Protokoll der Landratssitzung vom 30. November 2006
Protokoll der Landratssitzung vom 30. November 2006 |
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2006-157
vom 8. Juni 2006
Postulat
von Esther Maag, Grüne: Partnerschaft zwischen der OR Tambo Region, Südafrika und dem Kanton Baselland
- Beschluss des Landrats am 30. November 2006 < abgelehnt >
Nr. 2153
RR Sabine Pegoraro (FDP) lehnt das Postulat mit der Begründung ab, die Idee einer Partnerschaft mit der südafrikanischen Region Tambo sei den Verantwortlichen des Lotteriefonds unterbreitet worden und dabei sei auf die Schwierigkeiten einer solchen Partnerschaft aufmerksam gemacht worden. Im Gegensatz zu Basel-Stadt müsste das Parlament im Landkanton einer solchen Partnerschaft zustimmen und eine Lösung bezüglich der Finanzierung finden. Aus dem Lotteriefonds dürfen Vorhaben nur projektbezogen und nur einmalig unterstützt werden. Auch ausländische Vorhaben haben die diesbezüglichen Kriterien zu erfüllen, ein Rechtsanspruch auf Beitragszahlungen besteht nicht. Wenn diese Partnerschaft vom Parlament gewollt würde, wären die Voraussetzungen für die Unterstützung durch den Lotteriefonds nicht erfüllt. Gesetzliche und oder öffentlich-rechtliche Vorgaben hätten zur Folge, dass die benötigten Mittel über das ordentliche Budget beschafft werden müssten. Auch bezüglich allfälliger Aufenthalte südafrikanischer Staatsangehöriger stellen sich Fragen. Dazu müssten sämtliche vom Bund aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sein. Zwar sind solche Bewilligungen rechtlich möglich, dürfen aber nicht einfach so erteilt werden. Die spezifischen Kriterien des Bundesrechts müssen in jedem Einzelfall erfüllt sein.
Der Regierungsrat ist der Überzeugung, dass der Regierungsrat mit dem Lotteriefonds schon einiges an Entwicklungszusammenarbeit leistet. Diese Linie möchte er beibehalten, könnte sich aber allenfalls vorstellen, ein solches Projekt unter Beachtung der Bundesvorschriften einmalig über den Lotteriefonds zu unterstützen. Eine generelle Unterstützung via Budget lehnte der Regierungsrat dagegen ab.
Ein im eigentlichen Wortsinne exotisches Postulat liegt vor, gibt Esther Maag (Grüne) vorab zu verstehen. Die grüne Landrätin hat aber weder einen persönlichen Bezug noch ein persönliches Interesse an der Idee, die an sie herangetragen wurde und sie sogleich fasziniert hat.
Den meisten dürften die Gemeinde- oder die Stadtpartnerschaften bekannt sein. Allgemein macht man dabei die Erfahrung, wie bereichernd - zumal im kluturellen Bereich - dieser Austausch ist, auch mit Gemeinwesen anderer Länder.
Wichtig ist, dass dieselbe politische Ebene gewählt wird. Ein Kanton müsste folgerichtig nicht eine Partnerschaft mit einer Stadt, sondern mit einer Region eingehen. Der Vorschlag stellt einem Novum dar und ist gerade aus dieser Optik interessant.
Neben etwas weiteren spannenden, touristischen Ausflügen könnte Baselland den menschlichen, kulturellen und schulischen Austausch pflegen. Man könnte völkerverbindend voneinander lernen.
Das Vorgehen sollte nicht über eine einmalige Aktion des Lotteriefonds laufen, sondern könnte so wie in Basel-Stadt mit dem ehemaligen Pretoria (Tshwane) organisiert werden. Südafrika ist ein im Aufbruch begriffenes Land, dies erst recht, seit die Apartheid überwunden ist. Für viele afrikanische Länder kann Südafrika als Vorbild des Demokratisierungsprozesses gelten. Im Landrat ist immer wieder zu hören, man sollte sich im Lande selber engagieren und nicht erst dann, wenn die Migration zu uns schon eingesetzt hat. Hier nun wäre die Möglichkeit gegeben, sich vor Ort zu engagieren, in einem Land, das ein hohes Entwicklungspotenzial hat. Schön, wenn sich der Kanton Basel-Landschaft auf dieses spannende Experiment einlassen würde.
