Protokoll der Landratssitzung vom 16. November 2006

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2006-095 vom 4. April 2006
Vorlage: Zukünftige Bedienung der Verbindung Sissach-Läufelfingen-Olten; Ergänzung des Generellen Leistungsauftrages im Bereich des öffentlichen Verkehrs für die Jahre 2006 - 2009
- Bericht der Bau- und Planungskommission vom: 7. November 2006
Beschluss des Landrats am 16. November 2006: < beschlossen (Bahnvariante) > || Landratsbeschluss



Nr. 2103

Kommissionspräsident Peter Holinger (SVP) führt aus, der Landrat habe schon anlässlich der Beratung von Vorlage 2004/238 explizit den Ausbau der S9-Bahnhöfe gestrichen. Ziel war es, Alternativen zu prüfen und die Frequenzen zu eruieren. Die Regierung präsentierte in der Folge die Vorlage mit dem Umstieg auf reinen Busbetrieb. Schon heute fahren viele Busse parallel zur Bahn und die "Bergdörfer" werden ausschliesslich mit Bussen bedient. Aufgrund einer Eingabe hat das Kantonsgericht entschieden, die S9 müsse auch im Jahre 2007 fahren. Im Jahre 2006 war die S9 wegen Umbauarbeiten mehrere Monaten ausser Betrieb.


Das Thema "Läufelfingerli" wurde sehr verpolitisiert; in der BPK wurde deshalb zur Diskussion gestellt, ob das Geschäft nicht gleich auf die Zeit nach den Wahlen verschoben werden sollte. Nun liegt die Vorlage zur Beratung auf.


Oft schon hat der Landrat die Regierung aufgefordert zu sparen. Dieser Auftrag ist sicherlich der Hauptgrund für die Umstellung vom Bahn- zum Busbetrieb. Die BPK hat sich für die Variante Bus-plus entschieden. Ohne dieses Plus könnten jährlich 820'000 Franken - je etwa 410'000 Franken zu Lasten von Kanton und Gemeinden - gespart werden.


Die BPK hat intensiv mit der Frage gerungen, ob die Bahn bleiben soll, ob sie mit Dampf betrieben oder ob, wie die Regierung vorschlägt, auf Busbetrieb umgestellt werden soll. Mit einem sehr knappen Ergebnis entschied sich die Kommission für die Umstellung auf Busbetrieb. Entschieden hat sie aber auch, den Nachtbetrieb zu verbessern, so dass am Freitag und am Samstag nach Mitternacht je zwei Nachtbusse und unter der Woche je ein Nachtbus verkehren würden. Diese Massnahme schlägt mit rund 50'000 Franken pro Jahr zu Buche. Die Haltestellen müssten angepasst werden, Kosten dafür: Rund 500'000 Franken. Bahnhofanpassungen im Homburgertal würden dagegen rund 1,6 Millionen Franken kosten.


Die angrenzenden Solothurner Gemeinden meldeten sich nicht bei der BPK, ganz im Gegensatz zu den Baselbieter Gemeinden.


Der knappe Entscheid der BPK sagt aus, dass das Landratsplenum beschliessen muss, wie es weiter gehen soll. Eventuell steht eine Volksabstimmung bevor. Nachdem die SP nun noch verschiedene Anträge eingebracht hat, empfiehlt Peter Holinger folgendes Vorgehen:


Zuerst soll der Landrat auf die Vorlage eintreten. Sollten die Beschlüsse der Vorlage nicht genehmigt werden, müsste eine neue Vorlage erstellt werden. Peter Holinger persönlich findet, es wäre genügend Zeit vorhanden, von der Regierung eine neue Vorlage erarbeiten zu lassen und eine gute Diskussion in der Kommission zu führen, so dass der aktuelle Landrat den Entscheid noch vor den Sommer-ferien 2007 fällen könnte.


Mit einer Rückweisung wäre also entschieden, dass die Bahn weiterhin fährt. Dieses ruhige Vorgehen - Eintreten und dann Rückweisung an die Regierung - empfiehlt Peter Holinger, das Wiederaufflammen der Kommissionsberatung hier im Saal aber lehnt er ab.


Martin Rüegg (SP) ist sich nicht ganz im Klaren, ob eben der Kommissionspräsident oder bereits der Fraktionssprecher das Wort hatte.


