Protokoll der Landratssitzung vom 14. Dezember 2006
Protokoll der Landratssitzung vom 14. Dezember 2006 |
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2006-098
vom 6. April 2006
Motion
von Kaspar Birkhäuser, Grüne Fraktion: Minergie-Standard für Salina Raurica
- Beschluss des Landrats am 14. Dezember 2006: < als Postulat überwiesen >
Nr. 2190
Landratspräsidentin Elisabeth Schneider (CVP) teilt mit, die Regierung lehne die Motion ab.
Regierungsrätin Elsbeth Schneider (CVP) erklärt, die Vorbereitungen zur Realisierung des neuen Quartiers mit energieeffizienter Bauweise seien bereits im Gange. Wesentlich ist dabei die stufengerechte Anwendung der Planungsinstrumente und die Beachtung der Zuständigkeiten von Kanton und Gemeinden.
Das Submissionsverfahren zur Vergabe von Bauaufträgen kann die Auflage einer energieeffizienten Bauweise nicht sicherstellen; dies muss via Planungsinstrument geregelt werden.
Der heutige Wissens- und Bearbeitungsstand zum Projekt Salina Raurica fliesst in den entsprechenden kantonalen Spezialrichtplan ein. Im Kapitel 7.2.1. des Erläuterungsbericht wird dargelegt, dass «eine energieeffiziente Bauweise» zu den Zielsetzungen gehören werde.
Von der Grösse her würde sich Salina Raurica als Pilotprojekt eignen und die gewünschte Wirkung in der Öffentlichkeit entfalten. Aber das Instrument des kantonalen Spezialrichtplans ist nur bedingt geeignet, bauliche Details zu regeln. Die Zielsetzung der 2000-Watt-Gesellschaft und die damit verbundene ökologische Bauweise sind im Spezialrichtplan Salina Raurica enthalten. Das detaillierte Vorgehen wird aber erst in den Zonen- bzw. Quartierplänen festgelegt.
Mit der Genehmigung des kantonalen Spezialrichtplans Salina Raurica können keine verbindlichen Vorschriften zur Durchführung der Bauaufträge festgelegt werden. Qualitätsstandards zu Bauweise und Energieversorgung müssen durch die Gemeinden in einer nächsten, weiteren Bearbeitungsphase im Quartierplan formuliert werden. Einfluss nehmen können auch die Grundeigentümer. Der Kanton ist einer davon; im Planungsperimeter von Salina Raurica gehören ihm aber nur 25 % der Fläche.
Zur Vorbereitung der nächsten Bearbeitungsphase von Salina Raurica hat das Amt für Umweltschutz und Energie eine Konzeptstudie über nachhaltige Energieversorgung der zukünftigen Neubauten gemeinsam mit der Elektra Baselland and der Fachhochschule Nordwestschweiz in Auftrag gegeben. Die Studie soll aufzeigen, wie Salina Raurica im Rahmen der planerischen Vorgaben gestaltet werden kann, so dass die Vision der 2000-Watt-Gesellschaft umsetzbar ist.
Aus diesen Überlegungen lehnt die Regierung die vorliegende Motion ab.
Kaspar Birkhäuser (Grüne) meint, die Diskussion über das vorangegangene Traktandum habe ihm eine längere Einführung erspart. Alle Sprecher haben sich nämlich zum Grundsatz der Nachhaltigkeit bekannt. Der Motionär betont, heute habe der Landrat die Gelegenheit, Nägel mit Köpfen zu machen.
Es ist allgemein bekannt, dass mit der Sanierung bestehender Bauten kaum der Minergiestandard erreicht werden kann; zudem ist dies aufwändig und teuer. Umso wichtiger ist es, dass Neubauten nach dem Minergiestandard geplant und gebaut werden. Deshalb ist es nicht nur naheliegend, sondern geradezu notwendig, dass das grösste Bauprojekt des Kantons zumindest nach dem kleinen Minergiestandard realisiert wird.
