Protokoll der Landratssitzung vom 2. November 2006

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2006-142 vom 18. Mai 2006
Interpellation von Rudolf Keller, SD: Lücken beim Schwimmunterricht an den Baselbieter Schulen
- Beschluss des Landrats am 2. November 2006 < beantwortet >



Nr. 2087

RP Urs Wüthrich zu Frage 1:


Wie beurteilt er die Resultate der Umfrage generell und bezogen auf unseren Kanton?


Der Schwimmunterricht als Teil des Sportunterrichts ist in der Volksschule tatsächlich unterschiedlich geregelt. Die Unterschiede ergeben sich aufgrund der sehr ungleichen Infrastrukturen der Gemeinden. So gibt es Schulen, die wegen der langen Anfahrtswege zu Schwimmhallen auf einen regelmässigen Schwimmunterricht verzichten. Die Chancengleichheit ist im Schwimmunterricht somit nicht gewährleistet. Auch bezüglich Sicherheit und Qualität dieses Unterrichtes sind im Kanton grössere Unterschiede auszumachen. Die Pädagogische Hochschule Liestal hat im PrimarlehrerInnendiplom erst seit dem Jahre 2005 für das Erteilen des Schwimmunterrichts das Brevet 1 verlangt. Eine grosse Anzahl PrimarlehrerInnen verfügen folglich bloss über eine bestandene schwimmtechnische Semesterprüfung. Aus Zeitgründen fehlte in der Vergangenheit eine gezielte schwimmdidaktische Ausbildung der Lehrpersonen. Trotzdem wird zu einem guten Teil ein qualitativ guter und glücklicherweise auch unfallfreier Schwimmunterricht erteilt.


Zu Frage 2: Welche Detailprobleme und Mängel ortet er? Wie weit kann der Kanton "schwimmfördernd" wirken?


Ein Hauptmangel besteht in den bereits erwähnten ungleichen infrastrukturellen Verhältnissen. Ein zweiter Mangel betrifft die unterschiedlichen Ausbildungsverhältnisse in den Kantonen der FHNW, und zum Dritten ist kein allgemeingültiger Standard in Sachen Sicherheit stipuliert. Auch ein Programm, wie im schwimmdidaktischen Bereich Verbesserungen erzielt werden könnten, existiert nicht.


Formuliert wurden folgende Überlegungen: Die Infrastrukturen können nicht verändert werden. Zwar unterstützt der Kanton die Gemeinden im Rahmen des kantonalen Sportanlagenkonzepts beim Bau von Schwimmanlagen, doch setzt ein solches Vorhaben grosse Eigenleistungen und hohe finanzielle Möglichkeiten einer Gemeinde voraus. Die Verbesserung der Qualität und der Koordination der Ausbildung im Bereich Schwimmunterricht ist möglich und notwendig. Das Thema wird bei den zuständigen Stellen deponiert. Zu prüfen ist überdies, ob mit einer mehrjährigen Weiterbildungsaktion für praktizierende Lehrkräfte Fortschritte realisiert werden könnten.


Zu Frage 3: Bestehen in unserem Kanton Möglichkeiten mit gemeindeübergreifender Koordination mehr Kinder - wenigstens dann und wann - zum Schwimmen zu bringen?


Die Primarschulhoheit liegt in den Händen der Gemeinden, sie müssten folglich zu Gunsten einer verbesserten Chancengleichheit im Schwimmunterricht aktiv werden. Die Möglichkeiten des Kantons sind dagegen sehr beschränkt. Kommt dazu, dass den teilautonom geleiteten Schulen viel Gestaltungsspielraum offen steht.


Zu Frage 4: Kann der Kanton etwas für die bessere Schwimmausbildung der Lehrkräfte tun?


Der Ausbildungsbereich Sportdidaktik der pädagogischen Hochschule Liestal arbeitet - unabhängig von der Umfrage - seit einiger Zeit an der Entwicklung einer Neukonzeption der fachdidaktischen Ausrichtung für den Schwimmunterricht. Ziel ist es, die Ergebnisse innerhalb der FHNW zu koordinieren. Nach wie vor bleibt das Brevet 1 bestehen, dieses bildet gleichzeitig auch die Vorbedingung für das Absolvieren einer zeitgemässen Ausbildung. Die Umsetzung des Vorhabens soll im Jahre 2007 erfolgen.


://: Der Landrat gewährt dem Interpellanten die Diskussion.


Rudolf Keller (SD) dankt dem Regierungsrat für die umfassende Beantwortung der Interpellation. Einige interessante Passagen daraus wird er im Protokoll noch näher studieren.