Martin Rüegg stellt eine Parallele zu einem anderen Bähnchen, das auch lange um das Überleben kämpfen musste, an. Nach dem Rückruf der Wasserfallen-Bahnkabinen fühlt sich Martin Rüegg aber doch etwas gehemmt, dies zu tun und schreitet zur Sache.


Kurz zusammengefasst sieht die Situation wie folgt aus: Im Homburgertal verkehren Bahn und Bus, der Kostendeckungsgrad ist gering, die Erschliessungswirkung mit dem Busbetrieb wäre besser. Mit der Bahn aber wären die Erschliessungen nach Olten und ins Mittelland besser. Grundsätzlich erweist sich die Erschliessung des Tales mit den Tafeldörfern als schwierig.


Denkbar sind zwei Strategien: Die eine blickt nach vorne, die andere rückwärts. Rückwärts hiesse, das "Läufelfingerli" aufs Abstellgeleise zu schicken, so wie es die regierungsrätliche Sparvorlage aus unglücklichen GAP-Zeiten vorsieht. Der Landrat hat diese Einsparung nie verlangt - und schon gar nicht die SP. Das "Läufelfingerli" still zu legen, wäre vergleichbar mit dem Schliessen von Strassen, die wenig befahren würden. Sowas stellt sich doch niemand ernsthaft vor!


Vorwärts zu schauen würde bedeuten, das "Läufelfingerli" in ein Regio S-Bahnnetz einzubinden, sprich zu vernetzen, statt zu amputieren. Vernetzen mit dem Ergolztal Richtung Basel und vernetzen mit dem Mittelland. Vorwärts zu schauen heisst aber auch, sich Gedanken zu machen über den Bahnhof Thürnen, allenfalls über einen attraktiven Halbstundentakt in Stosszeiten und über ein sogenanntes Flügelkonzept, das die Züge in Sissach verteilt Richtung Gelterkinden und Homburgertal. Ernsthaft könnte man sich gar Gedanken über eine Dampfbahn machen.


Den Bahnhof in Sissach auszubauen und das "Läufelfingerli" gleichzeitig still zu legen, macht keinen Sinn für den, der nach vorne schaut.


Die Verkehrsprobleme der Agglomeration können nicht mit Milliarden teuren Tunnels, Umfahrungs- und Schnellstrassen gelöst werden. Eine zukunftsgerichtete Verkehrspolitik löst die Probleme der Agglomeration zwingend mit mehr öffentlichem Verkehr. Auch aus dieser Optik macht die Einstellung der S9 keinen Sinn.


Die Bevölkerung hält an der Bahn fest. Das Tal hat nie ein Buskomitee gegründet. Die so zahlreich erschienene Bevölkerung, die sich so vehement für die Bahn einsetzt, wird aber auch gebeten, sie wirklich zu benützen und zwar häufiger als bisher.


Siedlungsentwicklung, ein wichtiger Punkt im Homburgertal, muss neu auch wieder vermehrt in Richtung Bahn gelenkt werden, dies mit dem Ziel, die Erschliessungswirkung auch tatsächlich zu verbessern.


Nicht nur das vielfach fotografierte Viadukt von Rümlingen, vielmehr die Bahn als Ganzes ist Teil der gewachsenen Kulturlandschaft im oberen Kantonsteil. Ein Abbau des Bahn-ÖV in dieser Randregion vom Grossraum Basel wäre ein schlechtes Zeichen. Der Kostenvergleich mit dem Chienbergtunnel zeigt, dass die Bahn auch dann günstig ist, wenn sie etwas kostet.


Die SP-Fraktion ist für Eintreten und dafür, die Bahn zu erhalten und gleichzeitig zu sparen. Auch den Einsatz des neuen Leichtbaufahrzeugs GTW, das 180'000 Franken weniger kostet, befürwortet die SP. Zudem ist die SP der Auffassung, dass, wer A sagt, auch B sagen muss. Wenn also die Bahn weiterhin fährt, so sollen auch die Bahnhöfe modernisiert werden.


(Applaus von der Tribüne)


Die vor uns liegende Vorlage will die Bahnverbindung zwischen Sissach und Olten, die älteste Bahnverbindung durch den Jura, für den Personenverkehr stilllegen, beklagt Gerhard Hasler (SVP) vorab. Die Vorlage wurde wegen zu geringer Auslastung der Bahn und entsprechend hohen ungedeckten Kosten erstellt. Es gibt gute Gründe, die Vorlage zu unterstützen. Aus rein wirtschaftlicher Sicht muss der Vorlage zugestimmt werden, die Gesamteinsparungen betragen für Kanton und Gemeinden pro Jahr rund 720'000 Franken. Obwohl auch die betroffenen Gemeinden profitieren würden, lehnen sie die Stilllegung ab, sie wollen ihre Bahn behalten.


