Protokoll der Landratssitzung vom 6. April 2006

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2005-236 vom 8. September 2005
Postulat von Jürg Wiedemann: Verzicht von WLAN an unseren Schulen
- Beschluss des Landrats: < abgelehnt >



Nr. 1750

Die Regierung ist bereit, das Postulat entgegenzunehmen. Landratspräsident Eric Nussbaumer erkundigt sich, ob es einen gegenteiligen Antrag gebe.


Laut Ernst Wüthrich ist die SVP-Fraktion gegen die Überweisung des Postulats, weil die Wissenschafter über die Grenzwerte und Auswirkungen der diversen Strahlenbelastung selber nicht einig sind.


Die Forderung, dieses Problem spezifisch im Schulbereich mit einer Verordnung zu regeln, ist unnötig.


Patrick Schäfli gibt bekannt, dass auch die FDP-Fraktion einstimmig gegen die Überweisung dieses Postulats sei. Sie ist der Meinung, für die Ausbildung der Schüler/innen, aber auch für die Arbeit der Lehrer/innen sei der möglichst frühe Umgang mit neuen Technologien sinnvoll. Es kann nicht angehen, Wireless LAN aus fundamentaloppositionellen Gründen abzulehnen, ohne überhaupt über die Auswirkungen detailliert Bescheid zu wissen.


Erste Untersuchungen stimmen in Sachen Strahlenbelastung sogar sehr zuversichtlich.


Aus Sicht der Freisinnigen sollte bei neuen Technologien nicht stets gleich nach Risiken gesucht werden, sondern man sollte auch - speziell an Schulen - die Gelegenheit wahrnehmen, mit solch neuen Instrumenten in Kontakt zu kommen und den Umgang damit zu lernen.


Wireless LAN sei, wie Thomi Jourdan betont, so neu nun auch nicht mehr. Wer zuhause schon nach Lösungen gesucht hat, sein Haus zu vernetzen, stellt irgendwann fest, dass Wireless LAN wohl eine nette Idee, der Nutzen aber sehr gering ist. Noch niemand konnte dem Landrat aufzeigen, was denn nun tatsächlich das Bestechende an dieser Technologie sein soll. Heutzutage können Häuser auch übers Stromnetz und mit einfachsten Geräten, die in jedem billigen Dosenschieberladen für CHF 150 erhältlich sind, vernetzt werden.


Der angebliche technologische Know-how- Vorsprung für Schulen mit Wireless LAN ist eine reine Behauptung. Wer wirklich ein Haus vernetzen will, muss auf andere Technologien setzen. Das nur selten wirklich funktionierende Wireless LAN wird sehr bald überholt sein.


Solange niemand sagen kann, was der wirkliche Nutzen einer neuen Technologie in einer Schule ist, ist die CVP/EVP-Fraktion bereit, damit zuzuwarten, bis ihre Gefahrlosigkeit erwiesen ist, insbesondere dann, wenn es andere Technologien gibt, die den gleichen Zweck auf erwiesenermassen problemlose Weise erfüllen.


Daniele Ceccarelli sieht den Vorredner und den Postulanten des öfteren mit dem Laptop im Landratssaal. Dabei gehen sie sicher auch via WLAN ins Internet. Das ist nicht nachvollziehbar - oder wollen die beiden diese praktische Technologie etwa auch im Landratssaal abschaffen? Das Postulat sollte nicht überwiesen werden.


Regierungspräsidentin Elsbeth Schneider erklärt, die Regierung sei bereit, das Postulat entgegenzunehmen, weil heute noch nichts abschliessend bekannt ist über die Gefährlichkeit bzw. Unbedenklichkeit dieser Technologie, die ansonsten aber sehr nützlich ist und einen grossen Fortschritt ermöglicht.


Seit 1. April 2006 hat die Regierung nicht mehr die Möglichkeit, ein Postulat entgegenzunehmen und gleichzeitig zur Abschreibung zu beantragen; deshalb möchte sie ihre Überlegungen in einem schriftlichen Bericht festhalten.


