass die Altersgrenze in den Fachkommissionen und den Nebenämtern bisher auch die Funktion hatte, die Qualität des Wissens in Bezug auf die Aktualisierung zu regulieren. Dieser Aspekt müsste in Zukunft anders, nicht aber durch Alterslimiten gestaltet werden.
Dominik Straumann (SVP) unterstützt die Motion uneingeschränkt. Die Volkspartei ist der Meinung, dass auch ältere Personen, die imstande sind, ein Nebenamt wahrzunehmen, vertreten sein sollen. Gleichzeitig ist die SVP der Meinung, dass die Parteien, welche ältere Personen portieren, sehr wohl abwägen können, wen sie aufstellen sollen und wen nicht.
Daniele Ceccarelli (FDP) ist namens seiner Fraktion - zumindest grundsätzlich - für die Überweisung der Motion. Die Gesellschaft braucht die alten Menschen. Mit 70 gehört man heute noch längst nicht zum alten Eisen. Dieses Potenzial darf man nicht brach liegen lassen.
Ein leise Kritik muss sich die zu wenig weit greifende Motion allerdings gefallen lassen: Muss für das Amt einer Richterin oder eines Richters neu besetzt werden, wird die Kandidatin oder der Kandidat im Rahmen einer Evaluation nach bestem Wissen und Gewissen geprüft und in der Folge gewählt. Im Rahmen der Gesamterneuerung können die vielen Richterinnen und Richter aber nicht alle einzeln angesehen werden. Schon aus Kapazitätsgründen ist der Landrat also nicht in der Lage festzustellen, ob eine Person aus Altersgründen nicht mehr in der Lage wäre, das Amt auszuführen. An eine Person heranzutreten und ihr klar zu machen, sie sei für das Amt nicht mehr befähigt, dürfte ein verdammt heikles Unterfangen sein. Ein Paradoxon stellt dar, dass ein Zivilrichter am Bezirksgericht Arlesheim mit 75 Jahren locker gewählt werden kann, im Kantonsgericht aber keinen Einlass findet. Dieser Zustand ist absolut diskriminierend.
Eine Lösung bestände ein einer Mischform, indem die Alterslimite aufgehoben und eine Bewerberin beziehungsweise ein Bewerber ab dem 70. Altersjahr noch für drei weitere vierjährige Amtsperioden kandidieren dürfte. Zwar wäre auch damit eine - bitte sehr nicht wörtlich zu verstehende - Deadline gesetzt, doch wäre diese doch recht weit hinausgeschoben. Nach dem heutigen Stand der Erkenntnisse funktionieren gewisse Abläufe mit 82 Jahren etwas langsamer als mit 42.
Dennoch, die FDP unterstützt die Motion, denn die Diskriminierung muss abgeschafft werden.
Christoph Frommherz (Grüne) unterstützt die Motion namens seiner Kolleginnen und Kollegen. Die Grünen meinen, rüstige 70-jährige oder ältere Personen sollten von den Ämtern nicht ausgeschlossen werden. Sollte der Zeitpunkt kommen, da sie nicht mehr rüstig genug sind, liegt es in der Verantwortung der Parteien, ihre älteren Personen auf die neuen Bedingungen aufmerksam zu machen, eine Alterslimite braucht es aber dafür nicht.
Regula Meschberger (SP) ist selbstverständlich auch für die Aufhebung dieser Alterslimite und stellt an die Adresse von Daniele Ceccarelli fest, es liege klar in der Verantwortung der Parteien, bei der Auswahl und Wiederwahl ihrer Kandidatinnen und Kandidaten wirklich hinzustehen und darzulegen, warum eine neuerliche Kandidatur nicht mehr drinliegt. Häufig ist ja nicht das Alter für einen solchen Schritt entscheidend, auch 50-Jährigen muss man ab und zu klar machen, dass sie zu weit von einer Materie entfernt sind. Die Problematik hat nur ganz am Rande mit dem Alter zu tun, es geht um die Frage der Verantwortung, welche die Parteien wahrnehmen müssen.
Eva Chappuis (SP) fragt sich, warum sämtliche FraktionssprecherInnen den Vergleich der Alterslimite im Nebenamt mit der nicht existierenden Alterslimite für vom Volk gewählte politische Ämter anstellen. Darum geht es doch gar nicht. Die Diskriminierung findet zwischen dem vollamtlichen Gerichtspräsidenten und den nebenamtlichen RichterInnen statt. Der vollamtliche Gerichtspräsident muss nämlich mit 64 Jahren in Pension gehen, da gibts kein Pardon! Allerhöchstens ein Jahr kann er anhängen. Leicht begreiflich, dass die Regierung eine solche Motion nicht bearbeiten will.
Jacqueline Simonet (CVP) dankt für die Unterstützung, nimmt die geschilderten Probleme auf, rechnet aber damit, dass in der Vorlage Lösungen gegen die Diskriminierung des Alters aufgezeigt werden.
Bruno Steiger (SD) und seine Parteikolleginnen und -kollegen halten die Wahlmöglichkeit von Seniorinnen und Senioren in ein Nebenamt für sehr sinnvoll. Werden ältere, noch rüstige Menschen nicht beschäftigt, so besteht die Gefahr, dass sie richtig gehend "versauern". Wer bis ins hohe Alter eine Beschäftigung hat, bleibt länger gesund. Zudem geht es, wie bereits richtig festgestellt wurde, oft nicht um das Alter, es gibt 40- oder 50-Jährige, die schon uralt und 70-Jährige, die noch sehr jugendlich sind. Zudem haben natürlich auch die Parteien realisiert, dass es heute oft schwierig ist, junge Leute aktiv für die Politik zu engagieren. Froh ist man ehrlicherweise ja auch, wenn die Landratsliste mit etwas reiferen Personen gefüllt werden kann. Dass, wie Eva Chappuis moniert, die Gerichtspräsidenten mit 64 gehen müssen, dürfte nicht so schlecht sein, denn nach vielen Jahren vollamtlicher Rechtsprechung werden diese Personen so richtig aufgebraucht sein. Im Übrigen protestieren auch andere Leute nicht, wenn sie mit 64 Jahren in Pension gehen müssen. Eva Chappuis hat da wohl einiges durcheinander gebracht.
( Heiterkeit)
Marianne Hollinger (FDP) passt das bisherige System mit einer klaren Limite für Nebenämter gut. Für die Ämter, die in einer Volkswahl bestellt werden, ist eine Alterslimite selbstverständlich unnötig, weil die StimmbürgerInnen in diesen Fällen entscheiden, wen sie in einem Amt sehen wollen und wen nicht. Der Landrat sollte das einfache, praktikable, transparente und glaubwürdige System nicht verändern. Durchaus möglich bleibt, die Alterslimite wegen der demografischen Entwicklung zu einem späteren Zeitpunkt etwas nach oben anzupassen. Auch Parteien sind bekanntlich sehr froh um aktive Personen.
://: Der Landrat überweist die Motion der CVP/EVP-Fraktion mit 69 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Fortsetzung