Gute Gründe können auch gegen die Vorlage ins Feld geführt werden. Sie muss aus ökologischen Gründen abgelehnt werden, denn der Strassenverkehr soll nicht ausgebaut werden. Der Regierungsrat meint es zwar gut, er will sparen, doch denkt er zu wenig an die betroffenen Menschen im Homburgertal. In den ländlichen Regionen dürfen nicht länger bloss aus wirtschaftlichen Überlegungen Leistungen abgebaut werden. Die Region braucht eine gute Infrastruktur, um existieren und sich weiter entwickeln zu können. Mit der Stilllegung der Bahnstrecke würde die Verbindung ins Mittelland verschlechtert. Der Busbetrieb über den Berg wäre für die Benützer eine klare Verschlechterung.


Die Regio S-Bahn soll weiter betrieben werden, der Busbetrieb ist demgegenüber auf ein Minimum zu beschränken und soll vor allem dem Schülertransport dienen. Würde die Bahnlinie stillgelegt, nähme die Zahl der ÖV-Benützer wieder ab, wie Beispiele aus der Vergangenheit belegen. Die Erhaltung des Bahnbetriebs für die nächsten 3 Jahre ergäbe für den Kanton und die Gemeinden Totalkosten von rund einer Million Franken. Während dieser 3 Jahre müsste die Bevölkerung des Homburgertals die Bahn aber mehr benützen und damit beweisen, dass die Bahn wirklich weiterhin benötigt wird. Auch alle nun für die Bahn werbenden Volksvertreter sollen die Bahn benützen und Gleiches auch von den Leuten fordern.


Für den nächsten Leistungsauftrag kann die Situation dann wieder neu beurteilt werden. Die SVP Baselland hat sich in der Vernehmlassung klar für die Erhaltung des Bahnbetriebs ausgesprochen. Die SVP-Fraktion ist grossmehrheitlich für die Bahnlinie. Die SVP-Fraktion ist für Eintreten auf die Vorlage und gleichzeitig für Rückweisung an die Regierung mit dem Auftrag, den Bahnbetrieb wieder in den Leistungsauftrag aufzunehmen.


(Applaus von der Tribüne)


Rolf Richterich (FDP) weiss, dass der heutige Tag zum Showdown des "Läufelfingerli" wird. Die heisse Kartoffel wurde nun lange gedreht und gewendet, nun ist die Zeit gekommen, sie zu schälen. Zumindest bis zum Votum von Gerhard Hasler hatte Rolf Richterich diese Meinung. Die FDP steht zu ihren Prinzipien, auch dann, wenn ein Geschäft zu vertreten ist, das nicht so angenehm daher kommt. Die Fraktion gelangte zum Schluss, die Vorlage sollte vorbehaltlos so, wie sie nun dem Plenum vorgelegt wurde, beschlossen werden.


Die FDP möchte - wenn dies auch schwierig zu vertreten ist -, nicht nur den Leuten im Homburgertal in die Augen sehen können, sondern auch dem Rest des Kantons. Auch wenn ein anderes Mal das Laufental betroffen sein sollte, wäre nicht anders zu handeln.


Mit der Buslösung ist eine Variante auf dem Tisch, die bezüglich der Erschliessungsqualität absolut vergleichbar ist mit jener in anderen Kantonsteilen. Was darüber hinaus geht, ist als Sonderwunsch, als Extrawurst zu bezeichnen und muss nicht von anderen solidarisch mitgetragen werden. Solidarität hört dort auf, wo die Region Luxus einfordert.


(Zwischenrufe von der Tribüne und aus dem Landrat)


Landratspräsidentin Elisabeth Schneider -Schneiter (CVP) bittet, Zwischenrufe, von wo auch immer, zu unterlassen.


