Protokoll der Landratssitzung vom 1. Februar 2007
Protokoll der Landratssitzung vom 1. Februar 2007 |
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2007-024
vom 1. Februar 2007
Interpellation
der SP-Fraktion: Haben Landrat und Volk nichts mehr zu sagen?
- Beschluss des Landrats am 1. Februar 2007 < Vom Regierungsrat beantwortet >
Nr. 2243
Regierungsrat Erich Straumann (SVP) wusste im voraus von den Fragen, weshalb er spontan zusichern konnte, sie noch heute zu beantworten. Wäre er noch Landrat, hätte er sie auch gestellt.
In der Kantonsverfassung ist in §§ 10 und 11 beschrieben, welche Aufgaben im Gesundheitswesen der Kanton übernehmen muss: Der Kanton könne bei der Spitalplanung und bei der Sicherstellung der Versorgung mit den Gemeinden, den Nachbarkantonen und mit Privaten zusammenarbeiten, heisst es darin.
Im Spitalgesetz besagt § 2 Absatz 1, der Kanton könne seine Aufgaben nicht nur durch den Bau und Betrieb von Spitälern erfüllen, sondern auch durch den «Abschluss von Verträgen mit anderen Kantonen, mit Spitälern, Kliniken» usw.
Zurecht wird gefragt, welche Rolle der Landrat und das Volk spielen. Das Spitalgesetz hält fest, dass der Regierungsrat dafür zuständig ist, die gemeinsame Spitalliste zu erstellen; der Landrat muss dagegen festlegen, welche Kliniken, Abteilungen und Institute die Kantonsspitäler führen. Der Vorentscheid liegt also bei der Regierung, die detaillierte Ausgestaltung beim Landrat. Letztlich tragen sie also eine gemeinsame Verantwortung.
Der Spitalversorgungsbericht wurde am 6. April 2006 vom Landrat mit 77:0 Stimmen zur Kenntnis genommen. Darin ist aufgezeichnet, in welche Richtung die Regierung gehen will. Dies stiess auf Zustimmung des Landrates.
Zu behaupten, die Regierung habe aus heiterem Himmel entschieden, ist falsch. Denn in der VGK wurde dasThema letztmals am 12. Januar 2007 diskutiert, und der Regierungsrat hat dort gesagt, welche Variante er bevorzuge, wie das Protokoll auf S. 606, linke Spalte, ganz unten, belegt.
Es waren drei Varianten angedacht, welche das Hochbauamt durchzurechnen hatte: 380 Betten, 420 Betten und 620 Betten. Aufgrund all dieser Zahlen kann später das Raumprogramm geplant werden. Nun steht fest, dass die Bestellung auf 380 Betten lauten soll. Das steht in der kommenden Vorlage, die auch alle Angaben zu Preisen und Varianten enthalten wird.
Das ganze Projekt ist ein sinnvolles Nehmen und Geben. Die gesamte Akutgeriatrie an einem Ort, nämlich im Bethesda-Spital, zu konzentrieren, ist wünschenswert; dass Basel-Stadt die Rheumatologie künftig auf dem Bruderholz einkaufen wird, ist ebenfalls sinnvoll und gut. So werden heute drei Spitalstandorte in zehn Jahren auf deren zwei reduziert, kann doch das Felix-Platter-Spital geschlossen werden. Zudem wird die Bettenzahl auf dem Bruderholz um 50 und im Bethesda-Spital um 20 Einheiten reduziert. Die Überkapazitäten abzubauen, war nicht zuletzt seit langem ein inniger Wunsch der Grünen.
Eine Kosten/Nutzen-Analyse wurde vorgenommen und der grösstmögliche Synergiegewinn wurde errechnet. Es kann nun wirklich niemand sagen, das sei nicht gut. Bei einem Baselbieter Geriatrie-Alleingang wären Schläge für den Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektor eher verständlich gewesen. Nun, da beide Basel zusammen geplant haben, ist dieser Leistungseinkauf beim Bethesda-Spital sehr vernünftig: Ab 2025 geht der Bedarf an Betten in der Stadt zurück, jener des Landkantons aber wird steigen.
