Protokoll der Landratssitzung vom 1. Februar 2007

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2006-261 vom 31. Oktober 2006
Vorlage: Genehmigung des Konzeptes für den Sprachenunterricht in der obligatorischen Schule
- Bericht der Bildungs-, Kultur- und Sportkommission vom 19. Dezember 2006
- Beschluss des Landrats am 1. Februar 2007 < beschlossen (gem. Kommission) > || Landratsbeschluss



Nr. 2234

Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) beschloss, wie Kommissionspräsident Karl Willimann (SVP) ausführt, im März 2004, den Sprachenunterricht in der obligatorischen Schule koordiniert weiterzuentwickeln und früher mit der Sprachförderung zu beginnen. Gemeinsames Ziel ist eine verstärkte Förderung der Erstsprache (lokale Landessprache) und das Unterrichten zweier Fremdsprachen für alle Schülerinnen und Schüler spätestens ab dem 3. bzw. dem 5. Schuljahr.


Im deutsch-französischen Sprachgrenzgebiet ist gemäss kantonalen Vorentscheiden in Basel-Stadt, Solothurn, Bern, Freiburg und Wallis Frühfranzösisch als Einstiegsfremdsprache gewählt worden. Der Englischunterricht soll auf das 5. Schuljahr vorgezogen werden.


In den übrigen Deutschschweizer Kantonen ist grossmehrheitlich Englisch als Einstiegsfremdsprache gewählt (2./3. Schuljahr) worden; Französisch soll ab dem 5. Schuljahr unterrichtet werden.


Die Frage, welche Einstiegsfremdsprache an der Primarschule gelernt werden soll, war sowohl in der EDK wie auch im Baselbieter Bildungsrat kontrovers diskutiert worden. Am 18. Januar 2006 legte der Bildungsrat in einem Vorentscheid fest, dass ab der 3. Klasse Englisch und ab der 5. Klasse Französisch unterrichtet werden soll. Der Regierungsrat bestätigte diesen Vorentscheid mit Beschluss vom 12. September 2006.


Die Zielsetzung der Vorlage ist es, wie in allen anderen Schweizer Kantonen, den Schülerinnen und Schülern bessere Sprachkompetenzen gemäss den zukünftigen schweizerischen Bildungsstandards zu vermitteln und für das weitere Erlernen der Sprachen eine verbesserte Grundlage zu legen.


In der Kommissionsberatung wiesen die Vertreter der BKSD darauf hin, dass der Regierungsrat einer gesamtschweizerisch koordinierten Lösung eindeutig den Vorzug geben würde. Sollte eine solche überhaupt noch zustande kommen, würde der Regierungsrat dem Parlament ein modifiziertes Konzept vorlegen, unabhängig davon, was dieses heute entscheidet.


Zur Zeit steht den Kantonen entlang der Sprachgrenze mit Französisch als erster Fremdsprache der grosse Block der Deutschschweizer Kantone gegenüber, die Englisch als erste Fremdsprache favorisieren. Für den Kanton Basel-Landschaft ergibt sich daraus eine verzwickte Situation: Was der Kanton auch macht - es ist immer falsch. Entweder schafft man eine Differenz zwischen Kaiseraugst und Augst oder zwischen Allschwil und Basel.


Die Kommission bedauerte es im Rahmen ihrer Beratungen sehr, dass es der EDK nicht gelungen war, die Kantone für eine koordinierte Staffelung des Fremdsprachenunterrichtes zu gewinnen. Ein Teil der Kommission wollte deshalb vor einem Entscheid die weitere Entwicklung auf Stufe Bund und Kantone abwarten. Es wurde darauf verwiesen, dass die Vorlage mit Blick auf HarmoS zu einem unpassenden Zeitpunkt komme. Nach Ansicht des Bildungsdirektors sollte aber die Sprachenfrage möglichst rasch entschieden werden, damit klar werde, auf welcher Schiene die Planungsarbeiten weiter geführt werden sollen.


Der Antrag auf Rückstellung des Geschäfts wurde mit dem Stichentscheid des Kommissionspräsidenten abgelehnt. Eintreten auf die Vorlage wurde mit 8 : 4 Stimmen beschlossen. Die Kommission war sich anschliessend einig, dass es nun einzig darum gehe, einen Grundsatzentscheid über Französisch oder Englisch als erste Sprache zu treffen; alle damit zusammenhängenden Fragen seien allenfalls in weiteren Vorlagen zu behandeln.