Fortsetzung des Votums Rolf Richterich


Solidarität hört dann auf, wenn ein Angebot aus nicht nachvollziehbaren Gründen für eine Region teurer ist als in einer anderen Region. Verständlich allerdings ist, dass jemand, der im Homburgertal lebt, dazu eine andere Ansicht hat als jemand, der ausserhalb des Tales zu Hause ist. Die Bau- und Planungskommission hat die Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen und ist zum Schluss gelangt, dass der Bus die Lösung darstellt. Obwohl nun das Homburgertal eine grosse Liebe zur Bahn demonstriert, ist doch festzuhalten, dass diese Liebe bei der Nachfrage nicht erkennbar ist. Es müssen also andere Gründe vorliegen, Gründe, welche den Aussenstehenden nicht verständlich sind.


Wenn das Homburgertal die Bahn will, so ist zu fragen, ob das Tal jene Kosten, die über den Erschliessungsgrad der übrigen Kantonsteile hinaus reichen, nicht selber bezahlen soll. Konkret: Die Mehrkosten von 770'000 Franken sollten also nicht zu 50 Prozent auf den Kanton und die übrigen 50 Prozent über den Verteilschlüssel auf alle anderen aufgeteilt werden.


Zu bedenken ist überdies, dass diese älteste Verbindung durch den Jura in einer Zeit entstanden ist, als ganz andere Bedingungen herrschten und andere Bedürfnisse erfüllt werden mussten. Ein jeder frage sich, wie er heute vorgehen würde, wenn das Tal jetzt erschlossen werden müsste. Niemand käme doch auf die Idee, die Erschliessung mit einem Bahnangebot vorzunehmen. Käme er trotzdem auf diese Idee käme, würde er wohl als "ferrosexuell" bezeichnet.


(Heiterkeit)


Weil das Bähnchen nun mal besteht, haben viele Leute verständlicherweise enorme emotionale Probleme, sich davon zu lösen. Auch im Laufental mussten zwischen Delémont und Laufen drei Stationen aufgehoben werden. Wenn die Zeit für Veränderungen gekommen ist, muss man die Änderungen akzeptieren. Sicher gehört die S9 nicht auf das Abstellgeleise, aber sie gehört zur Regeneration in den Winterschlaf versetzt. Sobald sie für die Strecke bis nach Basel bereit sein wird, muss sie wieder aktiviert werden. In der heutigen Form aber ist sie nicht zeitgemäss, zu teuer und erbringt, gemessen an den Kosten, eine zu geringe Erschliessungsqualität. Die verfügbaren Mittel müssen, wie Urs Hintermann schon richtig anmahnte, effizient eingesetzt werden.


Fazit: Die FDP beantragt Rückweisung mit der Auflage, das Tal habe, falls es die Bahn erhalten möchte, die Mehrkosten gegenüber dem Busbetrieb selber zu tragen. Zum Schluss bemerkt Rolf Richterich, er glaube zwar nicht, dass er nun sein Leben lassen müsse, fühle sich aber doch ein bisschen so.


Remo Franz (CVP) ist nach dem Anhören der Vorredner zwar nicht gerade sprachlos, aber schon ein bisschen überrascht und gelangt zum Schluss, das Geschäft wäre gescheiterweise wirklich auf die Zeit nach den Wahlen verschoben worden. Offenbar löst eine gefüllte Tribüne und die Anwesenheit des Fernsehens diese Dynamik aus. Das Geschäft ist mit Emotionen beladen und eignet sich für gewisse Parlamentarier bestens dazu, die Heimatglocken zu beschwören. Dabei geht es um ein ganz einfaches Geschäft. Im Zuge der GAP-Sparmassnahmen begab sich die Regierung auch im Bereich des ÖV auf die Suche, wo gewisse Einschränkungen möglich wären; sie stellte fest, dass beim Posten "Läufelfingerli" gespart werden kann, ohne die Leistungen zu verringern. Dieser Punkt sollte eigentlich allen einleuchten. Ein Bus ist zwar nicht so nostalgisch wie eine Bahn, die Leistungen aber werden zwischen Sissach und Läufelfingen verbessert, denn der Komfort steigt mit dem Bus. Kürzere und weniger beschwerliche Anmarschwege müssen in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden. Über weite Strecken entsteht somit eine ebenbürtige, teilweise bessere Leistung bei einem gleichzeitigen Spareffekt von jährlich 800'000 Franken. Diese Ausgangslage macht die Zustimmung zu diesem Sparbeschluss einfach. Dies umso mehr, als die Variante Bus-plus eine weitere Verbesserung bringt. Wo kann denn noch gespart werden? Nicht hier beim ÖV, fast unmöglich auch ist es beim Personal zu sparen und auch in der Gesundheit soll es nicht möglich sein.