Im Bethesda-Spital kann man auch rechnen, und es werden bestimmt nicht mehr Betten gebaut als nötig. Noch ist nichts in Stein gemeisselt, Details kann man später noch bereinigen.
Aber vorerst steht eine überzeugende, gute Lösung im Vordergrund: Im Bethesda-Spital wird ein überregionales Geriatrie-Kompetenzzentrum entstehen. Im Universitätsspital, dem hochspezialisierten Zentrum von Lehre und Forschung, werden dazu weiterhin einige Betten für Rheumatologie und Akutgeriatrie bestehen bleiben.
Der Landrat sollte sich nicht immer stur in die Bettenzahl verbeissen. Die Gleichung «weniger Betten = weniger Patienten» geht nämlich nicht auf. Das Ziel ist denn auch, mehr Patienten in weniger Betten zu betreuen. Dank der Fallpauschalen wird die durchschnittliche Aufenthaltsdauer von zehn oder elf auf sechs bis acht Tage sinken. Damit wird die Effizienz weiter gesteigert.
Es wird keine gemeinsame Trägerschaft geben, sondern es geht um einen Leistungseinkauf. Dieser kann mit einem Leistungsauftrag oder einer Verwaltungsvereinbarung geregelt werden, braucht aber ganz sicher keinen Staatsvertrag. Der Landrat wird einen Verpflichtungskredit zu bewilligen haben, analog zu den Leistungsaufträgen z.B. mit der Sonnhalden-Klinik. Basel-Stadt wird mit dem Kanton Baselland eine Leistungsvereinbarung eingehen über den Einkauf in die Rheumatologie-Leistungen im Bruderholzspital.
Regierungsrat Erich Straumann ist froh darüber, dass die Grundsatzvorlage zur Erweiterung des Bruderholzspitals verabschiedet worden ist; aber in Sachen Geriatriekonzept wird von der Regierung dauernd verlangt, dass sie Entscheide treffen müsse, und wenn sie dies dann tut, ist es auch wieder nicht recht. Dabei ist die vorliegende Lösung - Konzentration der Rheumatologie an einem und der Geriatrie am anderen Standort - doch wirklich überzeugend.
Die Regierung wird sich nun sehr rasch an die konkrete Umsetzung dieser Vorgaben machen. Das Raum- und Flächenprogramm ist bereits vorhanden. Als nächstes wird dem Landrat ein Projektierungskredit vorgelegt. Das Parlament sollte nicht dauernd nur Partei-, sondern wie die Regierung viel mehr Sachpolitik betreiben. Nur so kommt man vorwärts.
Landratspräsidentin Elisabeth Schneider (CVP) regt an, in der bevorstehenden Diskussion gleich auch die Traktanden 6 bis 10 mit zu behandeln.
Ruedi Brassel (SP) ist nicht einverstanden. Er möchte zuerst die dringliche Interpellation zu Ende beraten. Denn ihr Inhalt - der Verfahrensablauf und der Einbezug des Landrates - hängt nicht unmittelbar mit spitalpolitischen Entscheiden zusammen, um die es bei den darauffolgenden Traktanden geht.
Zur Interpellationsbeantwortung verlangt der SP-Fraktionspräsident Diskussion.
://: Dem Antrag auf Diskussion wird stattgegeben.
Ruedi Brassel (SP) dankt Regierungsrat Erich Straumann für seine Antworten, die allerdings nur teilweise befriedigend sind. Es braucht nach Ansicht der Regierung keinen Staatsvertrag, also erübrigt sich eine Beantwortung der Frage 5.
Aber in einem Punkt irrt sich der Regierungsrat, heisst es doch im Spitaldekret in § 2 Buchstabe c, im Kantonsspital Bruderholz werde eine «Klinik für Rehabilitation und Akutgeriatrie» betrieben. Um dies zu ändern, wäre eine Landratsvorlage nötig; denn die Regierung kann ein Dekret nicht von sich aus ändern.