Jacqueline Simonet (CVP) hat an der Veranstaltung Biovision in Zürich ein junge Frau entdeckt, die aus einer verlorenen Ecke in Kenya stammt. Vor zehn Jahren, als das Land in der Misere lag, konnte die junge Frau dank Entwicklungsprojekten verschiedene Produkte anbieten, neuerdings versucht sie, Seide zu verkaufen. Das Beispiel soll zeigen, was innerhalb von zehn Jahren möglich ist.
Die Antwort der Regierung überzeugt nicht, mit der Unterstützung eines einzelnen Projektes lässt sich nicht viel erreichen, denn notwendig ist die Vernetzung. Die erfolgreichen Projekte sind jene, die mit der Basis zusammenarbeiten. Das Postulat verlangt einerseits Solidarität und andererseits Hilfe zur Selbsthilfe. Wir können unsere Erfahrung in demokratischen Prozessen weitergeben und das Zusammenleben diverser Kulturen und sozialen Schichten vorleben. Zudem haben wir ein Ausländergesetz angenommen, denn wir alle wünschen ja nicht eine wilde Immigration. Mit Projekten der vorgeschlagenen Art können wir etwas gegen die Landflucht tun. Es lohnt sich, das Projekt zu prüfen. Von der wenig begünstigten Bevölkerung Südafrikas können wir lernen, einen anderen Blick auf unser Leben zu werfen. Die CVP/EVP-Fraktion wird der Überweisung des Postulates mehrheitlich zustimmen - danke für weitere Unterstützung!
Rosmarie Vögelin (SP) gibt bekannt, dass die Sozialdemokratische Fraktion die Überweisung grossmehrheitlich ablehnt. Die Idee einer Partnerschaft findet die SP zwar grundsätzlich gut, doch müsste das Vorhaben erst diskutiert werden können. Das Postulat ist zu konkret, vor der Projektauswahl müssten Zweck, Ziel und Finanzierung diskutiert werden.
Agathe Schuler (CVP) bereitet die Überlegung der Vorrednerin Mühe. Nur wenn das Postulat überwiesen wird, kann diskutiert werden, was der Kanton Basel-Landschaft unternehmen will. Die Rückweisung führt zu absolut keinem Resultat. Entschliesst man sich nicht dazu, kleine Schritte zu tun, dann geht eben überhaupt nichts. Den einzigen Weg, den die betroffenen Menschen dann noch sehen, ist die Auswanderung, zum Beispiel zu uns.
Bruno Steiger (SD) hat von Esther Maag die Worte Aufbruch und Demokratisierungsprozess gehört. Leider zeigen sich die Tatsachen anders, die Rede müsste nämlich vielmehr von Abbruch sein: Seit in Südafrika die Schwarzen das Regime übernommen haben, herrscht in diesem Land Chaos, Mord und Totschlag. Vor diesem Hintergrund ist es der falsche Moment, die Partnerschaft mit diesem Land zu beantragen. An den Schwarzen selbst liegt es nun zu zeigen, ob sie Eigenverantwortung wahrnehmen können.
Das Postulat soll abgelehnt werden, denn gerade so gut könnte das Geld in den Rhein geworfen werden.
Daniel Wenk (FDP) folgt namens seiner Fraktion den Ausführungen der Regierung. Obwohl der Hintergrund des Vorhabens sicher löblich ist, sind auch ein paar heikle Punkte festzuhalten: Einerseits ist Entwicklungshilfe grundsätzlich Bundesaufgabe und es stellt sich zum Zweiten die Frage, wie die Vernetzung sowie die Triage zwischen Bund und Kanton organisiert werden soll. Zum Nachdenken regt Daniel Wenk auch Esther Maags Bemerkung an, es handle sich bei der Partnerschaft zwischen der OR Tambo Region in Südafrika und dem Kanton Basel-Landschaft um ein Experiment. Aufgabe des Kantons kann es allerdings nicht sein, ein solches Experiment voran zu treiben. Das Postulat soll abgelehnt werden.