Als der Bus zwischen Ettingen und Aesch hätte ausgebaut werden sollen, wurde darauf verwiesen, die Aufwändungen seien zu hoch und der Nutzen zu klein.


Die Fraktion der CVP/EVP ist der Auffassung, man müssse den Mut aufbringen, den Einsatz des öffentlichen Verkehrs dort abzulehnen, wo das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen nicht mehr stimmt. Auch der CVP/EVP bleibt somit im Interesse der Sache nichts anderes übrig als das Geschäft zurückzuweisen.


Philipp Schoch (Grüne) vertritt die Mehrheitsmeinung der Grünen; diese unterstützen die Bahnlösung im Homburgertal. In den ÖV des Homburgertals muss investiert werden, zum Beispiel mit Perronanpassungen, so dass der BL-Standard erreicht wird. Zudem soll in den leichten und eleganten, bisher auf der S9-Strecke nicht zum Einsatz gelangenden "Flirt" investiert werden. Es gilt in ein vollwertiges Bahnangebot zu investieren, nicht in eine halbbatzige Lösung. Auch im Bahnhof Thürnen müssen Investitionen getätigt werden. Warum nur wehrt sich Thürnen seit Jahren gegen einen Bahnhof?


Eine grosse Lobby setzt sich für die Bahn ein, ein weniger grosser Anteil an Menschen aber benützt diese Bahn. Dies ist ungut, die Bahn soll benützt werden. Attraktiv aber ist diese Bahn nur, wenn sie als S9 zwischen Olten und Basel verkehrt. Dringend ist deshalb ein drittes Geleise - mindestens - zwischen Sissach und Liestal.


Der von der BPK vorgeschlagene Bus lädt nicht zum Umsteigen ein. Er wird noch leerer zirkulieren als die heutige S9.


Rudolf Keller (SD) und die Schweizer Demokraten waren erfreut, als das "Läufelfingerli" ab dem 6. November 2006 seinen Normalbetrieb wieder aufnehmen konnte. Nachdem mehrere Millionen Franken in die Erneuerung dieser Bahnlinie investiert wurden, wäre es einem Schildbürgerstreich erster Klasse gleich gekommen, wenn der Regionalbetrieb dieser Bahn von Sissach über Läufelfingen nach Olten eingestellt worden wäre. Die SD kämpfen für den Fortbestand dieser Bahnlinie. Das "Läufelfingerli" kommt bei der betroffenen Bevölkerung gut an. Und die Fahrgastfrequenzen, liebe FDP-Leute, sind in letzter Zeit gestiegen. Zudem manifestierte sich während der Zeit der Bahnrenovationsarbeiten eine Ablehnung des ersatzweise eingeführten Busbetriebs durch die betroffene Bevölkerung. Auch in vielen Leserbriefen traten die Leute für das "Läufelfingerli" ein und votierten gegen den Bus. Zudem sanken die Fahrgastfrequenzen des Busbetriebs als Folge der Proteshaltung um 50 Prozent. In einem Brief wird überdies eine deutliche Willensbekundung der betroffenen Gemeinden zu Gunsten der Bahn ausgedrückt. Das "Läufelfingerli" bietet folgende Vorteile:


- Pünktlichkeit
- Fahrsicherheit
- Laufruhe auf den Schienen
- Bessere Gepäckmitnahmemöglichkeiten
- Garantierte Anschlüsse in Sissach und Olten mit direkter Anbindung an die grossen Bahnlinien
- Kürzere Fahrzeiten
- Geringere Luftverschmutzung
- Bessere Wintersicherheit als der Bus


Speziell im Winter ist der Bus - wetterbedingt - über den Hauenstein ein grosser Unsicherheitsfaktor. Erstaunlich auch, dass die Freisinnigen nicht einsehen, dass die Linie auch mit einer höchst modernen und umweltfreundlich gestalteten Dampfbahnlösung betrieben werden könnte. Für eine solche, auch touristisch attraktive Lösung liegt ein Konzept vor, das belegt, dass auf mittlere Sicht ein millionenfacher Gewinn zurückfliessen würde.