Die Frage aus der Kommission, welche Überlegungen den Regierungsrat dazu bewogen hätten, Englisch als erste Fremdsprache vorzuziehen, beantwortete der Bildungsdirektor wie folgt: "Der Regierungsrat ist dem Antrag des Bildungsrates aus der Überlegung heraus gefolgt, dass die Deutschschweizer Kooperation stärker zu gewichten sei als die Koordination mit den direkten Nachbarn. Es fand im Regierungsrat keine pädagogische Debatte statt, vielmehr beschränkte sich die Diskussion auf auf den Koordinationsaspekt."


In der Kommission wurden Argumente vorgebracht, die eine Bevorzugung von Französisch als erste Fremdsprache erkennen liessen. So wurde z.B. erwähnt, dass die Schweiz eine Willensnation, bestehend aus verschiedenen Sprachregionen, sei - allein aus diesem Grund sei eine Landessprache anstelle von Englisch zu bevorzugen. Im Weiteren wurde auf die Nachbarschaft zu französischsprachigen Kantonen, zu Basel-Stadt und zu Frankreich verwiesen. Die Meinung der SP, das Sprachenkonzept der EDK gemäss Ziffer 1 des Landratsbeschlusses enthalte allzu viele unterschiedliche Aspekte und sei deshalb lediglich zur Kenntnis zu nehmen statt zu genehmigen, fand allgemeine Zustimmung.


Die Kommission einigte sich beim vorliegenden Landratsbeschluss auf folgende Änderungsanträge:


Die BKSK beantragt dem Landrat, dem abgeänderten Landratsbeschluss zur Vorlage 2006/261 (gemäss Kommissionsbericht) zuzustimmen.


Elsbeth Schmied (SP) erklärt, mit dem heutigen Entscheid gebe der Landrat grünes Licht, dem Beschluss der kantonalen Erziehungsdirektoren-Konferenz (EDK) vom 25. März 2004 nachzuleben. Dieser Beschluss bringt den Willen zum Ausdruck, den Sprachunterricht in den obligatorischen Schulen weiterzuentwickeln und früher mit der Sprachförderung zu beginnen.


Das gemeinsame Ziel ist es, die lokalen Landessprachen verstärkt zu fördern und den Unterricht zweier Fremdsprachen für alle Schülerinnen und Schüler spätestens ab dem 3. bzw. ab dem 5. Schuljahr in Form einer zweiten Landessprache und Englisch einzuführen.


Es ist wirklich bedauerlich, dass es der EDK nicht gelungen ist, für alle Kantone einheitlich die gleiche Fremdsprache ab der 3. Klasse einzuführen. Elsbeth Schmied hofft nach wie vor, dass der Bund die Federführung übernehmen werde, sollte es unter den Kantonen zu einem Streit in der Sprachenfrage kommen.


Leider gibt es keine Vorgabe des Bundes, weshalb es den Kantonen überlassen bleibt, jetzt zu entscheiden. Heute ist folgender Planungsstand gegeben: Die Zentral- und Ostschweiz einschliesslich Zürich sind daran, mit Englisch als erster Fremdsprache zu planen. Basel-Stadt, Bern, Freiburg, Solothurn und Wallis geben Französisch als Einstiegsfremdsprache den Vorzug.


Der Entscheid, wie die Staffelung für Baselland aussehen soll, wird heute im Landrat gefällt werden; der Kanton kann nicht abseits stehen und muss sich der einen oder anderen Fraktion anschliessen, damit Synergien für die anstehende Planung genutzt werden können.


Der Regierungsrat ist dem Bildungsrat gefolgt und schlägt Englisch als Einstiegssprache vor, was in der Kommission einige Diskussionen ausgelöst hat und deren Endresultat seinen Niederschlag im abgeänderten Landratsbeschluss findet.


Folgende Argumente haben Elsbeth Schmied persönlich und die Mehrheit der Kommission dazu bewogen, den regierungsrätlichen Entwurf umzukippen:


Unsere Region ist in unmittelbarer Nachbarschaft zu Frankreich; auch sprechen viele Menschen im Jura Französisch. Zudem erlernen unsere Nachbarn in der Westschweiz und im Elsass Deutsch als erste Fremdsprache, was den Willen oder das Bemühen zum Ausdruck bringt, einander gegenseitig zu verstehen.


