Protokoll der Landratssitzung vom 1. Februar 2007
Protokoll der Landratssitzung vom 1. Februar 2007 |
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2006-139
vom 18. Mai 2006
Motion
von Daniela Schneeberger, FDP: Überprüfung des Erbschafts- und Schenkungssteuer-Tarifs und Besserstellung von Konkubinatspartnern Kanton
- Beschluss des Landrats am 1. Februar 2007 < als Postulat überwiesen >
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2006-266
vom 2. November 2006
Motion
von Ivo Corvini: Generelle Überprüfung des Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer vom 7. Januar 1980 (SGS 334)
- Beschluss des Landrats am 1. Februar 2007 < als Postulat überwiesen >
Nr. 2252 und 2253
RR Adrian Ballmer (FDP) ist bereit, den mit der Motion von Ivo Corvini und Thomi Jourdan nicht ganz deckungsgleichen Vorstoss von Daniela Schneeberger als Postulat zu übernehmen. Weil mit der Erfüllung des Begehrens doch wieder einiges an Steuerausfällen hinzunehmen wäre, soll die Thematik genau überprüft werden, insbesondere auch, ob gewisse Zwischenlösungen denkbar sind.
Daniela Schneeberger (FDP) erinnert an die kürzlich im Landrat behandelte Vorlage über die Anpassung von Erlassen an die Bundesgesetzgebung über eingetragene gleichgeschlechtliche Paare. Der Bundesgesetzgeber hat den Erlass des Partnerschaftsgesetzes dazu benützt, den Begriff der faktischen Lebensgemeinschaft einzuführen. Darunter sind sowohl hetero- wie homosexuelle Partnerschaften zu verstehen, die eine ehemässige Beziehung pflegen.
Das Gesetz hält fest, dass zwei Personen gleichen Ge- schlechts, die ihre Partnerschaft eintragen lassen, sich zu einer Lebensgemeinschaft mit gegenseitigen Rechten und Pflichten verbinden. Damit erfolgt eine Anpassung des Rechts an die gesellschaftliche Realität. Gesellschaftliche Realität ist es aber auch, dass die Zahl der unverheirateten Personen, gemeint sind damit auch die ungleichgeschlechtlichen Paare, die in dauernden Gemeinschaften leben, wächst. Kaum nachvollziehbar ist vor diesem Hintergrund, warum ungleichgeschlechtliche Konkubinatspaare anders behandelt werden sollten. Durch die neue Gesetzgebung wird dieses Personensegment aber eindeutig benachteiligt. Zumindest für die langjährig zusammenlebenden Partner sollte eine Annäherung der Gleichstellung im Bereich der Erbschafts- und Schenkungssteuer erzielt werden. Inzwischen gibt es bereits Kantone, welche die Konkubinatspartner mit dem Tarif der Ehegatten, direkten Nachkommen und Geschwister gleichstellen. Es gibt gar Kantone in denen Konkubinatspartner unter bestimmten Bedingungen von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit sind. Solches trifft in Niedwalden, Obwalden, Schwyz und Zug zu. In den Kantonen Aargau, Neuenburg, St. Gallen, Schaffhausen, Solothurn, Waadt und Zürich gelten Steuerfreibeträge. Teilweise ist die Steuerbefreiung an die Bedingung geknüpft, dass die Konkubinatspartner während mindestens fünf Jahren im gleichen Haushalt gelebt haben. Als fortschrittlicher Kanton müsste auch der Kanton Basel-Landschaft ein positives Signal setzen und eine gesetzliche Grundlage für ungleichgeschlechtliche Konkubinatspaare schaffen.
Klar ist, dass die Änderung des Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer für die Regierung nicht erste Priorität hat, auch nicht aus Sicht der Standortattraktivität und der noch bevorstehenden Steuerrevision. Weil Baselland aber zu den Kantonen mit einem hohen Tarif für Erbschafts- und Schenkungssteuern zählt, sollte dieser Tarif wieder einmal überprüft werden. Zudem werden der Regierung verschiedene Varianten zur Lösung der Frage vorgestellt.
Daniela Schneeberger selbst und auch die FDP-Fraktion sind einverstanden, die Motion als Postulat zu überweisen. Gleiches gilt für das nächste Traktandum, die Motion von Ivo Corvini.