Zur Frage des Geldes: Bedenkenlos sind zig Millionen Franken im Chienbergtunnel verbaut worden. Und niemand sagt, liebe Freisinnige, dass nun jährlich zusätzlich 1,6 Millionen Franken für den Unterhalt anfallen werden. Im Chienberg spielen die Millionen also keine Rolle, bei der Bahn aber wird wegen ein paar 100'000 Franken das grösste Theater aufgeführt. Wenn noch der FDP-Vertreter aus dem Laufental - ausgerechnet jener aus dem Laufental - den Oberbaselbietern vorschlägt, wenn sie etwas Spezielles wünschten, sollten sie es selber bezahlen, dann kann ich nur feststellen: So etwas ist mir in diesem Saal noch nie begegnet. Bevor einem ein solcher Satz über die Lippen geht, sollte man doch auch noch an die Solidarität denken - zumal als Vertreter des Laufentals, das nicht gerade wenig Finanzausgleich für seine Gemeinden bezieht. das "Läufelfingerli" stellt für das Oberbaselbiet einen ökonomischen Faktor dar, den man nicht leichtsinnig und fahrlässig aufs Spiel setzen sollte.


Dem Regierungsrat, der diese Bahnlinie faktisch liquidieren will, rufe ich zu: Ohne Not darf eine modernisierte Bahnlinie nicht stillgelegt werden. Schlecht beraten waren Sie in dieser Frage, Frau Regierungsrätin. Sie leisten damit dem Kanton einen Bärendienst, und ich persönlich möchte jedenfalls nicht als "Bähnlikiller" in die Geschichte des Kantons Eingang finden.


Falls der Landrat dem Busbetrieb zustimmen sollte, werden sich die Schweizer Demokraten dem überparteilichen, sehr breit abgestützten Referendum anschliessen.


Zum Schluss ein kurzer, offenbar auch noch nötiger Rückblick: Schon am 25. 9.1997 wollte der Landrat das "Läufelfingerli" liquidieren. Damals stimmte der heutige Buschef Hansruedi Bieri, FDP, zu Gunsten des "Läufelfingerli", ebenso Andres Klein namens der SP, Erich Straumann namens der SVP/EVP, Maya Graf für die Grünen und ich selber für die Schweizer Demokraten. Auch heute sollte der Landrat ein weiteres Mal standhaft bleiben, vielleicht wird dann mein 1988 überwiesenes Postulat für die Ausdehnung des Umweltabos von Läufelfingen nach Olten umgesetzt. Damit wäre ein zusätzlicher Attraktivitätsgewinn erreicht. Dafür aber müsste die zuständige Regierungsrätin ein Mehreres tun, das will sie aber offenbar nicht.


Die Bahn hat Zukunft, bitte stimmen Sie entsprechend ab.


(Applaus von der Tribüne)


Landratspräsidentin Elisabeth Schneider -Schneiter (CVP) schlägt vor, das Traktandum trotz der fortgeschrittenen Zeit zu Ende zu beraten. Dagegen regt sich kein Widerstand.


Hans-Peter Wullschleger (SVP) kann die Voten zu Gunsten des "Läufelfingerli" voll und ganz unterstützen. Interessant wäre zu wissen, wer unter jenen Votanten, die sich für den Busbetrieb stark machen, während der Renovationsarbeiten der Bahn mit dem Bus über den Hauenstein gefahren ist. Pendler, die mit dem öffentlichen Verkehrsmittel Richtung Olten ins Mittelland unterwegs sind, um an die Arbeit zu gelangen, sprechen eine andere Sprache als die Herren, welche die Busvariante vertreten. Die Buhsfahrt über den Hauenstein ist mit einem massiven Zeitverlust verbunden, und von einer bequemen Fahrt kann im Vergleich zur Bahn nicht die Rede sein. Die Benutzerzahlen des Bahnersatzes sagen alles aus. Sollte es Absicht der Regierung sein, die Bevölkerung auf das Umsteigen vom öffentlichen Verkehr auf das Auto zu motivieren, dann darf man sich fragen, ob man noch auf dem richtigen Weg ist.