Aus einem Zeitungsbericht der Basler Zeitung vom 12. Januar 2007 geht hervor, dass die meisten Schülerinnen und Schüler Englisch als erste Fremdsprache wählen würden, weil diese leichter zu erlernen sei. Für Elsbeth Schmied ist das ein Argument für Frühfranzösisch: Gerade weil Französisch die schwierigere Sprache ist, sollte diese so früh wie möglich erlernt werden - nicht zuletzt, weil im Kindesalter Sprachen sehr leicht gelernt werden. Diese Auffassung vertraten auch einzelne Schülerinnen und Schüler in besagtem Zeitungsartikel, obwohl sie eigentlich lieber zuerst Englisch lernen würden.


Für die SP ist es wichtig, dass es in Zukunft eine schweizerische Koordination geben wird. Mit der Planung kann aber nicht zugewartet werden. Angesichts der laufenden Planung in den Nachbarkantonen muss unser Kanton nun den Entscheid zugunsten einer Sprache fällen, um die vorhandenen Synergien nutzen zu können.


Im Namen der SP-Fraktion bittet Elsbeth Schmied den Landrat, dem abgeänderten Landratsbeschluss in allen drei Punkten zuzustimmen.


Der Landrat habe, so Ernst Wüthrich (SVP), bereits einige Argumente für Französisch oder Englisch gehört. Englisch ist eine Weltsprache - für jene, die in der chemischen Industrie arbeiten, ist Englisch sogar die Firmensprache. Französisch ist eine unserer Landessprachen; hat man in schweizerischen Gremien zu tun, so ist es wichtig, sich in dieser Sprache verständigen zu können. Im Weiteren gibt es auch ein staatspolitisches Argument zugunsten von Französisch. Gemäss HarmoS sollten am Ende der Schulzeit jedenfalls die Sprachkenntnisse für Englisch und Französisch auf gleichem Niveau sein.


Auch die SVP bedauert es, dass es der EDK nicht gelungen ist, eine gesamtschweizerische Lösung vorzulegen. Obwohl die pädagogischen Aspekte noch nicht diskutiert worden sind, bereiten Ernst Wüthrich die Reaktionen von Lehrpersonen der Primarstufe Sorge, die fragen, wie diese Lehrpläne mit den schwächeren Schülern erarbeitet werden können und ob nicht besser auf Deutsch geachtet werden sollte. Es spielen also verschiedene Aspekte eine Rolle - man kann für oder gegen Französisch als erste Fremdsprache sein. Die SVP-Fraktion schliesst sich grossmehrheitlich dem abgeänderten Landratsbeschluss an und ist grossmehrheitlich für Französisch als Einstiegssprache.


Für Eva Gutzwiller (FDP) schwebt eigentlich eine für alle befriedigende Lösung im Raum - sie schwebt deshalb, weil es nicht gelungen ist, wenigstens in unserer Region eine Koordination zu erreichen. Die Situation ist dergestalt, dass sich mit dem Aargau ein Kanton ganz klar für Englisch als Einstiegssprache ausgesprochen hat und zwei Kantone, Basel-Stadt und Solothurn, Französisch als erste Fremdsprache vorziehen. Der Entscheid Basellands führt entweder zu einer Pattsituation oder mit 3 : 1 zu einer minimalen Mehrheit in unserer Region zugunsten von Französisch. Nichtsdestotrotz ist es keine befriedigende Situation. Die Frage ist, welche Lösung uns weiterbringt. Dabei ist das Ziel, dass die Kenntnisse der Schülerinnen und Schüler am Ende der obligatorischen Schulzeit in beiden Sprachen gleich gut sind, entscheidend - die Kompetenz, die Qualität und die Standards müssen für beide Sprachen die gleichen sein, damit nicht eine Sprache gegen die andere ausgespielt wird.


Im Vordergrund stehen im Moment nicht die pädagogischen Fragen. Der Bildungsrat und die Regierung haben Englisch den Vorzug gegeben und diesen Entscheid auch begründet. Bei früherer Gelegenheit wurde allerdings eine Vorlage in Aussicht gestellt, die beide Sprachen einbezieht und welche die finanziellen Aspekte klar aufzeigt. Bei der unterbreiteten Vorlage ist dies nicht der Fall - sie hat uns in der Entscheidfindung nicht weitergebracht; dennoch ist ein Entscheid zu fällen und ein klares Signal zu senden. Vielleicht erreicht dieses Signal auch den Kanton Aargau, da auch das Fricktal natürlich stark vom heutigen Entscheid betroffen sein wird.