Die Motion ist ein gemässigter Vorstoss; er verlangt keine Passivhäuser, obwohl auch dies möglich wäre. Aber wenigstens soll der Energieverbrauch, verglichen mit der traditionellen Bauweise, um 60 bis 70 % gesenkt werden. Dazu braucht es die Vorschriften des Minergielabels.
Baufachleuten und Investoren ist bekannt, dass sich der Minergiestandard mittel- bis langfristig auch finanziell bezahlt macht. Leider gibt es aber immer noch Geschäftsleute mit einer ausschliesslich kurzfristigen Perspektive. Als Vorbeugemassnahme gegen solch kurzfristiges Denken braucht es eine kantonale Vorschrift.
Kaspar Birkhäuser zitiert aus der regierungsrätlichen Antwort zur Interpellation 2006/159, «dass der Kanton vor allem in folgenden Bereichen Freiräume und Verantwortung hat: Energiesparvorschriften im Gebäudebereich (mit Schwerpunkt neue Bauten) [...]». Mit der Motion wird der Regierung der Ball zugespielt, diese Absicht konkret umzusetzen.
Regierungsrätin Elsbeth Schneider hat ausgeführt, dass die Motion aus rechtlichen Gründen, wegen des Submissionsverfahrens, nicht umgesetzt werden könne. Sie hat auch das Kapitel 7.2.1. des Spezialrichtplans als Vorschrift für eine energieeffiziente Bauweise für das Projekt Salina Raurica genannt. Nun könnte man doch nach Wegen suchen, dass dort als konkrete Vorgabe der Minergiestandard angegeben würde.
Wenn eine Motion aus rechtlichen Gründen nicht drinliegt, soll die Regierung doch den Vorstoss wenigstens als Postulat entgegennehmen und somit nach Wegen für eine rechtlich saubere Umsetzung suchen. Einfach nur «Njet» zu sagen, geht nicht an.
Eric Nussbaumer (SP) meint, die regierungsrätliche Haltung stehe im Widerspruch zu ihren Ausführungen in der Beantwortung der Interpellation 2006/159 von Karl Willimann. Darin weist die Regierung mehrmals darauf hin, dass der Minergiestandard eine gute Sache sei und dass gerade bei der Erstellung von Neubauten konkrete Energiesparmassnahmen ergriffen werden sollen.
Die Argumentation, eine solche Vorschrift gehöre nicht in den Spezialrichtplan, ist aus planungsrechtlicher Sicht noch halbwegs nachvollziehbar. Aber dem in der Begründung anklingenden Grundgedanken kann Eric Nussbaumer überhaupt nicht folgen; denn es gilt auch die symbolische Ebene zu beachten. Es stellt sich die Frage: Will der Kanton, dem ein Viertel der ganzen Fläche gehört, dort also als Bauherr oder als Verkäufer wirkt, darauf hinwirken, dass das Projekt Salina Raurica mit dem Minergiestandard verwirklicht wird? Die Motion wäre eine Anregung, die in die Bearbeitung des Spezialrichtplans Salina Raurica sicher einfliessen könnte. Entscheidend ist, dass nun allmählich etwas Konkretes unternommen wird, statt nur das Ziel der 2000-Watt-Gesellschaft zu postulieren, ohne etwas zu tun.
Deshalb sollte die Motion überwiesen werden, ohne dass daraus ein Glaubenskrieg wird: Die Zielsetzung entspricht genau den regierungsrätlichen Absichtserklärungen.
Urs Hess (SVP) betont, seine Fraktion sei grundsätzlich einverstanden mit der Absicht des Energiesparens. Sie findet aber wie die Regierung die vorliegende Motion ein falsches Instrument. Gleichwohl ist die SVP-Fraktion der Meinung, ein Pilotprojekt müsse nun gestartet werden. Damit ein gewisser Handlungsspielraum bleibt, sollte die Motion in ein Postulat umgewandelt werden. Dieses wäre die Fraktion zu überweisen bereit.
