Protokoll der Landratssitzung vom 27. Oktober 2005
Protokoll der Landratssitzung vom 27. Oktober 2005 |
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2005-044
vom 3. Februar 2005
Motion
der FDP-Fraktion: Verwendung des Kantonsanteils aus dem Verkauf der Goldreserven der Nationalbank für Schuldentilgung!
- Beschluss des Landrates < überwiesen (modifiziert) >
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2005-055
vom 24. Februar 2005
Parlamentarische Initiative
der SVP Fraktion: Verwendung ausserordentlicher Erträge
- Beschluss des Landrates < überwiesen (modifiziert) an Finanzkommission >
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2005-057
vom 24. Februar 2005
Motion
der SP-Fraktion: Verteilung des überschüssigen Goldvermögens der Nationalbank
- Beschluss des Landrates < abgelehnt >
Nr. 1425 | Nr. 1426 | Nr. 1427
Eric Nussbaumer eröffnet die Diskussion zu den drei Geschäften.
Vorstoss 2005/044 der FDP-Fraktion
Finanzdirektor Adrian Ballmer erklärt sich namens der Regierung bereit, den Vorstoss als Postulat entgegen zu nehmen. Er unterstützt, dass die ausserordentliche Gewinnausschüttung von der Schweizerischen Nationalbank nachhaltig zur Schuldentilgung verwendet wird.
Inhaltlich handelt es sich um ein Postulat. Eine separate Vorlage ist nicht notwendig. Die Dispositionen erfolgen, soweit sie nicht das Finanzvermögen betreffen, im Rahmen der Staatsrechnung 2005, d.h. im Juni 2006.
Der Finanzdirektor weist darauf hin, dass ein vollständiger Schuldenabbau nur im Rahmen eines positiven Finanzierungssaldos möglich ist, d.h., Abschreibungen plus Saldo der laufenden Rechnung müssen die Höhe der Nettoinvestitionen übersteigen.
Der Saldo der laufenden Rechnung im Budget 2005 müsste, um dieses Ziel zu erreichen, mindestens 59,6 Mio. Fr. besser sein.
Die Schuldentilgung hängt zusätzlich mit der Fälligkeit der mittel- und langfristigen Verbindlichkeiten zusammen.
Zum Stichwort Schulden sind auch in der Bilanz noch einige Posten durch ausserordentliche Abschreibungen zu bereinigen, beispielsweise die Investitionsbeiträge.
Vorstoss 2005/055 der SVP-Fraktion
Der Regierungsrat lehnt die parlamentarische Initiative ab, obwohl er grundsätzlich auch der Meinung ist, dass die ausserordentlichen Erträge ausschliesslich zum Schuldenabbau verwendet werden sollen. Die Formulierung der Initiative geht aber deutlich weiter, indem nicht nur von der ausserordentlichen sondern von der allgemeinen Gewinnausschüttung die Rede ist.
Die ordentlichen Ausschüttungen wurden bisher immer als Erträge in der laufenden Rechnung aufgeführt. Diese müssten bei einer allgemeinen Gewinnausschüttung noch zusätzlich kompensiert werden.
Vorstoss 2005/057 der SP-Fraktion
Die Regierung lehnt die Motion der SP-Fraktion ab.
Der Kanton gibt ohnehin schon mehr aus, als er einnimmt, was nicht einer nachhaltigen Finanzpolitik entspricht.
Nur weil ausserordentliche Erträge anfallen, darf auf keinen Fall mehr ausgegeben werden als bisher. Die Strategie der Haushaltsanierung muss konsequent fortgesetzt werden.
Ausserordentliche Erträge sind grundsätzlich zu Gunsten nachfolgender Generationen zum Schuldenabbau zu nutzen. Was als strategisch notwendig erkannt wurde, ist im Regierungsprogramm verankert, das der Landrat im April 2005 verabschiedet hat.
Vorstoss 2005/044 der FDP-Fraktion
An die Adresse der Regierung bemerkt Paul Schär , im Gegensatz zu ihr sei die FDP-Fraktion nicht bereit, ihre Motion in ein Postulat umzuwandeln sondern halte an dieser fest.
Unter Punkt 2 ist eine Anpassung vorzunehmen, da dem Landrat nicht bis spätestens Ende 2005, sondern mit der Rechnung 2005 eine entsprechende Vorlage zu unterbreiten ist.
Mit der allgemeinen Gewinnausschüttung im Vorstoss der SVP-Fraktion tut sich die FDP schwer.