Eva Gutzwiller persönlich liegt das Französische näher. Die Fraktion hat sich nach einer intensiven Diskussion klar und deutlich für Stimmfreigabe ausgesprochen. Das bedeutet, dass die Fraktion weder für noch gegen Englisch ist, die Vorlage in dieser Form aber nur sehr schwer akzeptieren kann.


Bei einer Sitzung, die am gestrigen Tag am Lac de Joux stattgefunden hat und an der viele Westschweizer teilgenommen haben, ist Eva Gutzwiller einmal mehr zu Bewusstsein gekommen, dass wir in einer Schweiz mit französischsprechendem Anteil leben - das hat sie nochmals darin bestärkt, dem Französischen den Vorzug zu geben. Sie erinnert zudem an die Nähe des Laufentals zum französischsprachigen Jura.


Der Landrat wird heute also einen Vorentscheid fällen. In diesem Zusammenhang tut es Eva Gutzwiller wohl, dass in der Vorlage folgender Satz geschrieben steht:"Der Regierungsrat erachtet allerdings einen koordinierten Beginn des Fremdsprachenunterrichts zumindest in der deutschsprachigen Schweiz für unverzichtbar, wenn eine Harmonisierung der obligatorischen Schule angestrebt werden soll. ..." Sollte eine Einigung tatsächlich noch zustande kommen, so würde sich unser Kanton also der Mehrheit anschliessen.


Es ist also lediglich ein Vorentscheid, dem nicht eine allzu grosse Bedeutung beigemessen werden soll - alle Kinder sollen schliesslich beide Sprachen beherrschen.


Es sei betrüblich, so Christian Steiner (CVP), dass es der EDK nicht gelungen ist, einen grossen gemeinsamen Nenner für die Sprachenregelung in der Schweiz zu schaffen. In dieser Situation muss Baselland selbst entscheiden und den Nenner wählen, der dem Kanton am meisten bringt. Die CVP/EVP-Fraktion wird sich einstimmig für Französisch als Erstsprache aussprechen.


Zu bekräftigen sind die bereits genannten Gründe: Wir leben in der trinationalen Region und haben letzte Woche mit grossem Pomp den Eurodistrict ins Leben gerufen, wo die beiden Sprachen Deutsch und Französisch beheimatet sind. Es besteht die Nachbarschaft zum Elsass und zum Kanton Jura, der sich in letzter Zeit klar auf unsere Region ausrichtet und in dem Deutsch als erste Fremdsprache unumstritten ist. Im Übrigen haben auch viele andere französischsprachige Kantone Deutsch als erste Fremdsprache.


Seitens der Wirtschaft, namentlich von KMU-Betrieben, war zu vernehmen, dass es für die Geschäftsabwicklung von Vorteil ist, wenn Französisch als Sprache beherrscht wird. Das Argument, dass mit der schwierigeren Sprache früher begonnen werden soll, leuchtet der Fraktion ebenfalls ein. Allerdings hofft auch die Fraktion, dass es der Schweiz - der EDK oder dem Bund - gelingen wird, eine Einigkeit zu erreichen, und zwar auf Französisch als erste Fremdsprache.


Die Fraktion stimmt dem geänderten Landratsbeschluss zu und möchte das Sprachenkonzept ausdrücklich nicht genehmigen, sondern lediglich zur Kenntnis nehmen, da vieles darin noch vage und unausgegoren ist. Namentlich erwartet die Fraktion, dass die Vorlage für einen Verpflichtungskredit zur Umsetzung des Sprachenkonzeptes sehr viel deutlicher sein wird.


Jürg Wiedemann (Grüne) erklärt, dass ein Schulortwechsel in einen anderen Kanton für die Schülerin oder den Schüler immer mit Schwierigkeiten verbunden ist; oft werden ein Niveauwechsel oder gar die Repetition eines Schuljahres notwendig. Das Ziel der gesamtschweizerischen Harmonisierung ist es, genau das zu verhindern und so eine der wesentlichen Mobilitätsschranken zu beseitigen.


Auf der Sekundarstufe I ist bei einem Schulortwechsel das hauptsächliche Problem, dass die Kinder in den Schulfächern unterschiedlich weit sind. Es ist für den Erfolg eines Kindes entscheidend, ob es, wenn es in der Sekundarstufe I einen Klassenwechsel vornehmen muss, erst ein Jahr oder bereits drei Jahre Französischunterricht hatte.