Ausserdem kann mit dem Bethesda-Spital keine Verwaltungsvereinbarung abgeschlossen werden, da diese nur zwischen Verwaltungen, nicht aber mit Privaten möglich sind.
Die SP hat stets den Einbezug privater Anbieter in die Spitalplanung postuliert, aber sie wehrt sich dagegen, dass drei Gremien - die beiden Kantonsregierungen sowie der Vorstand des Diakonats Bethesda - quasi die Heilige Dreifaltigkeit darstellen wollen, die über die Spitalpolitik allein entscheiden, ohne das Parlament einzubeziehen. Es ist höchst erstaunlich, dass der Regierungsrat offenbar bereit ist, über die Kompetenzen des Landrates hinweg Versprechungen abzugeben. Es ist davon auszugehen, dass auch in Basel-Stadt der Grosse Rat noch mitzureden haben wird. Gerade in den Bereichen Spitalplanung und Altersversorgung können die Parlamente nicht einfach aussen vor gelassen werden. Sie müssen, gemeinsam mit den Regierungen, der solidarischen Verpflichtung nachkommen, für eine gute Versorgung im Bereich Geriatrie zu sorgen. Ob dies mit einer Auslagerung ans Bethesda-Spital möglich ist, soll zuerst eine umfassende Vorlage aufzeigen. Es reicht nicht, auf einige Sätze aus einem Kommissionsprotokoll zu verweisen.
Das Prinzip, die Geriatrie beider Kantone zusammenzulegen, findet Isaac Reber (Grüne) richtig. Aber wenn die neue Finanzierungsregelung mit der Fallpauschale wirklich zu kürzeren Aufenthaltsdauern führen sollte, müsste die Regierung dazu noch genauere Auskünfte erteilen: Wie viele Prozente beträgt der Rückgang? Was heisst das umgerechnet auf die Bettenzahl? Mit der von Regierungsrat Erich Straumann prognostizierten Verkürzung der Aufenthaltsdauer könnten weit mehr als nur 50 Betten reduziert werden.
Auch der Trend von der stationären hin zur ambulanten Behandlung wird zu einem deutlich geringeren Bettenbedarf in der Zukunft führen. Insofern ist das Sparpotenzial wohl noch viel grösser als von der Regierung angegeben.
Dass es künftig, wie Regierungsrat Erich Straumann behauptet, ein Spital weniger gebe als bisher, würde nur stimmen, wenn beim Bethesda-Spital kein Neubau entstünde. Aber dort kommt ein neues Spital hinzu. Es wird also nicht ein Spital, sondern nur einen Spital-Standort weniger geben.
Regierungsrat Erich Straumann (SVP) bestätigt, dass mit dem Felix-Platter-Spital ein Standort wegfallen werde. Beim Bethesda-Spital wird ein neues Bettenhaus entstehen, aber die Infrastruktur kann dort wesentlich besser genutzt werden.
Bei allen Berechnungen, die für den somatischen Akutbereich einen Bedarf von 270 Betten ergaben, wurden sowohl die künftigen Fallpauschalen als auch der erwähnte Wandel zur vermehrten ambulanten Behandlung bereits berücksichtigt. Ohne die Übernahme der Rheumatologie würden beim Bruderholzspital hundert Betten eingespart. Mit den angepeilten rund 400 Betten ist nun eine gute und sinnvolle Grösse erreicht.
Ruedi Brassel hat den Test bestanden: Tatsächlich ist im Spitaldekret verankert, dass im Bruderholzspital nebst Chirugie, Gynäkologie, Rehabilitation, Innerer Medizin und Orthopädie auch eine Klinik für Akutgeriatrie betrieben werden müsse. Dieses Dekret kann sehr einfach geändert werden, und eine entsprechende Vorlage wäre rasch bereit.
://: Somit ist die dringliche Interpellation beantwortet.
Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
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