Ablehnend steht sie dem Vorstoss 2005/057 der SP-Fraktion gegenüber.
Vorstoss 2005/055
Jörg Krähenbühl teilt mit, im Vorstoss habe sich ein Fehler eingeschlichen, indem die falsche parlamentarische Initiative eingereicht wurde.
Er beantragt, unter § 14 a folgende Ergänzung:
" Erträge aus der Privatisierung von Staatsbetrieben sowie
ausserordentliche Gewinnaussschüttung der Nationalbank an die Kantone sind vollumfänglich für den Abbau der Staatsverschuldung zu verwenden."
Mit dieser Ergänzung sei auch dem Wunsch der Regierung Genüge getan.
Der Vorstoss 2005/044 der FDP, der dasselbe Ziel verfolgt, wie derjenige der SVP, wird von der SVP-Fraktion unterstützt.
Die Motion 2005/057 lehnt die SVP ab, denn sie zielt in eine völlig falsche Richtung.
Annemarie Marbet zeigt sich begeistert über die Ausschüttung der überschüssigen Goldreserven.
Im Vorfeld der Debatte hat die Landrätin versucht, sich mit den anderen Parteien darauf zu einigen, die drei Vorstösse der Finanzkommission zu überweisen, um innerhalb der Kommission gemeinsam nach einer für alle befriedigenden Lösung zu suchen.
Leider erfolglos, weshalb Annemarie Marbet sich nun in erster Linie für die Motion der SP-Fraktion einsetzt.
Grundsätzlich sind die 372 Mio. Franken wie ein Lottogewinn.
Mit dem Budget 2006 hat die Regierung bereits vorgespurt, sie will mit der Rechnung 2005 das Ganze zu einem Abschluss bringen.
Im Gegensatz zur FDP-Fraktion würde die SP eine separate Vorlage begrüssen.
Am Beispiel ihres Hauses erläutert die Landrätin, wie sie sich die Verteilung der Goldmillionen vorstellt. Neben dem Abtragen eines Teils der Hypothek würde sie in die Sanierung des Hauses investieren, wobei sie sich hie und da sogar etwas Luxus gönnen würde. Schliesslich würde sie sich auch noch einen Herzenswunsch erfüllen.
Auf den Schuldenabbau gehe sie nicht weiter ein, darüber wurde bereits genug diskutiert.
Daneben sollen ein Drittel der Gelder in einen Innovationsfonds für eine nachhaltige Wirtschaftspolitik des ökologischen Umbaus fliessen.
Diesbezüglich existieren im Budget 2006 sowie im Regierungsprogramm bereits erste Ansätze.
Mit dem restlichen Drittel soll ein Solidaritätsfonds für nachhaltige Projekte im Sozialbereich, sowohl kantonsintern, aber auch im In- und Ausland eingerichtet werden.
Möglichkeiten, wie Hilfe für die Tsunami-Opfer, die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen via Take off oder die Mitwirkung bei Migrationsprojekten etc., gibt es genügend.
Annemarie Marbet erklärt sich bereit, die Motion, in ein Postulat umzuwandeln und bittet um Unterstützung desselben.
Den Vorstössen von SVP und FDP-Fraktion steht die SP negativ gegenüber.
Die Schweizer Demokraten plädieren gemäss Rudolf Keller eher für eine vorsichtige Linie. Dass der Fantasie für die Verwendung der Millionen keine Grenzen gesetzt sind, zeigen die unterschiedlichen Vorschläge. Um eine endlose Diskussion zu vermeiden, gilt es, sich zu beschränken.
Der Vorschlag der SP-Fraktion, die Mittel in drei Bereiche zu verteilen, ist mit einem relativ grossen Verwaltungsaufwand verbunden.
Hingegen begrüssen die Schweizer Demokraten die Empfehlung der SVP-Fraktion, die Frage der Ertragsverwendung auf kantonaler Ebene für die Zukunft verbindlich zu regeln.
Die Schweizer Demokraten unterstützen die Vorstösse von FDP und SVP; lehnen hingegen die Motion der SP-Fraktion ab.
Eugen Tanner informiert, die CVP/EVP habe auf eine eigene Motion verzichtet. Vor dem Hintergrund von GAP, den defizitären Abschlüssen in den vergangenen Jahren und dem ungenügenden Selbstfinanzierungsgrad, unterstützt die CVP/EVP die Motion der FDP sowie die abgeänderte parlamentarische Initiative der SVP-Fraktion, wogegen sie die Motion der SP-Fraktion ablehnt.