Die Grüne Fraktion ist überzeugt, dass die beiden Sprachen Französisch und Englisch nicht gegenseitig ausgespielt werden dürfen. Beide Fremdsprachen sind wichtig, und das Ziel muss es sein, dass die Schulabgängerinnen und Schulabgänger beide Sprachen gleich gut beherrschen. Es ist allerdings unbestritten, dass Französisch deutlich schwieriger ist als Englisch. Wenn beide Fremdsprachen beim Schulaustritt aber gleich gut beherrscht werden sollen, so braucht die schwierigere Fremdsprache einerseits eine höhere Stundendotation und andererseits eine längere Lernphase. Mit anderen Worten: 800 Lektionen Französischunterricht, verteilt auf 5 Schuljahre, versprechen nicht den gleichen Lernerfolg wie 800 Lektionen, verteilt auf 7 Schuljahre.


Wenn das bildungspolitische Ziel gesetzt wird, dass die Schülerinnen und Schüler beide Sprachen gleich gut beherrschen sollen, dann muss aus pädagogischer Sicht sicherlich mit Französisch als Fremdsprache begonnen werden. Auch aus staatspolitischer Sicht spricht einiges für Französisch. Die Mehrsprachigkeit in der Schweiz mit den vier Landessprachen ist Teil unserer Identität und unserer Kultur. Die Sprachenvielfalt muss aktiv gepflegt und gefördert werden. Das Erlernen der anderen Landessprache bedeutet gleichzeitig, die andere Landeskultur zu entdecken und zu verstehen und damit auch ein Stück weit den Röstigraben zu verkleinern. Der Entscheid des Regierungsrates bzw. eines Teils davon, Englisch ab dem 3. Schuljahr zu unterrichten, ist für die grüne Fraktion weder pädagogisch noch staatspolitisch nachvollziehbar, zumal die Wirtschaft und vor allem die KMUs klar signalisiert haben, dass die Schulabgänger Französisch gut beherrschen müssen, um eine Lehrstelle zu bekommen.


Der Entscheid für Französisch ist richtig, nicht zuletzt wegen der Nähe zu Frankreich und zur Westschweiz, vor allem aber auch wegen Basel-Stadt, unserem wichtigsten bildungspolitischen Partner. Die grüne Fraktion spricht sich deshalb eindeutig für Französisch als erste Fremdsprache aus und bittet, dem Antrag der BKSK zuzustimmen.


Der Aufschrei in der Öffentlichkeit sei gross gewesen - es werde versucht, in den umliegenden Kantonen zu koordinieren, und dann schiesse ein Gremium quer, stellt Rudolf Keller (SD) einleitend fest. Die Devise der Regierung ist ja die Zusammenarbeit mit den anderen Kantonen, vor allem mit Basel-Stadt. Mit dem Antrag, Englisch als Einstiegssprache vorzuziehen, führt die Regierung ihr eigenes Credo ad absurdum. Auch wenn im momentanen Wahlkampf der Eindruck aufkommt, nur die Regierung sei wichtig, so ist es in Tat und Wahrheit ebenso wichtig, dass es ein starkes Parlament gibt, das sinnvoll koordinierend eingreifen kann. Darum ist der sehr deutliche Antrag der Kommission, in unserem Kanton, gleich wie in den umliegenden Kantonen, zuerst Französisch und dann Englisch einzuführen, äusserst wichtig. Es geht nicht darum, die Bedeutung von Englisch kleinzureden - auch diese Sprache ist sehr wichtig und gehört zum heutigen Rüstzeug einer Schülerin und eines Schülers. Allerdings gibt es in der Nordwestschweiz viele mittelgrosse Unternehmen, für die Französisch die erste Sprache ist. In vielen KMU-Betrieben muss die französische Sprache beherrscht werden. So sei dies auch der Fall im über 3000 Mitarbeitende zählenden Konzern, für den er tätig sei, merkt Rudolf Keller an - dort sei das Französische entscheidend und Englisch sei nur von zweitrangiger Bedeutung. Englisch wird dann vor allem in den ganz grossen internationalen Betrieben gefordert und ist, wie erwähnt, ebenfalls wichtig. Abgesehen davon, dass Französisch eine unserer Nationalsprachen ist, unsere Region an Frankreich und an den französischsprachigen Kanton Jura grenzt, macht es auch Sinn, wenn unsere Region in dieser Frage gleichgeschaltet ist.