Röbi Ziegler (SP) präzisiert, die Position der SP wende sich nicht grundsätzlich gegen eine derart gestaltete Partnerschaft. Ganz im Gegenteil ist die SP der Auffassung, dass eine solche Partnerschaft für den Kanton bereichernd sein könnte und dass es zur öffentlichen Aufgabe eines Kantons gehört, mit den Armen dieser Welt Solidarität zu zeigen. Die Wahl des bisher nicht bekannten Partners erscheint der SP aber relativ willkürlich zu sein. Hiesse die Forderung im Postulat,
ob und in welcher Form eine Partnerschaft des Kantons Basel-Landschaft mit einer Region der südlichen Welt...... möglich wäre,
könnte die SP dem Postulat zustimmen. Eine Prüfung des Partners ist wichtig. Es muss Gewähr bestehen, dass die Zusammenarbeit korruptionsfrei vonstatten gehen kann.
Jacqueline Simonet (CVP) wendet sich an Bruno Steiger: Es gibt Leute, die über eine Theateraufführung urteilen, ohne sie gesehen zu haben. Das kann man allenfalls noch akzeptieren. Es gibt aber auch Leute, die über ein Land urteilen, das mühsam den Weg zur Demokratie sucht, ohne das Land je besucht zu haben. Auch ich war nie in Südafrika, habe aber viel über das Land gelesen und weiss, dass das Land zur Zeit der Apartheid sicher nicht besser regiert wurde. Man sollte schon etwas aufpassen, was man in einem Parlament über andere Menschen und andere Länder sagt.
Zum Projekt: Bei Impuls, der Gruppe die den Antrag stellt, arbeiten bewährte Leute, die in Schulen auch Gewaltprävention und Entwicklungsprojekte betreiben. Und: Die Sorge Röbi Zieglers wegen Korruption ist begreiflich, doch ist es ja gerade der Sinn eines Postulates, dass geprüft wird, mit wem man zusammenarbeiten wird.
Elisabeth Augstburger (EVP) betont, dass Liestal zwei Partnerstädte hat, Waldkirch in Deutschland sowie Onex im Kanton Genf. Diese Partnerschaft funktioniert ohne grossen Aufwand und erweist sich als sehr bereichernd. Dem reichen Kanton Basel-Landschaft würde die Partnerschaft mit einem armen Land wirklich nicht schaden.
Jürg Wiedemann (Grüne) fühlt sich durch das Votum Röbi Zieglers irritiert. Ob der Partner im Postulat bereits genannt ist, spielt doch an sich keine Rolle. Wenn die Regierung im Rahmen der Überprüfung feststellen sollte, dass die OR Tambo Region nicht der richtige Partner sein kann, wird sie die Partnerschaft doch ablehnen. Zudem: Dass Rosmarie Vögelin und Dani Wenk noch offene Fragen haben, mag ja sein; zur Klärung dieser Fragen aber ist der Überprüfungsauftrag ja gerade zu stellen.
Sprache hat eine Bedeutung, entgegnet Röbi Ziegler (SP). Wenn im Postulat von der Region Tambo die Rede ist, soll diese geprüft werden und nicht irgend eine andere. Mit dem alternativ formulierten Text könnte die Regierung grundsätzliche Überlegungen anstellen, welche Vorteile und Nachteile eine solche Partnerschaft für den Kanton Basel-Landschaft bringen könnte. Zudem könnte die Regierung mit dem DEZA in Bern Kontakt aufnehmen und um Empfehlung eines Partners bitten. Den Fall in aller Offenheit abzuklären, ist mein Anliegen.
RR Sabine Pegoraro (FDP) wiederholt, Entwicklungszusammenarbeit mit ausländischen Partnern falle in die Kompetenz des Bundes. Bereits heute ist der Kanton Basel-Landschaft zusammen mit dem Lotteriefonds an einigen Projekten beteiligt. Darauf hingewiesen sei, dass in den Jahren 1998 und 2005 jährlich zwischen 1,1 und 1,3 Millionen Franken aus dem Lotteriefonds an ausländische Entwicklungsprojekte bezahlt wurden. Die Postulantin könnte ein konkretes Projekt, das vom Lotteriefonds geprüft werden könnte, präsentieren. Die gezielte Unterstützung, dies lehrt die Erfahrung, ist wesentlich wirkungsvoller.
://: Der Landrat lehnt die Überweisung des Postulates mit 44 zu 31 Stimmen bei 5 Enthaltungen ab.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
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