Die beiden Vorlagen beinhalten dieselbe Thematik bemerkt Annemarie Marbet (SP) vorweg. Die SP ist der Auffassung, nur die Motion Corvini sollte überwiesen werden - und zwar als Postulat. Im Rahmen der Gesetzesrevision für gleichgeschlechtliche Paare hat die SP signalisiert, dass sie gerne eine Auslegeordnung zu Gesicht bekäme. Mit dem Vorstoss von Daniela Schneeberger wird eindeutig eine Senkung der Steuern anvisiert, also ein Ausfall von Steuergeldern in Kauf genommen. Die SP will die Folgen kennen, ehe sie einem solchen Begehren zustimmen kann.
Für stossend hält die SP, dass die Taxationskommission bei einem Paar, das sich an das Gericht wendet, schon heute den Tarif tiefer ansetzt. Wer von dieser Möglichkeit nichts weiss, bezahlt ganz einfach mehr an Erbschaftssteuern. Diese Ungleichbehandlung lehnt die SP ab und fordert vorerst eine generelle, umfassende Überprüfung der Folgen.
Helen Wegmüller (SVP) gibt bekannt, dass ihre Fraktion der Ziffer a) von Daniela Schneeebergers Motion zustimmen könnte, dies allerdings nur unter der Bedingung, dass der Vorstoss in ein Postulat umgewandelt würde. Ziffer b) kann die SVP-Fraktion nicht befürworten.
Auch beim Vortoss von Ivo Corvini würde die SVP-Fraktion einer Umwandlung in ein Postulat zustimmen. Eine generelle Überprüfung des Gesetzes ist zu begrüssen, damit künftig für alle Beteiligten eine gerechte und ausgeglichene Situation entsteht.
Ivo Corvini (CVP) stellt noch einmal klar, dass es auch beim Vostoss von Thomi Jourdan und ihm selbst um das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz geht. Den Impuls zu diesem Vorstoss gaben die in Postulatsform zumindest in Ziffer a) unterstützungswürdige Motion von Daniela Schneeberger und die kantonale Anpassung des eidgenössichen Partnerschaftsgesetzes. Darin wollte der Regierungsrat in seiner Vorlage an den Landrat ursprünglich, dass die Konkubinatspaare erbschafts- und schenkungssteuerrechtlich besser gestellt werden. Dazu hätte eine zirka zehnjährige Praxis der Taxationskommission übernommen und in Gesetzesform umschrieben werden müssen. Diese Frage wurde in der Kommission und auch im Landrat mit dem Argument ausgeklammert, dass die Frage nicht im Partnerschaftsgesetz behandelt, sondern gesondert geprüft werden muss. Es kann nicht sein, dass eine Praxis, mag sie auch über zehn Jahre hinweg von einer Taxationskommission angewendet worden sein, sang- und klanglos in Gesetzesform umgewandelt wird. Noch immer ist der Landrat der Gesetzgeber. Wird die Angelegenheit nun genauer geprüft, so gelangt man vielleicht auch zu einer anderen Auffassung.
Der Vorstoss von Ivo Corvini und Thomi Jourdan bezweckt zu verhindern, dass das Gesetz über die Erbschafts- und Schenkungssteuer zum Flickwerk wird. Das Partnerschaftsgesetz hat zur Folge, dass die gleichgeschlechtlichen Paare nun wie Ehepaare behandelt werden, somit von der Erbschafts- und Schenkungssteuer befreit sind, während die Konkubinatspaare zum Maximalsatz besteuert werden, auch wenn sie zehn Jahre oder mehr im Konkubinat gelebt haben. Nur auf Gesuch hin ist ausnahmsweise eine andere Regelung möglich. Dass diese Praxis korrigiert wird, ist die Absicht des Vorstosses, wie das geschehen soll, ist eine andere Frage. Dabei sind, wie Regierungsrat Adrian Ballmer schon festgestellt hat, auch die finanziellen Auswirkungen zu berücksichtigen.
Der Vorstoss Corvini / Jourdan geht aber weiter, es sollen auch andere Ungleichheiten im Gesetz beseitigt werden. So sollen nicht adoptierte Pflegekinder besser gestellt werden.
Wenn heute die Pflegeeltern sterben, werden die Kinder wie "Fremde" behandelt und zum Maximalsatz besteuert, auch wenn das Pflegeverhältnis Jahre gedauert hat.