Der Bus transportiert also weit weniger Fahrgäste über den Hauenstein als die Bahn, dies bestätigen Leute, die tag- täglich ins Mittelland zur Arbeit fahren. Zudem werden verteuernde, in der Variante nicht erwähnte Elemente dazu kommen. Die Treibstoffpreise werden weiter ansteigen. Zudem redet man von einem Klimarappen, der die Busvariante ebenfalls verteuern wird, und dass die Mineralölsteuer auf alle Ewigkeit zurückerstattet wird, kann niemand garantieren. Aus Kostengründen wird deshalb der Busbetrieb über den Hauenstein im nächsten Leistungsauftrag auch noch gestrichen. Dann hört der Wirtschaftsraum Nordwestschweiz am Eingang zum Hauenstein endgültig auf.


Für mich stehen Bus und Bahn im Vordergrund und zwar so, dass sie sich nicht konkurrenzieren, sondern sinnvoll ergänzen.


Immer öfter ist in den Medien von Umweltbelastungen durch CO2 und Feinstaub zu lesen. Die Bevölkerung wird zum Masshalten aufgerufen, die Regierung aber sagt: Das "Läufelfingerli" ist zu teuer, wir stellen auf Dieselfahrzeuge um. Gerne meldet die Regierungsbank: Wir nehmen die Bevölkerung ernst.


Heute ist die Glaubwürdigkeit dieser Aussage ernsthaft in Zweifel zu ziehen, denn kurz nach der Einreichung einer Petition mit 8500 Unterschriften hat der Regierungsrat beschlossen, das Bähnli für ein Jahr stillzulegen.


Kürzlich erhielten alle Landrätinnen und Landräte von den Gemeinden im Homburgertal einen Brief, in dem sie sich für die Beibehaltung des "Läufelfingerli" aussprechen. Zeigen Sie bitte, dass Sie die Bevölkerung des Homburgertals ernst nehmen, stimmen Sie für die Beibehaltung des "Läufelfingerli" und lehnen Sie die unsinnige Busvariante ab.


Annemarie Marbet (SP) stellt die S9 in den Kontext des gesamten Regio S-Bahnnnetzes. Die Regio S-Bahn ist eine Erfolgsgeschichte, ein Wort, das die Regierung sehr gerne im Zusammenhang mit der Partnerschaft gebraucht. Die Regio S-Bahn wurde in der vergangenen Zeit ausgebaut und weist eine massive Steigerung der Fahrgastzahlen auf. S3 und S1 konnten die Auslastung verdoppeln, Konsequenz: Der Landrat kann eine verminderte Abrechnung zur Kenntnis nehmen. Warum soll die S9 in diesem Erfolgskonzept nicht Platz finden?


Noch etwas weiter gedacht: Welche Zeichen senden wir in die übrige Schweiz, wenn wir die S9 stilllegen? Wir wissen doch, dass diese Bahn eine riesige Medienpräsenz ausgelöst hat. Die übrige Schweiz würde glatt folgern: Die brauchen ja den Wisenbergtunnel gar nicht. Wer den Wisenbergtunnel will, braucht die S9 mit verschiedenen Armen.


Etwas erstaunt bin ich von den Anträgen der FDP und der SVP hinsichtlich Rückweisung. Man darf sich fragen, ob dahinter nicht ein Büza Wahltaktik Manöver steckt. Seit 2003 wird die S9 hin- und hergeschoben. Heute soll nun der Entscheid getroffen werden. Wir wollen die S9, wir wollen einen zukunftsgerichteten ÖV, wir wollen die Entscheidung. Wenn wir eine weitere Vorlage von der Regierung fordern, lähmen wir uns selber. Alles wurde geprüft, alle Argumente sind auf dem Tisch. Optimierungen bleiben im neuen Leistungsauftrag möglich.


Im Moment herrscht im Landratssaal eine Pattsituation, die Bürgerlichen wollen offenbar einfach heute nicht entscheiden. Macht einen Schritt vorwärts, sagt ja zu einer zukunftsgerichteten S-Bahn, damit der Ausbau wie in Zürich oder Zug voran geht.


( Applaus von der Tribüne)


Landratspräsidentin Elisabeth Schneider -Schneiter (CVP) bittet das Publikum, das Klatschen zu unterlassen.


Thomi Jourdan (EVP) hofft reden zu dürfen, aufgrund der vor dreieinhalb Jahren erhaltenen Legitimation, Landrat zu sein und nicht, weil er aus einem gewissen Gebiet stammt. Der Blick auf die heutige Traktandenliste zeigt, dass viele Geschäfte Partikularinteressen begünstigen möchten. Es wird über Muttenz, das Laufental, das "Läufelfingerli", die H 18 geredet. Man ist somit immer wieder herausgefordert zu entscheiden, für wessen Interesse man sich entscheiden soll. Zudem bestätigt sich heute Morgen das Prinzip, dass die Emotionen umso höher aufwallen, je tiefer der Geldbetrag ist, um den es geht.