Jürg Wiedemann stellt fest, investiert man 370 Mio. Franken in den Schuldenabbau, hat dies den Vorteil, dass sich die Zinsbelastung reduziert und dem Kanton mehr Mittel zur Verfügung stehen, wovon künftige Generationen profitieren.
Für die Fraktion der Grünen stellt sich in erster Linie die Frage, ob sich mit der Investition der Mittel in den Schuldenabbau die Lebensqualität der heutigen, vor allem aber der künftigen Generationen entscheidend verbessern lässt.
Ein Grossteil der Bürgerinnen und Bürger des Kantons hat heute das Problem ihren Lebensstandard halten zu können. Immer mehr leben unter dem Existenzminimum, die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust geht um, unzählige Familien müssen sich einschränken und können sich kaum das Allernötigste leisten.
Andererseits ist die Bevölkerung wachsenden Umweltbelastungen ausgesetzt. Darunter leiden vor allem Kinder und ältere Leute.
Die Fraktion der Grünen möchte die 370 Mio. Fr. so investieren, dass dem sinkenden Lebensstandard und der grösseren Umweltbelastung begegnet werden kann.
Ein Grossteil der Fraktion ist der Ansicht, dieses Ziel kann besser erreicht werden, wenn die ausserordentlichen Erträge für ökologisch sinnvolle und nachhaltige Projekte im Sozial-, Umwelt- und Bildungsbereich investiert werden.
Diese Langfristpolitik hat für die Fraktion der Grünen einen höheren Stellenwert, als die Variante, die 370 Mio. Fr. vollumfänglich in den Schuldenabbau zu investieren.
Sie unterstützt darum die SP-Motion und lehnt die beiden Vorstösse der SVP und FDP-Fraktion ab.
Isaac Reber s persönliche Meinung deckt sich nicht mit der Mehrheitsmeinung des Parlaments.
Soll der Staat eine positive Wirkung entfalten, muss er seine Mittel dafür und nicht für das Bezahlen von Schuldzinsen verwenden. Es gehört nicht zu den Aufgaben eines Staates, das Bankenwesen zu alimentieren. Dies ist für Isaac Reber ein Grund, den Vorstoss der FDP zu unterstützen. Nichts desto trotz rügt er die Verfasser der bürgerlichen Vorstösse für ihre inkonsequente Haltung. Er erinnert daran, dass das Parlament erst vor wenigen Monaten die aus der Beteilung der Kantonalbank her rührenden Vermögensreserven des Kantons durch die Umwandlung in Zertifikate zur Auflösung frei gegeben hat. Dies nicht etwa in der edlen Absicht mit dem Erlös Schulden abzubauen, sondern zur Erschliessung neuer Finanzierungsquellen.
Wie der Finanzdirektor soeben bemerkt hat, gehören ausserordentliche Erträge in den Schuldenabbau. Die Auflösung von Vermögensreserven der Kantonalbank fallen eindeutig darunter.
Bei dieser Inkonsequenz stellt sich für Isaac Reber die Frage, ob Sparen für die bürgerlichen Parteien nicht nur ein Etikett ist, das dann vergessen wird, wenn es um eigene Anliegen geht. Indiz für diesen Verdacht sind die auch von der bürgerlichen Seite vorgebrachten Vorstösse zur Erhöhung des Investitionsplafonds. In der aktuellen Finanzlage kommt dies einer Schuldenerhöhung gleich.
Tatsächlich gibt es nur wenige Parlamentsmitglieder, deren Ziel nicht um jeden Preis das Generieren von Wachstum ist. Alle anderen haben unterschiedliche Anliegen, welche Geld kosten. Dies ist auch der Grund, weshalb der Haushalt des Kantons nicht ins Lot gebracht werden kann. Da es sich dabei aber um eine vordringliche Aufgabe handelt, unterstützt Isaac Reber den vollumfänglichen Schuldenabbau.
Ruedi Brassel erinnert an die Aussage des Finanzdirektors, die Strategie der Haushaltsanierung konsequent zu verfolgen.
Wirft man einen Blick in Rechnung und Budget, wird rasch klar, dass die Schuldenlast des Kantons knapp die Hälfte der Vermögenserträge ausmacht. Von einer Belastung kommmender Generationen kann somit nicht die Rede sein. Im Uebrigen werden schon heute Investitionen in Dienstleistungen, Ausbildung und neue Technologien getätigt. Und genau diese Strategie verfolgt die SP-Fraktion mit ihrem Vorstoss.