Mit einer Umwandlung der Motion in ein Postulat ist die CVP/EVP einverstanden und hofft auf beförderliche Behandlung.
Jürg Wiedemann (Grüne) erinnert daran, dass das Baselbieter Stimmvolk vor wenigen Jahren für die Befreiung von Erbschafts- und Schenkungssteueren für direkte Nachkommen gestimmt hat. Die Grünen sprachen sich damals klar gegen diese Steuerbefreiung aus, weil sie der Meinung sind, geschenktes und vererbtes Geld sollte steuerlich belastet werden. Als Konsequenz dieses Volksentscheids fordern die Grünen, auch Konkubinatspaare, eingetragene, nicht gleichgeschlechtliche Paare, nicht adoptierte Pflegekinder der Befreiung von der Erbschafts- und Schenkungssteuern zu unterstellen.
Der Ziffer b) von Daniela Schneebergers Vorstoss stimmen die Grünen zu, weil damit eine Gleichstellung von verheirateten mit den Konkubinatspaaren erreicht wird. Die mit Teil a) verbundene Ausweitung lehnen die Grünen dagegen ab und werden der Umwandlung in ein Postulat nicht zustimmen.
Daniela Schneeberger (FDP) bemerkt an die Adresse von Annemarie Marbet, die Einführung einer gesetzlichen Regelung schliesse ihr Vorstoss ja nicht aus.
Ausserdem hat sich die SP auch beim Vollsplitting stets für die Individualbesteuerung eingesetzt, was ebenfalls Gleichstellung bedeutet. Der Vorstoss für die Eintragung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften stammt im Übrigen von der SP, die damals aber nicht davon gesprochen hat, ob allenfalls Ausfälle bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer drohen könnten. Auch Daniela Schneeberger möchte die Auswirkungen zuerst sehen. Zudem spricht Daniela Schneeberger ja von einer Annäherung, weil ihr die Familie auch wichtig ist - i möcht au gärn hüroote!
(Heiterkeit)
Letztlich spricht für die SP nichts dagegen, auch ihren Vorstoss zu überweisen.
Wäre Daniele Ceccarelli (FDP) nicht schon verheiratet, würde er Daniela auf der Stelle einen Antrag machen.
Zu den beiden Geschäften: Als der Erlass über die eingetragenen Partnerschaften auf kantonaler Ebene diskutiert wurde, war die Bestimmung bereits Bestandteil des Gesetzes. Heute berufen sich beide Motionäre beziehungsweise Postulanten auf dieses Gesetz und orten den Anstoss zur Gleichstellung der Konkubinatspaare in diesem Gesetz. Und: Wäre der Rat seinem damaligen Vorschlag gefolgt, wäre die Besserstellung schon heute im Gesetz und man könnte sich die Diskussion sparen.
Ursprünglich wollte man, so Thomi Jourdan (EVP), eine Lebensform begünstigen; später aber redete man nicht mehr von der Begünstigung einer Lebensform, sondern von der Benachteiligung aller anderen. Meinung war es ursprünglich, die Ehe als kleinste gesellschaftliche Zelle sei aufgrund ihrer Aufgaben - auch steuerlich - zu stützen und zu fördern. Dass sich nun eine andere Lebensform ebenfalls benachteiligt fühlt, ist an sich nur logisch. Die Diskussion wird wohl erst dann zu Ende geführt sein, wenn die Erbschafts- und Schenkungssteuer abgeschafft sein wird. Nur so ist es möglich, dass niemand mehr benachteiligt sein kann. Vor diesem Hintergrund ist das Postulat nötig, nur so kommt eine ganzheitliche Prüfung in Gang und gelingt vielleicht die Umsetzung der damaligen Idee, dass niemand benachteiligt werden soll.
Annemarie Marbet (SP) sieht im Vorstoss von Daniela Schneeberger nur einen Teilaspekt angesprochen, dies im Gegensatz zum Postulat Corvini / Jourdan. Deshalb sollen nicht beide, sondern nur der umfassendere Vorstoss überwiesen werden.
://: Der Landrat überweist die Motion von Daniela Schneeberger mit 48 zu 30 Stimmen ohne Enthaltungen als Postulat.
://: Der Landrat überweist die Motion Ivo Corvini und Thomi Jourdan kommentarlos als Postulat.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Fortsetzung