Da Schwimmen ein körperlich ausgeprägt und ganzheitlich wirkender Sport ist, soll er gefördert werden. Überall dort, wo Schwimmhallen stehen, stellt sich das Problem der sehr hohen Belegung, so dass meist kaum eine Möglichkeit besteht, eine zusätzliche Schulklasse oder einen Verein noch dazwischen aufzunehmen. Man müsste sich überlegen, ob in den diesbezüglich etwas unterversorgten, sensiblen Räumen des Oberbaselbiets oder im Laufental im Zusammenhang mit den Geldern von KASAK etwas initiiert werden könnte. Bei dieser Ausgangslage nicht verwunderlich ist die Feststellung des Bundes, dass der Kanton Basel-Landschaft in der Rangliste weit hinten ansteht. Der Kanton hat also Handlungsbedarf, wenn auch primär die Gemeinden zuständig sind. Wenn alle mithelfen und etwas Druck ausüben, sollten für die Schulkinder verbesserte Möglichkeiten geschaffen werden können.


Martin Rüegg (SP) ruft das geflügelte Wort Er konnte weder Lesen noch Schwimmen aus dem alten Griechenland in Erinnerung. Auf beiden Gebieten, im Lesen wie im Schwimmen, gibt es auch heute Probleme.


Kinder mit einem Sprachdefizit oder einer Diskalkulie erhalten, sofern die Defizite erkannt werden, in der Regel Stützunterricht. Nicht so im Fach Schwimmen, obwohl diese Fertigkeit zur Grundausbildung gehört und Volkssport Nummer 1 in der Schweiz ist.


Ein schwieriges Problem betrifft die Binnendifferenzierung. In einer Klasse kann es vorkommen, dass ein Kind nicht schwimmen kann, während andere in einem Schwimmclub sind. Eine Lehrperson ohne schwimmspezifische Ausbildung ist in einer solchen Situation absolut überfordert. Das des Schwimmens nicht mächtige Kind wird in der Folge ganz einfach nicht gefördert, weil sich die Lehrperson für die Mehrheit kümmern muss. Lehrerinnen und Lehrer behelfen sich heute, indem sie die Mithilfe der Eltern anfordern. Allerdings: Was geschieht bei einem Unfall? Kann Regierungsrat Urs Wüthrich da Auskunft erteilen?


Im Kanton Zürich übernehmen - sehr erfolgreich - Spezialistinnen und Spezialisten, sogenannte Schwimminstruktorinnen und -instruktoren, in vielen Gemeinden den Schwimmunterricht auf der Primarschulstufe. Dies ist ein Ansatz, der auch im Kanton Basel-Landschaft geprüft werden sollte.


Juliana Nufer (FDP), selber mit der Schwimmszene betraut, kennt das Problem. Das Rad muss aber nicht neu erfunden werden, die Probleme sind beim Schweizerischen Schwimmverband bekannt, mit den verschiedensten Kursen werden Kinder gefördert. Lehrerinnen und Lehrer, die dem Schwimmunterricht gerecht werden wollen, können sich also professionelle Hilfe holen.


Trotzdem sei die Regierung angefragt, ob sie bei grenzüberschreitenden Schwimmhallen-Projekten finanzielle Unterstützung bieten würde.


Folgt Agathe Schuler (CVP) der Debatte, so läuft es ihr kalt den Rücken hinunter, denn: Wie oft schon in ihrer LehrerInnenkarriere stand sie am Rande des Gefängnisses oder hatte einen wunderbaren Schutzengel. Zumal auf der Sekundarschulstufe 1 ist der Besuch eines Schwimmbades oder der Aufenthalt an einem Gewässer im Rahmen von Ausflügen, Projekten oder Klassenlagern sehr beliebt. Kaum einmal ist es aber möglich, dass die anwesende Lehrkraft das Verhalten vollständig überwachen kann oder gar im Besitze eines Lebensretter-Brevets ist. Da ist also dringender Handlungsbedarf gegeben.


RP Urs Wüthrich (SP) antwortet Juliana Nufer auf ihre Frage, ob regionale Projekte unterstützt werden können, mit dem Hinweis auf das Instrument KASAK, das immerhin etwas Spielraum verschafft. Sobald ein Projekt überkommunale Kriterien erfüllt, kann der Kanton Finanzierungshilfe leisten.


Dass Kunstgewässer angelegt werden müssen, wenn der Schwimmsport gefördert werden soll, ist der Regierung bewusst.


://: Damit ist die Interpellation von Rudolf Keller beantwortet.


Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei



Fortsetzung

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