Protokoll der Landratssitzung vom 30. November 2006

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2006-283 vom 16. November 2006
Verfahrenspostulat der SVP-Fraktion: Klarheit über Life Sciences-Standort Muttenz
- Beschluss des Landrats am 30. November 2006 < an Geschäftsprüfungskommission überwiesen >



Nr. 2150

Landratspräsidentin Elisabeth Schneider -Schneiter (CVP) gibt bekannt, dass das Büro mit 4 zu 3 Stimmen empfiehlt, das Verfahrenspostulat an die Geschäftsprüfungskommission zu überweisen.


Thomas de Courten (SVP) unterstützt namens seiner Fraktion den Vorschlag des Büros. Die Diskussion um die Platzierung des Life Sciences Standortes Muttenz hat Wunden aufgerissen, die nun zwar mit Pflästerli und Salben allenthalben gepflegt werden, doch bleiben wesentliche Fragen, die einer fundierten Klärung bedürfen, offen.


Klarheit ist gefragt zum Life Sciences Standort Muttenz, stellt Ruedi Brassel (SP) seinem Votum voran. Fraglich, ob jene, die das Verfahrenspostulat eingereicht haben, auch Zeitung gelesen und zur Kenntnis genommen haben, dass die Bildungsdirektoren der vier Trägerkantone der Fachhochschule den Standort Muttenz in unmissverständlicher Klarheit bekräftigt haben; fraglich auch, ob sie zur Kenntnis genommen haben, dass auch der Fachhochschulrat dasselbe Signal gesendet hat und dass die Mitglieder der Interparlamentarischen Geschäftsprüfungskommission zur Kenntnis genommen haben, dass die Geschäftsordnung dieser IPK die Kompetenz zuordnet, solche Fragen zu überprüfen. Bleibt festzustellen: Nach wie vor will man die Klarheit nicht zur Kenntnis nehmen.


Nun soll also die GPK Abklärungen treffen und einen Zwischenbericht, nicht einen Bericht liefern. Dieser Zwischenbericht wird auch noch durchsichtig und eindeutig auf Ende Januar 2007 terminiert - peinlich und lächerlich zugleich! Hätten die drei einreichenden Fraktionen auch nur eine Spur von Grösse, so würden sie - angesichts der erfolgten, eindeutigen Klarstellungen - das Verfahrenspostulat zurückziehen. Das bedeutet nun nicht, die GPK solle nicht von sich aus aktiv werden und untersuchen, wie das Provisorium zustande gekommen ist. Dafür ist aber kein Auftrag des Landrates erforderlich, schon gar nicht ein auf Ende Januar terminierter. Doch ist dieser Termin wohl der eigentliche Sinn dieses Vorstosses. Deshalb der Appell an die GPK: Hier wird vom Oberaufsichtsorgan, das sich in alt bewährter Tradition nicht in politische Querelen, zumal nicht in Wahlkämpfe einmischt, verlangt, einen Zwischenbericht eine Woche vor den Wahlen abzuliefern. Bedenken, dass irgendetwas Problematisches resultieren könnte, sind nicht vonnöten, Bedenken aber sind angebracht wegen der Verluderung der parlamentarischen Kultur.


Vor vier Jahren präsidierte ich im Zusammenhang mit dem Umbau des Kantonsspitals Liestal die Parlamentarische Untersuchungskommission. Verschiedentlich wurde die Kommission damals gedrängt, vor den Wahlen einen Zwischenbericht zu veröffentlichen. Obwohl Zwischenergebnisse zu diesem Zeitpunkt vorlagen, verzichtete die Kommission konsequent darauf, irgendwelche Fakten herauszugeben. Die Instrumentalisierung der GPK zu durchsichtigen, billigen Wahlzwecken darf nicht Schule machen. Die GPK darf und soll Untersuchungen vornehmen, nicht aber in dieser Art und nicht mit dieser Terminierung. Dass sich die Kollegin und die Kollegen der bürgerlichen Fraktionspräsidien dafür hergeben, die GPK in dieser Art und Weise für ein politisches Manöver zu instrumentalisieren, kann ich nicht verstehen.


Eva Gutzwiller (FDP) verlangte das Wort, um Christine Mangold zu vertreten, die aus familiären Gründen kurzfristig abberufen wurde.