Ich bin, dies sei primär festgehalten, für die Bahn und nicht für weitere Tunnels und Schnellstrassen. Aber ich bin für den richtigen ÖV. Das "Läufelfingerli" erreicht einen Kostendeckungsgrad von etwa 19 Prozent. Letztlich sollte der Landrat aber nicht aufgrund der Tribünengäste, sondern aufgrund der zahlenden Fahrgäste entscheiden. Die Phase der Beweiserbringung, ob das Bähnli nötig ist, ist vorbei. Lange hat man den Bewohnern des Homburgertals geraten, benutzt das Bähnli.


Was ist eigentlich ein Leistungsabbau? Eine Eisenbahn erbringt die Leistung eines Transportes von A nach B. Zu erbringen ist diese Leistung auch mit anderen Gefährten, die Frage ist bloss: Sind es die richtigen Gefährte? Die Leistung des "Läufelfingerli" besteht aber, wie ich feststelle, vor allem in einer emotionalen Verbindung. Auch im Laufental werden die Emotionen damals höher gewichtet worden sein, als die finanziellen Auswirkungen. Und man hat sich wohl nicht vorstellen können, dass es ohne diese Verbindungen im Tal trotzdem weiter gehen könnte.


Im Wissen, Gefahr zu laufen, gesteinigt zu werden, wage ich zu fragen: Wer darf denn bestimmen? Ich meine, nicht nur das Homburgertal, zumindest so lange nicht, als sie nicht die einzigen sind, die bezahlen. Zur Zeit erhält noch jedes Billet dieses Bähnli Fr. 3.50 an Subventionen. So lange darf man sich doch die Frage stellen, ob die 800'000 Franken jährlich eingespart werden sollen.


An die Bürgerlichen, die nun auch auf das Bähnli aufsteigen wollen, sei gesagt: Es darf doch nicht sein, dass die Politik nur auf den Wahlzyklus ausgerichtet wird, das ist nicht ehrlich, unsauber. Ich habe ein anderes Demokratieverständnis.


Ein gutes Prinzip lautet: Wirf schlechtem Geld nicht schlechtes Geld nach. Mag sein, die Bahn wurde ausgebaut, aber richtig ist auch, dass heute über den Fortbestand diskutiert wird, und dass dieser Fortbestand eventuell mit Nein beantwortet wird. Es geht mir nicht darum, sagen zu können, 800'000 Franken in der Staatskasse eingespart zu haben, es geht um die Frage, wie und wo der ÖV auch noch ausgebaut werden könnte. Man redet von Viertelstundentakt zwischen Sissach und Basel, von einer Verdichtung der Zehnerlinie auf 7 Minuten. All diese Vorhaben kosten Geld. Frage ich mich, wo der Franken auch unter ökologischen Gesichtspunkten am effizientesten eingesetzt wird, so glaube ich zu wissen, mit diesem Franken mehr Leute in eine S3 oder ein Tram zu bringen als in die S9.


Der Vergleich mit der Millionenregion Zürich geht nicht an, Annemarie Marbet. Die Frequenzen der Nordwestschweiz sind wahrlich nicht dieselben wie in der Region östlich von uns.


Mir geht es um die Optimierung der ÖV-Gelder. Ich glaube, dass die Regierung nicht einfach 800'000 Franken sparen, sondern die Gelder effizient einsetzen will. Ist der Bus in einer Gesamtnutzenrechnung die effizientere Lösung, so ist sie zu berücksichtigen.


Zur Wintersicherheit an die Adresse der Schweizer Demokraten: Ich war im Prätigau und stellte fest, wie leicht die Busse die Bergpassagen gemeistert haben. Auch dieses Problem sollte am Hauenstein also mit Bussen überwunden werden können.


Landratspräsidentin Elisabeth Schneider -Schneiter (CVP) hat inzwischen wieder eine gefüllte Rednerliste, so dass das Traktandum vor dem Mittagessen nicht abgeschlossen werden kann. Die Debatte wird um 14 Uhr wieder aufgenommen.


Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei


Fortsetzung der Beratung dieses Geschäfts (Nachmittag)



Fortsetzung

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