Jürg Wiedemann versichert Daniele Ceccarelli, dass er auf seinem Laptop die Wireless-LAN- Funktion deaktiviert habe, um der Strahlung nicht ausgesetzt zu sein.


«Das glaube ich nicht!» ruft Daniele Ceccarelli .


Er dürfe gerne nachschauen, erwidert Jürg Wiedemann . Er appelliert an den Rat, die Strahlenbelastung nicht zu unterschätzen. Denn sie ist stärker als etwa bei der Mobiltelefonie. Weil man direkt vor dem Laptop sitzt bzw. diesen sogar auf dem Schoss hat, ist die Belastung 4 bzw. 6 V/m. Der Bund kennt dafür, anders als beim Mobilfunk, keine Grenzwerte. Das Europäische Parlament empfiehlt in einem Bericht dringend, die maximale Strahlenbelastung für Wireless-LAN bei 0,19 V/m festzulegen.


Mit den heute handelsüblichen Laptops wird also diese empfohlene Höchstbelastung um rund das Dreissigfache überschritten.


An Schulen ist Wireless-LAN zur Zeit schlicht nicht nötig; die Technologie bringt überhaupt keinen Fortschritt. Denn man kann genauso gut mit Kabeln arbeiten - das ist nicht das geringste Problem. Wireless-LAN ist eine reine Spielerei ohne jegliche qualitative Verbesserung für den Informatikunterricht.


Zwar hält auch Karl Willimann den Einsatz von Wireless-LAN in der Volksschule für fragwürdig. Aber ihm ist aufgefallen, dass die Grünen - und besonders Jürg Wiedemann - sich darauf spezialisiert haben, in jeder Landratssitzung eine neue Sau durchs Dorf zu treiben, die den Leuten Angst machen soll.


[Gelächter]


Feinstaub und Vogelgrippe sind nur zwei von vielen Beispielen. Dabei gilt es festzuhalten: Der Nachweis, dass elektromagnetische Wellen gesundheitsschädigend sind, ist technologisch nicht erbracht. Die ETH Hönggerberg setzt seit drei Jahren in ihrem riesigen Komplex mit 8'000 Studierenden Wireless-LAN ein. Dort wird bestimmt darauf geachtet, dass nicht die Hälfte der Ingenieure während ihrer Studienzeit an Strahlenschäden sterben.


Die Grünen sollten aufhören, nur weil nächstes Jahr Wahlen sind, den Leuten dauernd Angst zu machen.


Rolf Richterich sagt ironisch, er geniesse die monatliche Weiterbildung in Sachen «Funktechnologie und Auswirkungen auf die Menschheit». Er stellt fest, dass sich die Technologie aber wahrscheinlich schneller weiter entwickelt als die Landratsdebatten.


Die Kombination von Wireless-LAN mit Mobilfunktechnologie steht vor der Türe, und dazu braucht es dann wohl noch viele Weiterbildungsstunden. Wer sich heute für die Verkabelung ausspricht, ist wahrscheinlich selber nicht richtig verkabelt: Es kann doch nicht angehen, sich so gegen den Fortschritt zu stemmen, wie Jürg Wiedemann dies tut. Rolf Richterich wird den Eindruck nicht los, dahinter verberge sich eine fundamentalistische Haltung, die jeden neuen Fortschritt mittels Postulaten aufhalten will.


Das Postulat habe, wie Kaspar Birkhäuser festhält, nichts damit zu tun, Forschung zu behindern; es geht einzig und allein um die Verwendung von WLAN an den Schulen. Karl Willimann versucht das Anliegen ins Lächerliche zu ziehen. Dabei will das Postulat die Schülerinnen und Schüler prophylaktisch vor möglichen Schäden zu schützen, solange diese noch nicht abgeklärt sind.


Ausserdem ist, wie die Debatte gezeigt hat, der Einsatz dieser Technologien an den Schulen schlicht nicht nötig. Mit Computern kann man auch sehr gut arbeiten, wenn sie mittels Kabeln angeschlossen sind.


Der Vorstoss ist alles andere als fundamentalistisch.


://: Das Postulat wird mit 39:33 Stimmen bei sieben Enthaltungen abgelehnt.


Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei



Fortsetzung

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