Bestimmt im Sinne der Mitunterzeichnerin Christine Mangold ist es, dass das Verfahrenspostulat gemäss Bürobeschluss an die GPK überwiesen wird. Christine Mangold hat, wie viele andere auch, Ruedi Brassel, durchaus Zeitung gelesen und war auch dabei, als die Bekanntgabe gemacht wurde.


Wichtig ist, dass die Fragen aufmerksam gelesen werden. Unter Punkt vier etwa wird deutlich, dass zum Raumbedarf der Hochschule für Pädagogik und Soziale Arbeit sowie der Hochschule für Gestaltung und Kunst wirklich Klärungsbedarf angesagt ist.


Im Antrag des Verfahrenspostulats ist überdies zu lesen, dass dem Landrat bis Ende Januar 2007 eine erster Zwischenbericht zu unterbreiten ist. Erst in der Folge ist ein definitiver Bericht abzuliefern. Die FDP-Fraktion steht geschlossen hinter der Überweisung des Verfahrenspostulates an die GPK.


Nach verschiedenen Anfragen, warum überhaupt eine Beratung durchgeführt werde, verweist Landratspräsidentin Elisabeth Schneider -Schneiter (CVP) auf § 45 des Landratsgesetzes, das in Absatz 3 bestimmt, dass keine Beratung stattfindet, wenn die Regierung bereit ist, eine Motion oder ein Postulat entgegen zu nehmen; keine Gültigkeit hat diese Bestimmung im Falle eines Verfahrens-postulates.


Rita Bachmann (CVP)hält unmissverständlich fest: Es handelt sich nicht um ein politisches Manöver! Das Vertrauen insbesondere in den Fachhochschulrat, aber auch in die Regierung ist massiv angeschlagen. Seit im Sommer '06 wenig beruhigende Äusserungen des Fachhochschulrates bekannt geworden sind und auch publik wurde, dass zehnjährige Verträge für Labors in Basel abgeschlossen wurden, hat man die gestellten Fragen nur sehr zögerlich beantwortet. Es kam der Eindruck auf, die Fragestellenden erhielten nur gerade so viel zu hören, wie unbedingt notwendig ist. Wichtig ist nun, dass klar wird, wie man dem seinerzeitigen Landratsentscheid gerecht werden will und inwiefern Kompetenzen allenfalls überschritten wurden. Solange die Antworten nicht auf dem Tisch sind, kann zu einem vertrauensvollen Zusammenarbeiten mit den Vollzugsorganen Fachhochschulrat und Regierungsrat nicht ja gesagt werden.


Zu vernehmen war überdies, dass in Muttenz mit beträchtlichen zusätzlichen Investitionen zu rechnen sei; dies machte hellhörig, denn noch im Rahmen der Beratung des Leistungsauftrags wurde versichert, in Muttenz sei genügend Platz für Life Sciences vorhanden, weil die 400 Ausbildungsplätze der Technik wegzögen. Völlig unbestritten ist, dass Labors umgerüstet, allenfalls auch zusätzliche Labors gebaut werden müssen, dass dazu aber ein teurer Komplex aufgestellt werden muss, ist neu.


Die Fraktionspräsidien verlangen nicht, wie vorgeworfen, einen Zwischenbericht, sondern eine genaue Analyse der GPK, die mit der sofortigen Abklärung beauftragt wird, wie der Landratsentscheid angegangen wurde. Gleichzeitig verlangt das Verfahrenspostulat einen Zwischenbericht bis Ende Januar. Früher ist eine Berichterstattung offenbar nicht möglich, weil es eben auch dauert, bis die GPK formiert ist.


Eine GPK drängt sich übrigens auch auf, weil sich das Sekretariat der BKSD weigerte, die Liste mit der Chronologie zur Umsetzung des Standortes Life Sciences in Muttenz herauszugeben. Der Wortlaut der BKSD-Absage:


.....teile ich Ihnen mit, dass die Berichterstattung betreffend Umsetzung Life Sciences durch den Regierungsausschuss FHNW erfolgt. Die von Ihnen gewünschte Liste ist nicht öffentlich.


In ihrer Antwort auf diese Absage bezog sich Rita Bachmann auf das in §10 des Landratsgesetzes festgeschriebene Auskunftsrecht. Seither herrscht Funkstille. Sehr bedauerlich, dass die Unterlagen zu einem Geschäft, das den Landrat unmittelbar beschäftigt, nicht ausgehändigt werden. Fazit: Eine seriöse Analyse durch die Geschäftsprüfungskommission ist nötig. Die CVP/EVP-Fraktion überweist das Verfahrenspostulat einstimmig.