Es geht nicht darum, den Schuldenabbau zu reduzieren und den Vermögensertrag zu steigern sondern es geht um eine gezielte Investition in zukunftsträchtige Technologien und wertvermehrende Anlagen mit einem Multiplikatoreffekt.
Das von Isaac Reber angesprochene "Familiensilber" hätte niemals zum jetzigen Zeitpunkt in Kantonalbankzertifikate umgewandelt werden dürfen, umso mehr das Parlament bereits Kenntnis hatte von den bevorstehenden Goldreserven.
Die angeblich so nachhaltige Strategie der Bürgerlichen zur Sanierung das Haushalts, "lügt sich bei näherer Betrachtung in die Tasche".
Zum angeblich hohen Verwaltungsaufwand bemerkt Landrat Brassel, dieser ist nicht höher als bei anderen Verpflichtungskrediten, zumal es sich dabei um Mittel- und Langfristprojekte handelt.
Abschliessend erinnert er daran, dass ja ein Drittel des Ertrags gemäss Vorstoss der SP-Fraktion in die Schuldentilgung fliessen soll.
Jörg Krähenbühl schätzt weder die Vorwürfe Isaac Rebers zu alten Geschäften noch dass dieser alle Bürgerlichen in denselben Topf wirft.
Die Mehrheit der SVP-Fraktion hat sich damals gegen die Veräusserung des "Tafelsilbers" ausgesprochen.
RR Adrian Ballmer stellt fest, gewinnt ein "armer Teufel" im Lotto und erfüllt sich neben dem Schuldenabbau noch einen persönlichen Wunsch, habe er dafür Verständnis.
Wäre der Kanton in derselben Lage, hätte er dafür ebenfalls Verständnis.
Tatsache jedoch ist, dass sich der Kanton auf der Ausgabenseite auf einem sehr hohen Niveau bewegt. Der Kanton spart nicht, er investiert. Ab und zu wird ein Versuch gestartet, den Zuwachs leicht zu reduzieren.
Der Aufwand der laufenden Rechnung steigt kontinuierlich. Ist der Anstieg einmal nicht gar so steil, wird bereits vom Sparen gesprochen.
Schon heute werden die als notwendig erachteten Massnahmen in der Regel übertroffen. Regierungsprogramm und Jahresprogramm belegen dies.
Die Tatsache, dass der Kanton konstant mehr ausgibt, als er einnimmt, kann doch nicht ernsthaft als nachhaltig und im Interesse künftiger Generationen bezeichnet werden.
Um etwas für künftige Generationen zu tun, gilt es in sinnvolle Projekte zu investieren und darauf zu achten, dass der Schuldenberg nicht zu sehr ansteigt.
Solange Regierung und Parlament mehr ausgeben als sie einnehmen, solange sind sie kein Vorbild für die Bevölkerung.
Der Finanzdirektor bezeichnet es als Witz, wenn auf der einen Seite die ausserordentlichen Erträge der Nationalbank in zusätzliche Projekte investiert werden sollen, und man sich andererseits darüber aufregt, wenn ein geringer Teil des Kapitals bei der Kantonalbank für wichtige Investitionen veräussert wird.
Zur Bemerkung, die Aktivzinsen seien höher als die Passivzinsen, meint der Finanzdirektor, sobald sich die aktuelle Zinssituation verändert, werden die Passivzinsen massiv ansteigen.
Im Uebrigen stammen die Vermögenserträge im Wesentlichen aus den Erträgen der Kantonal- und der Nationalbank.
Eric Nussbaumer lässt der Reihe nach über die abgeänderte Motion 2005/044 der FDP-Fraktion, die abgeänderten parlamentarische Initiative 2005/055 der SVP-Fraktion, die bei Annahme an die Finanzkommission überwiesen wird, sowie die Motion 2005/057 der SP-Fraktion abstimmen
://: Der Landrat stimmt der Ueberweisung der abgeänderten Motion der FDP-Fraktion mit 48 : 26 Stimmen zu.
://: Der Landrat stimmt der Ueberweisung der abgeänderten parlamentarischen Initiative an die Finanzkommission mit 47 : 27 Stimmen zu.
://: Der Landrat lehnt die Ueberweisung der Motion 2005/057 der SP-Fraktion mit 45 : 26 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab.
Für das Protokoll:
Ursula Amsler, Landeskanzlei
Fortsetzung