Protokoll der Landratssitzung vom 14. Dezember 2006

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2006-173 vom 22. Juni 2006
Postulat von Ivo Corvini, CVP: Verbesserung der Abläufe bei der Feuerungskontrolle und weitergehende Liberalisierung
- Beschluss des Landrats am 14. Dezember 2006: < überwiesen >



Nr. 2197

Die Landratspräsidentin teilt mit, dass die Regierung das Postulat ablehnt.


Regierungsrätin Elsbeth Schneider -Kenel (CVP) begründet die Ablehnung wie folgt:


Der Postulant fordert eine Vereinheitlichung und eine Verbesserung der Abläufe bei der Feuerungskontrolle der Gemeinden sowie die Einführung eines Vignetten-Systems, ähnlich dem System zur Abgaskontrolle bei Motorfahrzeugen.


Wer schon länger im Parlament ist, mag sich erinnern, dass der Regierungsrat aufgrund zweier Postulate und auf Druck der Wirtschaft, namentlich der Heizungsbranche, die Liberalisierung der Öl- und Gasfeuerungskontrolle im Jahre 1999 beschlossen hat. Seither können die Gemeinden neben den Messungen der kommunalen Feuerungskontrolle auch Messungen von privaten Servicefirmen anerkennen - viele Gemeinden machen das. Mit der Marktöffnung sind die administrativen Abläufe für alle Beteiligten komplizierter geworden, was voraussehbar war, aber in Kauf genommen wurde. Der Vollzug der Kontrolle wurde voll an die Gemeinden delegiert. Die im Postulat kritisierten administrativen und organisatorischen Unterschiede zwischen den einzelnen Gemeinden sind eben das Ergebnis dieser Liberalisierung.


Zudem sind die Gemeinden autonom in der Festlegung ihrer Gebühren. Ein Versuch des Lufthygieneamtes, gemeinsam mit dem Verband der Feuerungskontrolleure eine Empfehlung zur Gebührenhöhe abzugeben, ist an den unterschiedlichen Interessen der Gemeinden gescheitert. Die Kontrollprozesse und die administrativen Abläufe sind bereits in der jetzigen Verordnung geregelt. Die Gemeinden nutzen aber den Spielraum der Verordnung unterschiedlich. Die Einführung eines Vignetten-Modells neben den bestehenden Kontrollmodellen würde den Vollzug noch komplizierter und unübersichtlicher gestalten als der heutige Vollzug. Ein Vignetten-System müsste generell, im ganzen Kanton, als einziges und für alle Gemeinden obligatorisches Vollzugsmodell eingeführt werden - das zumindest ist die Meinung der Regierung. Alle anderen Modelle müssten sistiert werden.


Die Frage der unterschiedlichen Gebühren kann aber nicht mit einem Modellwechsel gelöst werden - dieser Unterschied würde somit mindestens bestehen bleiben. Eine Lösung wäre die Einführung des Vollzugs durch den Kanton; dafür müssten neue gesetzliche Grundlagen geschaffen werden, was neue Ressourcen - mehr Personal und zusätzliche finanzielle Mittel - bedingt, die wiederum vom Konsumenten bezahlt werden müssten.


Ein solches Modell ist für den Konsumenten nicht billiger als das bestehende. Für den Regierungsrat ist die heutige Lösung klar besser als jene, die Ivo Corvini vorschlägt. Aus diesem Grund beantragt die Regierung dem Landrat, das Postulat nicht zu überweisen.


Der Bund verlangt, wie Ivo Corvini (CVP) feststellt, dass Öl- und Gasheizungen regelmässig kontrolliert werden; zuständig für den Vollzug ist der Kanton, der diesen in den 80er- und 90er-Jahren an die Gemeinden delegiert hat. Seit 1999 können die Gemeinden wählen, ob sie den Vollzug selbst, mit amtlichen Feuerungskontrolleuren, durchführen oder ob sie private Servicefirmen damit beauftragen wollen.


Die Hälfte der Baselbieter Gemeinden hat von dieser Teilliberalisierung Gebrauch gemacht. Die Erfahrung der letzten sieben Jahre zeigt, dass in Gemeinden, in denen die Teilliberalisierung gegeben ist, ziemlich hohe administrative Schranken für die Servicefirmen bestehen. Es herrscht ein administrativer Wirrwarr, da in praktisch jeder Gemeinde andere Rapport-Formulare vorhanden sind. Ferner sind die Gebühren unterschiedlich - so werden 5 bis 50 Franken für die gleiche Leistung in Rechnung gestellt. Zudem sind auch die Messperioden je nach Gemeinde unterschiedlich festgelegt.


Es kann doch nicht sein, dass in unserem Kanton bei einer vom Bund vorgeschriebenen Aufgabe derart unterschiedliche administrative Voraussetzungen gegeben sind. Im ersten Teil des Vorstosses geht es ausschliesslich darum, die übermässigen Unterschiede zu beseitigen - und das kann nur durch eine Verordnungsänderung des Kantons geschehen.