Wie die Erfahrungen zeigen, ist Französisch die schwierigere Sprache, weshalb es sinnvoll ist, früh damit zu beginnen. Im Landrat wurde auch bereits darüber diskutiert, dass Englisch überhand nehme - um die Jugend muss sich der Landrat also keine Sorgen machen, denn die englische Sprache ist bereits so allgegenwärtig, dass sie bestimmt nicht zwischen Stühle und Bänke fallen wird, wenn heute der Entscheid zugunsten von Frühfranzösisch gefällt wird.


Aus diesen Gründen empfiehlt Rudolf Keller namens der Schweizer Demokraten, gemäss dem Kommissionsantrag und damit gegen die Regierung zu stimmen.


Regierungspräsident Urs Wüthrich (SP) freut sich, heute wieder einmal über Bildung und nicht nur immer über Fussball sprechen zu dürfen, obwohl der neue UEFA-Präsident, Michel Platini, die Französisch-Fraktion natürlich verstärke.


Drei wichtige Fragen sind im Zusammenhang mit dem Projekt HarmoS nicht geklärt und werden die Bildungskoordination in der Schweiz ganz wesentlich erschweren, und zwar - dies als persönliche Bemerkung - stärker als eine fünfjährige Primarschule: 1. Schuleingangsbereich, 2. Abschluss der Sekundarstufe I, 3. Fremdsprachenunterricht.


Konsequenterweise besteht in diesen drei Themenfeldern Handlungsbedarf, weil Alleingänge, nicht nur aus Gründen der Bildungskoordination, nicht zu vertreten sind und weil nur in Zusammenarbeit mit anderen Kantonen die hohen Entwicklungskosten sowie die aufwendigen Konzeptarbeiten und Massnahmen für die Qualitätssicherung finanzierbar sind.


Der Richtungsentscheid, welche Fremdsprache als erste unterrichtet werden soll, ist rasch zu treffen, damit klar wird, mit welchem der beiden Deutschschweizer Blöcke sich unser Kanton zusammentun will, an welchen Projekten und Entwicklungsarbeiten er sich also beteiligen will. Ein rascher Entscheid ist aber noch aus einem anderen Grund ein wichtiges und dringendes Anliegen: Es ist für die Schulen sehr schlecht, wenn ihre Planung in einer ungeklärten Situation erfolgen muss. Auf der anderen Seite ist aber genug Vorlaufzeit für die erforderlichen Nachqualifikationen von Lehrern notwendig; es braucht Zeit, um all die schulorganisatorischen Arbeiten rechtzeitig aufgleisen zu können.


Auf Seite 5 der Vorlage - dies an die Adresse von Eva Gutzwiller - sind die Kosten aufgelistet, selbstverständlich in einem Detaillierungsgrad, wie er bei einem Vorprojekt üblich ist. Gleichzeitig ist bereits in Aussicht gestellt worden, dass die Regierung dem Landrat eine Kreditvorlage mit den Details unterbreiten wird; auch bei Bauprojekten ist es nicht üblich, bereits im Rahmen des Projektierungskredites Details vorzulegen.


Drei Aspekte sind aus Sicht des Regierungspräsidenten entscheidend:


Wichtig ist es, heute Klarheit zu schaffen. Es soll grünes Licht gegeben werden für Arbeiten, die nicht als Selbstzweck gedacht sind. Zwei Fremdsprachen auf der Primarstufe müssen einen Mehrwert in Sachen Sprachkompetenz schaffen, was mit mehr Attraktivität im Sprachunterricht und mehr Bildungsqualität einhergeht.


Kommissionspräsident Karl Willimann (SVP) ist es ein Anliegen, auf die Verwirrung bei den Begriffsdefinitionen in Sachen Fremdsprachen hinzuweisen. Für ihn ist Französisch eine Schweizer Landessprache und Englisch eine Fremdsprache.


Keine weiteren Wortbegehren.


://: Eintreten ist unbestritten.



Detailberatung

Titel und Ingress keine Wortbegehren


Ziffern 1, 2 und 3 keine Wortbegehren


Rückkommen wird nicht beantragt.



Schlussabstimmung

://: Der Landrat stimmt dem abgeänderten Landratsbeschluss (gemäss Kommissionsantrag) zur Vorlage 2006/261 mit 72 : 6 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu.



Landratsbeschluss
über die Genehmigung des Konzeptes für Sprachenunterricht in der obligatorischen Schule

vom 1. Februar 2007


Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:


Für das Protokoll:
Barbara Imwinkelried, Landeskanzlei



Fortsetzung

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