Das Ziel, energiesparende Gebäude zu erstellen, sei richtig, attestiert Hanspeter Frey (FDP) dem Motionär; aber der Weg, den er mit der Motion einschlägt, ist nicht ganz korrekt. Die FDP-Fraktion steht hinter dem Energiespargedanken und unterstützt die Nutzung erneuerbarer Energien. Aber das Ziel des Minergiestandards soll nur auf freiwilliger Basis erreicht werden; der Standard ist schon heute weit verbreitet. Auf diesem Weg der Freiwilligkeit sollte weitergefahren werden, indem zusätzliche Anreize geschaffen werden. Jeder einzelne Bauherr und Investor übernimmt die Verantwortung für die Nachhaltigkeit seines Handelns.
Aus rechtlicher Sicht schliesst sich die freisinnige Fraktion den Ausführungen der Baudirektorin an; sie möchte zudem keine neuen Investitionshemmnisse aufbauen.
Neben dem Minergiestandard gibt es heute auch den Minergie-P- und den Minergie-Eco-Standard. Es gilt also für jeden Bau die richtige Stufe festzulegen; dies ist Sache des Investors. Deshalb ist die Motion abzulehnen.
Auch Hans Jermann (CVP) findet das Ziel der Motion richtig: Der CO 2 -Ausstoss muss reduziert und die 2000-Watt-Gesellschaft angestrebt werden. Der Minergiestandard ist ganz klar die Zukunft; viele Bauherren werden sich daran orientieren, egal ob der Landrat etwas beschliesst oder nicht, denn letztlich lohnt sich das auch finanziell.
Aber die Regierung im Sinne der Motion zu verpflichten, nur Investoren zuzulassen, die nach Minergiestandard bauen lassen, geht der CVP/EVP-Fraktion zu weit. Denn der Boden im Planungsperimeter Salina Raurica gehört nicht nur dem Kanton. Also kann er nicht einfach darüber verfügen und bestimmen, wie gebaut werden soll. Damit würden möglicherweise bauwillige Investoren abgeschreckt und dazu angeregt, woanders zu bauen, wo es keine solchen Auflagen gibt.
Der Punkt 7.2.1. des Erläuterungsberichts zum Spezialrichtplan Salina Raurica besagt, dass die konkreten Massnahmen für eine bauökologische und energiesparende Umsetzung der Gesamtplanung Salina Raurica zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht hätten aufgenommen und stufengerecht integriert werden können: «Es besteht die Möglichkeit, aus der Gesamtplanung Salina Raurica ein beispielhaftes Pilotprojekt für den Kanton Basel-Landschaft in Bezug auf umweltgerechte Bauweise und Energienutzung werden zu lassen. [...] Die notwendigen Massnahmen im Umweltbereich müssen in den nächsten Bearbeitungsstufen geprüft und ausformuliert werden.» Dies ist der Weg, den es einzuschlagen gilt: via Gemeinden und Quartierpläne. Deshalb lehnt die CVP/EVP-Fraktion den vorliegenden Vorstoss, zumindest als Motion, ab.
Karl Willimann (SVP), von Hannes Schweizer um seine Ja-Stimme gebeten, erklärt sich mit der Zielsetzung der Motion einverstanden, aber er kritisiert, mit dem vorgeschlagenen Weg würde im Kanton zweierlei Baurecht geschaffen. Dabei sollte die Minergiebauweise nicht nur in Bezug auf Salina Raurica, sondern im gesamten Kanton gefördert werden - entweder durch Vorschriften, was Karl Willimann ablehnt, oder durch ein Anreizsystem, das noch ausdiskutiert werden müsste.
Für ein paar Hektaren ein eigenes Baurecht zu erlassen, bringt es nicht. Deshalb ist die Motion nicht der richtige Weg; als Postulat könnte der Vorstoss aber überwiesen werden.