Life Sciences im Kindergarten! fällt Isaac Reber (Grüne) zum Thema ein. Und: Life Sciences ist wichtig für die Region, das Diskussionsniveau hier im Landrat aber wird dieser Bedeutung nicht gerecht und der Termin, Ende Januar, entlarvt definitiv, dass es nicht um Life Sciences geht - bedauerlich!


Dieter Schenk (FDP)   hat im Verlaufe der Diskussion um das Thema Life Sciences zunehmend den Eindruck erhalten, dass nur tröpfchenweise und wenn, dann nur wenig vertieft informiert wurde. Dies führte zu Unruhe. In der Folge wurde nun das dringliche Verfahrenspostulat eingereicht, mit einer Terminierung, die nach der eindeutigen Stellungnahme des Regierungsausschusses in der Medienmitteilung vom 20. November 2006 eigentlich keine allzu grosse Rolle mehr spielt. Allerdings sollte die Gegenseite anerkennen, dass gewisse Fragen schon durchleuchtet werden sollten.


Nun wird von der GPK deutsch und deutlich etwas Seriöses verlangt. Wer aber etwas Seriöses von der GPK verlangt, kann den Zeitpunkt nicht auf Ende Januar festsetzen. Auf einen Intensivkurs zwischen Weihnachten und Neujahr wird der Präsident verzichten und bis Ende Januar, wenn denn die Unterlagen zusammengetragen sind, festhalten, worüber die GPK in der Folge zu berichten gedenkt. Zu dieser Zwischenberichterstattung wird der Landrat wiederum Stellung beziehen und sich dazu vernehmen lassen können, ob in der vorgeschlagenen Art weiter verfahren werden soll.


Ich danke Dir, Dieter Schenk, für das offene, ehrliche, staatsmännische Votum, sagt Röbi Ziegler (SP). Persönlich halte ich die Aufsicht über die Regierung und die Kontrolle der Regierungsarbeit als die primäre, oberste Pflicht des Landrates. Und kein Landrat sollte den Landratskollegen beziehungsweise die Landratskollegin in der Erfüllung dieser Pflicht behindern. Nun, nachdem weitgehende Erklärungen eingetroffen sind, bleibt es dem Beurteilungsvermögen jedes Ratsmitglieds selber überlassen zu entscheiden, ob sie oder er nun ausreichend mit Antworten eingedeckt ist oder nicht. Vor diesem Hintergrund will Röbi Ziegler auf Opposition gegen das Begehren, die Angelegenheit durch die GPK untersuchen zu lassen, verzichten.


Allerdings sind ja alle Landratsmitglieder schlau genug, um zu wissen, dass kein Mensch nur monokausal handelt. Alles, was wir tun, hat meist mehr als einen Beweggrund. Mehr als ein halbes Gramm Fantasie ist tatsächlich nicht vonnöten, um zu erkennen, dass die Themen vor den Wahlen halt noch etwas aufgeblasen werden. Vertrauen könnte man nun eher jenen entgegen bringen, die auf den Zwischenbericht verzichten würden und die Geschäftsprüfungskommission ihrem Rhythmus, ihrer Gewissenhaftigkeit gemäss arbeiten liessen. Wer weiss, Peter Zwick, vielleicht wärst Du ja bereit, diesen Verzicht zu leisten.


Isaac Reber (Grüne) wollte denselben Vorschlag einbringen. Die Änderung in der Terminierung könnte als Tatbeweis gedeutet werden.


Peter Zwick (CVP) kann das von Dieter Schenk dargelegte Vorgehen unterstützen.


Ruedi Brassel (SP) hat durch das Votum von Eva Gutzwiller mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass die GPK mit Raumabklärungsfragen beschäftigt werden soll. Solches macht doch wohl wenig Sinn, genauso wie es nicht nötig ist, dem Landrat ein Untersuchungsdesign zu unterbreiten. Möchte das die GPK, so kann sie allerdings nicht daran gehindert werden, auch wenn materiell nichts zu erwarten ist.


://: Der Landrat überweist das Verfahrenspostulat mit 56 zu 6 Stimmen bei 20 Enthaltungen an die GPK.


Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei



Fortsetzung

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