Im zweiten Teil des Postulates geht es darum, die 1999 eingeführte Teilliberalisierung weiterzuführen, wenigstens im Sinne von Prüfen und Berichten. Mit der gegebenen Teilliberalisierung sind private Servicefirmen zwar zugelassen, die Kontrollen durchzuführen, aber sie müssen die Ergebnisse ihrer Kontrollen den Gemeinden weiterleiten, welche diese bearbeiten und verwalten müssen. Die Folge davon ist, dass der private Hauseigentümer sowohl die private Servicefirma bezahlen als auch den Gemeinden, welche die Meldungen bearbeiten, Gebühren entrichten muss. Einfacher wäre es doch, die Kontrollen nur stichprobenweise zu machen. Die privaten Servicefirmen könnten die Heizungen, die in Ordnung sind, mit einem Label versehen, und die Heizungen, die nicht in Ordnung sind, melden. Es sind also genügend Argumente vorhanden, um wenigstens im Sinne eines Postulates vorzugehen. Ivo Corvini bittet den Landrat daher, das Postulat zu überweisen.


Urs Hintermann (SP) gibt bekannt, dass seine Fraktion gegen die Überweisung des Postulates sei. Gegen die erste Forderung, die Vereinfachung der Abläufe und die Vereinheitlichung der Gebühren, kann man nicht grundsätzlich sein. Tatsache ist aber, dass es viele verschiedene Lösungen gibt und es nicht einfach ist, die Abläufe zu harmonisieren.


Gegen die zweite Forderung, die weitergehende Liberalisierung, spricht sich die SP klar aus, denn sie bringt keine Vorteile.


Es gibt drei Modelle - die Teilliberalisierung, die volle Liberalisierung und die Lösung mittels eines Labels.


Rund die Hälfte der Gemeinden hat eine teilliberalisierte Lösung, aber deren Begeisterung dafür ist sehr beschränkt. Ungefähr die Hälfte der Gemeinden mit Teilliberalisierung, also ein Viertel aller Gemeinden, ist damit nicht zufrieden, da das Problem, dessen Lösung eigentlich damit angestrebt wurde, nicht wirklich gelöst wird. Die Kosteneinsparungen für die Hausbesitzer sind minimal; im besten Fall sparen sie damit alle zwei Jahre 45 Franken. Wird beim Hausbesitzer jedoch eine Stichprobe gemacht, erwachsen ihm sogar Mehrkosten, denn auch bei einer Teilliberalisierung kann die Kontrolle nicht an Private delegiert werden, ohne dass die Gemeinde selbst Kontrollen durchführt, was mit Kosten verbunden ist.


Der mit der Administration und der Kontrolle verbundene Aufwand bleibt für die Gemeinden mit Teilliberalisierung genau gleich hoch. Zudem müssen weiterhin, wie erwähnt, Stichproben durchgeführt werden. Nicht unproblematisch sind auch Beobachtungen, wonach Heizungen und Brenner viel häufiger ersetzt werden, wenn Private die amtliche Feuerungskontrolle durchführen.


Der Postulant schlägt zur Lösung dieses Dilemmas vor, ein Label einzuführen, analog zur Motorfahrzeugkontrolle. Was im ersten Moment gut tönt, funktioniert aber nicht. Ein Auto und eine Heizung sind nämlich nicht das gleiche. Bei der Motorfahrzeugkontrolle handelt es sich um eine unabhängige Organisation, die nicht selbst Autos verkauft, sondern lediglich die Kontrollen ausführt. Zudem ist jeder Autofahrer hoch motiviert, sein Auto vorzuführen, denn tut er es nicht, muss er sein Auto abgeben. Bei den Heizungen ist es nicht so: Niemand glaubt ernsthaft daran, dass eine Heizung einfach abgestellt werden kann, wenn der Hausbesitzer die Kontrolle nicht hat durchführen lassen.


Der Vollzug muss also weiterhin überwacht werden, und der Aufwand bleibt der gleiche. Auch die privaten Messungen müssen überprüft werden, denn Untersuchungen haben gezeigt, dass 10 bis 25% der privaten Messungen nicht korrekt sind.


Die Schlüsselfrage für die SP ist aber, wo denn das Problem liegt - die Fraktion kann schlichtweg keines erkennen, weshalb es auch keine Lösung braucht. Die Feuerungskontrolle funktioniert, die Kosteneinsparungen, die durch die Liberalisierung gemacht werden können, sind minim, und der Mehraufwand ist erst entstanden, seit die Feuerungskontrolle nicht mehr nur von amtlicher Seite, sondern auch von Privaten durchgeführt werden kann. Fazit: Die SP ist gegen die Überweisung, denn sie sieht kein Problem und damit auch keinen Handlungsbedarf.


Myrta Stohler (SVP) erklärt, ihre Fraktion unterstütze das Postulat, da diese der Meinung sei, dass noch einiges vereinfacht und vereinheitlicht werden könnte. Eine Vereinfachung und Vereinheitlichung sei für alle Involvierten - für die Kontrolleure, die Gemeinden sowie für die Heizungsbetreiber - sinnvoll.