Kaspar Birkhäuser (Grüne) versteht die rechtlichen Einwände und ist deshalb bereit, die Motion in ein Postulat umzuwandeln. Ein erstes Ziel wäre dann, dass der Kanton sich auf seinen eigenen 25 % Grundbesitz zum Minergiestandard verpflichtet und dass er mit den Gemeinden zusammen Lösungen sucht, dem Ziel des energieeffizienten Bauens näher zu kommen.
Urs Hintermann (SP) versteht manchmal die Welt nicht - oder zumindest die halbe Welt. Gerade eben hat der Rat darüber diskutiert, wie wichtig es wäre, in eine bestimmte Richtung zu gehen; und bei der ersten Möglichkeit, diese Richtung wirklich einzuschlagen, werden schon wieder alle möglichen Bedenken laut.
Wenn ein Vorwurf an die Adresse des Motionärs zulässig ist, dann höchstens jener, dass es sich nicht um einen furchtbar originellen Vorstoss handelt. Denn der Minergiestandard ist heute schon fast eine Selbstverständlichkeit. Aber die Diskussion zeigt nun, dass solche Vorstösse offenbar doch notwendig sind.
Wenn alles nur auf freiwilliger Basis umgesetzt werden soll, kommt man nicht voran. Es ist überhaupt nichts Ungewöhnliches mehr, dass im Rahmen eines Wettbewerbs als eine von verschiedenen Auflagen der Minergiestandard verlangt wird. Im Wettbewerb «Alter Werkhof», den die Gemeinde Reinach zusammen mit dem Kanton ausgeschrieben hat, ist der Minergiestandard beispielsweise enthalten. Kein Investor hat deswegen auch nur ansatzweise mit den Wimpern gezuckt. In jedem Bauverfahren gibt es klare Auflagen und Wünsche von seiten der Bauherrschaft.
Wo der Kanton Bauherr ist, kann er also den Minergiestandard ohne weiteres verlangen. Und auch wo er nicht Bauherr ist, kann er dies hohheitlich vorschreiben. Wenn der Landrat strengere Energievorschriften wünscht, damit mit der Energie sparsam umgegangen wird, kann er den Minergiestandard vorschreiben.
Nun, wo der Vorstoss nurmehr ein Postulat ist, das der Regierung viel Spielraum bei der Umsetzung lässt, gibt es kein Argument mehr, den Vorstoss nicht zu überweisen. Es geht dabei um alles andere als eine revolutionäre Vorschrift, sondern um eine Auflage, die heute in jedem fortschrittlichen Überbauungsplan gang und gäbe ist.
Ein Postulat zu überweisen, ergäbe für Hanspeter Frey (FDP) keinen Sinn. Was soll denn eigentlich geprüft und berichtet werden? Es ist ja alles bekannt; nun sollen die Fachleute ans Werk gehen. Beim einen oder anderen Wettbewerb kann der Kanton steuernd auf die Planung einwirken, und es kann durchaus der Minergiestandard verlangt werden.
Martin Rüegg (SP) fragt Hanspeter Frey und mit ihm die FDP- sowie die CVP/EVP-Fraktionen an, was denn alles noch passieren müsse, bis auch sie bereit seien, einen gewissen Druck auszuüben.
Selbst die Landschaft Davos, wahrlich keine links-grüne Ecke, ist heute bereit, über diese Problematik nachzudenken und Vorschriften zu erlassen, um den CO 2 -Ausstoss zu senken. Wie lange geht es noch, bis auch das Baselbiet so weit ist?
Die Umwandlung der Motion in ein Postulat ist ein Kompromiss, den nun auch die FDP und die CVP/EVP anzunehmen gebeten sind.
://: Der als Motion eingereichte Vorstoss 2006/098 wird als Postulat mit 71:12 Stimmen bei zwei Enthaltungen überwiesen.
Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
Fortsetzung