Toni Fritschi (FDP) erinnert daran, dass seine Fraktion das Anliegen bereits vor etwa zehn Jahren im Landrat vorgebracht und ähnliche Forderungen gestellt habe. Damals wie heute geht es darum, abzuklären, ob sich der Prozess vereinfachen und kundenfreundlicher gestalten lasse - das ist der erste Grund, warum die FDP das Postulat unterstützt. Der zweite Grund ist, dass zusammen mit den Gemeinden eine bessere Lösung gesucht werden sollte, was nach Toni Fritschis Dafürhalten Inhalt des Postulates sein kann. Der dritte Grund ist, dass es beim Postulat ja darum geht, zu prüfen und zu berichten - die FDP möchte hören, ob der Prozess nicht vereinfacht werden könnte.


Sie habe kürzlich als Gemeinderätin, zuständig für das Ressort Umwelt, in einer Gemeinde erlebt, wie kompliziert die Einführung und die Realisierung der so genannten Teilliberalisierung sei, stellt Agathe Schuler (CVP) fest. Es war aber nicht der Gemeinderat, der die Teilliberalisierung einführen wollte, vielmehr machte sich die Bevölkerung mit Verweis auf die nunmehr vorhandenen gesetzlichen Grundlagen dafür stark.


Gegenwärtig gibt es in den Gemeinden, die eine Teilliberalisierung kennen, zwei Verfahren, die denkbar kompliziert sind, wie Urs Hintermann und andere Vorredner bereits verdeutlicht haben. Auch die von Dorf zu Dorf unterschiedlichen Gebühren für den gleichen Aufwand sprechen für Punkt 1 des Postulates und somit für dessen Überweisung. Was Punkt 2 angeht, so geht es lediglich darum, zu prüfen und zu berichten - es heisst also nicht, dass damit bereits die Einführung einer Vignette beschlossen ist.


Hannes Schweizer (SP) erklärt, das Postulat zeige auf eindrückliche Art und Weise, dass ein Liberalisierungsvorgang nicht unbedingt Kundenfreundlichkeit bedeute, geschweige denn eine Qualitätssicherung gewährleiste. Wenn der Forderung des Postulanten entsprochen wird, werden wir den noch grösseren Wirrwarr haben als bisher. Beim Argument, es bestünden unterschiedliche Gebühren, muss berücksichtigt werden, dass auch die Leistungen unterschiedlich sind. Bezahlt ein Hausbesitzer in einer Gemeinde nur 5 Franken, kann davon ausgegangen werden, dass die Gemeinde dafür einen umso grösseren Bearbeitungsaufwand hat und somit der Steuerzahler die restlichen 45 Franken bezahlt; es stellt sich hier die Frage nach dem Verursacherprinzip. In Hannes Schweizers Gemeinde Titterten kostet die Kontrolle den Hausbesitzer 48 Franken, aber der Gemeinde erwächst dafür kein nachträglicher Aufwand.


Die branchenüblichen Rapporte haben zum Teil haarsträubende Mängel. Wenn nämlich die Messstreifen - als amtliche Dokumente - nicht Teil dieser Rapporte sind, so muss sich die Gemeinde darum kümmern, wodurch ihr Umtriebe verstehen.


Was die Qualität angeht, so ist doch zu fragen, welcher Servicefachmann seine eigene Arbeit beanstandet. Im gleichen Zusammenhang ist zu fragen, wer denn einen neuen Brenner oder eine neue Heizung verkauft - der Kontrolleur oder der Servicefachmann? Bei den Forderungen nach einer Vignette kann man sich fragen, ob der Kanton inskünftig "Feuerungsabgasvignettenkontrolleure" anstellen muss, um die Stichproben zu machen, oder ob dies inskünftig der Kaminfeger tun soll - auch dort besteht wohl keine Gewähr, dass die Kontrolle kostengünstiger erfolgen kann.


Hannes Schweizer spricht sich gegen die Überweisung des Postulates aus und bittet den Landrat, nicht einfach um der Liberalisierung willen eine Regelung abzuschaffen, die den Gemeinden den nötigen Spielraum gibt, um die Feuerungskontrolle kundenfreundlich und preisgünstig anbieten zu können.


Ivo Corvini (CVP) bemerkt, es zeige sich, dass trotz der Teilliberalisierung administrative Hindernisse bestehen, da die einzelnen Gemeinden die Feuerungskontrolle unterschiedlich vollziehen - die Gemeindeautonomie habe hier wirklich ihre Grenzen. Er bittet den Landrat, das Postulat zu überweisen.


Keine weiteren Wortbegehren.


://: Der Landrat überweist das Postulat 2006/173 von Ivo Corvini mit 42 : 32 Stimmen bei 2 Enthaltungen.


Für das Protokoll:
Barbara Imwinkelried, Landeskanzlei



Fortsetzung

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